re:publica – Beobachtungen I oder „Lutsch das Mikrofon, Schlampe!“

Das.. war.. doch.. erstaunlich intensiv, dieser neue Selbstfindungsversuch der bloggenden Menschen. Jedenfalls vor zwei Jahren kam mir das so vor, als ob vor allem sehr viele Leute, mit denen ich sonst nie im Leben zu tun hätte, mantrahaft vor sich hinmurmeln "Wir sind etwas ganz besonderes, wir sind etwas ganz besonderes, und ihr versteht es nur nicht, aber wir sind total toll". Entsprechend bin ich letztes Jahr auch gar nicht hingegangen.

Wenn mich nicht Susanne Klingner – die dann leider LEIDER nicht kommen konnte – von der Mädchenmannschaft angestubst hätte, mit ihr gemeinsam das Panel "Das andere Geschlecht" vorzuschlagen, wäre ich womöglich dieses Jahr auch nicht hingegangen. Ich habe mich 1,5 Stunden mit Anna Berg, auch Mädchenmannschaft ("Ihr durchtriebenen, miesen Fotzen") und Klaus Schönberger, ZHdK (Doing Gender, kulturelles Kapital und Praktiken des Bloggens) unterhalten. Ich glaube, wir waren nicht schlecht, auch wenn zwangsläufig nicht alle zufrieden waren. Nachdem wir verschiedenste Aspekte der Diskriminierung von Frauen im Netz, der Entstehung von Wichtigkeit und Relevanz und ob die wichtig sind, unterschiedlichen Zugang zum Bloggen, die Frage, ob das Netz nicht bloß die Realität abbildet und wo eigentlich die Erwartung herkommt, im Netz sei alles anders, diskutiert hatten, fragte ganz am Ende jemand, ob wir mal beschreiben könnte, was für Frauen im Netz eigentlich anders sei. Es bräuchte also viel mehr als 1,5 Stunden, nur, wer hört dann noch zu?

Das Publikum war sehr angenehm und gar nicht feindselig, was etwa angesichts des Niveaus der aktuellen Piraten-Genderdebatte auch hätte anders sein können. Antje Schrupp merkte hinterher an, dass es zuviel um Frauen als Opfer und zuwenig um Wünsche, Projekte, Erfahrungen ging. Maike Hank hat die Diskussion ein bisschen nachgezeichnet. In den Kommentaren dort wird kritisiert, dass zuwenig Neues gesagt wurde. Stimmt. Der Spagat dazwischen, vor nicht einschätzbarem Publikum nicht unverständlich und gleichzeitig nicht langweilig sein zu wollen, ist ein unlösbares Dilemma, fürchte ich. Manchen war es etwas zu zäh, schade, aber es gab auch viele positive Reaktionen. Ich jedenfalls habe sowas noch nie gemacht und fand das Resultat soweit in Ordnung.

Völlig überschattet wird die Diskussion von dem, was im Chat zum Veranstaltungsstream geschah. Piratenweib hat das sehr detailliert dokumentiert (unappetitlich!). Der Chat wurde überschwemmt mit Müll, der von einigen als sexistische Gewaltandrohungen und strafrechtlich relevante Pädophilie, von anderen als das gewöhnliche Verhalten von sog. Trollen interpretiert wird. Daraufhin wurde auch die Website von Piratenweib derart attackiert, etwas schwächer auch ein Artikel in der Süddeutschen (Frauen klicken anders) zum selben Thema. Klug wie immer dazu Antje Schrupp: Zwei, drei Gedanken zum Panel “Sexismus
im Netz”
. Lantzschi hat einen sehr persönlichen Appell geschrieben, mutig. Außerdem Anke Gröner, Sammellmappe, Loopkid.

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Heinzi

Heinzi hat heute hier einen Kommentar zu "Wichtige Blogs" geschrieben, der besondere Würdigung verdient:

Wieso besorgen sie sich nicht
eine gute Umfragesoftware und sammeln dazu Angaben? Ich würde mich als
Mann sehr für ihre Fragestellung interessieren und habe trotz ihrer
feministischen Sicht und vereinzelter Schlagworte das Gefühl, daß Sie
eine solche Arbeit sachdienlich auswerten.

Grafstat Universion besorgen, Daten Sammeln, Auswerten und
Information verbreiten.

Ich vermute ja, mit enier solchen qualitativ und methodisch
einwandfreien Arbeit würden Sie möglicherweise ebenfalls Aufmerksamkeit
auf sich ziehen.
Machen Sie eine hochwertige Umfrageserie daraus und es findet sich mit
Sicherheit ein Echo in der Bloggerszene.

Davon abgesehen tendiere ich dazu, anzumerken das Frauen eher anders,
wie Sie das ja auch schon andeuten, veranlagt sind. Die vielen
"Frauensachen"Blogs sind mutmaßlich ein wichtiges Kritierium.

Ich habe mich jetzt einige Minuten schwer konzentriert. Ich kann mich
nicht erinnern irgendeine politisch interessierte Frau kennengelernt zu
haben.

Wenn dann eine Frau Frauen wirklich vertritt, wie es Eva Hermann
getan hat, dann wird sie weggemobbt von jenen, die Frau SEIN mit dem
MACHT HABEN verwechseln. Aber das ist wohl ein psychologisches Problem
und viel verbreiteter bei Männern, die Macht haben mit Sein verwechseln.
Keine gute Basis für die 50/50 Teilung der politischen Sphären wenn die
eigenen authentischsten Vertreterinnen ihrer Lebensgrundlagen und
Glaubwürdigkeit beraubt werden.

Ich bin mit mir noch nicht ganz einig, ob ich finde, dass das authentisch ist oder ein sehr guter Fake. So oder so sehr gut gemacht. Was meint Ihr? Heinzi?

Andrej, ganz Wissenschaftler, fand: "Das wäre doch eine super Prüfungsfrage: Nennen Sie die sieben antifeministischen Argumente im Text."

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And the winner is..

Nominierung Bloggermädchen 2009Im Januar lief die von der Mädchenmannschaft initiierte Wahl der Bloggerin des Jahres, vulgo "Bloggermädchen 2009". annalist war auch nominiert und letzten Montag wurde die Gewinnerin verkündet.

Gaaanz knapp bin ich Zweite geworden, nach ‚Frau Liebe‚, die mit 477 genau 7 Stimmen mehr bekam – Glückwunsch auch von hier. Die Dritten wurden mit je 187 Stimmen das Mädchenblog
und Frl. Zucker.

Danke für die Nominierung und Eure Stimmen!

Zweite ist auch schön und definitiv sehr ehrenhaft.

Zwischenzeitlich tauchten Fragen auf, wie denn die Auswahl der 25 nominierten Blogs zustande kam: ganz einfach – sie konnten der Mädchenmannschaft vorgeschlagen werden. Da fehlen immer noch viele, einfach weil sie niemand vorgeschlagen hat. Also braucht die Wahl (die nächstes Jahr hoffentlich wieder stattfindet..?!) ein bisschen mehr Rummel.

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Bloggerinnen, die Fortsetzung

Meine Expertinnen-Werdung in Sachen "Wir schreiben nicht alle Strickblogs" schreitet fort.

Vorgestern hat Philip Banse die zweite Runde ‚Meinungsmacher‘-Interviews veröffentlicht, viermal eine Dreiviertelstunde (ca.) Video mit bekannten Bloggern. Wieder alles Männer, was ja der Aufhänger für meine Beschäftigung damit war, warum anscheinend wichtige Blogs in Deutschland nur von Männern geschrieben werden.

In seinem Blog kommentiert er das und das erste Mal kommt die Rückmeldung bei mir an, dass die Fragestellung jenseits der feministischen Grenzen wahrgenommen wurde:

Die zweite Staffel meiner Blogger-Interviews ist seit heute bei dctp.tv online. Diesmal waren wir in Düsseldorf: Mario Sixtus, Udo Vetter, Stefan Laurin/Ruhrbarone, Thomas Knüwer – wieder nur Männer.

Es gab zu diesem Punkt ja einige Klagen. Ehrlich gesagt, ist mir auch erst durch diese Hinweise
aufgefallen, dass wir keine einzige Frau auf dem Zettel hatten. Das
liegt zum Teil daran, dass wir uns bei der Suche nach Interview-Gästen
stumpf an den Deutschen Blogcharts
orientiert und aus den vorderen Plätzen interessante Vertreter raus
gefischt haben. Warum da keine Frauen vertreten sind? Das ist ein Thema
in den Interviews dieser zweiten Staffel.

Ich habe jetzt fast alle durchgehört und fand ein bisschen schade, dass es Thema doch nur in einem der vier Interviews war, und auch nicht soo ausführlich: Im Interview mit Sixtus, etwa Min. 38. 

Mehr Mädchenchöre

Dann aber bekam ich den Hinweis, dass das Thema auch im letzten Medienradio eine Rolle gespielt hat. Das will ich Euch nicht vorenthalten, zudem es auch da nicht einfach zu finden ist.
Dies ist ein Ausschnitt – bei der vollständigen Aufnahme kommt das Thema erst ganz am Schluss. Eigentlich ging es um ein ganz anderes Thema. 

 
http://noblogs.org/flash/mp3player/mp3player.swf
(mp3, 6,7mb)

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Diverses

Seit ich mich im November über die Frage ausgelassen habe, warum in Deutschland wichtige Blogs nur von Männern geschrieben werden, steht der Gedanke im Raum, ob Deutschlands wichtigstes Blogger-Treffen auch mal mit dieser Frage konfrontiert werden soll (beide Artikel gibt es auch bei freitag.de, mit anderen Kommentaren).

Da ich mich nicht primär als Spezialistin für Diversität – so der korrekte Fachausdruck für Minderheitenschutz aller Art – betrachte, gefiel mir zwar die Idee, aber ich wollte das nicht unbedingt übernehmen. Dazu kommt, dass ich die Vorstellung eines Panels, bei dem vor allem die Frage im Raum steht, warum denn die Frauen dann nicht einfach besser/öfter/über interessantere Themen schreiben, weil sich dann das Problem ja von selber lösen würde? mir ungeheuer unattraktiv vorkam. Für alle Beteiligten.

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The Revival – Frauen im Hip-Hop

Kurz virtuell vom 26C3 zurückgekehrt wechsele ich zwischen den Jahren mal rabiat das Thema. Weil es schön ist und auch, weil ich in den letzten Tagen ganz haarsträubende und nervtötende Debatten darüber geführt habe, ob es sowas wie eine Berechtigung für feministische Ansätze eigentlich gibt, heute ein Ausgleich:

The Revival, ein kurzer Dokumentarfilm über die größte Tour von Frauen im Hip-Hop, 2009 in Europa:

The Revival gibt einen Einblick in das erste Treffen der legendären Hip-Hop-Pionierin Roxanne Shante mit der Veteranin MC Bahamadia aus Philadelphia. Sie erzählen die Geschichten ihrer Kämpfe und Triumphe in der Musikindustrie im Lauf ihrer langen Karriere. Zu sehen ist auch der Austausch mit den neuen Künstlerinnen DJ Shortee, Eternia, Stacy Epps und Invincible. Der kurze Dokumentarfilm, eine Collage von Performances und Aufnahmen hinter der Bühne, wurde gefilmt und produziert von Invincible während der "We-B Girlz – Frauen im unabhängigen Hip-Hop"-Tour. Die größte derartige Tour nur von Frauen, drei Wochen in sechs Ländern mit Dutzenden Künstlerinnen die vor zehntausenden Fans auftraten.

Zusätzlich zum Film, der am 23.12. online veröffentlicht wurde, gibt es jede Woche Interviews mit den Künstlerinnen aus The Revival bei The Fembassy.

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Das Innenleben von Texten

Kathrin Ganz (I heart Digital Life) hat für die AG Queer Studies einen Podcast veröffentlicht, den ich vor allem all denen empfehlen möchte, die sich hier immer wieder engagiert darüber aufregen, dass ich meine Texte mit feministischem großem I schreibe.

Es dauert ein bisschen, aber es lohnt sich, und gerade jetzt haben ja viele auch die Zeit, sich einen längeren Vortrag anzuhören. Vortrag trifft es gar nicht so richtig – eher ein Erlebnisbericht. Was einem jungen linken, selbsterklärtermaßen sexistischen, Indie-Musikjournalisten auf seinem Weg zum überzeugten Vertreter der feministischen Sprache alles widerfuhr.

Der inzwischen feministische Musikjournalist ist Frank A. Schneider, besser bekannt als Mitglied von Monochrom. Der Titel der Veranstaltung

Die Diktatur des >>man<<. Von der
Schwierigkeit, in linken deutschen Medien geschlechtsneutral zu
sprechen. Bericht aus der weitgehend beschissenen Praxis.

 

http://noblogs.org/flash/mp3player/mp3player.swf
(mp3, 74mb) 1:17 Std.

Erzählt hat er all dies am 18. November im Rahmen der Ringvorlesung "Jenseits der Geschlechtergrenzen" an der Uni Hamburg.

Er selber zu seinem Vortrag:

“Formulierungen wie ‘man/frau’ und das Binnen-I lehnen wir aus
stilistischen und Ästhetischen Gründen ab”. Wer in linken deutschen
Medien in einer nicht-ausschließlich männlichen Form schreiben möchte,
kennt diesen Satz, der scheinbar keiner weiteren Erklärung bedarf.
Welche stilistischen und Ästhetischen Essentials ihm eigentlichen
zugrunde liegen, wird in der Regel nicht gesagt. Frank Apunkt Schneider
versteht sich als Feminist und publiziert regelmäßig in Deutschland und
Österreich. Er berichtet aus seinen eigenen diesbezüglichen
Erfahrungen, und stellt Vermutungen an, warum deutsche Medien mit
geschlechtsneutralen Formen ein Problem haben, Österreichische hingegen
nicht.

(via

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Heute vor 20 Jahren wurden 14 Technik-Studentinnen in Montréal erschossen

Plakette zur Erinnerung an 14 Studentinnen, die am 6.12.89 an der polytechnischen Hochschule von Montreal erschossen wurden. Quelle: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Mtl_dec6_plaque.jpgHeute vor 20 Jahren wurden an der École Polytechnique in Montréal, Kanada, 14 Studentinnen erschossen. Der Täter, der sich danach selbst erschoss, gab in seinem Abschiedsbrief an, dass Feministinnen sein Leben ruiniert hätten.

Er begann das Massaker, in dem er einen Vorlesungssaal betrat, in dem sich etwa 60 Maschinenbau-StudentInnen befanden. Er separierte Männer und Frauen und fragte die Frauen, ob sie wüssten, warum sie dort seien. Eine verneinte. Er sagte dann: "Ich kämpfe gegen den Feminismus". Nathalie Provost antwortete: "Hör mal, wir sind bloss Frauen, die Maschinenbau studieren, nicht unbedingt Femistinnen, die auf Demos gehen und gegen Männer sind; nur Studentinnen, die ein normales Leben leben wollen." (Quelle: Wikipedia). Danach schoss er auf die neun Frauen. Sechs von ihnen starben (Bericht der Gerichtsmedizin).

Der 6. Dezember ist in Kanada Nationaler Tag der Erinnerung und Aktionstag gegen Gewalt gegen Frauen

Terri Oda berichtet für den CU-WISE-Blog (Women in Science and Engineering – Carleton University) über Aktivitäten zum 20 Jahrestag. Nachdem sie den Film über die Vorfälle in Montréal gesehen hat, zieht sie Parallelen zu aktuellen Drohungen gegen Frauen, die in der Open-Source-Community aktiv sind:

Es hat mich sehr bewegt. Mark Lepines Abschiedsbrief hat große Ähnlichkeiten zu den Todesdrohungen, die ich und viele andere Frauen, die in der Open-Source-Community aktiv sind, von einem Gestörten erhalten haben (Warnung: hier wird zu einem Artikel verlinkt, der das ekelhafte Zeug diskutiert, das er sagt).

Trailer zum 2009 erschienenen Film Polytechnique

http://www.youtube.com/watch?v=1EM9r83Dv2A

 

Update: Weitere Artikel zum Thema:

Nathalie Provost, Heidi Rathjen, Alain Perreault – rabble.ca: 20 years after the Montreal Massacre

Catherine Porter – The Star: Lessons of the Montreal Massacre

Antonia Zerbisias – Broadsides/The Star: The F-Word

Judy Rebick – Transforming Power: Twenty years later remember the women slaughtered in Montreal and then organize

Jessica Yee – rabble.ca: The next generation – and what women sometimes forget – on December 6th

Joanne Laucius – The Ottawa Citizen: The Montreal Massacre casts long shadow

Gendercide Watch: Case Study:
The Montréal Massacre

Es gibt auch ein Buch, von Heidi Rathjen, die
auch in der Hochschule war und danach erfolgreich eine Kampage für
stärkere Kontrolle von Schusswaffen betrieben hat: December 6th: From the Montreal Massacre to Gun Control

 

Bild: Wikimedia Commons

Männer mitgemeint

Ein kleiner Ausflug auf meine Lieblingsnebenbaustelle: das F-Wort (nein, nicht ‚fuck‘). Ganz besonders leider ist die deutsche Blog- und allgemein Netzwelt im Bereich Feminismus eine große weite traurige Einöde. Und weil das so ist finden journalistische Meisterleistungen wie diese ab und zu den Weg an’s Licht – der Titel "Prahlen und tratschen" kommt nicht etwa vom Interviewten, sondern war Bestandteil einer Interviewfrage. Was schön illustriert, dass es weniger darum ging, Neues zu erfahren, als eher, vorgefasste Meinungen zu bestätigen. 

Und wie kann es anders sein: die Mädels schwatzen über belangloses Zeug und die Jungs schreiben mehr so Inhaltliches. Thema: bloggen Frauen anders? Ist die Welt eine Scheibe?

Wenn man so will, passe ich schön in’s Raster: ich behaupte ja gern, dass ich hier Alltagsgeschichten aufschreibe. Alltag mit Überwachung eben. 

Will sagen: ob das nicht auch durchaus eine Frage der Wahrnehmung ist? Das Frauen dazu neigen, ihr Licht unter den Scheffel zu stellen, ist ja nichts Neues. Dass also, wenn man Frauen fragt, worüber sie schreiben, eher die Antwort kommt "Och, nichts Großartiges, nur so für mich eigentlich, im Grunde schreibe ich auch nur Sachen auf, die ich woanders interessant fand", überrascht nicht. Genausowenig wie dass Männer tendenziell sagen "Ich hab da drei total wichtige Themen und bin mit meinem Blog zu XY ganz zentral platziert!". Könnte ich je nach Tagesverfassung über diesen Blog beides sagen und es wäre nicht völlig falsch.

Wenn nun also ein ‚wissenschaftlicher Referent für digitale interaktive Medien und politische Kommunikation‘ was über bloggende Frauen (und Männer) herausgefunden hat, dann endet das als der größte Blödsinn in den wie immer so seriösen Medien. Denn: wer entscheidet eigentlich, was wichtig ist? Die deutschen Blogcharts? Ich war schon vor Jahren erstaunt, mit wieviel Engagement eine ‚Hausfrau‘ ein Web-Forum mit allem multimedialen Schnickschnack betrieb, in dem es um nichts anderes ging als Mütter-und-Kind-Kuren, Erziehung und die Möglichkeit, rund um die Uhr in Kontakt zu bleiben. Mit einer enormen Zahl von Beteiligten. Geschmackssache, sicher, aber wie wichtig ist das so-und-so-vielte Wiederkäuen von IT-News auf der anderen Seite?

Und haben wir da nicht wieder diese uralte Geschichte von der Trennung des Öffentlichen und des Privaten? Wer hat noch nie am Kneipentisch darüber philosophiert, dass Frauen letzten Endes ja irgendwie auch viel Macht haben, weil sie im Haushalt das Sagen haben? Und das ist soo langweilig, auch wenn es neu verpackt als Blogger-Story daherkommt.

Gefunden habe ich die Geschichte bei Melanie Huber’s Kilroy Blog, die versucht, dem ganzen einen anderen Dreh zu geben – dass es nämlich eigentlich andere und relevantere Unterschiede gibt als den entlang der Gendergrenze. Jedenfalls wenn es darum geht, wer was warum schreibt.

Wer mehr und anderes über bloggende Frauen lesen will:

Es gibt sicher mehr, dies war keine besonders langwierige Recherche – ich freue mich über Lesetips diesbezüglich. Und gucke ansonsten neidisch nach Österreich, wo es tatsächlich eine wahrnehmbare Zahl feministischer Medien gibt. diestandard.at ist nur der Anfang.

Wie kam ich darauf? Eigentlich über den Umweg meines Schwatz-Themas Überwachung. netzpolitik.org schreibt heute über das neue Heft von “Forum Wissenschaft” mit dem Schwerpunkt “Kontrolle: Außer Kontrolle? ‘Innere Sicherheit’: Regulierung gesellschaftlicher Brüche”. Ein Text ist online, und darin leistet sich ein des Feminismus zunächst völlig unverdächtiger regulärer Professor für Öffentliches Recht an der Universität Bielefeld mit den Arbeitsschwerpunkten Staat und Demokratie sowie Umweltrecht folgende Fussnote:

2) Die Männer werden im Folgenden bei der weiblichen Form miterfasst.

Wann gab es das zuletzt? Wer traut sich denn überhaupt noch, in ordentlichen Texten, die für Geld geschrieben werden, auch nur ein großes ‚I‘ zu verwenden? Und dann meint Andreas Fisahn in "Sicherheit und Eigennutz – Entwicklungen von Repression und Überwachung" Männer ganz nebenbei einfach mit. Bravo!

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Baltic Women 2007

Heute gibt es ein ganz besonders geschmackvolles Arrangement im Spiegel. Links im Bild ein Artikel über den Prozess wegen der brutalen Vergewaltigung und Ermordung eines 14-jährigen Mädchens, rechs ein Video über die ‚Baltic Women 2007‘. Keine Beschreibung, du klickst und hörst eine freundliche weibliche Stimme:

Striptease ist die Kunst der erotischen Entkleidung und das meistens auf einer Bühne. In Litauen fand nun die Baltic Women 2007 statt, ein Wettbewerb im sog. Stangenstriptease.

Und so weiter, garniert mit rein dokumentarisches Aufnahmen. 

 

Ganz sachlich. Warum soll nicht auch der Spiegel ein bisschen von Sex sells profitieren? Genau wie die Pardon damals