Arte: Freiheit oder Sicherheit?

Update: Der Film ist jetzt für sieben Tage in der Arte Mediathek

Arte zeigt am Dienstag um 20:15 „Freiheit oder Sicherheit. Der Antiterrorkampf und seine Folgen“ von Marita Neher und Nils Bökamp.

Die Dokumentation beschäftigt sich mit den Anti-Terror-Gesetzen und ihren Folgen und rekonstruiert dabei auch einige prominente Fälle, bei denen Menschen durch Verfehlungen in das Netz des Antiterrorkampfes gerieten.

Geneigte LeserInnen dieses Blog werden viele Bekannte sehen: Rizwan Sabir und Hich Yezza von der Uni Nottingham, Julian Coupat und die „Tarnac 9“, und auch uns. Dazu noch andere Betroffene des europäischen Anti-Terror-Kampfes.

Der Film diskutiert diese Fälle in Hinblick auf die Anti-Terror-Gesetze und deren Auswirkungen für Freiheit, Sicherheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Europa. Zu Wort kommen die Betroffenen selbst und ihrer Anwälte, aber auch der Leiter des Bundeskriminalamtes Jörg Ziercke, der Direktor von EUROPOL Rob Wainwright, der Pariser Generalstaatsanwalt Francois Falletti, der Risikoforscher und Terrorismusexperte Prof. Dr. Friedrich Steinhäusler, der Politikwissenschaftler Prof. Dr. Thomas König, der Soziologe Jean Ziegler, die Human Rights Watch Anti-Terrorbeauftragte Judith Sunderland sowie Philippe Texier, Vertreter der „International Commission of Jurists“.

Ich bin gespannt.

Passend zur Terrorismus-Woche vor dem 11. September plus Freiheit-statt-Angst-Demo gab es im Funkstreifzug im Bayrischen Rundfunk am Sonntag Unter Verdacht: Wie der Staat seine Bürger überwacht.

Die Geschichte des Kampfes gegen den Terror ist auch eine Geschichte des Kampfes gegen die Aushöhlung von Bürgerrechten. Die Überwachung der privaten Kommunikation über Telefon, Fax und E-Mail, bekannt als Vorratsdatenspeicherung, ist so ein Beispiel. In Kraft gesetzt vom Staat, gestoppt vom Bundesverfassungsgericht und diesen Herbst wieder auf der politischen Tagesordnung. Unter Verdacht steht: Der Bürger.

Hendrik Loven hat für den Funkstreifzug einen besonders krassen Fall verfolgt. Der Soziologe Andrej Holm von der Humboldt-Universität in Berlin ist ins Visier der Ermittler geraten, weil sich militante Gruppen soziologischer Fachbegriffe bedient hatten, wie sie bei Holms wissenschaftlicher Arbeit üblich sind. …

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Visualisierung der Wikileaks-Kabel

Viele Menschen lesen derzeit in den jetzt auch von Wikileaks veröffentlichten Kabeln – mit mehr oder weniger System – und suchen nach interessanten Informationen.

Damit es einfacher wird, zusammenhängende Kabel zu finden, gibt es jetzt Visualisierungen der Kabel, die sich aufeinander beziehen. Die Bezüge sind auch in den Headern der Kabel erkennbar.

Die Graphen sind anklickbar, d.h. die einzelnen Kabel können direkt im Graph angeklickt werden. Hier geht’s zum interaktiven Graph, der oben im Bild zu sehen ist: http://pastehtml.com/view/b6269vdd5.html. Abgebildet sind Kabel aus/zu/über Genf.

Weitere bereits existierende Graphen gibt es zu Jerusalem, zur Kontrolle von Raketentechnologie, zum Al-Qaeda-Verfahren Deutschland (?), Militär-Einsätzen mit Bezug zu Deutschland, PKK in Deutschland und Frankreich, Thomas de Maizière, Gas-Exporte mit Bezug zu Deutschland, die Opel-Rettung, das iranische Raketenprogramm und die Schweinegrippe. Außerdem die Übereinkunft von Kopenhagen (Klimakonferenz), Vogelgrippe, UN-Generalversammlung zu Ägypten, Iran, Menschenrechte, Arabische Liga und der START-Vertrag.

Interessant ist, dass in den Kabel-Headern auch auf höher klassifizierte Kabel verwiesen wird, die im Paket nicht enthalten sind – diese sind in den Graphen rot markiert.

Die Graphen können am besten mit dem Chrome-Browser und dessen Zoom-Funktion gelesen werden (mit anderen aber auch).

Der Code, um selbst weitere Graphen zu erstellen, ist verfügbar und liegt bei Github: https://github.com/wlwardiary/cable2graph

All dies ist auch über den  Twitter-Account @c2graph nachlesbar, und vermutlich demnächst auch weiteres. Es wird noch nach Mirror-Sites für die statischen HTML-Dateien zum cables.csv-Research Tool gesucht.


 

Zweimal bei „Netz für alle“

Wie schon eine Weile in der Seitenspalte angekündigt, rede ich Samstag bei der netzpolitischen Konferenz der Linken plus Rosa-Luxemburg-Stiftung darüber, Wie das Internet Politik verändert. Mit Frank Rieger, Falk Lueke und Christoph Sydow. Ein ganz schön weites Feld und drei Leute, die jede Menge dazu zu sagen haben – ich bin gespannt. (16 – 17:30, Betahaus, Berlin Kreuzberg)

Erst heute landete dann noch was im Programm: Was lernen wir aus dem Wikileaks-Desaster? Ich unterhalte mich nit Linus Neumann (netzpolitik.org) über Wikileaks und Openleaks, Egomanen und Visionäre, Fehler und Perspektiven. Darauf bin ich noch gespannter. (18:30, Betahaus)

Wenn Ihr Fragen für Linus habt dazu: bitte in die Kommentare.

Es wird einen Stream geben, siehe Konferenz-FAQ (jedenfalls für je zwei der drei parallelen Panels).

Update: beim Wikileaks-Panel war noch Constanze Kurz dabei, aber den Stream gab es nicht. Dafür eine Aufzeichnung, demnächst in diesem Kino.

Freiheit statt Angst – Keine Vorratsdatenspeicherung, immer noch nicht

InnenpolitikerInnen sind schlechte VerliererInnen. Die Vorratsdatenspeicherung war schon mal vom Tisch, jetzt soll sie wiederkommen. Möchte auch die SPD.

Deswegen gibt es eine Petition, die viele Unterschriften braucht. Und die nächste Freiheit statt Angst-Demo. In Berlin am 10. September, 13 Uhr Pariser Platz.

Frontal 21 über die Ermittlung gegen Lothar König und Handygate

Lothar König, Jugendpfarrer im thüringischen Jena, fühlt sich an Willkür und Rechtlosigkeit in der DDR erinnert. Die sächsische Justiz verdächtigt den Geistlichen, Rädelsführer einer linken Schlägertruppe zu sein. Dabei hatte Jugendpfarrer König mit seiner Jungen Gemeinde im Februar 2011 lediglich versucht, einen Neonazi-Aufmarsch in Dresden mit friedlichen Mitteln zu blockieren, so wie 20.000 weitere Demonstranten auch. [mehr]

Das Video in der ZDF-Mediathek und das Manuskript als PDF.

 

„2000 Euro für eine Woche Krankschreibung“

… betitelt die RP-Online einen Artikel, der Licht auf die regelmäßig beeindruckenden Zahlen verletzter PolizistInnen wirft.

Die Vorgeschichte: am 14. Juni gab es einen brutalen Angriff auf zwei Polizisten aus Oberhausen.

Schien es. Immerhin häufen sich die Angriffe auf Polizisten ja auch immerzu.

Dann allerdings, zwei Monate später, gab es Zweifel, ob es den Angriff wirklich gegeben hatte.

Die beiden Beamten wurden vorläufig vom Dienst suspendiert. Ein Ermittlungsverfahren ist eingeleitet. (RP-Online, 23.8.)

Und was war’s? Versicherungsbetrug! Ist ja auch eine ziemliche Versuchung, bei 10 Euro Monatsbeitrag für eine Woche Krankschreibung 2000 Euro extra zu kriegen. Gibt’s exklusiv bei der PVAG-Versicherung, „ein Gemeinschaftsunternehmen von Signal-Iduna und GdP“.

(Danke für den Hinweis!)

Verbieten! Verbieten? Guardian analysiert Riot-Tweets

Der Guardian und dessen konkurrenzlose Daten-Journalismus-Abteilung, haben 2,5 Mio. Tweets ausgewertet, die im Zusammenhang mit den Krawallen in England entstanden sind.

Premierminister David Cameron hatte nach den Auseinandersetzungen gefordert, dass Krawall-Verdächtigen die Nutzung Sozialer Netzwerke verboten werden soll, weil die Krawalle mithilfe der Netzwerke geplant worden seien. Die Londoner Polizei wollte die Netzwerke sogar komplett abschalten. Das war vielfach kritisiert worden, auch weil der Unterschied zu den Internet-Zensur-Maßnahmen mehrerer nordafrikanischer Regierungen während der Revolten dort nicht mehr erkennbar ist. Die ja auch von vielen EU-Regierungen als undemokratisch bezeichnet worden waren.

Der Guardian hat jetzt grafisch aufbereitet, dass die Tweets, die sich auf die Auseinandersetzungen in den verschiedenen Städten und Londoner Stadtteilen bezogen, in ihrere großen Mehrheit jeweils nach den Krawallen entstanden sind. Der Artikel dazu: Reading the riots: Twitter study casts doubts on ministers‘ post-riot plan.

Bedenkenswert finde ich den Einwand von Andreas Zottmann, dass die Tweets auch inhaltlich analyisert werden müssten, weil jeder Graph zu Ereignissen so aussähe (dass also die Mehrzahl der Tweets dazu hinterher geschrieben werden). Schade, dass der Guardian das nicht genauer erklärt, denn der Artikel geht auf der anderen Seite durchaus darauf ein, dass erkennbar sei, wie die Aufräumarbeiten jeweils vorher koordiniert worden seien.

Gut zum Thema ‚Medien verbieten‘ passt auch der bericht des ZDF-Magazins Zapp „Politiker und die Angst vor dem Internet„. Viel Vergnügen!

http://www.youtube.com/watch?v=GeRYIWqfd4U

Vernetzung der Polizei-DNA-Datenbanken

Ich war gestern bei einer Veranstaltung, bei der mehrmals der Satz fiel: „Eigentlich.. verstehen wir nicht, warum sich die netzpolitische Community nicht für uns interessiert“. Ich auch nicht, das ist ein großes Versäumnis.

E s geht um das Thema Vernetzung von Polizei-DNA-Datenbanken, die Kampagne dazu heißt fingerwegvonmeinerdna.de und hat ein sehr charmantes Maskottchen: das Wattestäbchen Willi Watte, ehemals im Dienst der Polizei. Alles wesentliche steht in den FAQ zur Speicherung von DNA-Daten.

Gestern abend (nein, es gibt keine Aufzeichnung) berichtete Constanze Kurz, CCC, allgemein über die Verwendung von Biometrie, Uta Wagenmann, Gen-ethisches Netzwerk, beschrieb, wie DNA-Analyse funktioniert (die schrillsten Folien ever), Eric Töpfer, Cilip, sprach über die Polizei-Datenbanken und Sönke Hilbrans, RAV über die juristische Praxis dazu. Jeder der vier Vorträge hätte Dokumentation verdient.

Viel zum Thema steht in der Februar-Ausgabe des GID (Gen-ethischer Informationsdient): Gespeicherte Körperspuren. Zur Expansion von Polizei-DNA-Datenbanken.

Die Kampagne hat schon ein paar sehr hübsche Sachen unternommen – neben der klassischen Aufklärung -, z.B. eine Umzingelung des BKA. Mit Wattestäbchen.

Morgen (Freitag) um 12 findet eine Kundgebung in Berlin statt, vor der Europäischen Kommission. Anlass hier ist der morgen geplante Start der technischen Vernetzung der DNA-Datenbanken. (s. auch netzpolitik.org). Eric Töpfer berichtete allerdings, dass auch diese Datenbank-Vernetzung der Polizeien auf EU-Ebene an technischen Schwierigkeiten leidet und deswegen nicht nicht so weit ist, wie sich die InnenpolitikerInnen das ausgedacht hatten.

Ich hören nebenbei Chaosradio beim Berliner Radio Fritz, zum selben Thema, mit Sill vom CCC und Uta Wagenmann und Susanne Schultz vom Gen-ethischen Netzwerk. Das wird es sicherlich hinterher auch als Podcast geben, selbe URL.

Was mir bei den vielen Infos der Veranstaltung besonders in Erinnerung geblieben ist, ist ein Satz von Sönke Hilbrans:

Die jungen Leute müssen lernen ‚Nein‘ zu sagen.

Denn oft sind DNA-Abnahmen der Polizei nicht verpflichtend, es wird aber natürlich reichlich psychisch manipuliert, um die Einwilligung zu erreichen. Dass es eine gute Idee ist, alles abzulehnen, was die Polizei ohne Staatsanwalt oder Richterin vorschlägt, ist vielen leider nicht so klar. Selbst die Teilnahme an Massen-Gentests ist nicht verpflichtend.

Das Gen-ethischen Netzwerk hält die möglichen Folgen der Vernetzung der polizeilichen Gen-Datenbanken für drastischer als etwa den Austausch von Flauggastdaten.

Wer freitags nicht spontan um 12 in der Berliner Mitte sein kann, kann auch noch diesen Offenen Brief: DNA-Sammelwut stoppen! unterzeichnen.

 

 

So einen Oberbürgermeister hätte ich auch gern

Insofern geht es mir in diesem Brief nicht in erster Linie um Pfarrer König. Es geht um das Signal, das viele engagierte Bürger in der Vorgehensweise der sächsischen Staatsanwaltschaft zu erkennen glauben, und um die Frage, welche Position die sächsische Landesregierung in dieser Frage bezieht. Die Freiheit der Justiz ist nicht nur unumstritten (und wer wüsste dies besser zu schätzen als wir, die wir in der ehemaligen DDR eine staatlich gelenkte Justiz erlebt haben), sie ist ein hohes Gut – das steht außer Frage. Aber welche Intention eine Staatsanwaltschaft im Grundsatz mit der Art ihres Herangehens verfolgt, dürfte nicht unabhängig von den Intentionen des Justizministers sein. …

Es muss doch dem sächsischen Justizministerium klar gewesen sein, wie brisant eine solche spektakuläre Polizeiaktion wie die aus der letzten Woche sein würde – einmal wegen der noch nicht lange zurückliegenden Datenspeicheraffäre, zum anderen aber auch wegen des politischen Schadens im mitteldeutschen Binnenverhältnis.
Als nicht hinnehmbar betrachte ich auch die öffentliche Bemerkung des Sprechers der Dresdner Staatsanwaltschaft, Jan Hille, der kritische Nachfragen aus dem Raum der Politik mit dem Agieren von Rechtsextremisten und Querulanten vergleicht (taz, 11.8.2011).

Deshalb möchte ich Sie, sehr geehrter Herr Ministerpräsident, herzlich nach Jena einladen, um in einer Podiumsdiskussion, deren Zusammensetzung abzustimmen wäre, die aufgeworfenen Fragen zu diskutieren.

 

Offener Brief des Jenaer Oberbürgermeisters Dr. Albrecht Schröter an den sächsischen Ministerpräsidenten Herrn Stanislaw Tillich, 18.8.11

Democracy Now über Hacktivism, Anonymous, Telecomix, CCC Camp

Democracy Now gestern zu den neuesten Aktivitäten von Anonymous in San Francisco, mit „X“, selbst Teil von Anonymous:

Und mit Biella Coleman, die gerade vom CCC Camp bei Berlin zurückgekehrt war, über Anonymous, Lulzsec, Hacker und Hacktivismus, und Peter Fein über Telecomix und deren Unterstützung der Aufstände in Nordafrika: