Verfahren gegen Steve Kurtz ist endgültig Geschichte

Ein widerliches Terrorismus-Verfahren in den USA ist endgültig Geschichte. Der CAE-Defense Fund, das Unterstützungsbündnis für Steve Kurtz vom Critical Art Ensemble und den mitangeklagten Robert Ferrell, gab heute nacht bekannt, dass die Spendengelder, die nach Einstellung des Verfahrens nicht mehr gebraucht werden, an Rechtshilfe-Organisationen gespendet werden:

September 16, 2009

FOR IMMEDIATE RELEASE

CONTACTS:
Steven Kurtz: (716) 812-2968
Lucia Sommer, CAE Defense Fund: (716) 359-3061
Edmund Cardoni, CAE Defense Fund: (716) 854-1694
David Lerner, Center for Constitutional Rights: (212) 260-5000
Jennifer Carnig, New York Civil Liberties Union: (212) 607-3363

FOUR YEAR LEGAL BATTLE ENDS WITH SUBSTANTIAL DONATIONS TO CIVIL & HUMAN RIGHTS GROUPS
CAE Defense Fund donated to Center for Constitutional Rights & New York Civil Liberties Union

Buffalo, NY–After a widely watched four-year legal battle, the CAE Defense Fund was officially dissolved last week, with its remainder of unexpended funds donated in two substantial gifts to the Center for Constitutional Rights (CCR) and the New York affiliate of the American Civil Liberties Union (NYCLU).

The CAE Defense Fund was originally created as a mechanism to raise funds for legal bills incurred by Dr. Steven Kurtz and Dr. Robert Ferrell in what its members argued was a politically motivated attack by the Department of Justice–one which threatened the constitutional and fundamental rights not only of the two defendants, but also of everyone, due to legal precedents that would have been set by an unfavorable outcome.

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Innenpolitische Pläne

Statewatch hat wieder interessante Dokumente ausgegraben: die Abschlusserklärung des Treffens der G8-Innen- und Justizminister im Mai (Final
Declaration: Rome, 30th May, 2009: G8 ministerial meeting of
Justice and Home Affairs)
und die Anti-Terrorismus-Erklärung der G8 während des Gipfels in Italien (G8
Declaration on Counter Terrorism
).

Falls irgendwer gedacht haben sollte, dass der Komplex Kinderpornographie & Internetsperren eine deutsche Angelegenheit sei:

We believe, in particular, that consideration should be given to aggressive measures such as the creation of a blacklist of sites containing child pornography, aimed at blocking navigation to paedophile sites and/or measures to increase the reporting of child pornography as appropriate in our various legal systems. The blacklist could be run by some international organizations. This blacklist could be updated and disseminated by international organisations, then adapted where necessary and implemented by appropriate domestic organisations.  (S. 5, Innen- u. Justizminister).

Run by some international organizations? Hm. Ja.

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„Bei Terror verkleben allen die Synapsen“

Guter Kommentar von Mely Kiyak in der Frankfurter Rundschau:

Liebe Terroristen,

Was denn nun? Plant ihr einen Anschlag vor der
Bundestagswahl oder nicht? Ihr müsst ein bisschen vorsichtig sein, weil
unser oberster Terrorfahnder August Hanning der Presse am Donnerstag in
die Mikrofone diktierte: "Erhöhte Terrorgefahr vor Bundestagswahl."

Alle, wirklich alle haben es dann auch brav genauso aufgeschrieben,
angefangen von der Bildzeitung bis hin zur Frankfurter Allgemeinen
Zeitung, die Süddeutsche, die Online-Redaktionen von Spiegel und Zeit,
die Welt, ja, auch die FR. Wäre Deutschland eine Diktatur, würde ich
sagen, dass unsere Medien die Propagandazentrale des Innenministeriums
sind.

Es muss sich nur ein Staatssekretär hinstellen und genauso umständlich
wie geheimnisvoll etwas verkünden und, zack , steht es am nächsten Tag
genauso da, wie man sich das vorher in der Presseabteilung des BMI
nicht perfekter hätte vorstellen und planen können.

Keine Nachfragen, kein kritisch reflektiertes Denken, bei Terror
verkleben allen die Synapsen. Hier sind die sensationellen
Ermittlungsergebnisse:

Es könnte in Deutschland ein Anschlag verübt werden. Ein möglicher
Grund wäre, dass man damit den Rückzug der deutschen Truppen in
Afghanistan erpressen will. Die Attentäter sind entweder Islamisten,
Terroristen oder islamistische Terroristen, in allen drei Fällen sind
sie "potenziell gefährlich". Auf jeden Fall gehören sie zur El Kaida.
Dazu zählt jeder, der eine Sure murmelt, bevor er die Lunte im Rucksack
zündet. Auch der "Rückkehrer", der ein Terrorcamp in Pakistan besucht
und mit einem Attentäterdiplom nach Deutschland zurückkehrt, könnte
gefährlich sein.

Eine ganze Menge "eventuell", "könnte", "vielleicht" und "vermutlich"
sind dabei im Spiel, unsere Sicherheitsleute sind keine 007-Kerle,
sondern Beamte.

Mich irritiert, dass niemand sich darüber aufregt, dass der
Öffentlichkeit so ein diffuser Pudding aus Angstmache serviert wird.
Wer genau hält sich denn in Deutschland auf, der ein solches Terrorcamp
besucht hat? Plant er etwas? Wenn ja, warum ist er noch nicht
festgenommen? Weil er doch nichts plant oder weil es ihm niemand
nachweisen kann?

Oder gibt es konkrete Ermittlungsergebnisse, die man aber aus
taktischen Gründen nicht verbreiten sollte? Weshalb werden der Presse
dann Mitteilungen gemacht? Können nicht alle Sicherheitsbehörden
einfach still und gewissenhaft ihre Arbeit erledigen? Offensichtlich
nicht.

Liegt der Grund darin, dass man sich jetzt schon die Hände reinwaschen
will, für den Fall, dass in Deutschland ein Anschlag verübt wird? Geht
man etwa davon aus, dass man es nicht verhindern kann? Darf man das
gegenüber der Öffentlichkeit nicht zugeben, weil der Steuerzahler dann
natürlich zu Recht den gesamten Sicherheitsapparat in Frage stellt?

Das allerabsurdeste aber ist, dass August Hanning nach all dem
Gefahrenszenario, das er zeichnete, vor einer Alarmstimmung warnte. Ja,
mehr noch, er sagte, dass es keine konkreten Hinweise für einen
Anschlag gibt. Wird irgendjemand daraus klug? Wahrscheinlich nur ihr
Terroristen. Vielleicht sitzt ihr in einer Grube im Sauerland und
denkt, Wahnsinn, unsere Propagandazentrale im BMI funktioniert prima.
Wir schicken ein Video, verbreiten ein paar Gerüchte und, zack, machen
sich alle in die Hosen!

Mein Gott, ist das alles abstoßend.

Oops – she did it again. Wieder §129a-Beschluss aufgehoben

Diesmal geht es um einen Durchsuchungsbeschluss von Frau Harms, der nach diversen Zwischenschritten und zwei Jahren nun vom Landgericht Flensburg kassiert wurde. Stichwort: Bad Oldesloe. Das sind die, die verdächtig waren, weil sie sich im Sommer 2007 nicht für den G8 interessierten.. Hier ihre Presseerklärung:

Nachdem bereits 2008 der Vorwurf der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung fallengelassen wurde und das dann fortgeführte  Verfahren wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung mangels Tatverdacht gänzlich eingestellt werden musste, wurde nun nach zwei Jahren auch ein entsprechender früherer Durchsuchungsbeschluss des Generalbundesanwalts zurückgewiesen und aufgehoben.

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Morgen: Terror-Revolte in Deutschland

Nicht nur, dass meine bessere Hälfte endlich Twitter und Identi.ca entdeckt, jetzt bloggt er auch noch zu Themen, die sich mit meinen überschneiden:

Bürgerkriegsszenarien für die Kehrseiten der Aufwertung

Darin geht’s um Herrn Ulfkotte, der eigentlich noch mit dem Artikel "Terrorismusexperte enthüllt. Bundesregierung rechnet mit sozialen Unruhen" auf welt.de auf meiner to-blog-Liste stand. Darin die aparte Umfrage "Fürchten Sie soziale Unruhen, wenn die Krise noch stärker wird?" Aktuell finden 68% "Ja, das ist unvermeidbar".

Ich hatte bisher eher den Eindruck, dass gekreuzigt wird, wer hierzulande zu laut darüber nachdenkt, dass die Folgen der Wirtschaftskrise womöglich Ärger bei den Betroffenen auslösen. Aber das sieht ja nun eher so aus, als ob von rechts die Unruhen regelrecht herbeigesehnt werden. 

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Mouldi C. und die AG BIRGIT – Gefährder in Deutschland

Unter dem Artikel Ein Tag im Leben eines Terror-Verdächtigen wies Koloradokäfer auf den Artikel Leben ohne Aussicht im Magazin der Süddeutschen hin.

Das Äquivalent zu den britischen "Control Orders" ist in Deutschland das Label "Gefährder".

Kein Handy, kein Internet, keine Reisen: Seit drei Jahren isoliert der
Staat den Tunesier Mouldi C. im bayerischen Hinterland, ohne dass ihm
je ein Strafprozess gemacht worden wäre. Er soll – möglicherweise –
Terroristen unterstützt haben. Erwiesen aber ist nichts. Die Geschichte
eines Mannes, für den gilt: Im Zweifel gegen den Angeklagten.

Mutiger Artikel, gut recherchiert, gut geschrieben.

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Soziologe in Mexiko zum Terroristen gemacht

Soziologen leben weiter gefährlich.

Miguel Angel Beltrán VillegasAm 22. Mai wurde in Mexiko der kolumbianische Soziologe Miguel Angel Beltrán Villegas festgenommen und als angeblicher FARC-Terrorist nach Kolumbien abgeschoben. Soweit das bisher nachzuvollziehen ist, sind die "Beweise" für sein terroristisches Agieren Hinweise auf einem letztes Jahr von der Armee gefundenen Computer. Forensiker von Interpol allerdings geben darauf nichts, weil die Daten auf dem Rechner offenbar manipuliert wurden (Telepolis: Sprengstoff aus dem Laptop, Juni ’08; Interpol-Bericht).

Es gibt inzwischen eine Kampagne vor allem mexikanischer AkademikerInnen, die die Freilassung von Miguel Angel Beltrán Villegas fordern (Spendenkonto). Das meiste Material zum Fall ist spanisch. "The political kidnapping of Dr Miguel Angel Beltrán in Mexico" erklärt einige Details und enthält Informationen darüber, wer Miguel Angel Beltrán Villegas ist.

El Pensamiento critica no es terrorismo Andrés Hernández Vásquez, Anwalt und Doktorand an der Uni Mainz, vergleicht den Fall mit der Festnahme von Andrej Holm und schrieb den Artikel "Guantánamo in Kolumbien", angelehnt an "Guantánamo in Germany" von Saskia Sassen und Richard Sennett, im August ’07 im Guardian veröffentlicht.

Es gibt verschiedene von vielen vor allem lateinamerikanischen AkademikerInnen unterschriebene Protestschreiben: Wir sind alle Miguel Angel Beltrán Villegas. Offener Brief an die Regierungen von Mexiko und Kolumbien; Erklärung des Netzwerks der Künstler und Intellektuellen für die Menschlichkeit; Erklärung der DozentInnen des Instituts für Soziologie der Nationalen Universität von Kolumbien und noch weitere. Ich hoffe sehr, dass es bald Offene Briefe gibt, die online unterschrieben werden können.

Andrej hat diesen Text zur Unterstützung geschrieben:

Dr. Miguel Ángel Beltrán Villegas, Soziologe an der UNAM in Mexiko
wurde am 22. Mai mit dem Vorwurf der Mitgliedschaft in der
kolumbianischen Guerilla FARC nach Kolumbien abgeschoben und dort
inhaftiert. Die wenigen Informationen, die in Deutschland zu diesem
Fall bekannt geworden sind, zeigen eine weitere skandalöse
Kriminalisierung von kritischen Wissenschaftler/innen im Namen des
angeblichen "Kampfes gegen den Terrorismus".

Die Abschiebung und Verhaftung von Dr. Miguel Angel Beltran erfolgte
auf der Basis einer selbst von internationalen Polizeibehörden
umstrittenen Auswertung von Computerdaten, die einem FARC-Kommandanten
zugeschrieben werden.
Der konkrete Vorwurf gegen ihn ist die angebliche Infiltration
akademischer Zirkel in Lateinamerika, um diese unter die Führung der
FARC zu stellen. Dass dabei seine wissenschaftlichen Arbeiten zu einem
halben Jahrhundert Bürgerkrieg in Kolumbien als Indizien herbeigezogen
werden, zeigt, dass hier eine kritische und für den Staat unliebsame
Forschungsarbeit kriminalisiert werden soll. Ich unterstütze die
Forderung nach einer sofortigen Freilassung von Dr. Miguel Angel
Beltran.

Auch in Europa wurden in den vergangenen Jahren mehrere
Wissenschaftler wegen des Verdachts terroristischer Aktivitäten
festgenommen. Im Mai 2008 wurden zwei Wissenschaftler der Universität
Nottingham
unter Anwendung des britischen "Terrorism Act" festgenommen
und mit Abschiebung bedroht. Anlaß war der Ausdruck von legal
erhältlichem Material für die Forschung über Al-Quaida.
Im November 2008 wurden im französischen Tarnac 10 Personen im Rahmen
von sogenannten Anti-Terrorermittlungen festgenommen. Unter ihnen der
Philosoph Julien Coupat, der über 6 Monate in Untersuchungshaft
festgehalten
wurde. Begründung in seinem Fall unter anderem eine
vermutete Herausgeberschaft eines als linksextremistisch eingeschätzten
Buches "L"insurrection qui vient" (Der kommende Aufstand) sowie die
nicht bewiesenen Beteiligung an einer Unterbrechung des
Schienenverkehrs.
Julien Coupat musste inzwischen wegen Mangels an Beweisen freigelassen
werden. Ich selbst wurde im Juli 2007 als angeblich "intellektueller
Kopf" einer terroristischen Vereinigung festgenommen. Indizien auch
hier meine wissenschaftlichen Veröffentlichungen sowie eine nie
verborgenen linke Gesinnung
. Der Bundesgerichtshof hat den Haftbefehl gegen mich inzwischen aufgehoben und den ‚dringenden Tatverdacht‘ verneint.

In all diesen Verfahren gerieten Wissenschaftler/innen und ihre
Arbeitsweisen in den Fokus polizeilicher Ermittlungen. Kritische
Wissenschaft darf nicht auf dem Altar des internationalen "War on
Terror" geopfert werden.

Die von der mexikanischen Regierung vollzogene Abschiebung in das
immer noch von Menschenrechtsverletzungen geprägte Kolumbien erfolgte
ohne jede Rechtsgrundlage. Ich protestiere gegen diese illegale
Abschiebung durch die mexikanische Regierung und fordere die
unverzügliche und unversehrte Rückkehr von Dr. Miguel Angel Beltran
nach Mexiko.

Dr. Andrej Holm
Institut für Humangeographie
Universität Frankfurt am Main

 

Im Badeanzug duschen

Für Heise Online hat Detlef Borchers eine neue BKA-Studie ausgegraben, die ich gerne mal ganz lesen würde:

In Hinblick auf Berichte zu einem Verfahren
gegen einen Berliner Soziologen mag die Mahnung der Autoren zur
Einzelfallbetrachtung mutmaßlicher terroristischer Aktivitäten wichtig
sein: So seien Brandstiftungen an Gebäuden und Sachen mit durchaus
hohen Sachschäden nicht geeignet, einen Umsturz des politischen Systems
herbeizuführen, würden also keinen terroristischen Hintergrund haben.
Anders sei der Fall gelagert, wenn Betriebe oder Institutionen
ausländischer Mitbürger angegriffen würden.

Schön, dass die das jetzt auch festgestellt haben. Allerdings wüsste ich gern, warum das bei ‚ausländischen Mitbürgern‘ anders ist. Und wie wohl erst, wenn die keine ‚Mitbürger‘ sind?

Auch wenn der Staat offenbar aktuell von linken Terroristen nicht ernstlich gefährdet wird, wollen sie trotzdem gern selber nachgucken:

Bezogen auf die Wohnraumüberwachung kommt die Studie zu dem Schluss,
dass dieses Instrument der "einzige erfolgversprechende"
Ermittlungsansatz im linksextremistischen Bereich darstelle.

Ob das heißt, dass wir demächst wieder allein telefonieren können, aber dafür besser im Badeanzug duschen?

Französischer "Terrorist" nach sechs Monaten frei

Auch in Frankreich hat es offenbar Erkenntnisgewinne gegeben: Der böse Bahn-Oberleitungsterrorist Julien Coupat, der sechs Monate in U-Haft saß, ist seit Donnerstag wieder frei. Warum? Weil die Ermittlungen ergaben, dass Deutsche die Verantwortung für die Anschläge übernommen hatten, die ihm vorgeworfen wurden. Das war der Polizei offenbar schon bei der Festnahme bekannt, sagte Julien Coupat in einem schriftlichen Interview mit Le Monde, dass Dienstag erschien.

Julien Coupat’s arrest and the charges of terrorist activities filed
against him have sparked off a general outcry among opposition party
members and human rights associations in France. (Radio France Inter)

Sowas habe ich auch schonmal gehört..

Und warum?

Mir wird immer wieder die Frage gestellt: Und warum machen die das alles? 

In der Süddeutschen ist gerade ein Interview mit Klaus Wagenbach erschienen (via), zum Mord an Benno Ohnesorg. Der ist inzwischen 78 und gibt seit ’65 linke Bücher heraus. Und hat viel Erfahrung mit dem Verhältnis des Staats zur Linken:

Jetzt stellen Sie sich vor, Sie radeln, wie ich damals, aus Italien
zurück, Sie kommen aus dem Land, in dem die Zitronen und die Künste
blühen und wo es diese wunderbaren Schriftsteller wie Italo Calvino und
Elio Vittorini gibt, die alle in der kommunistischen Partei waren, und
sind wieder in Deutschland, wo die Kommunisten Untermenschen sind.

Es gab öfters Durchsuchungen des Verlags:

Ich sehe noch, wie die Polizisten Buch für Buch herausnehmen, sie
wieder reinstellen und dann die Hände so zusammenklopfen, als müssten
sie Staub abschütteln. Die dachten wahrscheinlich, sie fänden zwischen
Giorgio Manganelli und Franz Kafka Maschinenpistolen.

SZ: Langsam, Herr Wagenbach, Sie haben auch das Manifest der RAF veröffentlicht.

Richtig. Es interessierte mich (und ein paar andere), was da in den
Köpfen vorging. Aber es siegte die Tradition: Verbieten. Statt Birne –
Abrissbirne.

Wagenbach wurde später als Einziger im Zusammenhang mit dem Mord an Benno Ohnesorg verurteilt: weil er den Mord Mord genannt hatte. Das ging gegen die "Ehre" der Polizei.

Insgesamt hat sich nicht viel geändert, würde ich sagen.

Die Erde ist eine Scheibe

SchlapphutBrigitte Zypries wurde für die Frankfurter Rundschau zum Thema Überwachung interviewt und siehe: wir haben alles falsch verstanden. Der Bundestag hat heute eine ganze Serie neue Gesetze im Bereich Strafrecht beschlossen, u.a. auch das berüchtigte Terrorcamp-Gesetz. Dazu hatte Heribert Prantl im Januar einen passenden Kommtar geschrieben: Per Mausklick zum Terrorist. Dazu Frau Zypries: 

Frau Zypries, müssen die Bürger fürchten, bald schon durch einen falschen Mausklick zum Terrorist zu werden?

Nein, wie kommen Sie denn auf diese absurde Idee?

Ist mir auch vollkommen unerklärlich. 

Das neue Gesetz verlegt die Strafe aber weit ins Vorfeld einer
Straftat. Schon vage Vorüberlegungen, einen Anschlag zu begehen, werden
justiziabel. Sind wir damit nicht auf dem Weg in eine Gesinnungsjustiz?

Der Vorwurf ist völlig übertrieben. Wir bestrafen keine Gesinnung – mag
sie noch so fragwürdig sein -, sondern konkrete
Vorbereitungshandlungen. Überdies habe ich in den Debatten mit der
Union und Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble stets darauf beharrt,
dass der Täter die Absicht haben muss, einen Anschlag zu begehen.

Mmmh. Und was wollte Schäuble? Dass es reicht, wenn der Täter mal abstrakt an Anschläge dachte?

Mit der Vorratsdatenspeicherung ist

..die Kontrolle von Surfern (…) damit so gut wie gar nicht möglich – das wollen wir ja auch nicht.

Es will auch niemand Telefone abhören oder Bundestrojaner einsetzen, völlig abwegig! (Wir werden darauf zurückkommen). Dafür will sie mit uns (= "Internetgemeinde") diskutieren. Wir sind gespannt.

Und wieder: was ist eine terroristische Vereinigung?

Terrorflaschen by ephaOb Greenpeace der Frage "Was ist Terrorismus" aufgeschlossener gegenüber steht, seit sie in Dänemark selber deswegen verurteilt wurden? In der Rubrik "tagesthemen" der Website des Greenpeace Magazins gibt es einen Artikel zu einem interessanten Revisionsverfahren, das morgen vom Bundesgerichtshof verhandelt wird. Und da geht es mal wieder um die Frage, was die terroristische Vereinigung ausmacht:

Das zweite Problem des Revisionsprozesses dürfte noch spannender sein:
Was ist eigentlich unter einer strafbaren «terroristischen Vereinigung»
zu verstehen? Das OLG war sich nicht so ganz sicher, ob El Kaida,
damals von US-amerikanischen Soldaten aus Afghanistan vertrieben und
organisatorisch wohl am Boden, seinerzeit überhaupt eine «Vereinigung»
gewesen sei. Denn das deutsche Strafrecht ist hier streng: Nur wenn
eine Gruppe straff genug organisiert ist, geht sie als «terroristische
Vereinigung» durch.

Deshalb griff das OLG auf einen EU-Rahmenbeschluss von 2002 zurück, der
den Begriff deutlich weicher interpretiert. Ein bisschen Vorausplanung
und Koordinierung soll schon genügen, außerdem ein paar Regeln zur
gemeinsamen Willensbildung. Sollte sich diese Lesart durchsetzen,
dürften sich die Terrorermittler der Bundesanwaltschaft die Hände
reiben; Ermittlungen, die schon jetzt weit im Vorfeld möglicher
Terrorpläne ansetzen, wären noch einfacher einzuleiten.

In dem Zusammenhang ist interessant, dass Schäuble höchstselbst (naja, wahrscheinlich eher einE ReferentIn) bei abgeordnetenwatch.de gerade bei der Frage nach der Terrorismusdefinition auf just diese EU-Definition verwies.

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