Das Fragen hat sich gelohnt. Nicht, dass ich jetzt wesentlich besser wüsste, warum scheinbar wichtige Blogger Männer sind. Darauf gibt es keine einfache Antwort. Aber es gab viele Denkanstöße und gemeinsam denken führt bekanntlich weiter.
Es haben viele mitgedacht. Hier gab es bisher 14 Kommentare, und zum gleichen Artikel beim Freitag sogar 35.
Vielen Dank!
Bevor ich weiter unten die Reaktionen zusammenfasse, die schönsten Zitate wiederhole und auf andere Artikel zum Thema verweise, möchte ich auf einen Text hinweisen, den ich gerade bekommen habe und sehr hilfreich und informativ fand:
Schönberger, Klaus: Doing Gender, Kulturelles Kapital und Praktiken des
Bloggens. In: Hengartner, Thomas/ Simon, Michael (Hg.): Bilder – Bücher
– Bytes. Berlin 2008 (im Druck).
Außerdem sind bei freitag.de zwei aktuelle Texte erschienen, die auch gern noch kommentiert werden dürfen: Canesco: Wichtige Bloggerinnen! und Verena Reygers von der Mädchenmannschaft: Nicht an den Rand drängen lassen!
Die Reaktionen:
Wenn ich jetzt mal die weglasse, die die Fragestellung falsch finden oder irrelevant, dass keine "wichtigen Blogs"von Frauen geschrieben werden, bleiben verschiedene interessante Gedanken.
Ohne ordentlich Empirie betrieben zu haben ist mein Eindruck, dass vor allem das Bewertungssystem in Frage gestellt wird. Wie wird das Wichtige wichtig? Diese Zweifel teile ich. (Hier wäre interessant, sich genauer damit zu beschäftigen, wie es kommt, dass das interaktive Web den Eindruck erweckt, horizontaler, offener, demokratischer, partizipativer zu sein und dann das genaue Gegenteil eintritt: totale Exklusion.)
Entsprechend wird die Frage, ob es wünschenswert sei, dass auch Frauen Alpha-Bloggerinnen seien, durchaus auch negativ beantwortet. Stark vereinfacht: Nur die Alpha-Blogger und ihre LeserInnen finden die anderen Alpha-Blogger wichtig.
Das teile ich so nicht, denn dass die als wichtig erklärten Blogs dadurch an Wichtigkeit zunehmen, macht ja das Problem aus. Ich zumindest schreibe nicht nur, weil ich dabei die Befriedigung empfinde, etwas zu schaffen. Ich habe durchaus auch ein Sendungsbewusstsein und das beinhaltet, dass ich viele Leute erreichen will. Und hätte gern eine Welt, die etwas vielfältiger ist als eine, die aus deutschen Männern zwischen 35 und 45 (+x) besteht.
Mein Ziel wäre also nicht, den Ruf und Ruhm der Alpha-Männchen anzukratzen, sondern das ganze zu verbreitern.
Disclaimer: hier wird (absichtlich) vereinfacht und verallgemeinert. Die Zugriffszahlen etc. lassen sich nicht wegdefinieren und mir geht es nicht darum, die Alpha-Blogs schlecht zu schreiben. Ich lese die teils selber gerne. Ich bin aus dem Alter raus, in dem es mir darum ging, Männern persönlich Schuld für irgendwas in die Schuhe zu schieben. Mich interessieren die Strukturen, die dazu führen, dass von Gleichberechtigung weit und breit nichts zu sehen ist. Und dabei ist Gleichberechtigung nicht das Ziel meiner Träume, sondern wäre eher die Grundlage für weiteres.
Weitere Thesen:
- Frauen schreiben viel und gern, kümmern sich aber nicht aktiv darum, bemerkt zu werden
- An Zeitmangel kann es bei Frauen nicht liegen, denn bei Online-Spielen liegt die Frauenquote deutlich über 50%.
- Die Rankings bilden die Blogosphäre nicht annähernd korrekt ab
- Männer verhalten sich in der relativen Anonymität des Netzes weniger kontrolliert
- Frauen bilden weniger Netzwerke / unterstützen sich gegenseitig weniger / haben keine funktionierenden Seilschaften
- Männer sind stärker daran interessiert, ihre Meinung durchzusetzen
- Frauen nehmen Männer (und Frauen) als wichtig war, Männer nehmen Männer als wichtig war
- Das Netz bildet die reale Welt ab und die ist entsprechend / Die Situation spiegelt die Situation von Frauen im Journalismus
- Netzpolitik bewegt nur das Netz. Wer in der realen Welt was ändern will, beschäftigt sich mit was anderem
Interessante Zitate:
Das Hauptproblem sehe ich allerdings darin, dass die meisten Frauen
bereits die Erfahrung gemacht haben, dass "ihre" Themen generell als
oberflächlich und unwichtig abgetan werden, und deshalb gar nicht erst
versucht wird, auf die Außenwelt zuzugehen.
Ich persönlich finde nicht, dass man dieses Problem lösen muß. Wenn man
es lösen wollte, würde am Ende passieren, was auch in der Wirtschaft
passiert. Die paar erfolgreichen Frauen sind dann überangepasst und
verhalten sich genau so rücksichtslos wie Männer. Da ist dann auch der
Vorteil gegenüber Männerblogs weg. Ich bin eher dafür, die Männer in
ihrem Selbstdarstellungs-Sumpf sitzen zu lassen und am Rande ein paar
kleine und feine Frauenblogs zu betreiben.
In China gibt es Bloggerinnen, deren Reichweite größer ist als die aller deutschen Blogger zusammen. Deutschland,
eine verkappte Monarchie, eine typische Männergesellschaft, zufällig
und ungewollt mit Demokratie in Berührung gekommen, …
Wir müssen wohl einsehen, dass viele Männer von der Gleichberechtigung,
die sie den Frauen zugestehen, die sie manchmal sogar fordern, nicht
überzeugt sind und dass sie auch nie wirklich darüber nachgedacht
haben.
hier paart sich das schmoren im eigenen sagt mit ideenlosigkeit und das
endet meist im jammern. z.b. schreibt man dann internetmanifeste oder
beklagt sich darüber, dass blogs sich nicht/kaum finanzieren.
Ich würde (…) nicht ganz unbeachtet lassen, dass auch jede Menge
Männer aus sozusagen ‚unmännlichen‘ Gründen, keine Technikfreaks, nicht
so dominant, nicht profilneurotisch usw., es nicht nötig haben in den
hippen Sphären in Ego zu bewähren.
Eine Art self-fulfilling prophecy, was die Einflusstärke von Meinungen
angeht. Männer sind einflussreicher, weil man glaubt, dass sie
einflussreicher sind.
Es ist ein wenig so wie die gemischten Fußballmannschaften auf dem
Bolzplatz: Kann man mal machen, aber richtig hart Fußball spielen geht
besser ohne Frauen. Diese Einstellung tritt beim Diskutieren auch auf
(sublim, sublim).
Insgesamt ist es halt so, dass Niggemeier und Co. als deutsche
Blogpioniere gelten und sich demnach ihre Lorbeeren gegenseitig immer
wieder aufs Neue zuschieben und sich wenig Mühe gemacht wird, auch mal
aus diesen verkrusteten Strukturen auszubrechen. Eigentlich ein
Armutszeugnis für ein auf die Partizipation aller ausgerichtetes Medium.
Eine Anmerkung aber noch zu den Kochrezepte- und Strickseiten: ich
finde es zumindest nicht verwunderlich, dass solche klischeehaften
Frauenthemen in Blogs nicht allzu populär werden, gelingt dies doch den
männlichen Klischees in Form von Technik- und Heimwerkerblogs
ebensowenig. Kein allzu großer Verlust, ist doch das Ziel gerade das,
als Bloggerin ohne Herd-Konnotation ernst genommen zu werden.
Meine persönliche These zur Thematik kreist aber eher um die
Behauptung, dass genau diese interessanten Themen rund um Politik und
Gesellschaft im Netz zwar beliebt sind; um Politik zu machen oder die
Gesellschaft zu prägen bewegt man sich aber besser ("effektiver", da
größere Reichweite) in der realen Welt. Vielleicht sehen Frauen einfach
nicht den Sinn, ihre Belesenheit einem kleinen Kreis zu beweisen,
sondern wenden sie lieber an um wirklich etwas zu verändern. Hoffen
wir’s.
Es gab auch viele Hinweise zu Texten, die sich mit dem Thema beschäftigen und/oder die gleiche Frage gestellt haben, davon zwei als Reaktion auf meinen Artikel:
- Adrian Lang: re:publica 2009 Tag 2 und 3
- Canesco: Wichtige Bloggerinnen!
- Harper’s Magazine: Six Questions for Marian Wang on “Lady Bloggers”
- Marian Wang: Where Are All the Lady Bloggers?
- Tessa Bücker: Unter Freundinnen
- The Internetausdrucker: Wer hat, dem wird gegeben – der Matthäuseffekt in den Medien
- Verena Reygers: Nicht an den Rand drängen lassen!
- Christina / textberater.com: Web 2.0 in Frauenhand
Auch die kommen im großen und ganzen zu dem Schluß, dass es eine Frage der Wahrnehmung und Bewertung ist. Frauen bloggen viel und gut, Männer auch, jeweils auch viele nicht so viel und nicht so gut. Außerdem gibt es die als wichtig wahrgenommenen Blogger, und dieses Phänomen verstärkt sich selbst.
Ich muss sagen, dass es mir nicht reicht zu wissen, dass Frauen das genauso gut oder besser können und dass es auf die Anerkennung nicht ankommt. Ich halte das sehr wohl für ein Problem. Es bleibt nämlich nachhaltig der Eindruck, dass die Blogs der Männer doch irgendwie besser sind. Und das ist die Wurzel eines ganz zentralen Übels.
Schade, dass sich die Alpha-Blogger nicht angesprochen fühlen, mit Ausnahme von Fefe. Sicher macht es keine Freude, quasi unverschuldet so ein nerviges Problem auf den Tisch zu kriegen. Aber wenn wir jetzt mal davon ausgehen, dass es keinen geheimen Männerzirkel gibt, der im Hinterzimmer ausgeheckt hat, dass die Frauen nicht mitmachen dürfen, dann müsste es ja eigentlich im Interesse aller sein, zu etwas zivilisierteren Formen zurückzukehren.
Ich verfolge über 100 deutschsprachige Blogs. Bei den meisten kann ich nicht sagen ob sie von Männern, Frauen oder gemischten Teams betrieben werden. Es ist mir auch egal. Wenn ich auf ein neues Blog stosse, sehe ich nach ob es neue Informationen oder Standpunkte bietet. Wenn dann abonniere ich den Feed, wenn nicht dann nicht. Einzig Themen und Qualität interessieren mich.
So weit von vielen scheine ich mich da nicht zu bewegen, denke ich. Huffingtonpost in den USA ist ja nicht gerade eine erfolglose Sache. Geschaffen von einer Frau und sehr erfolgreich. Die Kriterien für den Erfolg liegen woanders.
@Maschinist: Es ist rein gar nichts gegen Dein Leseverhalten zu sagen. Die spannende Frage ist, ob vielleicht trotzdem Deine 100 Blogs zum großen Teil von Männern gemacht werden. Es könnte also interessant für Dich sein zu ergründen wer hinter „Deinen“ Blogs steckt. Evtl. stößt Du ja auf diese Blogs, weil sie von Männern gemacht werden…
Da ich ziemlich exakt in die Gruppe der vielen männlichen Blogger zw. 35 und 45 gehöre, die seit Jahren irgendwo im Mittelfeld des Wahrnehmungssprektrums herumfuhrwerken und wahrscheinlich statistisch gesehen geradezu perfekt passe, den Eindruck zu zementieren, daß es vor allem Männer zw. 35 und 45 sind die das Mittelmaß der Blogosphäre bilden, also Teil des Wahrnehmungsproblems bin und ich andererseits aber nie wirklich ein „wichtiger“ Blogger geworden bin und somit nicht Teil des avisierten Untersuchungsfeldes A-Blogger beobachte ich diese Diskussion schon eine Weile interessiert, beteiligte mich aber nicht daran. Zur Auswertung kann ich aber doch ein paar Erfahrungswerte aus den letzten 8 Jahren beitragen:
Die Außenwahrnehmnung und die Wahrnehmung innerhalb der Bloggergemeinde ist unterschiedlich: Das was von Außen als relevant angesehen wird scheint sich an klassische Regeln zu halten, leider auch in Bezug darauf, daß „Professionalität“ in erster Linie männlich ist. Oder daß Frauen immer in Beweiszwang geraten, daß das was sie tun professionell ist.
Von innen sieht die Sache zum Glück ganz anders aus. Jetzt hilft mir hoffentlich meine Situation als nahezu exakt passender Vertreter des statistischen Durchschnitts um behaupten zu können, daß ich sicher keine exotische Einzelmeinung vertrete wenn ich folgendes Feststelle: Ich lese – und das im Prinzip seit ich blogge – einen Tick mehr Frauen- als Männerblogs. Was soviel ich weiß auch der tatsächlichen Geschlechtsverteilung bei Blogs entspricht. Bei etwa einem Drittel der Blogs die ich lese geht es mir allein ums Thema und nicht um die Person die schreibt. Ich habe aber gerade spaßeshalber nachgesehen: Auch da ist das Geschlechterverhältnis ziemlich genau 50:50 (und ja, hat mich auch erstaunt). Innerhalb der Szene war es überhaupt nie ein Thema, daß die Petition gegen die Netzsperren von Frauen initiiert wurde. Sie wurden immer selbstverständlich genannt, aber ich habe nicht einmal gehört, daß es doch erstaunlich sei, daß das kein Mann gemacht hat. Ebenso wurde m.W. nie Deine Situation als Frau besonders hervorgehoben, wenn es darum ging, Deine Erfahrungen mit dem Überwachungsapparat Deine oder Berichte über die Unstimmigkeiten bei Gerichtsverhandlungen weiterzuverbreiten.
Das seltsame Bild der männlichen „A-Blogger“ sind – möchte ich daher mal behaupten – Bewertungsmaßstäbe aus einem viel älteren Katalog. Einem, den die klassischen Medien (noch) bedienen und der bestimmt auch im Graubereich zwischen Blogosphäre und Medien und Außenwelt sehr verbreitet ist und somit auch klar wirkt, auch in die Blogosphäre hinein. Ich glaube aber, die Sichtweise innerhalb der Blogosphäre so wie ich sie oben beschrieben habe kann auch in die Gegenrichtung wirken und – langsam – die althergebrachten Kriterien von Professionalität und Relevanz verändern.
Die interessante Diskussion, an der ich mich auch gerne beteiligen würde, wenn ich darf ist also m.E., wie wir es schaffen, das was gut ist am pluralistischen Wahrnehmungs- und Relevanzsystem innerhalb der Blogosphäre zu stärken und auf die althergebrachten Sichtweisen ausstrahlen zu lassen.
ich verfolge dieses thema hier sehr gespannt und muss an diskussionen denken, in denen das internet als raum gepriesen wurde/wird, in dem mensch sich selbst definieren und jenseits der eigenen körperlichkeit agieren kann. soll heißen, dass im netz – wo die blogs beheimatet sind – merkmale wie „männlich“ oder „weiblich“ der möglichkeit nach umgangen werden können. dass allerdings die blogs als die bekanntesten bewertet werden, in denen sich die autorInnen als männer definieren, zeigt leider nur, dass sich das „zentrale Übel“ beatätigt: „Es bleibt nämlich nachhaltig der Eindruck, dass die Blogs der Männer doch irgendwie besser sind.“
meiner bescheidenen meinung nach zeigt sich hierin, wie wichtig das thema gender für viele ist – und das trotz der befreienden möglichkeiten des internet.
ich würde mir wünschen, dass äußerliche oder zugeschriebene merkmale nicht das miteinander bestimmen. dafür einzutreten würde ich als zivilcourage bezeichnen – sowohl von seiten der nutznießeR als auch von seiten derer, deren perspektiven marginalisiert werden. das gilt fürs real-life und die reale virtuelle welt.
praktisch trete ich für den „tod des/der autorIn“ ein.
In meinem Lesezeichen-Ordner „Blogs“ finde ich ausschließlich von Männern betriebene Blogs. Warum? Hier kann ich nur meine persönliche Erfahrung anbieten, keine allgemeine Theorie.
Die ersten Blogs, deren Adresse ich dauerhaft gespeichert habe, werden von Arne Hoffmann, Stefan Niggemeier und Jens Berger betrieben. Irgendwann war ich es leid, die immer wieder erneut zu ergoogeln, also habe ich sie als Lesezeichen abgelegt.
Ein Grund meines häufigen Besuchs dieser Seiten: die eher politischen Themen.Alle genannten Autoren bearbeiten Themen, die mich sehr interessierten. Sie leisteten die Wühlarbeit im Netz, die ich für meine eigene Argumentation in irgendwelchen Diskussionen brauchte. Mit diesen Recherchen nahmen sie mir viel Arbeit ab. Ich konnte also schnell gute Argumente finden, z.B. in wirklich nervenzerfetzenden Streitereien um den Islam dank Arne Hoffmann. Diese Blog boten Entlastung, vermittelten Wissen (oder wenigstens das Gefühl desselben).
Ein zweiter Grund ist, dass diese Blogs natürlich innerhalb der eigenen „Gruppe“ identitätsstiftend wirkten. Wenn einer dieser Autoren wichtiges zum Thema Bürgerrechte ausgrub, sorgte das unter Gleichgesinnten für Gesprächsstoff. Neben dem natürlich ernst gemeinten Bürgerrechtsinteresse stärkt diese Gemeinsamkeit auch den Zusammenhalt: sie sorgen für die Kontinuität des gemeinsamen Themas und auch der gemeinsamen Freund-Feind-KOnstellation. Dadurch
Somit werden solche Blogs schnell zum Symbol. Genau diesen Symbolcharakter propagieren Müller und Lieb von den „Nachdenkseiten“ ganz offen: Sie sehen sich als Plattform für eine Gegenöffentlichkeit. Dahinter steckt ja bereits eine ganze politische Theorie.
Drittens wirken diese Blogs selber als Vermittler zu weiteren Seiten. Über die Kommentare Niggemeier landete ich bei „Begleitschreiben“. Jens Bergers Blogroll auf „Spiegelfechter“ habe ich auch ab und an frequentiert – offenbar auch alles Männerblogs. Hier ist der Geschmack von Jens der selektierende Mechanismus. Denn wie finde ich neue interessante Blogs? Manchmal per Zufall, aber doch meistens über irgendwelche Verlinkungen.
Es gibt in unserer Gesellschaft Frauengesellschaften und Männergesellschaften, also sehr geschlechterhomogene Sphären. Gewisse Blogkontakte scheinen in diese Männersphären zu gehören. Hier kennen sich einfach Männer untereinander. Wenn ich zu Gast beim „Spiegelfechter“ bin, ist es genauso wie bei meinen Gängen in die Kneipe: Ich befinde mich in einer reinen Männergesellschaft.
Viertens gibt es in der Blogossphäre eine ungeheure Redundanz. In der heißen Phase der Zensursula-Proteste konnte man das gut nachvollziehen. Alles, was Udo Vetter zum Besten gab, fand man hernach bald in allen anderen relevanten Blogs wieder. Es gab Statements von Aktivisten (z.B. auf ODEM.org), die eine Kompilation von Argumenten aus einer kleinen Zahl anderer bekannter Blogs war. So war das Gegenargument gegen Zensursulas Millionenmarkt KiPo stets das von Udo Vetter und seiner Erfahrung mit solchen Fällen.
Auf diese Weise jazzen sich diese Blogs selber gegenseitig hoch. Der interessierte und informationshungrige Leser jongliert suchend immer mit den selben Leuten, die sich gegenseitig laufend zitieren. Und weil man (bzw. ich) selber faul ist (bin), kommt man auch nicht auf die Idee, mal eine papierne Zeitschrift zum gleichen Thema zu lesen. Also bleibt man in dem Medium Internet gefangen, welches sich durch Verlinkung und Suchmaschinen eben schon auch durch Kurzschlüssigkeit und Selbstreferenz auszeichnet.
Meine Blogliste erklärt sich wahrscheinlich ganz einfach: Wenn ich in einem Fußballverein wäre, lernte ich auch nur Männer kennen. Über diese Männer würde ich vermutlich wieder nur Männer kennenlernen, also Leute, die es mit Fußballspielern oder -funktionären aushalten. Irgendwann würde einem das gar nicht mehr auffallen und irgendwann wären alle, die man für irgendwie bedeutsam hält, am Ende Männer. Ausgangspunkt war ein schlichter Kontaktmangel, weil man einfach auf keine Frauen traf. Und dieser Kontaktmangel, der – wenn man in einer festen Partnerschaft lebt – kein existenzielles Problem mehr ist, sorgt dann auf gewissen Plattformen auch im Internet für reine Männerwelten.
So wie ich die Bloggerei verstehe, ist das Schöne am Bloggen gerade, dass es keine Hierarchien gibt. Jeder und jede schreibt, was er oder sie will, und jeder und jede liest, was immer gefällt.
Da nun mit Rankings künstlich Hierarchien aufzubauen, erscheint mir widersinnig, geradezu dem Gedanken des Bloggens entgegenzustehen. Wenn Frauen in Blogs-Rankings hinter Männern stehen, dann mag das Zufall sein, etwas mit dem Einfluss von Massenmedien auf die Bloggerei zu tun haben oder davon zeugen, dass es weniger ehrgeizige Bloggerinnen als Blogger gibt, die sich darum kümmern, in Blog-Rankings nach vorn zu kommen.
Insgesamt, finde ich, ist die Analyse von Blog-Rankings und damit auch die Frage nach dem Anteil von Frauen reichlich bedeutungslos.
Was für ne altmodische Diskussion. Wenn „die Frauen“ der Meinung sind es gibt zu wenig Blogs die von Frauen geschrieben werden, dann schreibt doch einfach mal ein paar mehr. Also das Blog schreiben wird euch ganz sicher nicht von den „bösen und euch unterdrückenden“ Männen verboten.
…aber es wird euch auch nicht von ihnen abgenommen, da müsst ihr schon selber die Initiative zu ergreifen.
Ich kann mich der Wahrnemung von Maschinist nur anschließen. Woher wissen wir denn, ob wir den Blog eines Mannes oder einer Frau lesen, doch nur, weil wir nach dem Namen suchen, der unterschiedlich gut versteckt auf der Seite zu finden ist.
Ich habe einen Blog abonniert der den Autorennamen im Titel trägt. Eindeutig weiblich. Die Artikel sind teilweise sehr interessant, teilweise für mich überhaupt nicht. Die klicke ich dann eben weg. Kein Problem. Nach etwa einem halben Jahr verwirrte mich allerdings eine Aussage etwas. Ich schob es erst auf meine fehlenden Sprachkenntnisse, da es sich um einen amerikanischen Blog handelt, doch nach etwas intensiverer Forschung musste ich feststellen, dass der Vorname, den ich als weiblich identifiziert habe in Wirklichkeit männlich ist. Ändert das etwas daran, welche Artikel interessant sind? Nein. Ich lese weiterhin die Artikel, die ich gut finde und klicke die anderen weg.
Bei den meisten Blogs ist es doch ähnlich. Erst wenn wir die Artikel interessant finden, beginnen wir uns zu fragen, wer dahinter steckt. Die wenigsten Blog sind mit einer eindeutigen Geschlechtsmarkierung versehen, die uns sofort verraten würde mit wem wir es zu tun haben.
Auch beim Lesen von Blogs ist der erste Eindruck entscheidend. Und das Geschlecht wird hier erst auf den zweiten Blick wahrgenommen.
Dass aber nun statistisch mehr Männer zu den „wichtigen Bloggern“ gezählt werden, muss damit Gründe haben, die außerhalb der Blogosphäre zu finden sind.
Eine These wäre: Statistiken, wie die, dass alle wichtigen Blogger Männer sind, sind schrecken Frauen davor ab in diese frauenfeindliche Welt überhaupt einsteigen zu wollen
Es gibt aber schon blogs, bei denen der(männliche) Autor deutlich erkennbar ist. Das gilt z.B. für Stefan Niggemeier, wo schon der Blogname identisch ist mit dem Autorennamen. Dann gibt es einzelne Autoren, die eine gewisse Bekanntheit erreicht haben wie z.B. Thomas Knüwer, Sascha Lobo, Jens Berger und viele andere. Diese bekannten Autoren werden auch gelesen, weil sie bekannt sind.
Diese Leute sind mitunter schon zu Symbolen geworden, was ganz besonders für Sascha Lobo gilt (er ist Symbol für die Blogosphäre, die selbst ernannte „Digitale Boheme“ usw.). Weil sie Symbole sind für kollektive Werte gewisser Leute, werden sie als etwas besonderes und als besonders autoritativ wahrgenommen. Niggemeier als BILDblogger ist etwa das Symbol der Kritik an den Massenmedien, an deren Kommerzialisierung und am Niedergang des seriösen Journalismus. Sein BILDblog fungiert hier als gemeinsamer Nenner der Medienskeptiker. Was BILDblog gesagt hat, hat richtig Reichweite und wenn man BILDblog auf einem kleinen Blog zitiert, kann man hoffen, dass die Niggemeiersche Autorität genügt, um Beifall zu finden. Sprich: Von der Bedeutung der bekannten Autoren kann der kleine Blogger mächtig profitieren.
Ein gutes Beispiel bin ich selbst. Ich wurde zufällig mal von BILDblog verlinkt und hatte für zwei Tage für meine Verhältnisse astronomische Zugriffszahlen. Bekannte Autoren können ihrerseits bekannt machen. Das erhöht natürlich die Bindung an den bekannten Blogger. Man verweist also seinerseits gern auf den bekannten Menschen. Und so steigert sich die Bekanntheit noch.
Hinzu kommt: Die sogenannten Alphablogs kommentieren, sie sind die Leitartikler des Web 2.0. Das verschafft Prestige, weil auch herkömmliche Leitartikelei prestigeträchtig ist. Die große Politik zu kommentieren mit witzigen und scharfen Worten kommt an, wenigstens bei denen, die den Standpunkt des Kommentators teilen. Die Reichweite eines Kommentars ist je größer, je allgemeiner das Politikthema ist (das große Ganze anstatt das Detail eines bestimmten Gesetzes): jetzt können noch mehr Leute mitreden. Diese vielen Leute verleihen dem Web2.0-Kommentator aber auch wiederum Bedeutung. Und weil der diese Bedeutung hat, können sich die vielen namenlosen Bewunderer auch daran erfreuen, dass über den bekannten Top-Blogger ihre Meinung nun öffentlich wird. Und das wirkt dann scheinbar selbstverstärkend. Auf diese Weise bildet sich ein System der wenigen Wichtigen, die zumindestens bei den politischen Blogs doch fast alles Männer sind.