Wir haben heute abend die Nachricht erhalten, dass der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof das Verfahren nach §129 StGB gegen Andrej Holm am 5. Juli nach §170, Abs. 2, S.1 StPO, eingestellt hat.
Endlich.
Fast vier Jahre Überwachung, fast drei Jahre nach der Festnahme im Juli 2007. Es war lange Zeit.
Vielen Dank an alle, die uns unterstützt haben.
Mehr demnächst.
Jetzt mit Pressemitteilung:
Berlin, 13. Juli 2010
Einstellung der §129-Ermittlungen
gegen Andrej Holm
Mit einem auf den 5. Juli datierten Einstellungsvermerk hat die Bundesanwaltschaft (BAW) das Ermittlungsverfahren wegen Mitgliedschaft in der ‚militanten gruppe (mg)‘ gegen den Berliner Sozialwissenschaftler Dr. Andrej Holm eingestellt.
Im Schreiben der zuständigen Staatsanwältin heißt es: „Die Ermittlungen haben den gegen den Beschuldigten bestehenden Anfangsverdacht der Mitgliedschaft einer kriminellen Vereinigung oder ihrer Unterstützung nicht erhärtet.“ Damit ist das letzte bekannte Ermittlungsverfahren gegen angebliche Mitglieder der ‚militanten gruppe (mg)‘ eingestellt. In den letzten Jahren hat die BAW gegen über 40 Beschuldigte aus der linken Szene erfolglos ermittelt. Mehrfach rügte der Bundesgerichtshof (BGH) rechtswidrige Ermittlungsmethoden; so verfügte der BGH im Sommer 2007 auch die Entlassung Holms aus der Untersuchungshaft. Das Verfahren gegen ihn sowie drei seiner Kollegen und Freunde hatte zu internationalen Protesten geführt, da sie u.a. mit der beruflichen Praxis des Wissenschaftlers begründet worden waren.
Seine Verteidigerin Christina Clemm: „Dieser Schritt war längst überfällig. Man hätte dieses Ermittlungsverfahren nie eröffnen dürfen, geschweige denn Dr. Holm in Untersuchungshaft nehmen dürfen. Dass es – obwohl es niemals einen hinreichenden Tatverdacht gegen ihn gegeben hat – erst jetzt, 3 Jahre nach Aufhebung des Haftbefehls durch den BGH, eingestellt wurde, ist ein weiteres Beispiel dafür, dass man diese Verfahren sachfremd geführt hat. Verfahren gem. §§ 129 ff StGB werden dazu genutzt, linke Gruppen und Milieus zu überwachen. Das Interesse des einzelnen, vor staatlicher Überwachung
und Willkür geschützt zu werden, berücksichtigt die Bundesanwaltschaft nicht.“
Auch Anwalt Volker Ratzmann verweist auf die Dauer des Verfahrens: „Offenbar braucht die Bundesanwaltschaft länger, wenn es um die Einschätzung der Rechtmäßigkeit ihrer Ermittlungen geht. Eine Ermittlung, bei der ein Haftbefehl mit Bibliotheksbesuchen begründet wurde, konnte aber kein anderes Ende finden.“
Arthur Schüler vom Berliner Bündnis für die Einstellung der §129(a)-Verfahren unterstreicht die negativen Folgen der hinausgezögerten Einstellung für die drei Berliner, die Mitte Oktober 2009 in erster Instanz wegen Mitgliedschaft in der “militanten gruppe“ verurteilt wurden: „Die Verzögerungstaktik im gesonderten Verfahren gegen Andrej war offensichtlich von dem Interesse geleitet, das Urteil gegen Axel, Florian und Oliver nicht zu gefährden, und der Verteidigung keine zusätzlichen Argumente für die laufende Revision zu liefern.“
Rechtsanwältin Christina Clemm
030/25293336 oder 0176/21936901
Rechtsanwalt und Fraktionsvorsitzender der Fraktion Bündnis90/Die Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus Volker Ratzmann
030/23252424 oder 0171/3350739
Bündnis für die Einstellug der §129(a)-Verfahren