Snuggly der Sicherheitsbär und die Internet-Überwachung

Der Sicherheitsbär ist zurück, diesmal zum Thema Quellen-TKÜ* oder, umgangssprachlicher, Internet-Überwachung. Snuggly ist von Mark Fiore.

„Wenn Du nichts zu verbergen hast, brauchst Du auch keine Privatsphäre!“

Gefunden habe ich diesen Snuggly beim EFF, die auch darauf hinweisen, dass Pulitzer-Preisträger Mark Fiore zeitweise bei den iPhone Apps nicht zugelassen war. Die Erklärung ist fast ein eigenes Blogpost wert: Er hat öffentliche Personen ins Lächerliche gezogen!

Ältere Snuggly’s: The Spies Who Love You and Constitutional Compromise.

Mehr zu den aktuellen Plänen der Obama-Administration im Handelsblatt, bei Heise, der taz, Gulli, sämtlich basierend auf diesem Artikel in der New York Times.

*Credit goes to Ralf Bendrath, für kompetente Beratung in Fragen zum Vokabular

Endlich mal laut sagen dürfen

Viele meinen, man brauchte die Nazis nur aufzuklären – über die wahren Ziele ihrer Führer zum Beispiel – und schwupp, schon gäbe es keine Nazis mehr. Ist aber leider ein Irrtum, die wollen nämlich gar nicht aufgeklärt werden. Das sind nicht bloß Verführte. Die wollen genau das, was ihr Adolf ihnen bietet, nämlich endlich mal laut sagen dürfen, was sie schon lange heimlich denken. Verstehst du? Hitler spricht denen aus dem Herzen. Ob das nun ihr Rassenhass ist, den er ihnen zugesteht, oder ihr Deutschtum, auf das sie endlich wieder stolz sein dürfen – er ist ihr Mann und sie sind seine Leute.

Aus: Klaus Kordon: Mit dem Rücken zur Wand, Gulliver / Beltz & Gelberg 1990, S. 93

Von Kopf bis Fuß..

.. aber Liebe ist wohl keine dabei.

castor-schottern.org

castor-schottern.org

Anfang November findet der nächste Castor-Transport statt und es sieht ganz so aus, als ob das heitere Hasch-mich-ich-bin-die-Castorgegnerin in Wald und Schlamm wieder viel Zuspruch finden wird.

Um das schon im Vorfeld ein bisschen einzudämmen, hat sich die niedersächsische Polizei was Interssantes einfallen lassen und hat schonmal fünf als AKW-Gegner klassifizierte Niedersachsen in die Kriminaltechnik des Polizeireviers Lüchow (Wendland) vorgeladen:

Die Aktivisten sollen von Kopf bis Fuß erfasst werden: An ihren Fingerabdrücken ist die Polizei interessiert, ebenso an Abdrücken von Handflächen und Handkanten. Mehrere Fotos sollen aufgenommen werden. Außerdem steht die „Feststellung äußerer körperlicher Merkmale“ auf dem Programm: Etwaige Narben oder Tätowierungen will die Polizei fotografieren und vermessen. (Hannoversche Allgemeine)

Wer nächsten Freitag nicht kommt, wird „mit Gewalt vorgeführt“. Das klingt, als ob hier ein paar AnwältInnen demnächst noch viel Spaß haben werden. Die BI Lüchow-Dannenberg jedenfalls is not amused.

(Danke, Kees)

Die spinnen, die Römer

"Digitale Steinschleuder": Cover zum diesjährigen Mainzer Mediendisput

"Digitale Steinschleuder": Cover zum diesjährigen Mainzer Mediendisput

Wem es nicht gleich ins Auge sticht: bitte achtet insbesondere auf die Beschriftung des dritten Galliers von links. Das charmante Bildchen stammt aus dem Einladungsflyer zum Mainzer Mediendisput, gefunden von einem Leser des Co-Galliers Carta. Wirklich hübsch, gefällt mir.

Vielen Dank für die freundliche Erwähnung, obwohl ich meines Wissens nie .. naja, also jedenfalls nicht häufig.. mit Schlamm auf die Fernsehanstalten geworfen habe? Die Steinschleuder weise ich selbstverständlich weit von mir, siehe Artikel von gestern.

Veröffentlicht unter Medien

Das Besondere an Stuttgart 21 (ist gar nicht so besonders)

Allüberall auf den Tannenspitzen seh ich die Frage blitzen, wieso ausgerechnet dieser Protest – der gegen Stuttgart 21 – soviel Wirbel macht. Dabei ist das gar nicht besonders überraschend. Die einfache Formel Protest + Krawall = Presse ist hier um die Faktoren ‚friedlich‚ beim Protest und ‚Gewalt eindeutig durch die Polizei‚ beim Krawall erweitert.

In Berlin fand am Wochenende der Kongreß Öffentlichkeit und Demokratie statt. Bei der Abschlussdiskussion sagte Dieter Rucht, Forscher zu Sozialen Bewegungen am WZB, sinngemäß, dass man die Frage stellen müsse, warum Stuttgart 21 eine solche Bedeutung habe (etwa Min. 44 im Video). Neben anderen Faktoren spielten die Medien eine Rolle („Medienhype“). An den Protesten gegen Hartz IV beispielsweise hätten sich viel mehr Leute beteiligt. Anfangs sei darüber auch interessiert berichtet worden, aber nach etwa eineinhalb Monaten habe die Berichterstattung die Richtung gewechselt. Plötzlich stand überall, dass die Proteste nachließen. Faktisch wuchsen sie noch, haben die Forscher empirisch nachgewiesen. Obwohl viele Hunderttausend gegen Hartz IV auf die Straße gegangen sind, hat sich Rot-Grün keinen Millimeter bewegt.

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netz:regeln mit Regelschmerzen

Referenten für netz:regeln, Screenshot am 28.9. gemacht von Christian SoederDie grünennahe Heinrich-Böll-Stiftung hat sich einen ziemlichen Faux-Pas geleistet. Sie organisiert am 9. Oktober eine netzpolitische Veranstaltung, „netz:regeln. Chancen und Risiken künftiger Netzregulierung“. Als ich sie Mittwoch nacht fand, war unter den 21 eingeplanten Referenten nicht eine Frau. Auch drei oder vier wären für eine Stiftung, die Gender ganz groß im Image trägt, ziemlich peinlich. Aber gar keine?

Es gibt zwei Websites zur Veranstaltung: die bei der Böll-Stiftung selber, und eine mixxt-Community. Bei letzterer stand eine Frau auf der Liste.

Mir stellt sich mal wieder die Frage: Wie kann denn sowas passieren?

Natürlich gibt es ausreichend Frauen, die zu den Themen etwas sagen können. Sicher weniger als Männer, aber auf jeden Fall genug, um so ein Tagesseminar zu füllen. Falls doch mal eine Lücke entsteht, gibt es diese praktische Website: geekspeakr.com – connecting tech women speakers with event organizers.

Der grüne Blogger Till Westermayer schrieb fassungslos, was wahrscheinlich viele dachten: Ach, Böll-Stiftung! Weil er

die Böll-Stiftung bisher – als Stipendiat, aber auch als Mitorganisator von Veranstaltungen – als eine Organisation erlebt habe, die Gender und Diversity einen extrem hohen Stellenwert einräumt.

Eben.Bei der Adenauer-Stiftung hätte micht das nicht so geschockt, obwohl es auch da einen Kommentar wert gewesen wäre.

Christian Soeder hat in weiser Voraussicht von dem Debakel einen Screenshot gemacht und in seinem Blog rotstehtunsgut.de (aus „gesunder sozialdemokratischer Perspektive“) veröffentlicht (zu sehen oben). In den Kommentaren dazu wird dann die Frage gestellt, ob die (SPD-nahe) Friedrich-Ebert-Stiftung das besser könnte – Quod erat demonstrandum, würde ich sagen.

Einen Tag später waren mehr Frauen im Programm aufgetaucht, aktuell sind es 5 von 30 ReferentInnen.

Ganz nebenbei würde mich übrigens noch interessieren, wieso die Böll-Stiftung sowas ausgerechnet gemeinsam mit der Bitkom (dem Interessenverband der IT-Unternehmen) veranstaltet? Und welche Chancen der Netzregulierung?

Lügendetektoren zur Flüchtlingsabwehr

Schlimmer geht immer.

Am Dienstag und Mittwoch dieser Woche ist ein Team des National Center for Border Security and Immigration Research der University of Arizona in Polen, um dort den Grenzpolizeien der 27 EU-Länder sein ‚Flagschiff-Forschungsprojekt‘ vorzustellen: Einen Lügendetektor, der Frontex bei der Suche nach ‚illegalen‘ Flüchtlingen helfen soll. (Arizona Daily Star, 14.9.10)

Dass es quasi gar nicht mehr möglich ist, als Flüchtling legal einzureisen, interessiert dabei naturgemäß überhaupt nicht.

Praktisch soll das so aussehen: ein Avatar mit integrierter Software (Intelligenter Agent) stellt Fragen und dabei werden verschiedene Instrumente z.B. Puls, Blutdruck, Zucken der Augenlider und Augenbewegungen überwachen und auswerten. Die ForscherInnen haben mehr als 300 Reaktionsformen getestet, darunter Stimme, Sprache, Herz- und Augenreaktionen, Veränderungen der Körpertemperatur. Programmmanager Riley McIsaac würde den ‚Avatar Kiosk‘ gern schon nächstes Jahr in Flughäfen und Häfen testen.

Das ‚Nationale Grenzschutz- und Einwanderungsforschungszentrum‘ der Uni Arizona gibt es seit 2008. Gemeinsam mit der Partner-Universität El Paso/Texas leitet es ein Konsortium von 14 Forschungseinrichtungen, die über sechs Jahre insg. 16 Mio. US-Dollar vom Dept. of Homeland Security für die Forschung bekommen.

Das Grenschutzzentrum ist Finalist in der Ausschreibung ‚Innovator des Jahres‘ in der Kagegorie ‚Wissenschaft‘ des Governors von Arizona.

Vier Monate für Facebook-Freundschaft

Oder: Spiel nicht mit den Schmuddelkindern..

Der Tierrechtsaktivist Rod Coronado wurde Anfang August in den USA zu weiteren vier Monaten Gefängnis verurteilt. Mit dem Akzeptieren einer Facebook-Freundschaftsanfrage habe er gegen seine Bewährungsauflagen vertoßen.

Rod Coronado (*1966) ist mehrmals im Kontext Tierrechte verurteilt worden, u.a. für die gewaltfreie Störung von Berglöwen-Jagden, Freilassung von Versuchstieren, Zerstörung einer Tierversuchsforschungseinrichtung und zuletzt für eine öffentliche Veranstaltung, bei der er sehr allgemein erklärt haben soll, wie Brandsätze hergestellt werden. Diese letzte Verurteilung zu einer Bewährungsstrafe wird in die sog. Greenscare– Verfolgungswelle von Tierrechtsaktivisten unter dem Label Öko-Terrorismus eingeordnet.

Ebenfalls in die Biografie von Rod Coronado gehört das Versenken zweier Schiffe der isländischen Walflotte als Mitglied der NGO Sea Shepherd.

Rod Coronado hat sich bereits 2006 von der Anwendung von Gewalt distanziert.

Die Facebook-Anfrage, die ihm jetzt zum Verhängnis wurde, kam vom ehemaligen Vorsitzenden von Greenpeace USA und Earth First! Gründungsmitglied Mike Roselle. Facebook oder allgemein Soziale Netzwerke wurde explizit in den Bewährungsauflagen gar nicht erwähnt. Vorgeworfen wurden ihm nicht erlaubte Kontakte und die Benutzung eines öffentlichen Computers (was, wenn ich es richtig versehe, vorher hätte explizit genehmigt werden müssen).

Ob sein Facebook-Profil explizit überwacht wurde, ist anscheinend im Verfahren nicht deutlich geworden. Klar ist aber, dass der eine Klick zum Akzeptieren der Freundschaft ausreichte. Ob Rod Coronado Mike Roselle jemals persönlich getroffen hat, ist nicht bekannt.

Der Verfassungsschutz ist neutral

Gesehen beim Tag der Offenen Tür einer Berliner Grundschule 2010

Gesehen beim Tag der Offenen Tür einer Berliner Grundschule 2010

Das Leben schreibt Geschichten, die würde ich nicht wagen auszudenken. In Niedersachsen soll demnächst der Verfassungsschutz den Schülerinnen und Schülern beibrigen, was Demokratie ist, kündigte vor 10 Tagen Innenminister Schünemann an. Auf die konsternierte Frage des Hamburger Abendblatts, ob ein Geheimdienst hier die beste Wahl sei, sagt der Minister:

Da gibt es keinen Widerspruch, der Verfassungsschutz ist neutral und auf keinem Auge blind.

Das wird in Niedersachsen alle Kinder und Jugendlichen zwischen 9 und 17 Jahren betreffen.

Für die Grundschule gibt es künftig eine vom Verfassungsschutz entwickelte Grundrechtefibel, „um frühzeitig einen Beitrag zur Demokratieerziehung zu leisten“. Für die Klasse 7 folgen dann die „Andi-Comics“ zu den Themen Islamismus, Rechts- und Linksextremismus. Das Ziel hier: „Wir wollen damit den wachsenden Anstrengungen von Extremisten entgegenwirken, Jugendliche zu indoktrinieren.“ Und in der 10. Klasse wird ein Planspiel „Demokratie und Extremismus“ angeboten. Da geht es dann um einen von Rechtsextremisten angemeldeten Trauermarsch oder die Ankündigung von Islamisten, eine Moschee errichten zu wollen. (Hamburger Abendblatt, 14.9.10)

Zu den Andi-Comics gab es hier Anfang des Jahres schon etwas zu lesen. Das probate Gegenmittel ist Mandi, eine Broschüre, die auch für Schulen oder Jugendclubs bestellt werden kann. Und natürlich der Andi Remix Wettbewerb.