Ein Loch in der italienischen Polizeiführung

Update zum Genua-Urteil:

Italien hat durch das Urteil von Donnerstag seine obersten Polizeiführer verloren. Alle 26 Verurteilten werden vom Dienst suspendiert und werden fünf Jahre nicht im Öffentlichen Dienst arbeiten. Einige von ihnen waren nach Genua sehr komfortabel die Leiter hinaufgeschubst worden. Einer Reuters-Meldung zufolge sagte die italienische Innenministerin Annamaria Cancellieri:

Wir zahlen einen sehr hohen Preis denn wir verlieren einige unserer besten Männer. Wir müssen jetzt neu anfangen und nach vorne blicken.  (…) Es wird schwer, sie zu ersetzen, aber das Urteil muss respektiert werden. Es ist richtig, dass die Verantwortlichen einen Preis für schwere Fehler zahlen. Das darf aber nicht zu einem Urteil über die tausenden Männer und Frauen in Uniform werden, die täglich ihre Pflicht tun.

Durch mühsame Recherchen war von italienischen AnwältInnen und AktivistInnen aufgedeckt worden, dass die für den Überfall auf die Diaz-Schule verantwortliche Polizei-Einsatzleitung selbst Molotow-Cocktails in die Schule geschmuggelt sowie einen Messer-Angriff auf einen Polizisten vorgetäuscht hatte.

Verurteilt wurden u.a.:

  • Franceso Gratteri, Vize-Chef der italienischen Polizei, 2001 Chef der Direzione Centrale Anticrimine („Kriminalpolizei“ – Teil der Polizia di Stato), designierter nächster Polizeichef Italiens – 4 Jahre
  • Gilberto Caldarozzi, Leiter des Servizio Centrale Operativo („Zentrale Einsatzeinheiten“, Bereitschaftspolizei), 2001 Stellvertreter von Gratteri – 3 Jahre 8 Monate
  • Giovanni Luperi, Leiter der Analyse-Abteilung des Inlandsgeheimdiensts AISI und der Anti-Terror-Einheiten. Ex-Vizechef des UCIGOS (Zentrale Koordination der politischen Polizeiabteilungen) – 4 Jahre
  • Vincenzo Canterini, 2001 Leiter des römischen Reparto Mobile (Sondereinsatzkommando für Demonstrationen) – 5 Jahre
  • Spartaco Mortola, Ex-Chef der DIGOS-Einheiten von Genua („Staatsschutz“)
  • außerdem Filippo Ferri, Fabio Ciccimarra, Nando Dominici, Carlo Di Sarro, Massimo Mazzoni, Renzo Cerchi, Davide Di Novi e Massimiliano Di Bernardini.

Sie werden die Strafen nicht absitzen, denn die sind nach 11 Jahren inzwischen verjährt. Sie sind auch nicht wegen Körperverletzung oder Mord verurteilt worden, sondern lediglich wegen Fälschung von Beweismitteln, Verleumdung, falscher Anklage und Strafvereitelung. Alles andere hätte individuell nachgewiesen werden müssen. Da alle Beteiligten maskiert waren und von ihren Kollegen und Vorgesetzten gedeckt wurden, und weil die italienische Justiz tolerierte, dass das so war, gibt es diese Urteile nicht.

Wer sind die Verurteilten und was ist überhaupt passiert? Alessandro Mantovan: Die Wahre Geschichte des Diaz-Überfalls (2003)

 

Außer der taz hat sich bisher keine deutsche Zeitung oder Online-News-Website zu auch nur einer Agenturmeldung hinreißen lassen. Ziemlich lausig.

taz: Haftstrafen für italienische Polizisten / Berlusconi muss nicht büßen
(Allerdings: “ Italiens Justiz greift hart durch gegen jene Beamte, die am 21. Juli 2001 den nächtlichen Sturm auf die G8-Gegner zu verantworten hatten.“, nachdem niemand dafür ins Gefängnis geht – ich weiß ja nicht..)

Guardian: Court upholds convictions of Italian G8 police
Reuters: Court judgment strips Italian police of top men

Urteile für den Überfall auf die Diaz-Schule in Genua 2001

Der Oberste Gerichtshof Italiens hat gestern die Urteile gegen die Polizeiführer bestätigt, die an der „chilenischen Nacht“, dem brutalen Überfall auf AktivistInnen beteiligt waren, die  gegen den G8-Gipfel in Genua 2001 protestiert hatten. Sie wurden wegen der Fälschung von Beweisen verurteilt und weil sie nachweislich gelogen hatten. Kaum einem war Körperverletzung, niemandem Mordversuch nachweisbar, weil alle Beamten maskiert waren und sich gegenseitig bis heute decken.

Vier Jahre für Giovanni Luperi und Francesco Gratteri (der Italiens nächster Polizeichef werden sollte), fünf Jahre für Vincenzo Canterini, drei Jahre und acht Monate für Gilberto Caldarozzi, Filippo Ferri, Fabio Ciccimarra, Nando Dominici, Spartaco Mortola, Carlo Di Sarro, Massimo Mazzoni, Renzo Cerchi, Davide Di Novi und Massimiliano Di Bernardini.

Sie werden dafür nicht sitzen. Es ist ein Wunder, sagen alle, die mehr von der italienischen Justiz verstehen, dass es überhaupt zu den Urteilen kam. Sie werden ihre Posten verlieren und fünf Jahre nicht im Öffentlichen Dienst arbeiten können. Kein Vergleich, aber für diese Männer, die nach dem G8 auf noch höhere Posten geschubst wurden, sicher nicht, was sie erwartet hatten.

Für nächste Woche wird mit einem weiteren Urteil gerechnet. 10 italienische AktivistInnen, die nach dem G8-Gipfel ziemlich wahllos mit Gerichtsverfahren überzogen wurden, werden voraussichtlich zu insgesamt 100 Jahren Haft verurteilt werden. Und sie werden diese Urteile sicher absitzen müssen. Dabei tragen sie – im Unterschied zu den oben genannten – keine Verantwortung für hunderte Verletzte, von denen einige tagelang im Koma oder sonst schwer verletzt im Krankenhaus lagen. Während andere mit schweren Verletzungen aus dem Krankenhaus abgeholt und zu hunderten anderen in eine Kaserne gebracht wurden und dort tagelang gefoltert wurden. Ohne das irgendjemand wusste, wo sie waren.

Es gibt eine Kampagne für die 10, die übrig geblieben sind: 10 x 100 Jahre Knast – G8 Genua 2001 ist noch nicht vorbei, 10×100.it. Dort werden Unterschriften gesammelt.

Blicero, der wie ich im Juli 2001 im Medienzentrum der Gipfelproteste saß, hat das Urteil so kommentiert:

(…) But the story of the raid has already ended 11 years ago: its mindlessness; the arrogance of those who ordained it looking for vengeance and spreading violence on helpless people sleeping, trying to appease the political and “street” humiliation they had to endure during Genoa days; it’s all been there for a long time. History is not made by judges. Courts are part of the institutions and at the very most can acknowledge a side of the story people live (and everybody knows a lot of facts are not at all relevant for courts). We are history. History is what people felt and lived there that night. It’s what people told over and over these years, and it’s much more frightening than a bunch of year of conviction sown for lack of better ways to deal with what happened. It’s much more than the consolation of (maybe) seeing the accused people thrown out of what they care most for (the corps, the honour). History it’s what all the people mesmerized by the images and sound of their tv screen will never forget, aghast and ashamed of the feeling they clearly had of how feeble and faint democracy is in front of the absolute need of power not to be discussed or (worse) fought.

Are we (the ones who were there with me) satisfied? I guess so: so many years of our lives spent to wrestle at least a sodding paper to be waved under the nose of those who still won’t believe plain truth. But still all this won’t make a difference next week, when 10 people could be convicted by the Supreme Court to more than 100 years of jail, accusing them of all the things that happened in those days in genoa. They were there, of course. As I was. As we were. And Genoa was all of us. But it will be those 10 people to pay for it. And to pay dearly, while most of us will just stare still. I would have gladly traded a clumsily camouflaged coup to have the high ranking cops get away clean with an acquittal next week. But it won’t be so. And it will be so many years to not leave alone those who will pay for my struggle as well. For our struggle.

„La storia siamo noi“ – die Geschichte haben wir geschrieben.

10 Jahre KAOS – 10 Jahre Medienaktivismus und Hacking

Ein Buch, das ich gern lesen würde, aber leider nicht kann, weil es italienisch geschrieben und die Aussicht auf Übersetzung eher gering ist: +kaos – 10 anni di mediattivismo e hacking.

Das Technik-Kollektiv hinter noblogs.org und damit annalist hat ein Buch über die 10 Jahre seit seiner Gründung geschrieben (und annalist ist sogar darin erwähnt, hach).

„L’esperienza collettiva di un gruppo di ragazze e ragazzi appassionati di tecnologia e comunicazione che hanno fatto proprio il motto di Primo Moroni “Condividere saperi, senza fondare poteri”.“

(Die gemeinsame Erfahrung einer Gruppe von Männern und Frauen, die sich für Technik und Kommunikation begeistern und sich das Motto von Primo Moroni zu eigen gemacht haben „Wissen teilen, ohne die Grundlage für Macht zu schaffen“)

Ihr könnt es vollständig runterladen als PDF, mobi oder ePub.

Für alle, die italienisch können und auch nur den kleinsten Faible für Hacker-Bewegungen und/oder Medienaktivismus seit 2001 haben, lohnt es sich bestimmt.

Beschrieben werden in eigenen Kapiteln der Vorlauf, also die Jahre 1990 – 2001. (2001 war mit dem G8-Gipfel in Genua eine Zäsur, die wahrscheinlich ihre Spuren bei allen Bewegunen in Italien hinterlassen hat). Hacktivismus gab es aber auch schon vorher. Dann die Jahre 2001 – 2006 mit dem bewussten G8-Gipfel, aber auch dem Europäischen Sozialforum, Problemen mit der Justiz und schließlich dem Start der Blog-Plattform Noblogs. Im dritten Teil geht es um die Jahre 2006 – 2011, wie die vorigen eingeteilt in die politische Einordnung und die Beschreibung der hacktivistischen Aktivitäten.

Im Unterschied zur eher engen Definition des Hacking in Deutschland gibt es in Italien eine breitere Interpretation. Was hier inzwischen langsam als ‚Politik-‚ bzw. ‚Gesellschafts-Hacking‘ akzeptiert wird, gehört dort schon immer selbstverständlich dazu. Hacken ist die intensive Beschäftigung mit allem Möglichen mit dem Ziel, es zu verstehen, auseinanderzunehmen und anders wieder zusammenzusetzen. Oder sich zumindest dazu in die Lage zu versetzen. Das hat eine ziemlich stabile Grundlage für Kooperation zwischen Techies und politischen und sozialen Bewegungen geschaffen, mit einem sehr stabilen queer-feministischen Standbein. Ein bisschen mehr davon würde ich mir hier auch wünschen.

Vielleicht gibt es ja doch mal eine Übersetzung.

Genua 2001 bei der Berlinale

[Update unten]

Das staatliche Massaker während des G8-Gipfels in Genua 2001 ist, gut zehn Jahre später, bei der Berlinale.

Nächsten Sonntag um 18 Uhr läuft Diaz – Don’t clean up this Blood. Der Ticketverkauf hat begonnen; der Film wird im Rahmen der Berlinale noch viermal gezeigt. Ich werde ihn mir auf jeden Fall angucken.

Website zum Film: diazilfilm.it/

 Das G8-Gipfeltreffen in Genua 2001 war fast vorüber. In der Diaz-Pascoli-Schule in Genua, in der das Sozial-Forum für Journalisten eingerichtet war, waren die jungen Menschen guter Dinge – trotz der gewaltsamen Konfrontationen mit der Polizei an den Tagen zuvor. Die Anti-Globalisierungsproteste waren wie in anderen Ländern in diesem Jahr von massiven Polizeieinsätzen begleitet. Doch nichts hätte die temporären Bewohner der Diaz-Schule, vorwiegend junge Frauen und Männer aus ganz Europa, auf das Folgende vorbereiten können. Kurz nach Mitternacht stürmte die Polizei die Schule und schlug mit immenser Brutalität über zwei Stunden auf die jungen Menschen ein, bis fast alle im Krankenhaus und später in Untersuchungshaft landeten. Um ihr Handeln zu rechtfertigen, pflanzte die Polizei Molotowcocktails in das Gebäude. Am Ende des G8-Gipfeltreffens hatte ein Mensch sein Leben verloren. Aus verschiedenen Perspektiven erzählt, zeigt die Kamera, was an diesem Tag geschah, sie weicht Tätern und Opfer nicht von der Seite, bis die ganze Wahrheit erzählt ist. Zum gleichen Thema zeigt Panorama die Dokumentation THE SUMMIT.

Die taz über die Dreharbeiten: Komitee für Wahrheit und Gerechtigkeit

Außerdem läuft der Dokumentarfilm The Summit am Dienstag, 14.2. um 17 Uhr (und dann noch dreimal).

(Falls wer untertitelte oder sogar synchronisierte Fassungen findet: ich wäre sehr interessiert)

Wer Fragen nach dem tatsächlichen Hergang der gewalttätigen G8-Anti-Globalisierungsproteste in Genua im Juli 2001 hat, wer mehr über die Hintergründe wissen und die Auswirkung des brutalen Polizeieinsatzes sehen möchte, findet hier erhellende Antworten. Das Vorgehen der italienischen Polizei gegen friedliche Demonstranten, von denen einer starb und hunderte zum Teil schwere Verletzungen davontrugen, wurde von Amnesty International zum gravierendsten Verstoß gegen demokratische Rechte in einem europäischen Land nach dem Zweiten Weltkrieg erklärt. Unter dem Vorwand, Mitglieder des Schwarzen Blocks zu verhaften, stürmte die Polizei auch die Diaz-Schule, die Unterkunft für Journalisten bot, und prügelte über zwei Stunden auf wehrlose Frauen und Männer ein. THE SUMMIT beleuchtet die Schattenseiten des Polizeieinsatzes, die Ereignisse, die von offizieller Seite vertuscht wurden, sammelt Stimmen von Demonstranten, Aktivisten, Historikern und Augenzeugen und schafft Verbindungen auf internationaler Ebene. Bis zum heutigen Tag sind die meisten der Täter auf freiem Fuß.

 

Außerhalb der Berlinale läuft außerdem als deutsche Uraufführung am Samstag um 19:30 Black Block.

Deutsche Erstaufführung (in Anwesenheit des Regisseurs) im Foyer der Filmarche e.V. Berlin, Schlesische Str. 26
Samstag, 11.02.2012 um 19.30 Uhr

Genua 2001: Der Gipfel der G8, der Protest der Hunderttausenden, die Kämpfe, die Hoffnungen, der erschossene Demonstrant, die Polizeigewalt auf den Strassen und schließlich beim Überfall auf die Diaz-Schule. Was in dieser als Schlafplatz genutzten Schule passiert ist und was davon bleibt – davon legen Aktivist/innen im Dokumentarfilm „Black Block“ Zeugnis ab.

300 Polizisten stürmten in der Nacht nach dem Gipfel die Diaz-Schule. Bei ihrem kalkulierten Blutbad verletzten sie fast 90 Menschen schwer. Selbst aus den Krankenhäusern wurden sie anschließend in die Polizeikaserne Bolzaneto gebracht, dort erniedrigt und gefoltert. Niels und Lena (Hamburg), Chabi (Zaragoza), Mina (Paris), Dan (London), Michael (Nizza) und Muli (Berlin) erzählen ihre Geschichten aus dieser Nacht, von davor und danach, von der erlittenen Traumatisierung, von dem, was für sie seither anders geworden ist. Aber auch, wie sie neue Wege fanden und dabei festhalten an den Idealen, die sie nach Genua geführt hatten.

Black Block feierte seine Premiere auf der Biennale in Venedig und wird in Anwesenheit des Regisseurs in der Filmarche erstmals in Deutschland zu sehen sein.

Der Genueser Carlo A. Bachschmidt war 2001 an der Organisation der Proteste beteiligt. Danach hat er die Anwält/innen in Prozessen gegen Polizisten und an den Misshandlungen beteiligtes medizinisches Personal durch die akribische Auswertung von Filmmaterial unterstützt.

Black Block. Dokumentation, 77min. Regie, Buch: Carlo A. Bachschmidt. Kamera: Stefano Barabino, Harald Erschbaumer. Schnitt: Alessandro Pantano. Ton: Francesco Cerasi. Produzent: Domenico Procacci. Produktion: Fandango.

Original mit englischen Untertiteln. Eintritt frei. Pressemappe (pdf)

Ungefähr alles zu Genua 2001 steht wahrscheinlich hier, chronologisch von hinten nach vorn zu lesen.

Falls jetzt wer neugierig geworden ist und gern irgendwelche medialen Inhalte mit damals Betroffenen erstellen möchte: das lässt sich einrichten. Es gibt viele.

Genua 2001

http://www.fandango.it

 

„OP Genua 2001 – Öffentliche Sicherheit und Ordnung“ entstand während der Begleitung des Prozesses, der 25 italienischen AktivistInnen stellvertretend wegen der Krawalle am 20. Juli in Genua gemacht wurde. An diesem Tag wurde auch Carlo Giuliani erschossen. Sie wurden zu langen Haftstrafen verurteilt. Das Genau-Rechtshilfeteam hat u.a. durch das sekundengenaue Zusammenschneiden von Videoaufnahmen und Polizeifunk nachgewiesen, dass die italienische Polizei maßgeblich für das Entstehen der Auseinandersetzungen verantwortlich ist.

Download bei archive.org. Die DVD mit Untertiteln und Begleitheft kann für 9 Euro beim Genua-Rechtshilfebüro bestellt werden: GENOA LEGAL FORUM via San Luca 15/7, 16124 Genova info@processig8.org

 

http://www.diazilfilm.it/

Kritische Anmerkungen zum Diaz-Film bei Aufsmaulsuppe 123, auch dazu die taz.

 

Filme, Filme, Filme:

Processi G8 Processi G8 (YouTube) KanalB

Gipfelstürmer

 

 

Klage wegen Überwachung durch den VS gewonnen

Ganz Gallien ist von den Römern besetzt… Ganz Gallien? Nein! Ein von unbeugsamen Galliern bevölkertes Dorf hört nicht auf, dem Eindringling Widerstand zu leisten.

Fritz Burschel hat gegen den Verfassungsschutz (VS) geklagt und gewonnen, jetzt in der zweiten Runde. Bravo!

Die erste Runde ging im Februar 2009 erfolgreich zuende.

Im Verfahren hat sich Friedrich Burschel gegen die Beobachtung als „Linksextremist“  durch den Verfassungsschutz gewehrt. Begründung für die Beobachtung:

Die wenig souverän agierenden Vertreter des BfVS hatten etliche Publikationen des Klägers in linken Zeitschriften aufgelistet, in denen es in zum Teil zugespitzter Diktion um Antirassismus, staatlichen Rassismus, Antifaschismus und Antirepression ging. Außerdem hatte das Amt aus zahlreichen Demonstrations-Anmeldungen des Klägers einige herausgepickt, die ihm schlagend dessen Gefährlichkeit zu dokumentieren geeignet schienen, u.a. einen Ostermarsch in Weimar, antirassistische Camps der Kampagne „kein mensch ist illegal“ und eine Antifa-Demonstration in Gera. Dazu lieferten sie eine dünne, holzschnittartige Einschätzung von „Linksextremismus“, der eine höchst umstrittene, wissenschaftlich fragwürdige Extremismus-Doktrin zugrunde liegt, die momentan von Amts wegen und auf Regierungsebene bundesweit gegen linke Aktivitäten in Anschlag gebracht wird. (Pressemitteilung seines Anwalts Alexander Hoffmann)

Erfahren hat der Journalist davon, weil ihm die Akkreditierung beim G8-Gipfel in Heiligendamm 2007 verweigert worden war.

Angesichts der Themen frage ich mich, ob ich testweise auch mal probieren sollte, mich bei so einer Veranstaltung zu akkreditieren.

Mit Friedrich Burschel saß ich übrigens im November auf einem Podium, bei dem es darum ging, dass mehrere Berliner Buchläden ständig durchsucht werden (letzten Mittwoch, den 22., zuletzt). Die BuchhändlerInnen haben jetzt auch ein Verfahren, weil sie nicht alles lesen, was sie verkaufen. Details bei unzensiert-lesen.de.