Mely Kiyak über Sakineh Ashtiani, zur Steinigung verurteilt

Die Kolumnen von Mely Kiyak für den seltsamen Berliner-Zeitung-Frankfurter-Rundschau-Mix könnte ich wöchentlich anpreisen. Diese Woche stellt sie sich vor, zur Steinigung verurteilt zu sein.

Es geht um den konkreten Fall von Sakineh Ashtiani. Ihr wird im Iran Ehebruch vorgeworfen, im Mai 2006 wurde sie zuerst verurteilt. 99 Peitschenhiebe hat sie bereits erhalten. Jetzt drohnt die Steinigung. Es gibt eine Petition, der brasilianische Präsident Lula hat angeboten, sie aufzunehmen. Der Iran lehnt ab. Amnesty International setzt sich für den Fall ein. Ihre 17- und 22-jährigen Kinder Faride and Sajjad Mohammadi e Ashtiani bitten um Hilfe und größtmögliche Öffentlichkeit.

Mely Kiyak: Liebe Sakineh Ashtiani!

Ich stelle es mir vor: Ich stehe vor einem iranischen Gericht. Ich werde nicht angehört. Der Richter spricht das Urteil.

Die Zelle verwandelt alle Frauen zu Freunden. Mal ist es laut. Dann leise.
Manchmal fühle ich Trost. Manchmal bin ich stark und tröste. Manche
starren zu sehr. Die Zelle macht aus Freundinnen Feinde.

Die Angst dehnt sich im ganzen Körper aus. Der Magen will die Angst
herausdrücken. Der Bauch wird für die Angst zu eng. In anderen Nächten
zieht die Einsamkeit gleichmäßige Kreise im Kopf. Dann wieder kriecht
sie nur stumpfsinnig hin und her. Am linken Ohr angekommen, dreht sich
die Einsamkeit um und schleppt sich zum rechten Ohr. Das geht so lange,
wie eine Fliege fliegen kann.

Im Morgengrauen öffnet sich das Gefängnistor. Bin ich erleichtert, weil es endlich geschieht? Ein weißes Tuch wird mir um den Körper gewickelt. Auch um das Gesicht. Der letzte Streifen Leben, den ich sehe, ist ein frischer Zweig, an dem eine errötete Aprikose hängt. Schaut man am Ende wirklich hoch? Der letzte Blick bleibt wohl doch nur am Schnürsenkel eines Schuhs hängen. Schnürsenkel. Dunkelheit.  (weiter)

Interview mit Sakine Ashtiani im Guardian: Iranian facing stoning speaks: ‚It’s because I’m a woman‘

6 Gedanken zu „Mely Kiyak über Sakineh Ashtiani, zur Steinigung verurteilt

  1. Oft sind fremde kulturelle Praktiken für uns nicht nachvollziehbar und erscheinen teilweise unmenschlich oder einfach nur fremd. Eigentlich bin ich gegen die Angleichung und Annäherung von Kulturen – so wie die EU es kontinuierlich herbeiführt. Doch vor allem durch solch ergreifende Schicksale kommen ich zu dem Schluss, dass internationale Medienaufmerksamkeit nötig ist um ein globales Bewusstsein bzw. eine einheitliche Auffassung von Menschenwürde und Gleichheit schafft.

  2. @ moncler: your comment is totally inappropriate!
    @ Kirsten: Ich denke nicht, dass in diesem oder ähnlichen Fällen auf lokale Kulturpraktiken Rücksicht genommen werden kann.

    Ich kann nur hoffen, dass die Medien sich ihrer sozialen Verantwortung mal bewusst werden und ausgiebig über diesen Fall berichten, damit die Frau davon kommt!

  3. @maria Gewissen bei „den Medien“ zu suchen halte ich fuer nicht vielversprechend.
    Aber es gibt doch Artikel im guardian, in der fr auch, und annalist.noblogs.org ist auch was in der mitte.

    warum verlinkst du z.B. nicht einfach auf einen Bericht ueber Sakineh Ashtiani, vielleicht am besten mit den eigenen Gedanken dazu, dann kann das Aggregieren von Lesern auch nicht so einfach mit anderen (Folge-)Meinungen „gehijackt“ werden.

  4. Laut Presse wurden 2008 und 2009 im Iran über 600 Menschen, darunter auch Minderjährige, hingerichtet – oft genug ohne Gerichtsurteil, sozusagen standrechtlich. Seit dem Film „Nicht ohne meine Tochter“ wissen wir doch, wie es im Iran unmenschlich zugeht. Da hilft nur ein rigoroser Boykott – kein Handel und laufend Veröffentlichung von dem, was im Iran wirklich gegen die Menschenrechte passiert.

  5. @Manfred Olszewski
    Ein sehr guter Kommentar.Nur wenn die ganze Welt mit gleicher Strenge gegen Hinrichtungen vorgeht,wie dort die Regierung gegen die Menschen,dann lernen sie daraus.
    Früher haben viele Menschen dagegen protestiert,daß es bei uns unmenschlich war,und jetzt wo es uns gut geht,sind wir dran zu protestieren,damit es in Zukunft anderen auch gut geht.

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