Kreativ oder Leben?

Letztes Wochenende fand in Berlin ÜberLeben in den »Creative Industries« statt. Dazu gehört dieser großartige Werbefilm (Zitat):

Es ging um die Rolle der ‚Kreativen‘, die gern hochgehalten werden, um das werbewirksame Image Berlins zum Glänzen zu bringen. Leider lebt es sich davon weiter schlecht. 

Die Spannbreite der Themen war groß. Am ersten Abend ging es mit Benni Bärmann (Keimform.de), Wolfgang Schimmel (Verdi) und Matthias Spielkamp (iRights.info), moderiert Sabine Nuss (Rosa Luxemburg Stiftung) um Urheberrechte und den Dauerbrenner, wie die Rechte/Einnahmen der Kunstschaffenden etc. trotz freien Internets zu retten seien: Zwischen den digitalen Fronten – mehr Geld, mehr Freiheit oder alles für alle?

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Geert Lovink: „Deutschland braucht mehr mutige und kreative Individuen“

Cover iz3w 315Geert Lovink, Netzaktivist und Medientheoretiker wird in der aktuellen iz3w interviewt. Beide verbindet, dass sie gefühlt schon immer da sind. 

Die iz3w ist eine Nord-Süd-Zeitschrift, die dem Netz gegenüber noch gewaltig fremdelt. Das Interview enthält aber einiges, das auch für NetzbewohnerInnen interessant sein könnte (und sollte).

Etwa eine interessante Antwort auf die Frage nach den tausend Subkulturen im Netz, die gemeinsames Handeln verhindern und also nicht (mehr) subversiv seien:

Übrigens sehe ich nichts, was wir gegen tausend Subkulturen haben können.
Deutschland, zum Beispiel, braucht viel mehr mutige und kreative
Individuen. Individualisierung in Deutschland wäre das glückliche Ende
des post-faschistischen Projekts. »Nie wieder« heißt doch auch »Nie
wieder Massenwahn«. Die Vielfalt der Subkulturen verhindert so etwas
effektiv. Die Sehnsucht nach großen sozialen Bewegungen hat etwas
Nostalgisches im negativen Sinne … es kann politische Tätigkeit auch
verhindern.

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Kindergeld-Erhöhung – für wen?

Als ich eben um 8 in den Deutschlandfunk-Nachrichten in freundlicher Stimmer beschrieben hörte, was die Bundeskanzlerin gestern in ihrer Regierungserklärungen für Wohltaten ankündigte, wurde mir vor lauter Neusprech ganz komisch.

Mittlere und geringe Einkommen sollen entlastet werden und unsere neue Regierung will was für Familien tun, in dem sie das Kindergeld erhöht. 

So der Deutschlandfunk – in einer Minute können natürlich nur die wesentlichen Dinge beleuchtet werden. Es gibt ja noch andere Wohltaten, wie das Betreuungsgeld, was so ungefähr das Idiotischste ist, was ich seit langem gehört habe: Eltern bekommen mehr Geld, wenn sie ihre Kinder nicht in die Kita schicken.

Nun haben aber die Kinder, die es am nötigsten bräuchten, gar nichts vom Kindergeld. Denen wird das direkt vom Hartz IV-Satz wieder abgezogen.

Ich habe mir überlegt, dass ich die Kindergeld-Erhöhung für meine Kinder an Initiativen spenden werde, die Kinder in Hartz IV-Familien unterstützen.

Wer macht mit? Es bräuchte vielleicht eine Website mit etwas Text, Initiativen, die unterstützt werden können und der Möglichkeit, zu unterschreiben. 

Von Twin Towers, Zwillingen und anderem Terror

Vor etwa zwei Jahren riefen wir dazu auf, sich am Preisausschreiben "Was ist Terrorismus" zu beteiligen. Es kamen viele wunderbare Einsendungen und ich ärgere mich bis heute enorm, dass wir zu wenige waren und zuviel anderes zu tun hatten, um das ordentlich zu Ende zu bringen. Immerhin gab es eine sehr gute Ausstellung im Tacheles. Ein sehr früher Beitrag, der definitiv Aussichten auf einen Preis gehabt hätte, ist dieser:

Für die Eine ist es nur ein harmloser Fußabdruck im Sand,
für den Anderen der Beginn einer wunderbaren Karriere
Von Twin Towers, Zwillingen und anderem Terror

Queer Terrorism
Sandburgen bauen, Sandburgen …
(Irgendwie hatte Terror in den 80ern immer diesen Gelbstich)

 
 
Als ich klein war, da war ich sicher: "Touris" ist die Abkürzung für Terroristen. Und Terroristen sind nur so halb gut – das weiß doch jedes Kind. Vor allem der gemeine Neckermann-Terrorist, der ist irgendwie gar nicht gut.  
 
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Was Wikipedia von Indymedia lernen könnte

Der Wikimedia e.V. hat gestern abend in Berlin eine Diskussion organisiert, die viel Staub aufgewirbelt hat. Auslöser ist ein Streit um die Löschpraxis, um die Wikipedia-Kriterien dafür, was als relevant betrachtet wird und um den Umgang mit Kritik daran. Teilnehmen durfte nur, wer angemeldet war – nach Aussagen von Henriette Fiebig (Wikimedia) haben sich aber nicht mehr als die 42 Personen angemeldet, die dann auch kommen konnten.

Die Diskussion wurde per Video-Stream übertragen (der allerdings phasenweise nicht funktionierte) und wurde von einem Chat begleitet.

Ich bin hingegangen und habe mich in der Diskussion auch zu Wort gemeldet, weil mir vieles aus dieser Diskussion ungeheuer bekannt vorkommt. Bevor es Wikipedia gab, bevor es Blogs gab, bevor es überhaupt interaktive Websites gab, bevor die Medien begannen, darum zu betteln, dass Material auf ihre Websites geladen werden solle, gab es Indymedia. Indymedia begann in Deutschland 2001 als erstes Projekt mit einer Website, die zuließ, dass irgendwelche UserInnen von irgendwo anonym Texte, Bilder, Videos auf die Seite luden. Ich habe Indymedia in Deutschland mitgegründet und jahrelang daran mitgearbeitet.

Die Idee war nicht, ein digitales Linksaußen-Käseblatt zu betreiben, sondern hatte mit dem Ideal "Gegenöffentlichkeit" zu tun. Wenn ’normale‘ Medien wirtschaftlich betrieben werden müssen, können sie nicht Perspektiven enthalten, die diesen wirtschaftlichen Interessen widersprechen. Oder jedenfalls nicht in einem Ausmaß, wie es der Wahrnehmung der meisten Menschen entspricht. Also ist notwendig, dieser anderen Wahrnehmung einen Platz und eine Ausdrucksmögichkeit zu verschaffen. Es gibt keine eine objektive Wahrheit, deswegen wurde die Kommentar-Funktion erfunden: so können verschiedene Berichte derselben Situation nebeneinanderstehen, die jeweils ihre Berechtigung haben und die LeserInnen können sich selbst ein Bild machen. Das war die Idee.

Dass Indymedia heute so irrelevant und von dieser Idee so weit entfernt ist, wie es ist, hat mit einer Entwicklung zu tun, die enorme Parallelen zu dem hat, was über Wikipedia erzählt wird.

Darüber habe ich gestern geredet, was u.a. von Fefe (die Vokabel ‚Blockwarte‘ ist nicht von mir, übrigens 😉 ), Jürgen Fenn (Schneeschmelze) und Netzpolitik aufgegriffen wurde. Martin Haase (maha) hat nachts in der Radiosendung des CCC in Darmstadt, C-Radar, über die Veranstaltung geredet und meinen Beitrag kurz erwähnt. Ich fand mich missinterpretiert, habe das getwittert und wurde prompt – nachts um halb zwei – eingeladen, noch anzurufen und das richtigzustellen. Das habe ich dann etwa 20 Minuten lang gemacht:

http://noblogs.org/flash/mp3player/mp3player.swf
(mp3, 18mb)

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Freiheit statt Angst – Nachschlag

Diesen Audio-Beitrag über die Freiheit-statt-Angst-Demo in Berlin habe ich eben im Archiv der Freien Radios (wieder-)gefunden.

http://noblogs.org/flash/mp3player/mp3player.swf
  Download als mp3 (8:42, 8mb)

Stefan Zimmer hat die Reden von Rolf Gössner, Franziska Heine und Frank Bsirske und Interviews mit Constanze Kurz und Andrej Holm zusammengeschnitten. Abgerundet wird der Beitrag von einem Song vom "King vom Prenzlauer Berg", Jenz Steiner, dessen Blog Prenzlauer Berg in jeden Berliner Feed-Reader gehört.

Berlin hat kein freies Radio, das ihn hätte senden können, aber dafür gab es das in Dresden, Wien, Husum und München über Ukw zu hören.

„Absolut miese Ermittlungsarbeit“

Staatsanwaltschaften in den USA und in Deutschland haben heute in zwei ganz unterschiedlichen Verfahren ziemlich schlecht ausgesehen.

Das Verfahren gegen die beiden Männer, denen vorgeworfen worden war, beim G20-Gipfel im Sommer in Pittsburgh durch Twittern die Proteste gesteuert zu haben, ist eingestellt worden. Das vermeldet fröhlich das Soli-Blog Friends of Tortuga.

Pennsylvania Drops All Charges Against Madison & Wallschlager for Twittering

Tortuga ist das Wohnprojekt, in dem die beiden wohnen und das einige Wochen nach der ersten Festnahme gründlich durchsucht worden war.

On October 1st, 2009, at 6:00am, the Joint Terrorism Task Force (a
union of local police departments and the FBI), kicked out the front
door to our home—an anarchist collective house in Queens, NY,
affectionately known as Tortuga.

The FBI spent 16 hours ransacking our house before carting off boxes
of our personal belongings, everything from computers, passports and
even stuffed animals.

The apparent reason for this predawn raid was the arrest of two
members of our household a week earlier in Pennsylvania. Our two
friends were arrested and charged with several felonies for sending
twitter messages during protests against the G20 in Pittsburgh.

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Paranoia

Kopfkissen, by http://www.flickr.com/photos/9619972@N08/3198810449/Es fiept. In unserem Schlafzimmer. Wir sind vor einem Monat umgezogen. Auch in unserem alten Schlafzimmer fiepte es, was mir irgendwann in dem Jahr aufgefallen war, bevor Andrej festgenommen wurde. Parallel dazu fand ich damals seltsam, dass der Akku-Ladestand meines damaligen IBM Thinkpads (das ich seit der Beschlagnahmung nicht mehr benutze und dem ich bis heute hinterhertrauere) auch in abgeschaltetem Zustand abnahm. 

Das Fiepen ist kaum wahrnehmbar. Es ist eigentlich nicht zu hören, fast eher zu fühlen. Gestern abend habe ich es zum ersten Mal bemerkt. Ich habe die Steckerleiste im Zimmer abgeschaltet, um auszuprobieren, ob das mit irgendwelchen Geräten zu tun hat, die da sonst in Betrieb sind: das Fiepen blieb. Und zwar nur im Schlafzimmer.

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Schnick-Schnack

Bekanntmachung

Es gibt zu annalist eine Facebook-Fanpage, und wer das mag, sei herzlichst eingeladen, öffentliches Fan-tum oder einfach so Zustimmung zu oder Interesse für diese Seite zu bekunden. Und nebenbei neue annalist-Texte im der eigenen Facebook-Nachrichtenleiste angekündigt zu bekommen. Und sie denen, die annalist nicht kennen, aber vielleicht gern kennen würden, bekannt zu machen.

FB-Fanpage-Button

(Das ist als verlinktes Bild ein bisschen unelegant gelöst, weil annalist’s Blogplattform Javascript-Schnipsel nicht mag, aber so geht es ja auch)

Wer Facebook nicht mag, möge dies bitte geflissentlichst ignorieren. Oder meinetwegen gern auch interessante Diskussionsbeiträge zur Rolle und Bedeutung sozialer Netzwerke, kommerzieller wie nicht-kommerzieller Natur, beisteuern.  

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Welcome to the NeoConOpticon

Ende September veröffentlichte Ben Hayes "NeoConOpticon – Der Sicherheits-Industrielle Komplex" (84 Seiten, 3.1mb). Gleichzeitig fand in Stockholm die Vierte Europäische Sicherheitsforschungskonferenz statt.

Ben Hayes ist Mitglied von Statewatch, einer der wichtigsten NGOs im Bereich Bürgerrechte und Innere Sicherheit, die ich hier immer wieder verlinke. Parallel zum vom Transnational Institute TNI veröffentlichten Report NeoConOpticon hat Ben Hayes ein Blog mit demselben Titel gestartet, dass ich hiermit wärmstens empfehlen möchte: NeoConOpticon 

NeoConOpticon

Ben weiß nicht nur mehr zu diesem Thema als die meisten Leute, die ich kenne, sondern kann das auch noch sehr gut darstellen.

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