CFP 2009 #2: Panoptikum – Podium zum Erleben von Überwachung

The one thing you never want to be called by your government, esp. if it’s the Department of Justice: a person of interest.

CFP Logo

Mit diesen Worten hat Lillie Coney, EPIC (Electronic Privacy Information Center), das Abschlusspodium der CFP 2009 eingeführt, an dem ich beteiligt war. Auch davon gibt es eine Aufnahme, Dauer 1:45 Std, meine 10 Min. 0:30 – 0:40. 

Thema war das Erleben von Überwachung "Panoptikum: die Verinnerlichung des fremden Blicks". Neben mir waren vier US-AmerikanerInnen beteiligt, die ziemlich spannende Geschichten zu erzählen hatten:

Weiterlesen

Obamas Internet-Beauftragte: This is the „Why not?“ generation

Schon wieder eine Woche her, dass meine Air France-Maschine heile in Berlin gelandet ist. Ich war fünf Tage in Washington – ökologisch und physiologisch eine Katastrophe, aber eine ungeheuer interessante Konferenz. Von der ich vorher noch nie gehört hatte. CFP 2009, oder Computers, Freedom and Privacy Conference 2009, war eine wirklich interessante Mischung aus Datenschutz, Web2.0, Freiheit vs. Sicherheit und mehr.

Mit sehr netten Leuten, aber vor allem auch wirklich interessanten Leuten. Bruce Schneier, der Sicherheit/Terrorismus/Tech-Guru der USA, war nicht nur da, sondern an diversen Podien und Workshops beteiligt. (Und folgt jetzt meinem Twitterfeed – das *musste* ich einfach mal sagen).

Susan Crawford, Special Assistant to the President for Science, Technology, and Innovation Policy
Schon der Auftakt nahm mir kurzfristig den Atem. In Washington ist die Nähe zum Weißen Haus ja quasi natürlich. Ich fand allein die Tatsache, dass Obama eine extra "Beauftragte für Wissenschaft, Technologie und Innovation", vulgo Internetbeauftragte hat, nicht völlig selbstverständlich. Dass die dann bei so einer Konferenz auftaucht und kurz mal erläutert, wie Amerika das mit dem Internet jetzt anders machen wird, gefiel mir.

Es gibt eine Aufnahme von diesem ersten Panel Computers, Freedom and the Obama Administration mit Susan Crawford, auch gewesene ICANN-Kodirektorin und erklärtermaßen Vertreterin von Netzneutralität. Ziemlich lang: ab Minute 0:40 geht’s los mit Obamas Internet (bis ca. 1:04). Sie sagte Sätze wie:

"Tech policy is at the heart of this administrations plans for the future."

"The president understands the vital role technology will play in our short term economic recovery. … He’s not the first president to understand the importance of technology to the nation. But he has the kind of mind that sees the connections between technology, freedom, democracy, economic growth and a long-term prosperous future for the country."

Weiterlesen

Soziologe in Mexiko zum Terroristen gemacht

Soziologen leben weiter gefährlich.

Miguel Angel Beltrán VillegasAm 22. Mai wurde in Mexiko der kolumbianische Soziologe Miguel Angel Beltrán Villegas festgenommen und als angeblicher FARC-Terrorist nach Kolumbien abgeschoben. Soweit das bisher nachzuvollziehen ist, sind die "Beweise" für sein terroristisches Agieren Hinweise auf einem letztes Jahr von der Armee gefundenen Computer. Forensiker von Interpol allerdings geben darauf nichts, weil die Daten auf dem Rechner offenbar manipuliert wurden (Telepolis: Sprengstoff aus dem Laptop, Juni ’08; Interpol-Bericht).

Es gibt inzwischen eine Kampagne vor allem mexikanischer AkademikerInnen, die die Freilassung von Miguel Angel Beltrán Villegas fordern (Spendenkonto). Das meiste Material zum Fall ist spanisch. "The political kidnapping of Dr Miguel Angel Beltrán in Mexico" erklärt einige Details und enthält Informationen darüber, wer Miguel Angel Beltrán Villegas ist.

El Pensamiento critica no es terrorismo Andrés Hernández Vásquez, Anwalt und Doktorand an der Uni Mainz, vergleicht den Fall mit der Festnahme von Andrej Holm und schrieb den Artikel "Guantánamo in Kolumbien", angelehnt an "Guantánamo in Germany" von Saskia Sassen und Richard Sennett, im August ’07 im Guardian veröffentlicht.

Es gibt verschiedene von vielen vor allem lateinamerikanischen AkademikerInnen unterschriebene Protestschreiben: Wir sind alle Miguel Angel Beltrán Villegas. Offener Brief an die Regierungen von Mexiko und Kolumbien; Erklärung des Netzwerks der Künstler und Intellektuellen für die Menschlichkeit; Erklärung der DozentInnen des Instituts für Soziologie der Nationalen Universität von Kolumbien und noch weitere. Ich hoffe sehr, dass es bald Offene Briefe gibt, die online unterschrieben werden können.

Andrej hat diesen Text zur Unterstützung geschrieben:

Dr. Miguel Ángel Beltrán Villegas, Soziologe an der UNAM in Mexiko
wurde am 22. Mai mit dem Vorwurf der Mitgliedschaft in der
kolumbianischen Guerilla FARC nach Kolumbien abgeschoben und dort
inhaftiert. Die wenigen Informationen, die in Deutschland zu diesem
Fall bekannt geworden sind, zeigen eine weitere skandalöse
Kriminalisierung von kritischen Wissenschaftler/innen im Namen des
angeblichen "Kampfes gegen den Terrorismus".

Die Abschiebung und Verhaftung von Dr. Miguel Angel Beltran erfolgte
auf der Basis einer selbst von internationalen Polizeibehörden
umstrittenen Auswertung von Computerdaten, die einem FARC-Kommandanten
zugeschrieben werden.
Der konkrete Vorwurf gegen ihn ist die angebliche Infiltration
akademischer Zirkel in Lateinamerika, um diese unter die Führung der
FARC zu stellen. Dass dabei seine wissenschaftlichen Arbeiten zu einem
halben Jahrhundert Bürgerkrieg in Kolumbien als Indizien herbeigezogen
werden, zeigt, dass hier eine kritische und für den Staat unliebsame
Forschungsarbeit kriminalisiert werden soll. Ich unterstütze die
Forderung nach einer sofortigen Freilassung von Dr. Miguel Angel
Beltran.

Auch in Europa wurden in den vergangenen Jahren mehrere
Wissenschaftler wegen des Verdachts terroristischer Aktivitäten
festgenommen. Im Mai 2008 wurden zwei Wissenschaftler der Universität
Nottingham
unter Anwendung des britischen "Terrorism Act" festgenommen
und mit Abschiebung bedroht. Anlaß war der Ausdruck von legal
erhältlichem Material für die Forschung über Al-Quaida.
Im November 2008 wurden im französischen Tarnac 10 Personen im Rahmen
von sogenannten Anti-Terrorermittlungen festgenommen. Unter ihnen der
Philosoph Julien Coupat, der über 6 Monate in Untersuchungshaft
festgehalten
wurde. Begründung in seinem Fall unter anderem eine
vermutete Herausgeberschaft eines als linksextremistisch eingeschätzten
Buches "L"insurrection qui vient" (Der kommende Aufstand) sowie die
nicht bewiesenen Beteiligung an einer Unterbrechung des
Schienenverkehrs.
Julien Coupat musste inzwischen wegen Mangels an Beweisen freigelassen
werden. Ich selbst wurde im Juli 2007 als angeblich "intellektueller
Kopf" einer terroristischen Vereinigung festgenommen. Indizien auch
hier meine wissenschaftlichen Veröffentlichungen sowie eine nie
verborgenen linke Gesinnung
. Der Bundesgerichtshof hat den Haftbefehl gegen mich inzwischen aufgehoben und den ‚dringenden Tatverdacht‘ verneint.

In all diesen Verfahren gerieten Wissenschaftler/innen und ihre
Arbeitsweisen in den Fokus polizeilicher Ermittlungen. Kritische
Wissenschaft darf nicht auf dem Altar des internationalen "War on
Terror" geopfert werden.

Die von der mexikanischen Regierung vollzogene Abschiebung in das
immer noch von Menschenrechtsverletzungen geprägte Kolumbien erfolgte
ohne jede Rechtsgrundlage. Ich protestiere gegen diese illegale
Abschiebung durch die mexikanische Regierung und fordere die
unverzügliche und unversehrte Rückkehr von Dr. Miguel Angel Beltran
nach Mexiko.

Dr. Andrej Holm
Institut für Humangeographie
Universität Frankfurt am Main

 

Im Badeanzug duschen

Für Heise Online hat Detlef Borchers eine neue BKA-Studie ausgegraben, die ich gerne mal ganz lesen würde:

In Hinblick auf Berichte zu einem Verfahren
gegen einen Berliner Soziologen mag die Mahnung der Autoren zur
Einzelfallbetrachtung mutmaßlicher terroristischer Aktivitäten wichtig
sein: So seien Brandstiftungen an Gebäuden und Sachen mit durchaus
hohen Sachschäden nicht geeignet, einen Umsturz des politischen Systems
herbeizuführen, würden also keinen terroristischen Hintergrund haben.
Anders sei der Fall gelagert, wenn Betriebe oder Institutionen
ausländischer Mitbürger angegriffen würden.

Schön, dass die das jetzt auch festgestellt haben. Allerdings wüsste ich gern, warum das bei ‚ausländischen Mitbürgern‘ anders ist. Und wie wohl erst, wenn die keine ‚Mitbürger‘ sind?

Auch wenn der Staat offenbar aktuell von linken Terroristen nicht ernstlich gefährdet wird, wollen sie trotzdem gern selber nachgucken:

Bezogen auf die Wohnraumüberwachung kommt die Studie zu dem Schluss,
dass dieses Instrument der "einzige erfolgversprechende"
Ermittlungsansatz im linksextremistischen Bereich darstelle.

Ob das heißt, dass wir demächst wieder allein telefonieren können, aber dafür besser im Badeanzug duschen?

Französischer "Terrorist" nach sechs Monaten frei

Auch in Frankreich hat es offenbar Erkenntnisgewinne gegeben: Der böse Bahn-Oberleitungsterrorist Julien Coupat, der sechs Monate in U-Haft saß, ist seit Donnerstag wieder frei. Warum? Weil die Ermittlungen ergaben, dass Deutsche die Verantwortung für die Anschläge übernommen hatten, die ihm vorgeworfen wurden. Das war der Polizei offenbar schon bei der Festnahme bekannt, sagte Julien Coupat in einem schriftlichen Interview mit Le Monde, dass Dienstag erschien.

Julien Coupat’s arrest and the charges of terrorist activities filed
against him have sparked off a general outcry among opposition party
members and human rights associations in France. (Radio France Inter)

Sowas habe ich auch schonmal gehört..

Und warum?

Mir wird immer wieder die Frage gestellt: Und warum machen die das alles? 

In der Süddeutschen ist gerade ein Interview mit Klaus Wagenbach erschienen (via), zum Mord an Benno Ohnesorg. Der ist inzwischen 78 und gibt seit ’65 linke Bücher heraus. Und hat viel Erfahrung mit dem Verhältnis des Staats zur Linken:

Jetzt stellen Sie sich vor, Sie radeln, wie ich damals, aus Italien
zurück, Sie kommen aus dem Land, in dem die Zitronen und die Künste
blühen und wo es diese wunderbaren Schriftsteller wie Italo Calvino und
Elio Vittorini gibt, die alle in der kommunistischen Partei waren, und
sind wieder in Deutschland, wo die Kommunisten Untermenschen sind.

Es gab öfters Durchsuchungen des Verlags:

Ich sehe noch, wie die Polizisten Buch für Buch herausnehmen, sie
wieder reinstellen und dann die Hände so zusammenklopfen, als müssten
sie Staub abschütteln. Die dachten wahrscheinlich, sie fänden zwischen
Giorgio Manganelli und Franz Kafka Maschinenpistolen.

SZ: Langsam, Herr Wagenbach, Sie haben auch das Manifest der RAF veröffentlicht.

Richtig. Es interessierte mich (und ein paar andere), was da in den
Köpfen vorging. Aber es siegte die Tradition: Verbieten. Statt Birne –
Abrissbirne.

Wagenbach wurde später als Einziger im Zusammenhang mit dem Mord an Benno Ohnesorg verurteilt: weil er den Mord Mord genannt hatte. Das ging gegen die "Ehre" der Polizei.

Insgesamt hat sich nicht viel geändert, würde ich sagen.

Sie sind wieder da

Monatelang war Ruhe. Gestern hat das erste Mal seit langem unser Fernseher beim telefonieren wieder Ssssst..ssssst..sssssst gemacht (wem das jetzt seltsam vorkommt, möge bitte etwa meine Erzählungen dazu beim 24C3 anhören (lang) oder den Polylux-Clip (kurz)).

Ich konnte die Mutter eines Freundes unseres Sohnes nur unter Mühen erreichen, weil mehrmals in den letzten Tagen die Leitung beim ersten Versuch besetzt war, obwohl bei denen überhaupt niemand zuhause war.

Heute abend habe ich drei Anläufe gebraucht, um mit Andrejs Vater die innerfamiliäre Kinderbetreuung telefonisch sortieren zu können: Beim ersten Mal klingelte es einmal, dann brach die Leitung ab. Beim zweiten Mal hielt sie genau so lange, bis ich erwähnte, dass so auffälliges Telefonverhalte schon länger nicht mehr vorkam und ob wohl im BKA die Praktikanten gewechselt haben. Beim dritten Versuch ging’s.

Hat mal jemand sich die Mühe gemacht, zu recherchieren, ob sowas in einem zeitlichen Verhältnis steht zu möglichen Personalwechseln? Also ob etwa alle drei, oder sechs, Monate die zuständigen Leute in den Behörden wechseln und jeweils neu lernen, wie man das macht? Oder gibt es Handbücher dazu, wie oft dezent deutlich gemacht werden sollte, dass sie noch da sind, damit es wirkt?

Aber womöglich ist das ja auch alles bloss Zufall.

Die Erde ist eine Scheibe

SchlapphutBrigitte Zypries wurde für die Frankfurter Rundschau zum Thema Überwachung interviewt und siehe: wir haben alles falsch verstanden. Der Bundestag hat heute eine ganze Serie neue Gesetze im Bereich Strafrecht beschlossen, u.a. auch das berüchtigte Terrorcamp-Gesetz. Dazu hatte Heribert Prantl im Januar einen passenden Kommtar geschrieben: Per Mausklick zum Terrorist. Dazu Frau Zypries: 

Frau Zypries, müssen die Bürger fürchten, bald schon durch einen falschen Mausklick zum Terrorist zu werden?

Nein, wie kommen Sie denn auf diese absurde Idee?

Ist mir auch vollkommen unerklärlich. 

Das neue Gesetz verlegt die Strafe aber weit ins Vorfeld einer
Straftat. Schon vage Vorüberlegungen, einen Anschlag zu begehen, werden
justiziabel. Sind wir damit nicht auf dem Weg in eine Gesinnungsjustiz?

Der Vorwurf ist völlig übertrieben. Wir bestrafen keine Gesinnung – mag
sie noch so fragwürdig sein -, sondern konkrete
Vorbereitungshandlungen. Überdies habe ich in den Debatten mit der
Union und Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble stets darauf beharrt,
dass der Täter die Absicht haben muss, einen Anschlag zu begehen.

Mmmh. Und was wollte Schäuble? Dass es reicht, wenn der Täter mal abstrakt an Anschläge dachte?

Mit der Vorratsdatenspeicherung ist

..die Kontrolle von Surfern (…) damit so gut wie gar nicht möglich – das wollen wir ja auch nicht.

Es will auch niemand Telefone abhören oder Bundestrojaner einsetzen, völlig abwegig! (Wir werden darauf zurückkommen). Dafür will sie mit uns (= "Internetgemeinde") diskutieren. Wir sind gespannt.

Und wieder: was ist eine terroristische Vereinigung?

Terrorflaschen by ephaOb Greenpeace der Frage "Was ist Terrorismus" aufgeschlossener gegenüber steht, seit sie in Dänemark selber deswegen verurteilt wurden? In der Rubrik "tagesthemen" der Website des Greenpeace Magazins gibt es einen Artikel zu einem interessanten Revisionsverfahren, das morgen vom Bundesgerichtshof verhandelt wird. Und da geht es mal wieder um die Frage, was die terroristische Vereinigung ausmacht:

Das zweite Problem des Revisionsprozesses dürfte noch spannender sein:
Was ist eigentlich unter einer strafbaren «terroristischen Vereinigung»
zu verstehen? Das OLG war sich nicht so ganz sicher, ob El Kaida,
damals von US-amerikanischen Soldaten aus Afghanistan vertrieben und
organisatorisch wohl am Boden, seinerzeit überhaupt eine «Vereinigung»
gewesen sei. Denn das deutsche Strafrecht ist hier streng: Nur wenn
eine Gruppe straff genug organisiert ist, geht sie als «terroristische
Vereinigung» durch.

Deshalb griff das OLG auf einen EU-Rahmenbeschluss von 2002 zurück, der
den Begriff deutlich weicher interpretiert. Ein bisschen Vorausplanung
und Koordinierung soll schon genügen, außerdem ein paar Regeln zur
gemeinsamen Willensbildung. Sollte sich diese Lesart durchsetzen,
dürften sich die Terrorermittler der Bundesanwaltschaft die Hände
reiben; Ermittlungen, die schon jetzt weit im Vorfeld möglicher
Terrorpläne ansetzen, wären noch einfacher einzuleiten.

In dem Zusammenhang ist interessant, dass Schäuble höchstselbst (naja, wahrscheinlich eher einE ReferentIn) bei abgeordnetenwatch.de gerade bei der Frage nach der Terrorismusdefinition auf just diese EU-Definition verwies.

Weiterlesen

„Die Berliner Polizei ist ein sinkendes Schiff“

Seyfried-Cartoon mit vielen grünen UniformenEs gibt lichte Momente im Lauf eines Tages. Zum Beispiel, wenn ich nach einem langen Bürotag geschafft auf die Straße trete und ein schlacksiger junger Streifenpolizist an der Ampel neben mir einen Satz wie diesen sagt: "Die Berliner Polizei ist ein sinkendes Schiff".

Ganz ausnahmsweise hoffte ich auf eine lange Rot-Phase, die mir beschert war.

Der unzufriedene Staatsdiener hatte offenbar gestrichen die Nase voll und erklärte seiner ununiformierten Begleitung dann "Mit Polizei brauchst Du mir überhaupt nicht mehr zu kommen". Die beiden diskutierten dann noch, ob Ausweichen nach Bayern, oder "irgendwo in Süddeutschland" eine Alternative wäre. Gar keine schlechte Idee. Vielleicht spricht es sich rum.

Kleine Lauschangriffe & die fürsorgliche Belagerung

Anja Reich hat ein unangenehmes Problem schön gelöst: die Gestaltung des Magazins der Berliner Zeitung dieses Wochenende zum Thema "Grundgesetz". Sehr unterschiedliche unterschiedlich bekannte Leute beschreiben ihr Verhältnis zu den Grundrechten. Andrej Holm gehört zu der illustren Gesellschaft – zum Post- und Telekommunikationsgeheimnis -, andere sind u.a. Angela Merkel, Hans-Jürgen Papier (Präsident des Bundesverfassungsgerichts), Kai Diekmann (Chefredakteur der Bild), Dieter Hundt (Arbeitgeberpräsident). Und ein Meerschweinchenzüchter, eine alleinerziehden Mutter und noch andere.

Kleine Lauschangriffe

von Andrej Holm

Ich telefoniere immer mit dem BKA, wenn ich telefoniere. Nicht, dass
mich die Beamten persönlich anrufen oder überhaupt mir mir sprechen
wollten. Seit September 2006 wird wegen der angeblichen Mitgliedschaft
in einer erst terroristischen, dann kriminellen Vereinigung gegen mich
ermittelt: Meine Telefongespräche werden abgehört, meine E-Mails
gelesen und selbst Kneipenabende im Rahmen sogenannter. "Kleiner
Lauschangriffe" aufgenommen. (…)

Vielleicht haben sie jetzt aufgehört, mich zu überwachen. Vielleicht
nicht. Wir leben mit der Gewissheit, dass wir uns keine Mühe geben
müssen, etwas für uns zu behalten, dass immer jemand mithören kann. Da
hilft auch die beste Verfassung nicht viel.

Ich selber bin wesentlich weniger spektakulär zum selben Thema zu lesen, im Kölner Stadtanzeiger vom Donnerstag:


Meine fürsorgliche Belagerung

(…). Ich glaube schon, dass die Bundesanwaltschaft auch von dem Interesse
geleitet wird, Daten zu sammeln. Wird so ein Verfahren gegen jemanden
geführt, werden Freunde und Bekannte mit durchleuchtet. Da kann man
Profile von politischen Szenen erstellen. Vielleicht vermutet man ja,
dass demnächst die Republik von linken Terroristen gestürzt wird.
Obwohl ich die seit Jahrzehnten nicht mehr wahrnehme. Es gibt auch die
Theorie, dass sich die Abteilung „Linksterrorismus“ beim BKA nicht
auflösen möchte, weil keiner Lust hat, Arabisch zu lernen.

Warum sich die Redaktion hier für die Vokabel "fürsorglich" im Titel entschieden hat, entzieht sich mir allerdings ein bisschen.

Schäuble in Jena gestört

Protest gegen Schäuble in JenaZur Nachahmung empfohlen: am Mittwoch besuchte Schäuble auf Einladung des RCDS Jena und redete über "das Spannungsfeld zwischen Freiheit und Sicherheit".

Das motivierte allerhand Leute, ihre Meinung beizutragen, vor dem Hotel und auch drinnen.

Einen ausführlicheren Bericht gibt es bei Qbi.

Außerdem dazu die Ostthüringer Zeitung: Polizei, Demo und Bienenschwarm und die Thüringische Landeszeitung: "Ich bin da abgehärtet".
Weiterlesen