Termine

Ganz banal ein paar Termintips für alle, die sich für uns, Überwachung oder die Themen interessieren, die auch Terror-Fahnder interessant finden: 


Früher

 

 

 

 

 

 

 

Für alle, die italienisch können: bei Digimag.it ist jetzt Annalist: Controllo, Terrore e Sorveglianza von Eleonora Oreggia erschienen.

 

 

 

 

  

Datenschutz

Über die informationelle Selbstbestimmung wird häufig gesprochen. Manche Politiker denken, damit sei das Recht gemeint, sich umfassend zu informieren, andere behaupten, das gebe es gar nicht, weil es nicht im Grundgesetz steht. Und woher haben wir das also? Aus dem Bundesverfassungsgerichtsurteil 1983 zur letzten westdeutschen Volkszählung – die wurde nämlich nach viel Protest mit der Begründung abgelehnt, dass sie gegen das bewusste Recht verstoße. Eine weiterhin sehr lesenswerte Sache.

Ja, und die nächste Volkszählung kommt jetzt also, dazu gab es gestern ein Hintergrundgespräch. Praktischerweise gibt es auch schon diese hübsche unauffällige Website http://www.zensus2011.de – bloss nicht das hässliche Wort Volkszählung in den Mund nehmen.

Das dies eine nicht zu unterschätzende Kleinigkeit ist, scheint den Beteiligten bewusst. Schon im September 07 hat die Bundesregierung eine ‚Zensuskommission‘ ins Leben gerufen, die trotz ihrer großen Wichtigkeit umsonst arbeiten muss:

"Da dieser Zensus neuen methodischen Ansätzen folgt, ist die der Zensuskommission übertragene Aufgabe von besonderer Bedeutung für den Gesamterfolg des nächsten Zensus."

Was sie wohl dann davon haben?

Indirekt dazu passt die Debatte über die Speicherung von Fluggastdaten, die anscheinend beim Polizeikongress gestern und vorgestern in Berlin ein bisschen inszeniert wurde.

EU-Kommissar Frattini habe dazu gesagt, dass ehrliche Menschen nichts zu befürchten hätten, so die Tagesschau. Ein wirklich überzeugendes Argument dafür, Daten 13 Jahre lang speichern zu wollen. Und ein anderer Politiker konnte auch gar nicht verstehen, was jemand da dagegen haben könne, denn das sei ja ein wichtiges Instrument für die Terrorismusbekämpfung, denn schließlich "fliegen die alle vor den Anschlägen". Genau. Und putzen sich wahrscheinlich auch alle die Zähne, weswegen ich vorschlage, dass regelmäßig bei der ganzen Bevölkerung alle halbe Jahre die Zahnbürsten zur kriminaltechnischen Untersuchung eingesammelt werden.

Als Gegenmittel empfehle ich das Interview des Hamburger Freien Radios FSK mit einem der Anwälte im gerade von der Bundesanwaltschaft abgegebenen ehemaligen §129a-Verfahren ‚Bad Oldesloe‘ (25 Min, ogg).

Talking about strategies of fear

I talked to xname (who is this week blogging the Transmediale 08 in Berlin) already in December during the 24c3.

Our conversation touched questions such as who or what the ‚war on terror‘ is really aiming at (in Germany) and how it is used to create more fear in order to create public acceptance of more control. We talked about the history of anti-terror legislation in Germany, whether control actually makes sense from the point of view of those who exercise it – can all the data be evaluated or does full-scale surveillance rather create chaos? What sense does it make?

What possible strategies are there against being controlled by fear and what can blogging do for you? We also talked about some details of the case against Andrej – why was he made a terrorist by the police and what role did ‚conspiratorial behaviour‘ play in the investigations. Rather than panicking and thinking that now anyone will be made a terrorist – at random, so to say – it’s important to realise who is being targeted to understand what is going on. And finally we touched privacy and why it should be protected, precisely because some people are subjected to police action because of it.

Download 9 min ogg | mp3

Es geht um die Wurst

Zwischen Weihnachten und Neujahr fand ein unspektakuläres Telefonat zwischen A (irgendwo in Ostfriesland) und B (irgendwo in Berlin) statt.

A: Hi, ich bin gerade in Ostfriesland, bei den Eltern von C. Ich wollte Dir eigentlich nur sagen, dass ich zwei Würste gekauft habe. Hier gibt es dieses Auktionskaufhaus, da gibt es oft leckere Sachen. Ich habe eine Mettwurst und eine Jagdwurst geholt, beide herzhaft und groß, und total billig!

Wer macht denn die zentrale Einkaufskoordination? Weißt du das? Kannst du das weitergeben, damit der Fleisch-1-Kühlschrank nicht überquillt?

B: Hmmm. Also, ich weiß nicht. Es gibt eigentlich keine zentrale Planung. Ich weiß jetzt auch nicht, was ich mit der Info anfangen soll.

A: Du sollst das an die zentrale Einkaufskommission weiterleiten, das ist doch nicht so schwierig.

B: Also wenn überhaupt wer zentrale Einkaufskoordinatorin ist, dann ist das D. Die hat zumindest mit den Leuten im Kleinbus gecheckt, was die alles mitbringen und denen gesagt, dass sie sich vor allem selber kümmern sollen.

B trifft kurz darauf D und erzählt vom Telefonat und dem Wurstkauf. D denkt kurz nach und fragt dann: "Und was wollte sie jetzt wirklich damit sagen?"

Seitdem fragen sich einige Mitglieder des Soli-Bündnisses "Einstellung der §129(a)-Verfahren", die – mit einigen anderen – über Sylvester ein paar Tage aufs Land gefahren sind, ob dieses Telefonat wohl irgendwann in den Akten rund um das Verfahren auftauchen wird. Und wie das BKA es wohl interpretiert hat? Die Erwähnung von Würsten jedenfalls löst in letzter Zeit viel Freude aus.

Die sich besser einordnen lässt, wenn man sich beispielsweise die Geschichte des ‚Schwarzen Beutels‘ nochmal vor Augen führt. Unsere Telefonate (und die aller Beschuldigten, vermutlich weiterhin auch ihrer Freunde und Freundinnen und vieler anderer) werden abgehört, und vom BKA protokolliert und interpretiert. Wir kennen diese Interpretationen aus den Akten oder haben, beim Schwarzen Beutel, die direkte Reaktion in Form einer Hausdurchsuchung erlebt, weil das BKA etwas falsch verstanden hat. Aus den Akten lässt sich sehen, dass permanent falsch interpretiert wird. Das ist oft fast komisch, wenn es nicht so ernst wäre.

In einem anderen §129a-Verfahren etwa telefonierte ein Beschuldigter mit dem (studierenden) Sohn eines anderen und bietet ihm Hilfe bei Fragen zu Marx an. Einige Tage später erscheint ein Bekennerschreiben der relevanten ‚terroristischen Vereinigung‘, in der auch Marx zitiert wird. Das TKÜ-Protokoll diskutiert daraufhin ausführlich, ob und was das eine mit dem anderen zu tun haben könnte oder ob vielleicht tatsächlich lediglich bei der Hausarbeit geholfen wurde? Bei der Veranstaltung in der Volksbühne im Dezember "Wir sind alle Terroristen" gab es am Anfang eine ’szenische Lesung‘, bei der viele ähnlich absurde Interpretationen vorgetragen wurden.

Eine Auswirkung von Überwachung ist auf jeden Fall, mögliche Interpretationen von Telefonaten beim Sprechen schon gleich mitzudenken. Um im nächsten Schritt das Sprechen so zu verändern, dass möglichst wenig Interpretationsspielräume bleiben. Die wahre Kunst ist, die Interpretationen gleich mitzuliefern. Es soll Leute geben, die das schon relativ flüssig beherrschen ("Wir treffen uns nachher in derselben Kneipe wie immer – und für die TKÜ: der Beschuldigte X ist mit dem Y offenbar sehr gut bekannt. Der Grund des Treffens wurde nicht genannt.").

Und weil natürlich alle, die die Beschuldigten im Rahmen des Soli-Bündnisses unterstützen, wissen, dass sie damit direkt in den Fokus weiterer Ermittlungen geraten, versuchen sie wahrscheinlich in der Regel auch, Zweideutigkeiten am Telefon zu vermeiden. Außer, wenn sie zwischen Weihnachten und Neujahr in Ostfriesland den ganzen Stress über ein paar Würsten vergessen haben.

Another one bites the dust

Die BAW (diese Behörde von der Frau Harms) hat das §129a-Verfahren gegen 11 Personen aus Bad Oldesloe und Berlin eingestellt, ebenfalls zu einem Verfahren nach §129 runtergestuft und an die Staatsanwaltschaft Flensburg abgegeben. Bingo!

Das ist das Verfahren gegen die, die dieses Verfahren haben, weil sie nicht gegen den G8 protestiert haben, nicht gegen Militarismus aktiv waren, nicht.. etc, und deswegen in Verdacht gerieten, weil sie all dies dann offenbar besonders konspirativ getan haben müssen. Und auch die, in deren Verfahren sich das BKA nicht entblödet hat, in die Akten zu schreiben, dass sie Telefonate mit Journalisten aufzeichnen.

Pressemitteilung der Soligruppe Berlin:

Bundesanwaltschaft gibt auf !

Bundesanwaltschaft lässt Terrorvorwurf fallen

Die Bundesanwaltschaft hat ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts
der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung gemäß § 129a
StGB gegen elf Personen aus Norddeutschland und Berlin fallengelassen
und abgegeben.

Die Ermittlungen wegen des Anfangverdachts der Mitgliedschaft in einer
kriminellen Vereinigung wurden nun zur weiteren Bearbeitung an die
Staatsanwaltschaft Flensburg abgegeben.

Michael Waldau von der Soligruppe Berlin erklärt hierzu:
“Die Bundesanwaltschaft hat mit diesem Vorgehen das Handtuch geworfen,
bevor der Bundesgerichtshof die Ermittlungen für rechtswidrig erklären
konnte. Die Emittlungen nach § 129a laufen immer weiter aus dem Ruder.
Als einzige Konsequenz bleibt die Einstellung der Verfahren und die
Abschaffung des § 129a !”

Soligruppe Berlin 25. Januar 2008

http://www.soligruppe.blogsport.de/

Kontakt: soligruppeberlin@no-log.org

Und aus der Pressemmitteilung eines der beteiligten Rechtsanwälte:

Pressemitteilung, 25.01.2007
Rechtsanwalt Daniel Wölky, Berlin

Wieder Tiefschlag für Generalbundesanwältin Monika Harms

Erneut
musste die Bundesanwaltschaft ein Verfahren wegen des Verdachts der
Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung fallenlassen.

Die
Bundesanwaltschaft hat ein Ermittlungsverfahren gegen politische
Aktivisten aus Norddeutschland und Berlin wegen des Verdachts der
Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung gemäß § 129a StGB
eingestellt.

Im Sommer 2007 wurden zahlreiche Durchsuchungen in Schleswig-Holstein,
Hamburg und Berlin vorgenommen. Den elf Beschuldigten war vorgeworfen
worden, an mehreren Brandanschlägen auf Bundeswehrfahrzeuge und
Fahrzeuge von Rüstungsfirmen in Berlin und Bad Oldesloe beteiligt
gewesen zu sein.

In diesem Verfahren wurden Personen der Mitgliedschaft in der
behaupteten Gruppierung einzig deshalb verdächtigt, weil sie mit
anderen Beschuldigten bekannt waren und sich politisch betätigten.
Der Beschuldigte Thomas W. erklärt: "Nur weil ich andere Beschuldigte
kenne und politisch aktiv bin, wurde ich lange Zeit observiert und mein
Telefon und mein Auto abgehört. Ohne einen einzigen stichfesten Beweis
war ich, wie die anderen Betroffenen, von einer Totalüberwachung und
Durchsuchungen betroffen. Der § 129a ist ein reiner Schnüffelparagraph
und gehört endlich abgeschafft !"
Rechtsanwalt Daniel Wölky, Verteidiger vom Thomas W.: "Diese Art der
Verdachtskonstruktion ist eine „Kontaktschuld“ und erinnert an die so
genannte Sippenhaftung des 3. Reiches. So etwas ist dem bundesdeutschen
Strafrecht fremd."

 

http://www.youtube.com/watch?v=rNQRfBAzSzo

 

Gegenobservationen

Die österreichischen Grünen haben sich was ausgedacht, was ich für Schäuble auch passend fände: Platterwatch (Platter ist der österreichische Innenminister):

Wir überwachen die Überwacher!

Der
Innenminister traut den Menschen nicht. Daher lässt er sie überwachen –
am Handy und im Internet, ihre Daten und ihre Fingerabdrücke.
Verfassung und Grundrechte leiden darunter ebenso wie die Privatsphäre.
Wir trauen dem Innenminister nicht. Daher überwachen wir – ihn und
seine Politik.

PLATTERWATCH dokumentiert den Aufbau des Überwachungsstaats und den Abbau des
Rechtsstaats. Wir sammeln Facts vom Trojaner und vom IMSI-Catcher bis
zur amerikanischen Homeland Security mitten in Österreich.

PLATTERWATCH begleitet den Innenminister: mit Fotoapparat und Kamera, quer durch Österreich. Wir stellen den Minister online.

Das hat auch ein bisschen was von Splatter, aber den Witz gibt’s in Österreich ja sicher zur Genüge.

Auch gut gefallen hat mir in dem Bereich "Die Merkels von nebenan",
erschienen schon vor zwei Jahren in der Zeit. Hier erfahren wir, dass
Frau Merkel in Berlin, Am Kupfergraben 6 wohnt, keine ausländischen
Nachbarn hat, dafür wahrscheinlich Diabetes und/oder Arthrose, zuwenig
Sport treibt, keine Blumen gießt und lieber Handwerker zum Reparieren
kommen lässt. Ein Artikel über Geomarketing-Analyse,
also die Auswertung kommerzieller Daten, primär für Werbezwecke. Alles
total legal. Wenn Ihr immer schonmal wissen wolltet, warum Ihr bei
Amazon nicht per Rechnung bezahlten könnt, obwohl Ihr nie einen
Schufa-Eintrag hattet: da haben wahrscheinlich zuviele NachbarInnen
Schulden gemacht. Thilo Weichert hat darüber 2004 einen interessanten
Vortrag gehalten: Geomarketing und Datenschutz.
Wozu braucht es eigentlich noch Polizeien, wenn das auch ganz
kommerziell geht? Vielleicht ist das der eigentliche Grund für den
aktuellen Amoklauf der InnenpolitikerInnen – die  Angst, bald
überflüssig zu werden?

Das passt auch zu unserer These, dass die aktuellen
Terrorismusverfahren vor allem aus der Logik deutscher
Verwaltungsbürokratie entstanden sind: wenn der Bereich
Linksextremismus des BKA nichts zu tun hat – und seien wir mal ehrlich,
wer hat hier den EIndruck, dass es in Deutschland sowas gibt wie
‚Linksterrorismus‘? – dann wird denen wahrscheinlich Budget und
Stellenpool gekürzt, einfach weil sie ihren Haushalt nicht ausschöpfen.
Das probate Mittel dagegen ist ja, kurz vor Jahresende nochmal ganz
teure Kugelschreiber zu kaufen. Oder schnell Terroristen zu erfinden.

Dieselbe Zeit, die immer mal wieder so schön kritisch liberal über
Überwachung schreibt, konnte es dann aber auch nicht lassen, Schäuble
Gelegenheit zu geben, sich auszubreiten über ein Thema, das mich erst
denken ließ, dass es sich um eine Satire handelt: "Dein Staat, dein Freund, dein Helfer". Es handelt sich um seine Rede vor der Justizpressekonferenz, gehalten schon im November.

www.schaeublewatch.de – bin ich auch für.

 

 

Sami Al Hadj

Ich habe vor ein paar Tagen etwas über den Al-Dschasira Kameramann Sami Al Hadj geschrieben, der seit fast sechs Jahren in Guantanamo sitzt. Seit dem 7. Januar 2007 ist er im Hungerstreik gegen seine illegale Inhaftierung und wird zwangsernährt.
Er wurde im Dezember 2001 von der pakistanischen Polizei festgenommen, im Januar 2002 an das US-Militär übergeben. Seit Juni 2002 ist er in Guantanamo, ohne Anklage, und wird dort körperlich und psychisch misshandelt. (Amnesty Report, Reporter ohne Grenzen, http://www.prisoner345.net/ Website zur Unterstützung von Sami Al Hadj, seiner Familie und seinen FreundInnen)

Am 11. Januar vor sechs Jahren wurden die ersten Gefangenen nach Guantanamo gebracht. Aus diesem Grund fanden am 11. Januar 2008 – in Deutschland praktisch unbeachtet – weltweit Demonstrationen und Kundgebungen gegen das Gefangenenlager Guantanamo statt (Bilder).

Aufgerufen wurde zu den Aktionen u.a. von Amnesty International (englisch, deutsch) und der American Civil Liberty Union. In Washington beteiligten sich etwa 400 Menschen (82 Festnahmen), außerdem wurde vor den amerikanischen Botschaften in London, Rom, Sydney, Kopenhagen, Athen, Istanbul, Manila, Berlin und vielen anderen Städten demonstriert. (NZZ online "Weltweite Proteste für Schliessung von Guantánamo") Einen Überblick über Aktionen sammelt die Website Witness against Torture.

Der Bericht über die Demonstrationen von Indymedia Washington, DC enthält die Audio-Datei eines Telefon-Interviews mit Sami Al Hadj’s Bruder Asim Al Hadj in Karthum, arabisch mit englischer Übersetzung (9 Min, wav). Er beschreibt, warum Sami Al Hadj für Al Dschasira an der afghanisch-pakistanischen Grenze war, wie er dort festgenommen und unter welchen Bedingungen er festgehalten wurde. Die Aufnahme bricht ab nach Schilderungen grausamer Foltermethoden in der Haft in Kandahar.
Ein weiteres Interview gab es bei Democracy Now! am 15.1. (diverse Videoformate, Transkript)

In den deutschen Medien findet sich fast nichts über die Demos (bizarrerweise ein Kommentar der deutschen Amnesty-Chefin Lochbihler in der Welt und Artikel in HAZ und ND) und gar nichts über Sami Al Hadj, aber der österreichische Standard berichtet über einen offenen Brief "Journalist protestiert gegen Haftbedingungen in Guantanamo", der schon am 27.12. geschrieben, aber erst jetzt von der Zensur freigegeben wurde.


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Monika-Bashing

         

Zugegeben, schön ist das nicht, aber die Ähnlichkeit ist frappierend, oder? 

Monika-Bashing ist ja gerade sehr beliebt, zuletzt heute ausführlich im ND: "Die
willige Advokatin. Generalbundesanwältin Harms erfüllt beflissen die
Erwartungen der Politik – auf Kosten ihrer juristischen Reputation
". In dieser Serie gab es auch "Schwarze Serie für Monika Harms" (Märkische Allgemeine), "Scharfe Kritik an oberster Anklägerin" (Oberhessische Presse), "Verkürzte Justizkritik" (telepolis), "Linke fordert Rücktritt von Harms. ‚Die Rechtslage einfach ignoriert‘" (taz), "Koalition schont Generalbundesanwältin. Beißhemmung gegen Harms" (taz), "Generalbundesanwältin in der Kritik" (Frankfurter Rundschau), "Es gibt kein Gestern: Monika Harms" (Welt), "PORTRÄT MONIKA HARMS ‚Ich bin ich‘ " (Tagesspiegel).

Aber es gibt auch lichte Momente: die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg verleiht ihr am 24.1. eine Honorarprofessur. Einer der Professoren aus Halle freut sich: "Halles Jura-Studierende sind somit am Puls der Entscheidungsfindung.
Sie dürfen sich auch in Zukunft auf lebendigen und praxisnahen
Unterricht freuen.
"
Ganz bestimmt. Hoffentlich lernen die Strafrecht aber auch noch von
anderen, sonst fallen sie am Ende noch durch die Klausuren.

Das war jetzt ein bisschen unsachlich, zugegeben. Ja, ich kenne all
die Kritik, dass auch Monika Harms nur eine Repräsentantin ist, die
(fast) beliebig ersetzbar wäre. Andererseits hatte sie in letzter Zeit
bestimmt nicht immer gute Laune, und das ist ja auch gut so.
Schließlich hätte sie sich hier und da ja auch anders entscheiden
können. Wir nehmen es schon auch irgendwie persönlich. 

Veröffentlicht unter de

Spucke für Frau Harms

Am Montag muss Andrej bei der Polizei spucken, vulgo "durch die freiwillige Abgabe einer Speichelprobe" einer "zwangsweise Entnahme einer Blutprobe" zuvorkommen.

Erstaunen über die Ermittlungsmethoden ist bei diesem Verfahren schon reichlich geäußert worden. Sehr schön zum Thema bei trueten.de:

Wer bislang dachte, mittels DNA Tests ließe sich nur die Vaterschaft eindeutig feststellen, irrt.
Offenbar ist der Bundesgerichtshof zu der Erkenntnis gekommen, daß sich
mittels dieses Test auch die Autorenschaft bestimmter Texte feststellen
läßt.

Wozu das also? Wie ich schon schrieb, findet selbst der Herr Ermittlungsrichter am BGH Hebenstreit – derselbe, der bisher immer alle Ermittlungsmethoden abgesegnet hat – dass "nur geringer Tatverdacht" bestünde, aber wegen des Gewichts des Tatvorwurfs dieses trotzdem "verhältnismäßig" sei. Weil ja irgendwie naheliegt, dass noch irgendwas Spannendes zutage getreten sei: dem ist (unseres Wissens) nicht so. Der BGH hat ja hinreichend deutlich gemacht, dass für so ein Verfahren mehr nötig ist als bloß Vermutungen und außer dem Anfangsverdacht (die Bibliotheken, Lesen und Schreiben können und so) nicht so richtig viel vorliegt. Und mehr steht auch in all den Schreiben der BAW nicht.

Und so sieht es eher so aus, als ob Monika Harms mit aller Gewalt versucht, sich am allerletzten Strohhalm festzuklammern, um noch irgendeinen Beweis an Land zu ziehen. Vielleicht hat er ja doch irgendwas angezündet? Und wenn nicht, dann ist es doch schön, wenigstens eine ordentliche Probe zu haben, damit auch die nächsten Jahre immer mal wieder geguckt werden kann..

Nicht nur Andrejs DNA wird analysiert, sondern die von allen Beschuldigten. Mit Ausnahme von einem, dem schon im Frühjahr bei einer Verkehrskontrolle wegen seines angeblich ‚auffälligen‘ Fahrstils Blut entnommen wurde mit dem Argument, dass Pusten nichts ergeben hätte und also das Blut auf eventuelle Drogen zu testen sei. Und wundersamerweise ist das dann beim BKA gelandet – die DNA braucht also jetzt nicht mehr entnommen zu werden.

Auch bei allen anderen Beschuldigten müsste eigentlich ausreichend Material da sein. Sowohl BKA&Co. als auch eher fiktionale Ermittler im Kino benutzen so aparte Ermittlungsmethoden wie das Einsammeln alter Zigarettenkippen oder benutzter Flaschen in Kneipen, um an die bewussten Proben zu kommen. Sowas würde ich wirklich gern auch mal live sehen, wie die in gutbesetzten Kneipen schnell Flaschen, Aschenbecher, alte Taschentücher einpacken, in Mülleimern rumwühlen usw.

Wir sind am Montag um 14 Uhr am Polizeirevier Invaliden- Ecke Brunnenstraße. Und wenn sich jemand mit einem Transparent dazu stellen möchte und bekunden, dass Andrej nicht der einzige ist, der schonmal ‚marxistisch-leninistisch‘ geschrieben hat, wären wir nicht traurig. Was jetzt aber bitte niemand als Einladung unsererseits zu einer Demonstration oder Kundgebung oder so verstehen soll, weil wir die ja dann anmelden müssten oder uns sonst eine Ordnungswidrigkeit zuschulden kommen ließen (glaube ich? Dieser Satz war ganz besonders an die unterschiedlichen OrdnungshüterInnen gerichtet: wir rufen nicht auf, zu gar nichts!). Schaffen wir gerade nicht.

Update: es gibt doch eine Kundgebung. Montag, 14.1. 13:30
"Da bleibt mir glatt die Spucke weg…"

Berlin-Mitte, Brunnen- Ecke Invalidenstraße
U8 Rosenthaler Platz oder S-Bhf Nordbahnhof

Das Thema schreit ja förmlich nach hübschen Transparenten. 

..sah ich Terroristen sitzen

Ich neige dazu, Dinge, die mich betreffen, plötzlich verstärkt wahrzunehmen (beliebtes Phänomen ist das auch bei Schwangeren: da scheint es plötzlich jede Menge andere Schwangere oder auch Kinderwagen zu geben).

Terrorismus, seine Nebenwirkungen und Gegenmaßnahmen sind gerade jedenfalls sehr dominant.

Gestern gab es bei 3sat ein halbstündiges Kulturzeit Extra über "Die Wüstenwächter – Al Dschasiras Blick auf die Welt".

Vieles davon fand ich interessant, aber nicht wirklich überraschend. Was ich allerdings nicht wusste, ist, dass ein Kameramann von Al Dschasira seit 2002 in Guantanamo sitzt. Keiner weiß, warum, aber befragt wird er vor allem dazu, wie Al Dschasira arbeitet und wer den Sender finanziert:

"Der sudanesische Al Dschasira-Kameramann Sami Al
Hadj ist seit 2002 in Guantanamo inhaftiert. Für die Mitarbeiter von Al
Dschasira ist er ein Mahnmal für den freien Journalismus geworden. In
einem Flur hängt sein Foto, darüber ein Zitat der amerikanischen
Literaturnobelpreisträgerin Pearl S. Buck: "Niemand, der immer frei
gewesen ist, kann die schreckliche, faszinierende Kraft der Hoffnung
derer verstehen, die nicht frei sind." Am Abend treffen sich
Mitarbeiter von Al Dschasira vor dem Sendegebäude. Sie demonstrieren
für die Freilassung des Kameramanns, oder doch wenigstens für ein
Gerichtsverfahren. Mit dabei ist Sami Al Hadjs schwarz-verschleierte
Ehefrau mit ihrem neunjährigen Sohn Mohammed.


Für eine Dokumentation des Falls haben Al-Dschasira-Filmemacher ein
Privat-Video ausfindig gemacht. 2001 kam Sami Al Hadj als Kameramann
zum Sender in Katar. Im Afghanistan-Krieg hatte er seinen ersten
Einsatz. Bei Dreharbeiten an der afghanisch-pakistanischen Grenze wird
er verhaftet: Al Hadj glaubt an ein Missverständnis, denn die Nummer
eines alten Passes, den er nach eigenen Angaben zwei Jahre zuvor
verloren hatte, stand auf der Liste gesuchter Männer. Hatte ein anderer
den verloren gegangenen Pass benutzt? Sami Al Hadj wird bezichtigt, El
Kaida geholfen zu haben.




Al Dschasira-Mitarbeiter demonstrieren für Sami Al Hadjs Freilassung



Dann der Transport nach Guantanamo: Dort wird er zum Gefangenen mit der
Nummer 345. Es ist in undurchsichtiger Fall, ein Politikum. Die Verhöre
gehen in eine ganz andere Richtung: Die Amerikaner wollen Informationen
über Al Dschasira. "Sami hat mir erzählt, dass er etwa 130 Mal verhört
wurde, und etwa 125 mal ging es um das Thema Al Dschasira, auch um
einige Namen von Al Dschasira-Mitarbeitern", sagt Anwalt Clive Stefford
Smith. "Die US-Amerikaner wollten, dass Sami sagt, Al Dschasira sei von
El Kaida gegründet, dass sie Geld von El Kaida bekämen und dass El
Kaida bei Al Dschasira publiziere. Das ist doch ein Witz." Asma Al
Hadj, die Ehefrau, wartet seit sechs Jahren auf ihren Mann. "Der Beruf
als Reporter ist nicht ungefährlich und mit großem Risiko verbunden",
sagt sie. "Mein Mann hat die Wahrheit berichtet. Es ist seine Aufgabe,
die Welt über Geschehnisse zu informieren, das gehört zu seinem Beruf
als Reporter."

 

Video bei 3sat oder für den eigenen Player (asx), 32 Min.

 

Ganz anders, aber auch passend zum Thema dieser Bericht von jemandem, dem in Hamburg vor drei Jahren wegen Teilnahme an einer Demo zunächst die Fluglizenz verweigert wurde. Oder: wegen eines Berichts des Verfassungsschutzes.

Herr S. eröffnete das Gespräch damit, daß er diesen Job auch nicht
gerne mache und daß er „keine Gesinnungsschnüffelei betreiben wolle“.
Dann legte er allerdings die Akte auf den Tisch, die er vom
Verfassungsschutz über mich erhalten hatte. Da gäbe es ja wohl noch
einiges zu klären. …

Ich bin 1994(!) auf einer Demonstration
kontrolliert worden. Kontrolliert, nicht etwa angezeigt, angeklagt,
oder irgendeiner Straftat beschuldigt. Nein, als Teilnehmer registriert.
Desweiteren ist offensichtlich mein Bekanntenkreis durchleuchtet
worden. So wurde mir vorgehalten, daß ich von 1999 bis 2002
Gesellschafter einer GmbH für Softwareentwicklung war. In dieser Firma,
soll es eine Person gegeben haben, die vorbestraft gewesen sei. Jetzt
sollte ich bitte erklären, was ich mit dieser Person zu tun gehabt
hatte, und wie es habe sein können, daß man eine solche Person
beschäftigt.

Frage: Was hat die politische Einstellung eigentlich mit der Pilotenlizenz zu tun?

An dieser Stelle entwickelte sich eine Diskussion zum Thema politische
Einstellung. Diese Diskussion zwischen mir und der Behörde für
Luftsicherheit war mehrfach absurd: Zum Einen ging es ja nicht um
Tatsachen, die Zweifel an der Zuverlässigkeit meiner Person
gerechtfertigt hätten. Es ging ja noch nicht einmal um meine Person
selbst, sondern um meinen Bekanntenkreis.
Zum Anderen sagte Herr S. am Ende, er könne das letztlich sowieso nicht
beurteilen, denn er sei schließlich kein Polizist, sondern Beamter der
Luftsicherheitsbehörde. Dennoch sollte ich ihm gegenüber nun die Natur
meiner politischen Einstellungen, meines Bekanntenkreises und meiner
Freude am Fliegen erläutern.
Das schlimmste aber ist, daß ich auch ganz aktuell zu politischem
Extremismus neige. Wie der Verfassungsschutz weiß, bin ich nämlich
„Halter eines Bauwagens“.

Der zur falschen Zeit am falschen Ort stand. Details.