BKA darf keine Journalist_innen-Daten an die NATO weitergeben

Das BKA hat eine hübsche kleine Schlappe eingesteckt: das Verwaltungsgericht Wiesbaden hat letzte Woche entschieden, dass es Daten von  Journalist_innen nicht an die NATO weitergeben darf, berichtete gestern tagesschau.de. Hat es aber, weswegen die NATO zwei Journalisten vor dem NATO-Gipfel in Straßburg im Frühjahr 2009 die Akkreditierung verweigerte. Geklagt hatte Kamil Majchrzak, ein polnischer Journalist, der u.a. für Le Monde Diplomatique schreibt; außerdem betroffen war Björn Kietzmann, Fotograf für’s Neue Deutschland.

Der polnische Journalist, der vor dem Verwaltungsgericht geklagt hatte, hatte im Januar 2009 über das Internet eine Akkreditierung beantragt. Die NATO übermittelte seine persönlichen Daten daraufhin dem BKA. Die Behörde in Wiesbaden glich diese mit dem polizeilichen Informationssystem INPOL ab. Auf dieser Grundlage empfahl das BKA der NATO, die Akkreditierung abzulehnen. (tagesschau.de)

Nach geltendem Recht ist das alles ganz legal, solange etwa die Daten an „Dienststellen der Stationierungsstreitkräfte oder an eine internationale kriminalpolizeiliche Organisation“ weitergereicht werden, aber beim NATO-Hauptquartier hört’s dann auf, fanden die Richter. In der Pressemitteilung des Gerichts lässt sich ganz gut nachlesen, an welchen Punkten das BKA-Gesetz demnächst wohl nachgebessert werden wird.

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Snuggly der Sicherheitsbär und die Internet-Überwachung

Der Sicherheitsbär ist zurück, diesmal zum Thema Quellen-TKÜ* oder, umgangssprachlicher, Internet-Überwachung. Snuggly ist von Mark Fiore.

„Wenn Du nichts zu verbergen hast, brauchst Du auch keine Privatsphäre!“

Gefunden habe ich diesen Snuggly beim EFF, die auch darauf hinweisen, dass Pulitzer-Preisträger Mark Fiore zeitweise bei den iPhone Apps nicht zugelassen war. Die Erklärung ist fast ein eigenes Blogpost wert: Er hat öffentliche Personen ins Lächerliche gezogen!

Ältere Snuggly’s: The Spies Who Love You and Constitutional Compromise.

Mehr zu den aktuellen Plänen der Obama-Administration im Handelsblatt, bei Heise, der taz, Gulli, sämtlich basierend auf diesem Artikel in der New York Times.

*Credit goes to Ralf Bendrath, für kompetente Beratung in Fragen zum Vokabular

Endlich mal laut sagen dürfen

Viele meinen, man brauchte die Nazis nur aufzuklären – über die wahren Ziele ihrer Führer zum Beispiel – und schwupp, schon gäbe es keine Nazis mehr. Ist aber leider ein Irrtum, die wollen nämlich gar nicht aufgeklärt werden. Das sind nicht bloß Verführte. Die wollen genau das, was ihr Adolf ihnen bietet, nämlich endlich mal laut sagen dürfen, was sie schon lange heimlich denken. Verstehst du? Hitler spricht denen aus dem Herzen. Ob das nun ihr Rassenhass ist, den er ihnen zugesteht, oder ihr Deutschtum, auf das sie endlich wieder stolz sein dürfen – er ist ihr Mann und sie sind seine Leute.

Aus: Klaus Kordon: Mit dem Rücken zur Wand, Gulliver / Beltz & Gelberg 1990, S. 93

Von Kopf bis Fuß..

.. aber Liebe ist wohl keine dabei.

castor-schottern.org

castor-schottern.org

Anfang November findet der nächste Castor-Transport statt und es sieht ganz so aus, als ob das heitere Hasch-mich-ich-bin-die-Castorgegnerin in Wald und Schlamm wieder viel Zuspruch finden wird.

Um das schon im Vorfeld ein bisschen einzudämmen, hat sich die niedersächsische Polizei was Interssantes einfallen lassen und hat schonmal fünf als AKW-Gegner klassifizierte Niedersachsen in die Kriminaltechnik des Polizeireviers Lüchow (Wendland) vorgeladen:

Die Aktivisten sollen von Kopf bis Fuß erfasst werden: An ihren Fingerabdrücken ist die Polizei interessiert, ebenso an Abdrücken von Handflächen und Handkanten. Mehrere Fotos sollen aufgenommen werden. Außerdem steht die „Feststellung äußerer körperlicher Merkmale“ auf dem Programm: Etwaige Narben oder Tätowierungen will die Polizei fotografieren und vermessen. (Hannoversche Allgemeine)

Wer nächsten Freitag nicht kommt, wird „mit Gewalt vorgeführt“. Das klingt, als ob hier ein paar AnwältInnen demnächst noch viel Spaß haben werden. Die BI Lüchow-Dannenberg jedenfalls is not amused.

(Danke, Kees)

Die spinnen, die Römer

"Digitale Steinschleuder": Cover zum diesjährigen Mainzer Mediendisput

"Digitale Steinschleuder": Cover zum diesjährigen Mainzer Mediendisput

Wem es nicht gleich ins Auge sticht: bitte achtet insbesondere auf die Beschriftung des dritten Galliers von links. Das charmante Bildchen stammt aus dem Einladungsflyer zum Mainzer Mediendisput, gefunden von einem Leser des Co-Galliers Carta. Wirklich hübsch, gefällt mir.

Vielen Dank für die freundliche Erwähnung, obwohl ich meines Wissens nie .. naja, also jedenfalls nicht häufig.. mit Schlamm auf die Fernsehanstalten geworfen habe? Die Steinschleuder weise ich selbstverständlich weit von mir, siehe Artikel von gestern.

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Das Besondere an Stuttgart 21 (ist gar nicht so besonders)

Allüberall auf den Tannenspitzen seh ich die Frage blitzen, wieso ausgerechnet dieser Protest – der gegen Stuttgart 21 – soviel Wirbel macht. Dabei ist das gar nicht besonders überraschend. Die einfache Formel Protest + Krawall = Presse ist hier um die Faktoren ‚friedlich‚ beim Protest und ‚Gewalt eindeutig durch die Polizei‚ beim Krawall erweitert.

In Berlin fand am Wochenende der Kongreß Öffentlichkeit und Demokratie statt. Bei der Abschlussdiskussion sagte Dieter Rucht, Forscher zu Sozialen Bewegungen am WZB, sinngemäß, dass man die Frage stellen müsse, warum Stuttgart 21 eine solche Bedeutung habe (etwa Min. 44 im Video). Neben anderen Faktoren spielten die Medien eine Rolle („Medienhype“). An den Protesten gegen Hartz IV beispielsweise hätten sich viel mehr Leute beteiligt. Anfangs sei darüber auch interessiert berichtet worden, aber nach etwa eineinhalb Monaten habe die Berichterstattung die Richtung gewechselt. Plötzlich stand überall, dass die Proteste nachließen. Faktisch wuchsen sie noch, haben die Forscher empirisch nachgewiesen. Obwohl viele Hunderttausend gegen Hartz IV auf die Straße gegangen sind, hat sich Rot-Grün keinen Millimeter bewegt.

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netz:regeln mit Regelschmerzen

Referenten für netz:regeln, Screenshot am 28.9. gemacht von Christian SoederDie grünennahe Heinrich-Böll-Stiftung hat sich einen ziemlichen Faux-Pas geleistet. Sie organisiert am 9. Oktober eine netzpolitische Veranstaltung, „netz:regeln. Chancen und Risiken künftiger Netzregulierung“. Als ich sie Mittwoch nacht fand, war unter den 21 eingeplanten Referenten nicht eine Frau. Auch drei oder vier wären für eine Stiftung, die Gender ganz groß im Image trägt, ziemlich peinlich. Aber gar keine?

Es gibt zwei Websites zur Veranstaltung: die bei der Böll-Stiftung selber, und eine mixxt-Community. Bei letzterer stand eine Frau auf der Liste.

Mir stellt sich mal wieder die Frage: Wie kann denn sowas passieren?

Natürlich gibt es ausreichend Frauen, die zu den Themen etwas sagen können. Sicher weniger als Männer, aber auf jeden Fall genug, um so ein Tagesseminar zu füllen. Falls doch mal eine Lücke entsteht, gibt es diese praktische Website: geekspeakr.com – connecting tech women speakers with event organizers.

Der grüne Blogger Till Westermayer schrieb fassungslos, was wahrscheinlich viele dachten: Ach, Böll-Stiftung! Weil er

die Böll-Stiftung bisher – als Stipendiat, aber auch als Mitorganisator von Veranstaltungen – als eine Organisation erlebt habe, die Gender und Diversity einen extrem hohen Stellenwert einräumt.

Eben.Bei der Adenauer-Stiftung hätte micht das nicht so geschockt, obwohl es auch da einen Kommentar wert gewesen wäre.

Christian Soeder hat in weiser Voraussicht von dem Debakel einen Screenshot gemacht und in seinem Blog rotstehtunsgut.de (aus „gesunder sozialdemokratischer Perspektive“) veröffentlicht (zu sehen oben). In den Kommentaren dazu wird dann die Frage gestellt, ob die (SPD-nahe) Friedrich-Ebert-Stiftung das besser könnte – Quod erat demonstrandum, würde ich sagen.

Einen Tag später waren mehr Frauen im Programm aufgetaucht, aktuell sind es 5 von 30 ReferentInnen.

Ganz nebenbei würde mich übrigens noch interessieren, wieso die Böll-Stiftung sowas ausgerechnet gemeinsam mit der Bitkom (dem Interessenverband der IT-Unternehmen) veranstaltet? Und welche Chancen der Netzregulierung?