c’t Online Talk über Anonymous und Hacktivismus

Bei DRadio Wissen gab es gestern den c’t Online Talk zum Thema Hacktivismus. Zukunft der politischen Aktion. Mit Jürgen Kuri (stellv. Chefredakteur der c’t), André Meister (netzpolitik.org und Digitale Gesellschaft) und Jan-Keno Janssen (c’t-Redakteur) habe ich über Anonymous und neue Politikformen diskutiert.

Zum Nachhören:

oder Runterladen & Mitnehmen (mp3, 25mb)

Zum Thema Anonymous gibt es viel Material, hilfreich finde ich u.a. den Talk der Anonymous-Forscherin Gabriella Coleman bei der re:publica 2011 „Geek Politics and Anonymous„:

Auch von Gabriella Coleman: Anonymous: From the Lulz to Collective Action

Hier das letzte Video von Anonymous, in dem „The plan“ verkündet wird, der Plan für’s nächste Jahr. Darin taucht auch der im Talk von mir zitierte Grüne Daumen auf..

http://www.youtube.com/watch?v=j_9T1SPJXRI

Über (Medien über) Frauen im Netz

Zwei banale Alltäglichkeiten haben mir gestern die Laune versaut: erst die Ankündigung, dass die deutsche Ausgabe der Wired erscheint (prima), als Beilage der GQ (kotz). In schwarz-rot-gold. m(.

Gleich hinterher wurde ein neuer Elektrischer Reporter bekannt, Thema u.a. ‚Frauen und Männer‘. Stimmte nicht, Thema sind ‚Frauen im Netz‘. Gefühltes Fazit: Ist doch alles prima, es gibt doch genausoviele Frauen im Netz wie Männer. Mitgeteilt von einer Frau, die durchaus feministische Autorität ist bei dem Thema: Anke Domscheit-Berg.

Ich war platt. Anke auch.

Und der Aufreger? No. 1 teilt mit, dass Netzthemen in Deutschland was für Männer sind. No. 2 teilt mit, dass es keinen Grund gibt zu nörgeln, weil, ist ja alles prima. Weil das Gefühl, immer mal wieder von durchaus intelligenten Menschen mit dem kleinen Finger in die gesellschaftliche (Gender-)Steinzeit zurückgeschoben zu werden, eine wiederkehrende kalte Dusche ist, wollte ich nichts dazu schreiben. (Auch, weil die Kommentare zu sowas so unterirdisch sind). Dazu passt sehr gut Femischismus, von liva2loxIch wollte mich wirklich gerne nicht feministisch äußern.

Glücklicherweise hat Antje Schrupp das Problem gut zusammengefasst: Die Männer-Frauen-Endlosschleife. Da war dann auch der Platz für meinen Kommentar dazu.

Heute hat das Team vom Elektrischen Reporter das ungeschnittene Interview mit Anke Domscheit-Berg nachgeschoben, und das beleuchtet die Frage, wie zu erwarten war, sehr gut.

Für weitere Denkanstöße zum Rätsel, wieso Frauen so anders sind, empfehle ich noch: When did Girls start wearing pink?

Für die Kommentare wünsche ich mir, das erst gedacht und dann geschrieben wird. Die bekannten Variationen von a) „es gibt kein Problem“ b) „Ihr Feministinnen unterdrückt in Wahrheit uns Männer“ c) „wenn Ihr nicht über das Problem reden würdet, gäbe es kein Problem“, fliegen raus.

 

Gegen Terror ist jedes Mittel recht

Im Berliner Abgeordnetenhaus (Landesparlament) wurde Ende Mai über den sog. S-Bahn-Anschlag debattiert und der grüne Abgeordnete Benedikt Lux hielt eine Rede, die ich den Grünen irgendwie doch nicht zugetraut hätte. Aber wer gern schwarz-grün regieren möchte, muss wohl Abstriche in bestimmten Bereichen machen.

Disclaimer, weil das ja immer kommt: Mir geht es hier nicht um den S-Bahn-Anschlag und ich fand auch, dass es in dem Bereich keine Anschläge mehr braucht, denn das macht die BVG S-Bahn GmbH ja schon sehr schön alleine. Mir geht es um den Ton, der sich wenig von konservativen Innenpolitik-Hardlinern unterscheidet.

Die Highlights:

Dieser Anschlag hatte zur Folge, dass Zehntausende Berlinerinnen und Berliner nicht so leben, arbeiten und sich so in der Stadt bewegen konnten, wie sie es gewohnt sind. (..) Deswegen ist für meine Fraktion klar, dass fast die gesamte Stadt Opfer und Geschädigte dieses Anschlags war, wir waren es alle.

Zu Recht prüft jetzt die Generalbundesanwaltschaft – wie sie es auch nach dem Anschlag auf den Polizeiabschnitt in Friedrichshain getan hat –, ob hier nicht terroristische Zusammenhänge vorliegen, denn die Tätergruppen sind sehr konspirativ vorgegangen.

Terrorismus? Selbst die Bundesanwaltschaft hat mittlerweile abgelehnt. Seit wann suchen die Grünen unter jedem Stein nach Terroristen? Waren die nicht auch mal Bürgerrechtspartei?

Der 1. Mai, die „revolutionäre“ Demo ist halbwegs friedlich gewesen, aber das ist kein Grund zur Entwarnung, denn die Tätergruppen werden konspirativer, kleiner, sie stehen sich nicht mehr Mann gegen Mann auf der Straße gegenüber – so hat es auch ein Staatsschützer ausgedrückt –, sondern sie planen feige Anschläge, die hohen Schaden verursachen können, dem Gemeinwohl empfindlich schaden.

Mann gegen Mann?!? Und wenn – wäre das die wünschenswertere Form der Auseinandersetzung?

Deswegen muss ein Signal ausgehen, dass wir in dieser Stunde, in der so feige Anschläge mit diesem Schaden verübt werden, als Parlament zusammenstehen, und zwar alle Fraktionen, dass wir diesen feigen Anschlag verurteilen (…)

Warum diese starke Betonung des ‚Wir alle gegen DIE‘ nötig war, ist mir unklar. Es war ja sicher nicht zu befürchten, dass sich irgendwer im Parlament hinstellt und die Bevölkerung zu weiteren ähnlichen Anschlägen aufhetzt? Die mehrfache Wiederholung dieses „Wir“ erinnert mich an militaristische Rhetorik.

Wir sollten gemeinsam daran arbeiten, unsere empfindliche Infrastruktur zu schützen, sie sicherer zu machen. (..) Damit wird niemand vom Opfer zum Täter gemacht, sondern es geht darum, Schaden von der Bevölkerung abzuwenden, unsere Bevölkerung, unsere freie Gesellschaft zu schützen. Jedes zulässige Mittel, das den Schutz dieser Infrastruktur zum Ziel hat, ist recht.

Jedes Mittel für unsere freie Gesellschaft? Auweia.

Und dann ein Klassiker – wenn härter durchgegriffen werden soll, werden gern die vermeintlich Schwachen betont, die geschützt werden müssen:

Es kann nicht sein, dass sich jede zweite Frau in diesem Bundesland fürchtet, wenn sie den öffentlichen Nahverkehr benutzt.

Und schließlich: Videoüberwachung für den Klimaschutz!

Wir als Grüne setzen große Hoffnung darauf, dass er (der Nahverkehr, A.R.) unsere Mobilität künftig klimaschonender machen wird. Der öffentliche Nahverkehr muss attraktiv, günstig und insbesondere sicher sein. Ich erinnere nur an zwei Beispiele, nämlich die schon erwähnte Abschaffung der Doppelstreifen und die Weigerung von Innensenator Körting, Rechtsgrundlagen für den öffentlichen Nahverkehr einzuführen, die eine Videoüberwachung zur Folge haben.

Die Rede gibt’s beim RBB auch als Video.

 

Für den besseren Gesamteindruck die gesamte Rede aus dem Protokoll:
Berliner Abgeordnetenhaus, 83. Sitzung, 26. Mai 2011, S. 7984 (pdf)

Benedikt Lux (Grüne):

Danke schön, Herr Präsident! – Meine sehr verehrten  Damen und Herren! In der Nacht zum Montag ist ein Anschlag auf eine Kabelbrücke am Ostkreuz verübt worden. Dieser Anschlag hatte zur Folge, dass Zehntausende Berlinerinnen und Berliner nicht so leben, arbeiten und sich so in der Stadt bewegen konnten, wie sie es gewohnt sind. Sie kamen zu spät oder gar nicht zur Arbeit. Tausende konnten nicht telefonieren, nicht ins Internet gehen, und selbst in Krankenhäusern konnte nicht telefoniert und kommuniziert werden, weil dieser Anschlag solch fatale Folgen hatte. Deswegen ist für meine Fraktion klar, dass fast die gesamte Stadt Opfer und Geschädigte dieses Anschlags war, wir waren es alle. Deswegen ist er unumwunden zu verurteilen.

[Beifall bei den Grünen –
Vereinzelter Beifall bei der CDU und der FDP]

Zu Recht prüft jetzt die Generalbundesanwaltschaft – wie sie es auch nach dem Anschlag auf den Polizeiabschnitt in Friedrichshain getan hat –, ob hier nicht terroristische Zusammenhänge vorliegen, denn die Tätergruppen sind sehr konspirativ vorgegangen. Sie hatten möglicherweise sogar Insiderwissen. Diese Prüfung sollten wir aber auch in aller Nüchternheit abwarten, Herr Kollege Dr. Juhnke. Die Entscheidung obliegt nicht uns als Parlament, sondern einer unabhängigen Justiz. Dann werden wir sehen, wie dieser Anschlag genau zu qualifizieren ist.

Nach dem 1. Mai, der relativ friedlich war, haben nicht alle Entwarnung gegeben. Sie selbst und auch Vertreterinnen und Vertreter der Koalitionsfraktionen saßen zusammen und haben gesagt: Der 1. Mai, die „revolutionäre“ Demo ist halbwegs friedlich gewesen, aber das ist kein Grund zur Entwarnung, denn die Tätergruppen werden konspirativer, kleiner, sie stehen sich nicht mehr Mann gegen Mann auf der Straße gegenüber – so hat es auch ein Staatsschützer ausgedrückt –, sondern sie planen feige Anschläge, die hohen Schaden verursachen können, dem Gemeinwohl empfindlich schaden. Das planen sie in sehr konspirativem Kreis. Das haben die Innenpolitiker dieses Hauses gesehen. Deswegen muss ein Signal ausgehen, dass wir in dieser Stunde, in der so feige Anschläge mit diesem Schaden verübt werden, als Parlament zusammenstehen, und zwar alle Fraktionen, dass wir diesen feigen Anschlag verurteilen und uns da nicht auseinanderdividieren lassen, denn diesen gefallen sollten wir den Tätern nicht tun. Wir müssen gegen diesen Anschlag zusammenstehen und ihn so hart wie erforderlich verurteilen.

[Beifall bei den Grünen –
Vereinzelter Beifall bei der SPD –
Beifall von Björn Jotzo (FDP)]

Niemand in der Bevölkerung versteht, wenn wir uns hierzu gegenseitig Vorwürfe machen. Wer hätte da etwas besser machen können? Wer hat da noch den Hauch von Sympathie? – Hier im Parlament hat niemand für diese feigen Attentäter Sympathie. Alle versuchen vielmehr, diesen Schaden für das Allgemeinwohl abzuwenden. Das sollten wir gemeinsam tun.

Wir sollten gemeinsam daran arbeiten, unsere empfindliche Infrastruktur zu schützen, sie sicherer zu machen. Dazu hat der Kollege Kleineidam etwas gesagt. Dieser Hinweis muss erlaubt sein. Damit wird niemand vom Opfer zum Täter gemacht, sondern es geht darum, Schaden von der Bevölkerung abzuwenden, unsere Bevölkerung, unsere freie Gesellschaft zu schützen. Jedes zulässige Mittel, das den Schutz dieser Infrastruktur zum Ziel hat, ist recht. Wir sind angreifbar. Wir waren zu angreifbar. Deswegen ist es richtig, die freie Gesellschaft zu schützen, indem wir eine Debatte darüber führen, wie wir – erstens – die Täter bekommen und – zweitens –, wie wir unsere empfindlichen Infrastrukturen schützen. Diese Fragen müssen erlaubt sein.

[Beifall bei den Grünen]

Deutlich davon zu trennen ist die Frage, wie wir mit Gewalt im öffentlichen Nahverkehr umgehen. Das sind ganz  andere Täterkreise. Man darf das nicht vermischen. Das ist eine andere Klientel, eine andere Bedrohungslage, die
bei Passagieren Angst auslöst. Es kann nicht sein, dass sich jede zweite Frau in diesem Bundesland fürchtet, wenn sie den öffentlichen Nahverkehr benutzt. Das ist aber eine völlig andere Debatte als die über vermeintlich Linksextreme. Wir haben lange über den Einsatz von mehr Polizei im öffentlichen Nahverkehr gesprochen. Ich erlaube mir an dieser Stelle, dem rot-roten Senat ein Versäumnis vorzuhalten: In den letzten zehn Jahren erschien es so, als behandele der rot-rote Senat den öffentlichen Nahverkehr wie einen privaten Raum. Öffentlicher Nahverkehr ist – das sagt bereits der Name – der Verkehr, den die Öffentlichkeit braucht. Wir als Grüne setzen große Hoffnung darauf, dass er unsere Mobilität künftig klimaschonender machen wird. Der öffentliche Nahverkehr muss attraktiv, günstig und insbesondere sicher sein. Ich erinnere nur an zwei Beispiele, nämlich die schon er- wähnte Abschaffung der Doppelstreifen und die Weigerung von Innensenator Körting, Rechtsgrundlagen für den öffentlichen Nahverkehr einzuführen, die eine Video-überwachung zur Folge haben. Er hat immer gesagt, das betreffe das private Hausrecht. An dieser Haltung zeigt sich sehr deutlich, dass der öffentliche Nahverkehr von der BVG selbst geschützt werden muss, dass sich der Staat dort heraushält. Das aber kann nicht sein. Öffentlicher Nahverkehr ist öffentlicher Raum, und der muss vom Staat und der Gesellschaft geschützt werden. Was in letzter Zeit passiert, nämlich dort Einsatzreserven hinzuschicken, geschieht reichlich spät und in zu geringem Umfang. Das muss der amtierende Senat noch in dieser Legislaturperiode ändern. Es ist ganz klar: Die Berlinerinnen und Berliner haben es verdient, dass der öffentliche Nahverkehr sicherer wird.

[Beifall bei den Grünen]

Ich würde mich freuen, wenn wir in dieser Debatte weiterhin Lösungsvorschläge erarbeiten, wie wir erstens mit dem immer konspirativer werdenden vermeintlichem Linksextremismus umgehen. Lassen Sie mich persönlich hinzufügen: Ich als jemand, der seit Beginn seiner politischen Aktivitäten immer gegen Atomkraft gewesen ist, empfinde es als eine maßlose Unverschämtheit, wenn sich dort Personen rühmen, gegen Atomkraft zu sein oder auch andere politische Ziele zu verfolgen, indem sie Zehntausende von Berlinerinnen und Berlinern beeinträchtigen, indem sie einen feigen Anschlag verüben. Das kann nicht sein! Denen müssen wir jegliche politische Legitimität, wenn sie sie denn überhaupt noch haben, entziehen. Ich weigere mich, das als Politik anzuerkennen, was dort passiert ist. Das muss das ganze Haus gemeinschaftlich tun. Das werden die Berlinerinnen und Berliner auch tun. Niemand hat ein Interesse daran, dass, nur weil es bestimmte Missstände in der Bundesrepublik gibt, so ein empfindlicher Anschlag mit so weit reichenden Folgen verübt werden darf.

[Beifall bei den Grünen –
Beifall von Andreas Gram (CDU)
und Volker Thiel (FDP]

Insofern darf ich mich für Ihre Aufmerksamkeit bedanken

[Dr. Wolfgang Albers (Linksfraktion):
Bedanken Sie sich nicht, Herr Lux!]

und hoffen, dass Objektivität in die Debatte kommen wird und wir hier weiter nüchtern und sachlich auch über die
Gefahren für die innere Sicherheit diskutieren können. – Vielen Dank!

[Beifall bei den Grünen]

 

Freiheit für die Kartoffel und kein Berufsverbot für Barbara Van Dyck!

Die belgische Uni KU Leuven hat am 3. Juni die Forscherin Barbara Van Dyck entlassen, weil die – Sonntags, in ihrer Freizeit – am 29. Mai öffentlich eine Aktion gegen gentechnisch manipuliert Kartoffeln unterstützt hatte.

Es lebe der Elfenbeinturm!

Es gibt einen Offenen Brief (in diversen Sprachen) an die Uni Leuven, der gegen die Entlassung protestiert und sich auf akademische Freiheit und kritische Wissenschaft beruft. Bitte weiterreichen.

Am Freitag 3. Juni 2011 hat die Katholische Universität Leuven die Forscherin Barbara Van Dyck entlassen, weil sie öffentlich die Aktionen des Field Liberation Movements (FLM) unterstützt hat, die im Zusammenhang einer Aktion gegen ein genetisch modifiziertes Kartoffelfeld in Wetteren in Belgien am Sonntag 29. Mai stehen. Ob man die Ziele und Taktiken dieser Aktion unterstützt oder nicht, die Sanktion ist unverhältnismäßig und verstößt gegen die akademische Freiheit und gegen die Meinungsfreiheit. Wir wenden uns daher an Akademiker weltweit, dieser Entlassung entgegenzustehen und diesen offenen Brief zu unterzeichnen. …

Hier kann unterschrieben werden (Google Spreadsheet)

Bald Nacktscanner für die ganze EU

Bei Statewatch bin ich über den Hinweis gestolpert, dass der Verkehrsausschuss des Europäischen Parlaments (EP) den Einsatz von Bodyscannern für die gesamte EU befürwortet. Weil nämlich.. die Terror-Gefahr nach dem Tod von Bin Laden so gestiegen ist!

Allerdings scheint den EU-ParlamentarierInnen bewusst zu sein, dass das heikles Terrain ist, und so verkleiden sie ihren Beschluss in bürgerrechtsbewusstes Gesäusel: „EU-Abgeordnete stellen Bedingungen für den Einsatz von Ganzkörperscannern“ ist der Titel der dazugehörigen Pressemitteilung. Auch das eigens erstellte Filmchen geht auf die Datenschutz-Emfindsamkeiten ein (mit Untertiteln in allen EU-Sprachen!)

Der Beschluss basiert auf einem Bericht (pdf) des spanischen Abgeordneten Luis de Grandes Pascual von der Europäischen Volkspartei.

Derzeit, so die Pressemitteilung, werden Nacktscanner in den Niederlanden und Großbritannien eingesetzt, und ich nehme mal an, dass es seit den ersten Aufregungen dazu ein paar Besuche der Nacktscanner-Herstellerfirmen in Brüssel gegeben hat.

Allerdings, findet der Verkehrsausschuss: „Menschenwürde, Privatsphäre und persönliche Daten der Passagiere müssen geschützt werden.“ Ich bin gespannt, wie die Nacktscanner das machen.

Aber, sagt de Grandes Pascual: „Ich glaube, dass die Menschen bereit sind, ein wenig von ihrer Privatsphäre für mehr Sicherheit aufzugeben.“

Das Europäische Parlament wird am 23. Juni über die Nacktscanner für alle abstimmen.

Falls Ihr den Abgeordneten Eure Bedenken vorher noch mitteilen wollt: die Mitglieder des Verkehrsausschusses des EP und alle deutschen und österreichischen Mitglieder des EP. Bei Abgeordnetenwatch könnt Ihr über die Postleitzahl auch die Abgeordneten raussuchen, die Euch geografisch am nächsten sind

 

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Unterschriftenaktion für den Schutz von Flüchtlingen aus Nordafrika

Hunderte Flüchtlinge im Mittelmeer vermisst. Wieder. Dieses Wochenende. Sie kommen aus Nordafrika und scheitern in den Grenzen der Festung Europa. Wir lassen es darauf ankommen, dass sie dann eben ertrinken. Die EU hat eine eigene Agentur zur Abwehr der Flüchtlinge, Frontex – Kommentar einer Kommissarin neulich im Tatort: Klingt wie ein Insektenvernichtungsmittel. Soll es wohl auch.

Es gibt eine Unterschriftenaktion von Pro Asyl, medico international, Borderline Europe, Afrique-Europe-Interact, Welcome to Europe, Komitee für Grundrechte und Demokratie – bitte unterschreibt und reicht sie weiter.

Die geretteten Flüchtlinge wurden in das Flüchtlingslager Choucha (Tunesien) zurückgebracht.

Warum kommen jetzt soviele? U.a. weil Libyen nicht mehr, wie bisher, für die EU die Drecksarbeit erledigt und die Flüchtlinge, die von weiter südlich in Nordafrika ankommen, von der Weiterreise abhält (gegen Geld). Und jetzt?

5.000 Menschen warten seit Wochen und Monaten unter unerträglichen Bedingungen in dem Lager des UN-Flüchtlingskommissariats (UNHCR) in Choucha.

Sie alle konnten dem eskalierenden Bürgerkrieg in Libyen entkommen. Viele waren dort als ArbeitsmigrantInnen beschäftigt, andere hatten Zuflucht vor den Kriegs- und Krisenzonen im subsaharischen Afrika gesucht. Überlebende von gekenterten Flüchtlingsbooten begegnen in Choucha denjenigen, die sich aus Verzweiflung und allen Gefahren zum Trotz wieder Richtung libyscher Grenze auf den Weg machen, um die gefährliche Überfahrt nach Europa zu wagen. Als vier Flüchtlinge aus Eritrea am 21.05.2011 bei einem Feuer in der improvisierten Zeltstadt sterben, kam es zu spontanen Protesten und Straßenblockaden. Das tunesische Militär reagierte mit Tränengas, Anwohner überfielen das Lager. Mindestens zwei Flüchtlinge wurden erschlagen, viele trugen schwere Verletzungen davon.

Die Flüchtlinge in Choucha hofften und hoffen auf Hilfe und Unterstützung durch den UNHCR, der in den letzten Wochen u.a. die europäischen Staaten mehrfach um die Aufnahme von zumindest 6.000 Flüchtlingen aus Libyen gebeten hatte. Vergeblich. Vielmehr wird die europäische Grenzschutzagentur Frontex verstärkt in Stellung gebracht, und die neuen demokratischen Regierungen in Nordafrika werden mit Geldangeboten gelockt, damit sie auch in Zukunft die Wachhunde vor Europas Grenzen bleiben.

Die Situation in Choucha muss im Kontext der Vorverlagerung des europäischen Grenzregimes nach Nordafrika gesehen werden. In der Abwehr von Flüchtlingen und MigrantInnen haben die europäischen Staaten jahrelang schamlos mit den Despoten des Maghreb zusammengearbeitet, insbesondere mit Ben Ali in Tunesien und Gaddafi in Libyen. Nun wird zwar der demokratische Wandel begrüßt, aber all jenen die Hilfe verweigert, die in den tunesischen Flüchtlingslagern strandeten und für die es kein Zurück mehr gibt.

Die Stimmen von Choucha stehen für das verzweifelte Aufbegehren gegen eine Politik der flagranten Menschenrechtsverletzungen, wie sie sich tagtäglich an vielen Brennpunkten der europäischen Außengrenzen abspielen. Ein Bruch mit dieser Politik ist notwendig, um das Sterben auf See und in der Wüste zu beenden. Die Demokratiebewegungen in Nordafrika bieten die Chance für einen Neuanfang. Statt tödlicher Ausgrenzung und grotesker Bedrohungsszenarien muss Offenheit und Solidarität die Zukunft des mediterranen Raumes prägen. Es braucht Brücken statt Mauern für ein neues afrikanisch-europäisches Verhältnis, damit Europa ein Raum wirklicher Freiheit, allgemeiner Sicherheit und der gleichen Rechte für Alle wird.

Die Aufnahme von Flüchtlingen aus Choucha in Europa würde in diesem Sinne ein erstes, nicht nur symbolisches Zeichen setzen.

Wir fordern daher die politisch Verantwortlichen auf europäischer Ebene, in Bund, Ländern und Gemeinden auf,

  • Soforthilfemaßnahmen zur Flüchtlingsaufnahme zu ergreifen und die Flüchtlinge aus Choucha und den anderen vorübergehenden Flüchtlingslagern in Europa aufzunehmen.
  • Humanitäre Unterstützung für jene Subsahara-MigrantInnen zu leisten, welche bereits aus Libyen bzw. Tunesien ausgeflogen wurden. Z.B. sind allein in Mali seit Beginn des Libyen-Kriegs über 10.000 Flüchtlinge angekommen.
  • Die bisherige Abschottungspolitik an den Außengrenzen zugunsten einer humanen und freizügigen Asyl- und Einwanderungspolitik aufzugeben, die im Einklang mit den Rechten von Flüchtlingen und MigrantInnen steht.
  • Die demokratischen Aufbrüche in Nordafrika ernsthaft zu unterstützen und sie als eine Chance zu einer veränderten Nachbarschaftspolitik zu begreifen.

Hier kann unterschrieben werden.

Operation 8 – Film über das Terror-Verfahren in Neuseeland

Aus der Serie „Irre Terrorismus-Verfahren“

Am 15. Oktober 2007 wurden in Neuseeland 20 Leute verhaftet, ein ganzes Maori-Dorf abgeriegelt, 60 Häuser und ein vollbesetzer Schulbus durchsucht. Ganz ausführlich dazu: Das Land der langen Lebenslüge: Die Neuseeländischen Terror-Razzien. (Hier auch schon mal).

Diesen Film dazu – Operation 8 – würde ich ja echt gern sehen. Vielleicht fände sich ja ein Berliner Programm-Kino..?

Im letzten Newsletter zum Verfahren stand zu lesen, dass der Prozess dazu eigentlich diesen Montag starten sollte, stattdessen aber auf den 13. Februar 2012 verschoben wurde (?!???).

Jetzt am Freitag eröffnet in Wellington die Ausstellung Concerned Citizens zur Unterstützung der noch 18 Angeklagten. Wäre sie hier, würde ich glatt so ein Terror-Kunstwerk erwerben (Auswahl).

Ebenfalls am Freitag findet im Museum für Kunst, Wissenschaft und Geschichte in Palmerston North eine Podiumsdiskussion dazu statt. Kommt mir alles ganz schön bekannt vor.

 

Daniel Mathews, Ex-Wikileaks, in Berlin

Am Samstag fand, weitgehend unbemerkt von der (netzpolitischen) Öffentlichkeit, ein sehr feines Event statt, an dem ich auch beteiligt war. Fein, weil es der erste öffentliche Auftritt überhaupt von Daniel Mathews war. Daniel war 2006 an der Gründung von Wikileaks beteiligt und war dabei bis 2008, als er als Beschuldigter im erster und bisher einzigen (?) Verfahren gegen Wikileaks an sich den Kopf hinhalten musste. Es ging um die Leaks zur Schweizer Bank Julius Bär, das Verfahren wurde von Wikileaks gewonnen. Bizarrerweise ist das einzige der diversen Wikileaks-Bücher, in dem Daniel erwähnt ist, das ‚Spiegel-Buch‚ von Holger Stark und Marcel Rosenbach. Das Daniel, Ironie der Geschichte, selber gar nicht lesen kann. Waren da nicht mal Übersetzungen angekündigt..?

Besonders interessant war für mich die ‚dritte Perspektive‘ auf Wikileaks, vor allem die Anfänge und ursprünglichen Ideen und Ziele. Die sind ja in Debatte hier sonst nicht so präsent. Leider hatten wir viel zuwenig Zeit.

Der Abend hatte zwei Teile, im ersten hatte ich eine halbe Stunde, um Daniel kurz vorzustellen, davon gibt es inzwischen diese Aufnahme:

Im zweiten Teil gab es eine Podiumsdiskussion mit Constanze Kurz und Halina Wawzyniak. Ich nehme an, dass die Aufnahme davon auch demnächst im YouTube-Kanal der Rosa-Luxemburg-Stiftung zu finden sein wird. (Video).

Weil sowenige von denen, die sich für’s Thema interessieren, von der Veranstaltung mitgekriegt hatten und Daniel vielleicht nicht so bald wieder in Berlin ist, gab es Sonntag abend ein sehr spontanes, aber dafür enorm gut besuchtes #npbb (Netzpolitisches Biertrinken), wo die ganz unterschiedlichen Kulturen des netzpolitischen Berlin, der PH-Neutral und Re-Touching McLuhan Konferenzen aufeinandertrafen. So ‚interkulturell‘ gefiel mir besser, muss ich sagen. (Wobei ich beim gestrigen regulären eher monokulturellen auch ein sehr interessantes Gespräch mit einem Richter und einem Ex-Staatsanwalt über die Vorratsdatenspeicherung hatte).

„Die Anti-Terror-Lüge“ von Richard Gutjahr

Richard Gutjahr hat letzte Woche eine Veranstaltung moderiert, die ihn zu einem Blogpost über Die Anti-Terror-Lüge animiert hat:

Vorratsdatenspeicherung, Bundestrojaner, Anti-Terror-Gesetze. Noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik gab es einen solchen Raubbau an Bürgerrechten. Ein Blick in die Statistik bringt Erstaunliches zutage: Die sog. „Anti-Terror-Gesetze“ werden für alles Mögliche benutzt, selten aber zur Bekämpfung von Terroristen.

Nicht nur lesens- sondern auch sehenswert z.B. der Zeitstrahl Anti-Terror-Kampf vs. Bürgerrechte.

Weil es das ganze mit CC-Lizenz gibt, könnte ich es auch einfach hierherkopieren, aber stattdessen empfehle ich lieber, bei ihm weiterzulesen.

Interessant fand ich auf jeden Fall seine Frage, wie viele Telefone jedes Jahr in Deutschland angezapft werden und inwieweit sich das durch die Anti-Terrorgesetze verändert hat.

Und das ist folgendermaßen:

Das es neben den Statistiken der Bundesnetzagentur auch noch welche vom Justizministerium gibt, wusste ich gar nicht.

Die Tabelle ebenfalls mit Creative Commons-Lizenz. Lest das Ganze bei ihm selbst, es lohnt sich.