Zur Nachahmung empfohlen: Abschiebung verhindert

Gestern waren mehrere AktivistInnen unterwegs nach Bamako, Mali. Eigentlich. Sie wollen an der „Karawane für Bewegungsfreiheit und selbstbestimmte Entwicklung“ zum Weltsozialforum Anfang Februar in Dakar teilnehmen. Aber es kam ganz anders: ausgerechnet in ihrem Flug von Paris saß ein gefesselter und von Polizei begleiteter Mann, der nach Mali abgeschoben werden sollte. Sie haben sich nicht hingesetzt, um den Abflug der Maschine zu verhindern:

http://www.youtube.com/watch?v=qodrl42gwSw

Der Pilot drehte um und ließ AktivistInnen und weitere Passagiere festnehmen. Irgendwann gestern nacht waren alle wieder frei. Die Abschiebung fand nicht statt.

Jetzt bitten sie um Spenden, um die etwa 4000 Euro für neue Tickets bezahlen zu können, und es würde mich nicht wundern, wenn noch Anwaltskosten dazukämen: Weiterlesen

Die Häuser denen, die drin wohnen

Cover der DVD "Herzlichen Glückwunsch - die Mainzer wird geräumt"Ich habe endlich den im November erschienenen Film zum 20. Jahrestag der Räumung der Mainzer Straße gesehen: „Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag – die Mainzer wird geräumt“.

Das Thema liegt in der Luft. Die auch vor 21 Jahren besetzte Liebigstr. 14, ebenfalls Berlin-Friedrichshain, wird am 2. Februar geräumt, wenn es nach dem Willen des Innensenators geht – früher wurden Räumungen schonmal abgeblasen, wenn der Senator fand, das eine Räumung den Frieden in der Stadt unnötig gefährde. (Putzig sind übrigens dann widerspruchslos nebeneinander stehende Tagesspiegel-Überschriften wie Friedrichshain: Militante Linke bedrohen grünen Bürgermeister vs: Bevorstehende Räumung: Liebigstraße: Ruhe macht Polizei misstrauisch)

In Mitte fand letzten Freitag ein Erzählcafé samt Ausstellung zu den besetzten Häusern in Ostberlin 90/91 statt, bei dem viele Erinnerungen hochkamen. Gibt es die Ausstellung eigentlich noch weiter zu sehen? Wo?

Zurück zum Film: die DVD kann im gut sortierten Buchhandel erworben werden, für knapp 12 Euro, und das lohnt sich für alle, die sich für Bewegungsgeschichte interessieren. Es erzählen Protagonisten von damals, und einigen ist anzumerken, wie die Erinnerungen wieder hochkommen. Schön, dass Katrin Rothe den Film gemacht hat, eigentlich bräuchten wir noch viel mehr solche Dokumentationen aus dieser ziemlich einzigartigen Zeit. Halb Friedrichshain stand leer, der Ostberliner Magistrat war nicht mehr zuständig und sowieso mit anderen Problemen beschäftigt, und die Westberliner Polizei durfte noch nicht in den Osten. Dann kam der kurze Sommer der Anarchie, mit über 100 besetzten Häusern. Dann kam die Übernahme Vereinigung, dann die Räumung der Mainzer Strasse. Und dann kehrte wieder Ordnung ein.

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„We’re gonna stand up and we’re gonna fight back.“

Respekt. Die beste Rede, die ich seit Jahren gehört habe.

http://www.youtube.com/watch?v=NNticyiDaDM

Falls irgendwer gelegentlich dem Impuls zu verfallen droht, die jungen Leute heute wären nicht mehr so wie.. [bitte einsetzen.] – das hat sich hoffentlich nach diesen 5 Minuten erledigt. Großartig.

Anlass übrigens waren die SchülerInnen- und StudentInnen-Demos in Großbritannien gegen die Verdreifachung der Studiengebühren.

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Out now: Prevent and Tame. Protest under (Self)Control

New book by Florian Hessdörfer, Andrea Pabst, Peter Ullrich is out, and free for download here or here (pdf). You can also order a copy at your local bookstore.

In the book there’s also a chapter by Andrej Holm and me, reflecting life with surveillance.

The details:

Prevent and Tame.
Protest under (Self)Control

Florian Heßdörfer, Andrea Pabst, Peter Ullrich (Eds.)

The common dualistic approach to social movements tends to see power and resistance as separate and independent antagonists. The contributors to this book aim to transcend that approach, arguing that to adequately analyze ongoing struggles, it is also critically important to trace the constitutive interconnectedness between social movements and power. This is the aim of the title “Prevent and Tame”: emergent strategies to prevent and tame protest―whether they are undertaken by the state or by factions within the movements themselves―have given rise to new kinds of social relations and regulations that call for a new approach to research on social movements and protest.

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5 vor 12 – Internet-Sperren 2.0 vor der Ratifizierung

Von den meisten unbemerkt findet gerade das Ratifizierungsverfahren des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages statt (nach dreimal laut Vorlesen  konnte ich es auswendig sagen). Kurz JMStV. Ein Staatsvertrag ist in Deutschland ein Vertrag, der von den MinisterpräsidentInnen der Bundesländer ausgehandelt und dann von den Länderparlamenten ratifiziert wird. Er soll im Januar in Kraft treten und wird gerade in den Ländern abgestimmt.

Mit einem beliebten billigen Trick wird hier ein Gesetz (das ist es dann nämlich) durchgepaukt: Unter dem Vorwand, angeblich Schwache vor dem Bösen zu beschützen (siehe Kinderpornografie & Internet-Sperren, unterdrückte Frauen & Taliban in Afghanistan etc.) wird gerade eine – stark vereinfacht – neue Form der Zensur eingeführt. Zu den Details steht unten mehr. Die Bundesländer, die noch abstimmen müssen sind:

vsl. 7./8. Dezember: Saarland (Anhörung am 02. Dezember)
vsl. 9. Dezember: Berlin
vsl. 14.-16. Dezember: Bayern, Brandenburg
vsl. 14.-17. Dezember: Sachsen, Schleswig-Holstein
vsl. 15.-16. Dezember: Nordrhein-Westfalen
15. Dezember: Mecklenburg-Vorpommern
(recherchiert von J.-O. Schäfers für Netzpolitik.org)

Es sind also mehr oder weniger alle Parteien involviert, da wir es hier mit allen möglichen Konstellationen zu tun haben. Letzte Woche gab es einen Offenen Brief an die SPD in Nordrhein-Westfalen (rot-grüne Regierung mit Tolerierung durch die Linke). Als ich gefragt wurde, ob ich mitunterschreibe, wollte ich mehr wissen, habe ich das Kuddelmuddel der Parteieninteressen gefürchtet, habe ich zu lange gezögert.Zum Glück gab es viele andere.

Heute habe ich einen Offenen Brief an die Abgeordneten in Berlin mit unterzeichnet (s.u.) mit der Aufforderung, die geplante Zustimmung zu verweigern. Der hat weniger Unterschriften, weil es noch schneller gehen musste. Die SPD ist für den Vertrag, Grüne in NRW und Linke in Berlin winden sich in Schmerzen im Koalitionszwang. Können aber nicht Nein sagen.

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Petition für faire IT-Produktion

Wie oft denkt Ihr darüber nach, wie die technischen Spielzeuge und Arbeitsmittel Eures Alltags hergestellt werden? Und wie oft verdrängt Ihr den Gedanken ganz schnell, weil Ihr ahnt, dass das nicht so ideal aussieht? Die Gründe, warum wir ständig neue glänzende Gerätschaften kaufen sollen und können, sind vielfältig. Eine Ursache sind die beschissenen Arbeitsbedingungen derer, die sie zusammenbauen.

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Die Kampagne ProcureITfair setzt sich für „Soziale Verantwortung in der Beschaffung von Computern“ ein, zu deutsch: will, dass kleine und große Unternehmen, Institutionen, Behörden, darauf achten, dass die Hardware, die sie anschaffen, fair produziert wird.

Computer, Handy und andere High-Tech-Geräte haben unser Leben auf vielfältige Weise verbessert. Die immaterielle Welt des Cyberspace basiert jedoch auf einer höchst materiellen Produktion: Arbeiterinnen und Arbeiter fertigen unter oft gefährlichen Bedingungen Computer. Ihre Arbeitszeiten sind extrem lang, sie sind gefährlichen Chemikalien ausgesetzt und verdienen zu wenig um ihre Existenz zu sichern. Regelmäßig werden sie um Teile ihres Lohnes und ihrer Sozialleistungen betrogen.

Doch öffentliche Einrichtungen wie z.B. Universitäten können dazu beitragen diese menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen zu verbessern. Sie können ihre enorme Marktmacht nutzen und durch die Berücksichtigung sozialer Kriterien beim Einkauf einen großen Beitrag dazu zu leisten, Armut zu vermindern und menschenwürdige Arbeitsbedingungen in den Herstellungsländern durchzusetzen.

Gerade gibt es eine Petition, die sich an europäische Universitäten richtet. Unterschreibt, damit langfristig die Arbeitsbedingungen besser werden, bitte hier.

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