Rot-Schwarz-Gold

Eine schöne Variante, wie das nationale Drama richtig ausgekostet werden kann, hab ich eben in einem Chat erzählt bekommen von jemandem, der gerade von der Berliner Fanmeile zurückkam. Und es mit einer kleinen Bastelarbeit bis in die Berliner Abendschau, die ARD-EM-Berichterstattung und Spiegel-Online geschafft hat.

Aufmerksam geworden durch das Spektakel, das ein Grafiker-Fehler kürzlich in der und um die ARD ausgelöst hat, hat er Freitag eine funkelnagelneue Fahne (€13) umgenäht und in die Kameras gehalten. Und zack, SPON bringt auch das:

Rot-Schwarz-Gold statt Schwarz-Rot-Gold:
Schon wieder war in der ARD die falsche Deutschlandfahne zu sehen. Bei
einer Liveübertragung flatterte sie plötzlich übergroß hinter einem
Reporter – offensichtlich machte sich ein Fan einen Jux aus der
peinlichen "Tagesthemen"-Panne.

Wer den Schaden hat, muss für den Spott nicht sorgen – aber
dass die ARD den Spott über ihre "Tagesthemen"-Panne dann auch noch
versehentlich live überträgt, ist eine besondere Wendung der Geschichte.

Und hier ist sie:

 

Der Fahnenschwenker auf die Frage, warum er auf sich nahm, ausgerechnet diesen Abend auf der Fanmeile zu verbringen:

eigentlich will ich mich ueber das fahnengeschwenke nur lustig machen, aber auch ueber die ard und auch ueber die (spon), die das dann wieder so breittreten

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Des Kaisers neue Kleider

Schlagzeile der Berliner Zeitung heute:

Chipkarte für jeden Arbeitnehmer
Lohn- und
Gehaltsdaten sollen künftig auf elektronischem Ausweis gespeichert
werden Wirtschaftsminister Glos erwartet Milliardeneinsparungen /
Kabinett entscheidet morgen

Schlagzeile der Frankfurter Rundschau, auch heute:

Adresse, Passbild, Religion
Bürgerdaten frei Haus
Wo genau wohnt eigentlich Günther Jauch und welche Nummer hat sein
Personalausweis? Bis zum vergangenen Freitag ist es ein Leichtes
gewesen, die Meldedaten von 150 000 Potsdamern zu lesen.
Religionszugehörigkeit, Geburtsdatum, Ehepartner – alles stand frei
zugänglich im Internet, ein Mausklick genügte.

Dazu muss eigentlich gar nichts mehr gesagt werden. In einem bekannten Märchen von Hans Christian Andersen sagte ein kleines Kind, das nicht begriff, warum der Kaiser so offensichtlich log, obwohl es doch alle sehen konnten, wie sehr er log: "Aber er hat ja gar nichts an!". Im Fall Freiheit vs. Sicherheit ist das leider schon sehr oft gesagt worden, ohne dass irgendeine Hoffnung auf Besserung bestünde. Nachzulesen täglich etwa bei http://www.abgeordnetenwatch.de/.

Sehr gut gefallen hat mir auch die Bundestagsdebatte zum BKA-Gesetz. Ein hübsches Zitat zum Appetitanregen:

Ich finde es sehr spannend, Herr Kollege Wiefelspütz, wie Sie am
Dienstag um 13 Uhr auf einer Pressekonferenz sagen können, dass Ihre
Fraktion das nicht mitmacht, und um 15 Uhr genau dieselbe SPD-Fraktion
dem Gesetzentwurf einfach so zustimmt. (Gisela Piltz, FDP)

Ansonsten habe ich mir heute zwei neue Bücher gekauft, "Der Terrorist als Gesetzgeber. Wie man mit Angst Politik macht" von Heribert Prantl und "Globalisation, Democracy and Terrorism" von Eric Hobsbawm und fürchte, dass ich davon auch keine bessere Laune kriegen werde.

Alltäglicher Wahnsinn

Ich war bekanntermaßen ein paar Tage in Frankreich. Als ich gestern wiederkam, ging unser Festnetztelefon nicht. Andrej benutzt das fast nie, deswegen war es ihm gar nicht aufgefallen. Ich habe eben mal nachgeschaut, ob irgendwo ein Stecker nicht richtig sitzt und was fand sich da? Das Telefonkabelstecker war komplett aus der TAE-Dose entfernt und hing lose auf den Boden. Und nein, unsere Kinder kommen da nicht dran.

Wenn da mal jemand reinschauen möchte: bitte gern.

Vielleicht erklärt das auch die in letzter Zeit wieder wahnsinnig langsame DSL-Verbindung? 

„Terrorism is the antithesis of America“

.. sagte Mark Bartlett, Bundesanwalt im Verfahren gegen Briana Waters, die heute zu sechs Jahren Haft verurteilt wurde. Eine 32-jährige Frau, die eine dreijährige Tochter hat und darauf besteht, unschuldig zu sein, obwohl genau das im us-amerikanischen Justizsystem zu höheren Verurteilungen führt.

Vorgeworfen wird ihr, bei einem Brandanschlag auf ein Gentechnik-Institut Schmiere gestanden zu haben. Ich bin keine Expertin, was dieses Verfahren angeht, aber es kommt mir sehr seltsam vor, dass in den USA in solchen Verfahren Deals möglich sind, die sich darum drehen, zu weniger oder gar keinen Strafen verurteilt zu werden, wenn man gegen die Mitbeschuldigten aussagt und sich selbst als schuldig bekennt. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass die, die darauf bestehen, unschuldig zu sein, die höchsten Strafen bekommen. Und dass Terrorismus-Bekämpfung in den USA eher grobschlächtig betrieben wird, wundert wahrscheinlich auch niemanden.

Nochmal aus dem eben erschienenen Bericht das gesamte Zitat plus:

„Terrorism is the antithesis of America,“ Bartlett told the court. „It is the polar opposite of how democracy works in a free and open society. Terrorists attempt to impose their elitist views …. As a result, terrorists are treated more harshly by the law, and they should be.“

But Waters‘ attorney, Neil Fox, questioned the government’s use of the term „terrorist.“ And he asked the court to sentence his client to no more than 18 months behind bars.

„The court should be cognizant of the misuse of the term ‚terrorism.‘ The term clearly has been manipulated by those seeking to advance their own political agendas,“ Fox said in a filing with the court. „It is the scare word of the day, and the consequences of the expansion of the use of the term to brand defendants can lead to grave injustice.“

(Seattle Post-Intelligencer: Waters gets 6 years for UW firebombing)

Wer’s genauer wissen will: Seattle Weekly, 6. Feb. More Details Emerge in UW’s Eco-Arson Case oder http://en.wikipedia.org/wiki/Green_Scare.

Hacker Space Festival 2008

Ich bin in Paris. Also, in Vitry-sur-Seine bei Paris, in einem ganz aparten Industriegebiet zwischen Autobahn und Bahngleisen, im Keller einer Techie-Zone bei der französischen Variante des Chaos Computer Congress-en-miniature. Interessante Mischung aus Technik, Gesellschaft und sehr viel mehr Kunst als bei uns üblich, très français.

Ich habe heute neben sehr viel sehr schnell gesprochenem Französisch auch einige Vorträge auf English gesehen und mit meinem Vorurteil aufgeräumt, dass hier niemand freiwillig in anderen Sprachen spräche. Ich bin sehr nett aufgenommen worden und habe nach meinem Thema "Was ist Terrorismus" an einem Tag von so vielen seltsamen polizeilichen Anti-Terror-Maßnahmen gehört, dass mir die Lage bei uns noch recht übersichtlich vorkommt.

Außerdem ging es beim Hacker Space Festival 2008 auch viel um sichere Kommunikation. Lunar hat eine Projektidee vorgestellt, bei der es darum geht, Mail-Verkehr über Tor-Server zu anonymisieren. Ich versuche gar nicht erst, die Details zu erklären, aber hoffentlich wird es demnächst eine Aufnahme davon geben. Fantastisch hinterher seine Erklärung, dass seine Idee, sich nicht mehr auf zentrale große Mailserver zu verlassen, sondern lieber daran zu arbeiten, dass mehr Leute selber unabhängig Mailserver betreiben können, von der (illegalen) französischen Bewegung für Abtreibung in den 70ern inspiriert ist. 

Der Rest des Programms kann auch per Stream hier gesehen werden.

Die andere von den zwei englischen Präsentationen, die ich heute gesehen habe, war von Jérémie Zimmermann über die Arbeit von Quadrature du Net (Die Quadratur des Netzes). Schon die Geschichte des Namens dieser Organisation ist sehr hübsch und sehr hacker (frz. gesprochen [‚ackör]). Das Problem der Quadratur des Kreises wurde 1882 nach 1500 Jahren für unlösbar erklärt, die Quadratur des Netzes wird gerade versucht. Die Gruppe engagiert sich gegen diverse Versuche, das Netz per Gesetz zu regulieren und unter Kontrolle zu bekommen, z.B. gegen die EU-Copyright-Direktive oder in letzter Zeit auch Vorschläge aus Frankreich, Menschen, die dreimal beim illegalen Downloaden erwischt werden, komplett den Internetzugang zu sperren. Lobbyarbeit ist ja nicht unbedingt die allgemein präferierte Aktionsform, aber diese scheint recht effektiv Themen zu bearbeiten, für die sich mehr Menschen interessieren sollten: Wird Frankreich die Digitale Guillotine in Europa einführen? (via). Nebenbei wurde noch erwähnt, dass Frankreich am 1. Juli die EU-Präsidentschaft übernimmt und schon angekündigt habe, im Bereich Copyright einiges zu planen. 

Damit ist heute der Konferenzteil des Treffens beendet, morgen und übermorgen gibt es Workshops und am Wochenende Performances und viel Musik.

(Die personenlosen Bilder sind darauf zurückzuführen, dass ich bei der Anmeldung ein ca. 25 Punkte umfassendes Papier unterzeichnen musste, dass sämtlich einzuhaltenden Regeln umfasst, darunter, dass ich im Grunde niemanden fotografieren darf, außer in Ausnahmefällen und mit Nachfrage.)

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WiWo schützt Manager vor Überwachung

"Wie kann man geschützt vor Telefonspitzeln kommunizieren?" fragt auch die Wirtschaftswoche: Fünf Tipps für Manager und Privatleute mit Geheimhaltungsinteresse.

Unter den Stichpunkten

  1. Spuren vermeiden
  2. Wirksam verstecken
  3. Schatten abschütteln
  4. Gespräche verschlüsseln
  5. Gesunder Zweifel

wird empfohlen, das Handy auszuschalten, wichtige Gespräche neben der Autobahn zu führen, nicht im Büro und am besten mit ständig wechselnden Handys zu telefonieren.

"Das sind doch eher 5 Tipps für Kriminelle…", findet gleich ein Kommentar – die Kategorien verschwimmen ja auch immer weiter.

Wenn die jungen Leute aus Bad Oldesloe das alles besser, anders, oder doch besser gar nicht berücksichtigt hätten, dann hätte die BAW vielleicht doch nicht gedacht, dass kurze Haare zwingend ein Indiz für einen fehlgeschlagenen Brandanschlag sein müssen. Wer weiß das schon.

Der Verdacht, Berliner Zeitung, 9.6.

Der erste Verdächtige ist Klaus. Er wohnt in Bad Oldesloe und ist "in linksgerichteten und antifaschistischen Gruppierungen aktiv", wie die Ermittler schreiben. Die Bundesanwaltschaft erklärt Klaus kurzerhand zum Kopf der angeblichen Terrorgruppe. Verdächtig macht ihn allein, dass er in der Nacht des Anschlags im März 2006 vier Mal mit seiner Freundin telefoniert.

Die Telefonate des Paars sind in einer Funkzelle registriert worden, in er Klaus Wohnung liegt – aber auch der Tatort des Anschlags. Die Freundin von Klaus wird zur zweiten Beschuldigten.

In der zweiten Hälfte von Democracy Now! vom 16.6. wird das erste ausführliche Interview mit Steve Kurtz nach der Einstellung seines Bioterrorismus-Verfahrens ausgestrahlt: "Art in a
time of terror"

 

Zeitlose Top 100

omg* – annalist wird in der "Zeit"-Karte der 100 erfolgreichsten deutschen Blogs erwähnt. Wie aufregend. Wie wundervoll, dass ein (mein) Blog über Terrorismus im Allgemeinen und Besonderen in diesen Zeiten zu den erfolgreichsten Blogs zählt. Ich würde ja jetzt total gern diese Karte hier einbinden, aber ich wette, dass irgendein Anwalt nur darauf wartet, genau diese 100 Blogs bei der Verletzung des Copyrights zu erwischen. Deswegen: hinklicken und selber nachgucken.

Und wie kommt sowas zustande? Also die Top 100, nicht das mögliche Copyright-Debakel. Leider, muss ich ja sagen, ist dieses Ranking vollkommen geschmeichelt, weil ich aus den ‚Deutschen Blogcharts‚ schon lange wieder rausgeflogen bin. Von deren Existenz erfuhr ich kurz bevor annalist darin auftauchte, weil mir jemand, der sich besser auskannte als ich, eine Mail mit dem Hinweis schrieb. Ich habe mich dann belesen und herausgefunden, dass (ein) zentrales Moment der Blogosphäre (oder: Welt der Blogs) ist, wieviele andere Blogs auf deinen verlinken. Das wird z.B. von Technorati gezählt und führt zum relativ bedeutsamen ‚Technorati-Ranking‘, bei mir zu sehen in der rechten Spalte relativ weit unten – diese grüne Zahl.

In den ersten Wochen und Monaten der Existenz von annalist ist dieser Wert in atemberaubendem Tempo gestiegen, in den besten Zeiten war er bei ca. 360, glaube ich, was zu Platz 35 (oder so) in diesen Charts führte. Allerdings gibt es unübersichtlich viele Zählweisen der Bedeutung von Blogs – in den meisten anderen spielte annalist nie eine Rolle. Die oft sehr selbstreferentielle Daseinsform der Blogs perfektioniert immer neue Methoden der Selbstbestätigung, scheint mir (auf die Gefahr hin, jetzt nicht mehr mitspielen zu dürfen..).

Natürlich hat mich gefreut, so schnell von so vielen Leuten gelesen zu werden. Ich hoffe auch, damit weiter ‚klassische BloggerInnen‘ wie auch völlig unbloggende Menschen zu erreichen, weil der Blog mir eigentlich nur das Mittel zum Zweck ist – nach Lust und Laune veröffentlichen zu können, was und wann ich will.

Entsprechend war ich verblüfft, irgendwann
im April/Mai plötzlich genauso rasant ‚abzustürzen‘, im
Technorati-Maßstab. Weniger offensichtliche Überwachung = weniger
Geschichten aus der Abteilung Galgenhumor = weniger LeserInnen. Schade,
andererseits kann ich auch nicht sagen, dass ich gern wieder mehr davon
erleben möchte. Ich nahm an, dass der fallende Wert damit zu tun hat
und habe dann aber doch nochmal nachgelesen, wie das Technorati-Ranking
genau zustande kommt und siehe: es steht im Kleingedruckten, dass ein
auf meinen verlinkender anderer Blog maximal sechs Monate gezählt wird,
dann "verfällt der Link". Und weil das Verfahren, um das es hier meist
geht, in einer Art Telekom-Warteschleife für unwichtige Kunden
angekommen ist, kann ich wenig Spektakuläres aufschreiben und so sinkt
die Zahl der Verlinkungen.

Immerhin bin ich kürzlich in den ‚wikio-Politik-Blogs
aufgetaucht, die mich anfangs gar nicht wahrgenommen hatten, dafür aber
zig parteipolitische
Lokalgruppenseiten, die vor Monaten das letzte Mal aktualisiert wurden. Wie einige von denen zum Kriterium ‚Blog‘ kommen, wüsste ich gern. Die grüne Jugend Gelsenkirchen liegt nur
noch sieben Punkte vor mir (das ist nicht persönlich gemeint, ich weiß nichts über die grüne Jugend Gelsenkirchen).

Es ist mir sehr rätselhaft, wie (und warum) andere
Leute schaffen, in dem Wust an Bewertungs- und Social-Networkingseiten
a) den Durchblick zu behalten, b) sich da jeweils einzuschreiben, das
entsprechende Icon (Mini-Bildchen) auf der eigenen Seite einzubinden
und c) selbst dort dann so aktiv zu sein, dass der Wert der eigenen
Seite relevant steigt. Und mehr noch, warum Leute ständig neue
erfinden. Nachdem es definitiv nicht möglich ist, von alldem zu leben
und kein wirklich idealistisches Motiv erkennbar ist: wozu das Ganze?
Es kommt mir ein bisschen so vor wie die Unübersichtlichkeit des
sozialen wirklichen Lebens, das mich in Verzweiflung stürzte, als ich
so etwa 13, 14 Jahre alt war und auch immer nicht begriffen habe,
welche Band gerade angesagt war (und warum). Gelernt habe ich dabei
glücklicherweise, dass das Leben wirklich schöner ist, wenn man das
alles ignoriert. Was sich, zugegeben, leichter sagen lässt, wenn man
genug FreundInnen hat und ich will mich hier jetzt nicht über mangelnde
Aufmerksamkeit beschweren.

Ich sacke also mit Würde und
Gelassenheit ab, bedanke mich nochmal bei dem nicht mehr zeitgemäßen
Kompliment der Zeit und biete allen an, die der Blogosphäre mit noch mehr
Ratlosigkeit gegenüberstehen, mein karges Wissen mit ihnen zu
teilen. Mehr gute Blogs wären auf jeden Fall was Feines.

 

*omg: Oh my god – eine von vielen vor allem in Chats benutzen seltsamen Abkürzungen

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Kollektion #5a

(eigentlich #5, die gibt’s aber schon, weil ich #4 übersprungen habe)

 
 

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Telefonfehlschaltungen, Robbenbabies und ein Scheinwiderspruch

So ein schönes Exemplar von Telefonfehlschaltung:

Ich rief heute abend den Kinderarzt an, um mir vom Anrufbeantworter die Öffnungszeiten ansagen zu lassen, mehrere Freizeichen, „Sie rufen außerhalb der Öffnungszeiten der Praxis von Dr. xx an, die Öffnungszeiten sind Montags von…“. Direkt im Anschluss rufe ich Andrejs (nicht mehr ganz) neue Büronummer an.

Mehrere Freizeichen, „Sie rufen außerhalb der Öffnungszeichen der Praxis…“. Ich denke, dass ich mich vertippt habe, gucke auf’s Telefondisplay und da steht: „Andrej Büro“. Zu hören ist weiterhin die Kinderarztpraxis.


Bei der Podiumsdiskussion Samstagabend bei den Datenspuren in Dresden zum Thema Lobbyismus, Aktivismus sagte Sven Lüders von der Humanistischen Union, dass Gruppen und Organisationen, die im Bereich Grundrechte/Datenschutz aktiv sind, Robbenbabies brauchen. Greenpeace engagiere sich für Umweltschutz und bleibe im Gedächtnis wegen spektakulärer und einprägsamer Bilder, etwa denen der erschlagenen Robbenbabies. Im Bereich Sicherheit gibt es keine Bilder, die das einstürzende World Trade Center ersetzen können – 40.000 abgehörte Telefonanschlüsse sind beeindruckend, aber nach ein paar Wochen wieder vergessen.

Ich denke über den Zusatz „Robbenbaby des CCC“ nach.

Bei derselben Diskussion gab es eine bizarre Kontroverse zwischen Andreas Pfitzmann und Sven Lüders. Sven Lüders fragt, welche Möglichkeiten es gibt, Menschen beim Umgang mit Computern den Schutz der Privatspäre zu erleichtern, oder sie davon zu überzeugen, dass der sinnvoll ist. Andreas Pfitzmann hält das für die falsche Herangehensweise und denkt, dass das Aufgabe der IT-produzierenden Unternehmen sein müsste, ähnlich wie auch Automobilkonzerne und der TÜV für sichere Autos sorgen und nicht die AutofahrerInnen selber.

Ich verstehe den Widerspruch nicht: warum nicht beides? Ich finde gut, dass ich nicht selber darüber nachdenken muss, welche Gurte mich am besten vor Schädelhirntrauma schützen, aber halte gleichzeitig auch viel von Verkehrserziehung. Glücklicherweise gibt es ja nicht eine zentral gelenkte Organisation, die sich für Zukunft des Datenschutzes interessiert, sondern viele Gruppen, die unterschiedliche Interessen haben. Ideal fände ich, wenn sich die einen dafür einsetzten, dass mehr Computer produziert werden, die als Standard verschlüsselte Festplatten mitliefern und andere an wirklich einfach verständlichen und zugänglichen Anleitungen arbeiteten.