28c3 – Sachsen dreht frei

..ist schon online:

Korrektur: Jemand hat den 1. Fehler entdeckt – es hat schon FZA in Berlin gegeben, nur nicht bei Demonstrationen (nach Angaben der Polizei) – Danke! Wenn Ihr noch mehr Fehler findet, bin ich für Hinweise dankbar.

Danke an alle, die mir Tips und Informationen gegeben haben. Ich hätte drei Talks damit füllen können.

Die ‚Folien‚ – die Filme, die im Vortrag eingebunden waren, sind extra Dateien, die in PDF nicht angezeigt werden. Es steht aber drunter jeweils die URL zum Film bei YouTube.

Seid so nett und nehmt Euch 5 Sekunden für’s Feedback (rechts unten). Gern natürlich auch hier. Ich freue mich über Lob, aber ich freue mich auch wirklich über (konstruktive) Kritik, damit es nächstes Mal (noch) besser wird.

Thüringer Verfassungsschutz besetzt

Ich nominiere für den Balls of Steel Award die Leute, die gestern kurzerhand den Verfassungsschutz Thüringen besetzt haben. Forderung: Verfassungsschutz auflösen. Außerdem sollen die Akten der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Mit deutlicher Reminiszenz an 1989.

Aus mir von hier aus unerfindlichen Gründen hat die Thüringer Polizei sie nicht geräumt und dazu gab es noch ein Gespräch mit dem Innenminister.

Es berichtete der MDR, die taz, Thüringer Allgemeine, und Radio F.R.E.I. aus Erfurt:

mp3

A propos 1989, und a propos Thüringen: es gibt einen Offenen Brief gegen die Kriminalisierung von Lothar König.

.. ein Protestbrief, der von mehr als hundert Bürgern aus der ganzen Bundesrepublik unterschrieben worden ist. Unter den Unterzeichnern finden sich nicht nur zahlreiche Bürgerrechtler aus der ehemaligen DDR, die Lothar König seit vielen Jahren kennen, sondern auch Bundes- und Landtagsabgeordnete, die wie wir die Anschuldigungen völlig absurd finden.
Wir fordern die sächsischen Behörden auf, ihre Verfolgungswut gegen mündige Bürger und insbesondere das Ermittlungsverfahren gegen Lothar König zu beenden und sich stattdessen mit den tatsächlichen Feinden der Demokratie zu beschäftigen.

Wir solidarisieren uns mit Lothar König.

Sachsen-Sumpf: Ermittlungspanne bei Sachsens Verfassungsschutz

Zu Sachsen fällt mir vor lauter Fassungslosigkeit schon gar nichts mehr ein. Das Letzte:

Zuerst bei Kontraste letzten Donnerstag: Rechtsextremismus: Ermittlungspanne bei Sachsens Verfassungsschutz

Und das ist auch weder neu noch besonders extrem. Beim Suchen nach dem Beitrag stolperte ich über diesen Beitrag von 2007:

(Was ist daraus eigentlich geworden, außer einem Innenminister, der im Netz wohlgelitten war und inzwischen Verteidigungsminister ist?)

Rechter Terror – A Work in Progress II

Einen aus RSS-Feeds gespeisten Live-Ticker gibt es bei Twitter: @nsuwatch

Dienstag, 22. November

tagesschau.de: Debatte über Rechtsextremismus im Bundestag. Betroffenheit, Vorwürfe und am Ende Einigkeit

Die Debatte war kontrovers, doch am Ende waren sich alle einig. In einer gemeinsamen Erklärung aller Fraktionen – eine Seltenheit im Bundestag – zeigten sich die Abgeordneten bestürzt über die Mordserie und baten die Angehörigen um Entschuldigung. Streit gab es um Ministerin Schröder.

Bernd Kastner, Süddeutsche: Neonazi-Gegner im Visier

Jetzt, da die rechtsterroristische Mordserie bekannt geworden ist, fordern Politiker jeder Couleur ein hartes Vorgehen gegen Neonazis. In München haben Nazi-Gegner aus dem linken Lager, aber auch aus der Mitte der Gesellschaft, immer wieder zu spüren bekommen, dass einem der Protest gegen Rechtsextreme recht viel Ärger einbringen kann. Bisweilen gehen Polizei und Justiz mit bemerkenswerter Akribie gegen bürgerliche Courage und zivilen Ungehorsam vor.

Thomas Denkler, Süddeutsche: Streit über Extremismusklausel im Bundestag. Union stellt Schröders „Gesinnungs-TÜV“ zur Debatte

Hat die Familienministerin kein Herz für den Kampf gegen Rechtsextreme? Kristina Schröder sieht sich in der Bundestagsdebatte um Rechtsterrorismus heftigen Angriffen der Opposition ausgesetzt. Sagen will sie nichts. Das macht dann CDU-General Hermann Gröhe für sie. Und stellt indirekt in Frage, wofür Schröder lange gekämpft hat.

Montag, 21. November

Andreas Förster, Berliner Zeitung: Terror-Spur führt ins Erzgebirge

Das Zwickauer Trio erhielt offenbar Hilfe von der rechtsextremen Szene in Sachsen. Trotz neuer Spuren sehen sich die Ermittler noch weit von einem Durchbruch entfernt.

Sondersitzungs des Innenausschusses

taz, 21.11.11: Appell gegen Neonazis. Was jetzt zu tun ist

Vor-Ort-Initiativen gegen rechte Gewalt und Projekte zur Hilfe von Opfern fordern eine Umkehr in der Politik staatlicher Behörden gegen Rechtsradikalismus.

1. Eingreifen und einmischen statt wegsehen
2. Mehr Demokratie statt mehr Verfassungsschutz
3. Zivilgesellschaftliche Expertisen anerkennen und nutzen
4. Staatliche Alimentierung der Neonazis beenden, V-Leute abschaffen
5. Lückenlose Aufklärung und Konsequenzen auf allen Ebenen
6. Nebelkerze NPD-Verbot ad acta legen
7. Engagement gegen Rechts braucht Anerkennung und Unterstützung statt Diffamierung und Kriminalisierung
8. „Extremismusklausel“ abschaffen
9. Langfristige Planungssicherheit für Projekte gegen Rechtsextremismus und Ausweitung der bewährten Beratungsprojekte in den alten Bundesländer
10. Rassismus endlich beim Namen nennen

Die zehn Punkte sind im Text ausführlicher erläutert.

Sonntag, 20. November:

Nils Minkmar, FAZ: Hauptsache, es macht Peng!

Zehn Menschen könnten noch leben, wenn die Geheimdienste ihre Arbeit getan hätten. Es ist Zeit, sie abzuschaffen.

Außerdem:

JG Stadtmitte Jena, 21.11.11: Broschüren über Rechtsextremismus in Jena

Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage „Ausländerfeindliche und rechtsextremistische Straftaten in der Bundesrepublik Deutschland im September 2011“ (pdf)

Viele Online-Auftritte haben Sonderseiten eingerichtet:

Autistici-Server beschlagnahmt

Am Freitag wurde in Norwegen ein Autistici-Server beschlagnahmt, auf Antrag der italienischen Justiz. Die Festplatten wurden kopiert. Autistici ist ein italienisches Technik-Kollektiv, das u.a. die noblogs-Plattform hostet, auf der auch annalist liegt. Neben noblogs.org bieten sie Webspace, Mailingslisten, Mail-Accounts etc. etc. an.

Vorläufig ist (mir jedenfalls) nicht bekannt, weswegen der Server beschlagnahmt wurde, Autistici nehmen aber an, dass es lediglich um einen User/Website/Mailingliste geht. Nichtsdestotrotz wurde alles kopiert und daher fordert Autistici alle, die Websites und/oder Mail-Accounts oder -listen bei Autistici haben, auf, alsbald ihre Passwörter zu ändern.

Da ja hoffentlich in absehbarer Zeit bekannt wird, was die Ursache war, wird es hier bald Updates dazu geben.

Autistici bittet dringend um Spenden, um einen neuen Server kaufen zu können.

Der Verfassungsschutz ist neutral

Gesehen beim Tag der Offenen Tür einer Berliner Grundschule 2010

Gesehen beim Tag der Offenen Tür einer Berliner Grundschule 2010

Das Leben schreibt Geschichten, die würde ich nicht wagen auszudenken. In Niedersachsen soll demnächst der Verfassungsschutz den Schülerinnen und Schülern beibrigen, was Demokratie ist, kündigte vor 10 Tagen Innenminister Schünemann an. Auf die konsternierte Frage des Hamburger Abendblatts, ob ein Geheimdienst hier die beste Wahl sei, sagt der Minister:

Da gibt es keinen Widerspruch, der Verfassungsschutz ist neutral und auf keinem Auge blind.

Das wird in Niedersachsen alle Kinder und Jugendlichen zwischen 9 und 17 Jahren betreffen.

Für die Grundschule gibt es künftig eine vom Verfassungsschutz entwickelte Grundrechtefibel, „um frühzeitig einen Beitrag zur Demokratieerziehung zu leisten“. Für die Klasse 7 folgen dann die „Andi-Comics“ zu den Themen Islamismus, Rechts- und Linksextremismus. Das Ziel hier: „Wir wollen damit den wachsenden Anstrengungen von Extremisten entgegenwirken, Jugendliche zu indoktrinieren.“ Und in der 10. Klasse wird ein Planspiel „Demokratie und Extremismus“ angeboten. Da geht es dann um einen von Rechtsextremisten angemeldeten Trauermarsch oder die Ankündigung von Islamisten, eine Moschee errichten zu wollen. (Hamburger Abendblatt, 14.9.10)

Zu den Andi-Comics gab es hier Anfang des Jahres schon etwas zu lesen. Das probate Gegenmittel ist Mandi, eine Broschüre, die auch für Schulen oder Jugendclubs bestellt werden kann. Und natürlich der Andi Remix Wettbewerb.

Onlinedurchsuchung beim Bundeskriminalamt

In-te-res-san-te Idee.

Dann schiebe ich doch vorsichtshalber mal die Vorbemerkung ein, dass das hier lediglich und vollständig Dokumentationszwecken dient usw. usf. Wobei dazu noch bemerkt gehört, dass auch Telepolis, netzpolitik.org, …Kaffee bei mir? und wer nicht alles auch darüber schrieben.

Die Gruppe data:recollective dreht den Spieß um und lädt anlässlich der Freiheit-statt-Angst-Demo zu einer Schnitzeljagd am 9. September auf den Websites des BKA ein. Es gibt eine gewisse Neigung zu ellenlangem Text, deswegen hier ausschnittsweise:

Rund um die „Freiheit statt Angst“-Demonstration am 11. September 2010 laden wir dazu ein, Analyse, Protest und Widerstand gegen die Zunahme von Überwachung und Kontrolle auch auf den virtuellen Raum auszudehnen.

Am Donnerstag den 9. September wollen wir die Webseiten des Bundeskriminalamts (BKA) besuchen, um uns dort mit einer Schnitzeljagd über deren Verständnis von Freiheit und Bürgerrechten zu informieren.

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„Virtuelle Agenten im Internet“ gegen Linksextremismus

Die Kriminalstatistik. Im Leben derjenigen Menschen, die sich mit Polizei und anderem Unbill beschäftigen, gibt es ein paar Fixpunkte. Neben den zyklisch wechselnden Geißeln der Menschheit (als da wären der Terrorismus, die Organisierte Kriminalität, die Fußball-Hooligans, die MigrantInnen und wieder von vorn) sind das die Jahrespressekonferenz der Frau Generalbundesanwalt, die Verfassungsschutzberichte, die Datenschutzberichte und.. die Polizeiliche Kriminalstatistik.

Und da ist sie nun, frisch vorgestellt (Link zum Innenministerium). Ich hatte mit allem möglichen gerechnet, aber nicht mit lauter Schlagzeilen dazu, dass die Kriminalität gesunken ist. Muss die Bevölkerung beruhigt werden? Selbst Bild: Verbrechensrate in Deutschland weiter gesunken.

Gerechnet hatte ich mit Gruselmeldungen dazu, dass der Linksextremismus ständig wächst und die Gewalt von links immer bedrohlicher wird. Das zumindest ist der Tenor der Berichterstattung des Qualitätsjournalismus seit die ehemalige Extremismus-Expertin der CDU Familienministerin wurde, und damit ja prädestiniert für Extremismus-Bekämpfung. (Vielleicht endlich zur Rettung der Familien mal ein Extremismusprogramm für Elite-Internate und den Katholizismus?).

Ich warte gespannt auf die im Druck befindliche nächste Ausgabe von Bürgerrechte &
Polizei/CILIP
. Die beschäftigt sich mit Gewalt durch und gegen die Polizei, und wird u.a. einen Artikel enthalten, der sich mit der vielzitierten „Studie“ des Berliner Verfassungsschutzes zum Linksextremismus auseinandersetzt; außerdem geht es um die aktuellen Verwendung des Extremismus-Begriffs.

Meine These ist, dass genauso willkürlich, wie angezündete Autos mal mit, mal ohne politisches Motiv statistisch erfasst werden („Wir wissen es einfach nicht“) auch die Zahlen über den Linksextremismus zustande kommen. Und bisher fehlt eine vernünftige
Interpretation der Polizeistatistiken.

Das „ehemalige Nachrichtenmagazin“ (Fefe) hat in der gedruckten Ausgabe passend vorweg Montag einen brandaktuellen Artikel mit dem Gruseltitel „Linksradikale. Feuer und Flamme“ gedruckt. Neben einer Aneinanderreihung von bekannten Plattheiten wusste der „Spiegel“, dass der Minister bei der Vorstellung der Statistik „vor allem über die Linksextremisten reden“ würde.

Ich weiß nicht, was er gesagt hat, aber wenn dass das zentrale Thema war, dann finde ich die Berichterstattung jedenfalls erstaunlich. Da geht es um den Anstieg der ‚Computerkriminalität‘ und die Abnahme der Kriminalität insgesamt. AutobesitzerInnen sind auch bedroht, aber nicht wegen der Brandgefahr, sondern weil soviele Autos geklaut werden. Tja.

Wie dem auch sei, der Spiegel weiß:

Seit Monaten arbeiten die Sicherheitsbehörden auf de Maizières Anweisung deshalb an einem neuen Konzept, mit dem der Staat auf das Phänomen reagieren will.

Das Phänomen ist der wachsende Linksextremismus. Allerdings ist es gar nicht so sicher, ob der Linksextremismus tatsächlich wächst. Es könnte sein, dass er gewachsen ist nach dem G8-Gipfel in Heiligendamm. Es könnte aber auch sein, dass das nur so aussieht. So sei das nämlich mit schwächelnden Bewegungen, und die Autonomen nähmen seit den 90ern zahlenmäßig ständig ab.

Von den angeblich identifizierten 6600 militanten Aktivisten kennen die Verfassungsschützer namentlich nur 1055 Personen. Der Rest: ein Dunkelfeld.

Worum es sich beim Linksextremismus handelt:

Der Kampf ist ein Mix aus traditionellem Randaleritual, linker Propaganda und einer Art moderner Kriegführung. In Antifa-Camps werden junge Sympathisanten in Kampfsporttechniken trainiert, Anwälte beraten die Aktivisten, Investoren in alternativen Stadtteilen werden im
Handelsregister abgecheckt, potentielle Käufer per Hausbesuch abgeschreckt.

„Anwälte beraten Aktivisten“ gehört auch zum linksextremen Potential?

Interessant fand ich neben der ganzen Geschichtenerzählerei vor allem den Schluss. Weil die Gefahr zwar groß ist, aber keiner weiß, worum es sich handelt, wird sie erforscht:

Innenminister de Maizière hat seine Beamten ein „Konzept zur Bekämpfung linker Gewalttaten“ verfassen lassen, es soll helfen, das Milieu zu durchleuchten. Die Verfassungsschützer wollen sogenannte Leitfiguren identifizieren und „Nahbeobachter“ im Milieu
platzieren, die von Szenetreffpunkten berichten. In großem Stil sollen Informanten angeworben, Verdächtige observiert, Telefone abgehört werden. Eine der umstrittensten Ideen ist der Einsatz von „virtuellen Agenten“ im Internet. Dahinter steckt hier die Idee, Beamte in das Milieu einzuschleusen, die „durch den Aufbau von Blogs bestimmte Personengruppen ansprechen und zur Teilnahme an Diskussionen anregen sowie Kontakte knüpfen„.

Als ersten Schritt wollen die Behörden ihre Listen mit den Namen der Aktivisten überarbeiten und die Lücken füllen. Wenn man wüsste, mit wem man es zu tun hat, wäre das ja schon ein Erfolg. (Unterstreichungen von mir, A.R.)

Ich bin gespannt auf die neuen Blogs.

Frontex: Libertas? Securitas? Justitia?

Deckblatt der Frontex-Broschüre, http://www.imi-online.de/2009.php3?id=2002Frontex ist die "Europäischen Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen", oder EU-Grenzschutzagentur. Was das genau heißt, erklärt z.B. frontexwatch. Die Auswirkungen der Agentur gibt es in den ständigen Berichten über etwa im Mittelmeer ertrunkene Flüchtlinge zu sehen und zu lesen. Frontex selber schmückt sich mit dem Zusatz "Libertas – Securitas – Justitia" (Freiheit – Sicherheit – Gerechtigkeit).

Die Informationsstelle Militarisierung e.V. (IMI) hat eine Broschüre herausgegeben, in der das mit Fragezeichen versehen wird. WissenschaftlerInnen und AktivistInnen haben Wissenswertes "über
Arbeitsweise, Einsätze, Probleme bei und Widerstände gegen die
europäische Grenzschutzagentur" aufgeschrieben haben:
FRONTEX – Widersprüche im erweiterten Grenzraum.

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