„Absolut miese Ermittlungsarbeit“

Staatsanwaltschaften in den USA und in Deutschland haben heute in zwei ganz unterschiedlichen Verfahren ziemlich schlecht ausgesehen.

Das Verfahren gegen die beiden Männer, denen vorgeworfen worden war, beim G20-Gipfel im Sommer in Pittsburgh durch Twittern die Proteste gesteuert zu haben, ist eingestellt worden. Das vermeldet fröhlich das Soli-Blog Friends of Tortuga.

Pennsylvania Drops All Charges Against Madison & Wallschlager for Twittering

Tortuga ist das Wohnprojekt, in dem die beiden wohnen und das einige Wochen nach der ersten Festnahme gründlich durchsucht worden war.

On October 1st, 2009, at 6:00am, the Joint Terrorism Task Force (a
union of local police departments and the FBI), kicked out the front
door to our home—an anarchist collective house in Queens, NY,
affectionately known as Tortuga.

The FBI spent 16 hours ransacking our house before carting off boxes
of our personal belongings, everything from computers, passports and
even stuffed animals.

The apparent reason for this predawn raid was the arrest of two
members of our household a week earlier in Pennsylvania. Our two
friends were arrested and charged with several felonies for sending
twitter messages during protests against the G20 in Pittsburgh.

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Schnick-Schnack

Bekanntmachung

Es gibt zu annalist eine Facebook-Fanpage, und wer das mag, sei herzlichst eingeladen, öffentliches Fan-tum oder einfach so Zustimmung zu oder Interesse für diese Seite zu bekunden. Und nebenbei neue annalist-Texte im der eigenen Facebook-Nachrichtenleiste angekündigt zu bekommen. Und sie denen, die annalist nicht kennen, aber vielleicht gern kennen würden, bekannt zu machen.

FB-Fanpage-Button

(Das ist als verlinktes Bild ein bisschen unelegant gelöst, weil annalist’s Blogplattform Javascript-Schnipsel nicht mag, aber so geht es ja auch)

Wer Facebook nicht mag, möge dies bitte geflissentlichst ignorieren. Oder meinetwegen gern auch interessante Diskussionsbeiträge zur Rolle und Bedeutung sozialer Netzwerke, kommerzieller wie nicht-kommerzieller Natur, beisteuern.  

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The state twembles

Einen Umzug und den damit zwangsläufig verbundenen DSL-Anschluss-Trubel haben wir überstanden und so kehrt annalist ins Leben zurück. 

When anarchists tweets, the state twembles

Mit einer entzückende Illustration ("Wenn Anarchisten twittern, tzwittert der Staat") zu einem hässlichen Fall, von dem am Rande des G20-Gipfels in Philadelphia im September berichtet wurde. Zwei Leute wurden festgenommen, die über Polizeiaktivitäten während des Gipfels und den Proteste dagegen getwittert hatten, anscheinend auch mit Hilfe von Polizeifunk, was in den USA nicht verboten ist (der bewusste Twitter-Account). Vorwurf: sie hätten die Aktivitäten der AktivistInnen gesteuert und damit Polizei-Aktivitäten behindert. Kommentar in einem Blog, das den Fall begleitet: "Erlaubt Twitter bei Protesten in den USA, nicht nur im Iran!". Reuters beschrieb das ähnlich. Nach 36 Stunden und der Zahlung von 30.000 US$ Kaution wurden sie freigelassen.

Eine Woche später wurde ihrem Hauskollektiv in Queens, New York morgens um 6 vom FBI die Tür eingetreten. Die Durchsuchung dauerte 16 Stunden. Bei EFF gibt es die juristischen Dokumente zum Fall. Morgen findet eine Verhandlung zu dem Fall statt. Elliot Madison, einer der beiden Festgenommenen hat auf Rückgabe der bei der Durchsuchung beschlagnahmten Sachen geklagt, und das war wohl nicht wenig.

Die Medien, die friedliche Revolution und die Pädophilen

Über die Berichterstattung über die Proteste im Iran habe ich mich das erste Mal gewundert, als ich in irgendwelchen Fernsehnachrichten (Tagesthemen?) zu Bildern von brennenden Autos (sic) und sich mit Polizisten prügelnden Demonstranten einen Kommentar hörte, der die "friedliche Revolution" pries. Na gut, nicht wirklich gewundert. Aber das Wort "friedlich" war schon ungewöhnlich in dem Kontext.

Dazu gibt es einen Artikel von Jens Scholz "Der Freiheitskämpfer im Ausland ist der Terrorist im Inland", der das vergleicht mit der Berichterstattung über unsere hiesigen AktivistInnen im Netz:

Die Leute, die da gerade für ihr Engagement bejubelt werden weil es für
sie eine völlige Selbstverständlichkeit ist, die Informationsfreiheit
dort zu ermöglichen, wo sie staatlich beschnitten und unterdrückt wird,
die Leute werden hier von unserem Wirtschaftsminister als
Pädokriminelle bezeichnet, das sind "diese…
Internetcommunitybenutzer", das sind diese amokgefährdeten
Killerspieler, das sind diese Schäubleschen "Störer" (deren TOR-Server
Anlass für Hausdurchsuchungen sind) …

Ich breche das Zitat mal an der Stelle ab, wo es gleich um Bombenbauanleitungen geht, das scheint mir denn doch heikel – die BKA-Anmerkung dazu, warum ich das wohl eingebaut hätte, kann ich mir in etwa vorstellen. Immerhin bin ich ja deutsche Netzbewohnerin (und im Vergleich bin ich nicht mal besonders unglücklich darüber, trotz allen Ärgers, den das mit sich bringt).

Die Erklärung, warum das so ist, schön zusammengefasst:

Es geht gar nicht um ein paar DNS-Sperren. Es geht auch nicht um
Kinderpornografie und um angeblich rechtsfreie Räume für ein paar
Musikdownloads oder einen Filmstream, den ich mir im Kino ohnehin nie
angesehen hätte. Es geht um die Angst eines Staates vor
Kontrollverlust.

So sehr unsere Politiker über die Findigkeit und
Kreativität jubeln, mit der im Moment iranischen Menschen geholfen
wird, auf ihre Situation aufmerksam zu machen so sehr werden sie auch
daran erinnert, daß die selbe Transparenz ihnen hier ihr schönes System
aus sorgfältig und teuer aufgebauten Lobbysatelliten (wie z.B. die
Deutsche Kinderhilfe) ans Licht zerrt.

Daß ihnen ihre manipulativen
Umfragen, mit denen Sie Jahrzehnte lang mit ihrem repräsentativen und
unabhängigen Anstrich den Schein erweckten, die Wähler seien mit ihrer
Arbeit einverstanden, nun die Ohren fliegen, weil sie schon am selben
Tag im Netz komplett durchanalysiert und entlarvt werden.

Berlin ist nicht Iran.

Wenn ein Zivilpolizist die Waffe zieht, damit er in Ruhe jemanden festnehmen kann, wenn Clowns und Samba-Band festgenommen werden, weil angekündigt ein eingezäunte Grünfläche betreten werden sollte, dann sind wir in Berlin.

Digitale Sicherheit für AktivistInnen

Riseup Zine Cover
Riseup, das in jeder Hinsicht empfehlenswerte Technik-Kollektiv aus Seattle und anderswo, hat nach einem Jahr Vorbereitung ein ‚Zine‘ mit dem Titel "Digital Security for Activists" herausgegeben.

Darin auch ein Artikel von mir, den ich später auch hier verewigt habe (Blogging against Surveillance). Das hat sein Weilchen gedauert – wohl weil immer anderes wichtig war. Leider ist es auch eine grässliche Bleiwüste geworden. Aber nun ist es fertig undzu finden unter der praktischen Adresse http://zine.riseup.net.

Themen u.a.:

  • Warum ist Sicherheit wichtig? 
  • Wenn Bewegungen nichts zu verbergen haben
  • Gute Passwörter
  • E-Mail ist eine Postkarte
  • Gefahren für Bewegungen im Netz
  • Bloggen mit verschiedenen Identitäten

Und interessante Gedanken dazu, wie sicherer Umgang mit Netz im Alltag so aussehen kann, das er praktikabel ist.

 

Obamas Internet-Beauftragte: This is the „Why not?“ generation

Schon wieder eine Woche her, dass meine Air France-Maschine heile in Berlin gelandet ist. Ich war fünf Tage in Washington – ökologisch und physiologisch eine Katastrophe, aber eine ungeheuer interessante Konferenz. Von der ich vorher noch nie gehört hatte. CFP 2009, oder Computers, Freedom and Privacy Conference 2009, war eine wirklich interessante Mischung aus Datenschutz, Web2.0, Freiheit vs. Sicherheit und mehr.

Mit sehr netten Leuten, aber vor allem auch wirklich interessanten Leuten. Bruce Schneier, der Sicherheit/Terrorismus/Tech-Guru der USA, war nicht nur da, sondern an diversen Podien und Workshops beteiligt. (Und folgt jetzt meinem Twitterfeed – das *musste* ich einfach mal sagen).

Susan Crawford, Special Assistant to the President for Science, Technology, and Innovation Policy
Schon der Auftakt nahm mir kurzfristig den Atem. In Washington ist die Nähe zum Weißen Haus ja quasi natürlich. Ich fand allein die Tatsache, dass Obama eine extra "Beauftragte für Wissenschaft, Technologie und Innovation", vulgo Internetbeauftragte hat, nicht völlig selbstverständlich. Dass die dann bei so einer Konferenz auftaucht und kurz mal erläutert, wie Amerika das mit dem Internet jetzt anders machen wird, gefiel mir.

Es gibt eine Aufnahme von diesem ersten Panel Computers, Freedom and the Obama Administration mit Susan Crawford, auch gewesene ICANN-Kodirektorin und erklärtermaßen Vertreterin von Netzneutralität. Ziemlich lang: ab Minute 0:40 geht’s los mit Obamas Internet (bis ca. 1:04). Sie sagte Sätze wie:

"Tech policy is at the heart of this administrations plans for the future."

"The president understands the vital role technology will play in our short term economic recovery. … He’s not the first president to understand the importance of technology to the nation. But he has the kind of mind that sees the connections between technology, freedom, democracy, economic growth and a long-term prosperous future for the country."

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