Kompliment

Eins der schönsten Komplimente der letzten Monate:

"Ihr macht echt aus der gröbsten Scheiße Gold." 

Danke nochmal an O.! 

Zettel, Zeugen, Zielpersonen – warum Pedram Shahyar nach Karlsruhe fuhr statt 2. Bundesliga zu gucken

Die BAW interessiert sich für meine Haarfarbe. Und um die herauszufinden, bemühten sie Pedram Shahyar nach Karlsruhe, seines Zeichens Mitglied des Koordinierungskreises von Attac Deutschland; mit einer formvollendeten Vorladung als Zeuge im mg-Verfahren zur Bundesanwaltschaft. Dabei hätten sie das einfacher haben können, immerhin gibt es von mir Fotos, und ausreichend BKA-BeamtInnen, die da hätten weiterhelfen können.

PK 8. Mai 08

Pressekonferenz mit Alexander Hoffmann, Christina Clemm, Peer Stolle, Katja Kipping und Pedram Shahyar am 8.5. in Berlin, mehr dazu unten

Wir erinnern uns: Zeugenvorladungen der BAW sind diese Veranstaltungen, die im schlimmsten Fall mit sechs Monaten Beugehaft enden können, wenn die Vorgeladenen sich weigern, Aussagen zu machen. In diesem Verfahren hat es das noch nicht gegeben, in anderen schon. Und damit werden die Ermittlungen also auch auf Attac ausgeweitet. Naürlich wird nicht gegen Attac ermittelt (nehme ich mal an), aber dass die BAW sich nebenbei dafür interessierte, was Pedram Shahyar so gemacht hat letztes Jahr im Juni, ist in der Befragung gestern deutlich geworden.

Eigentlich ist der Anlass der Vorladung wieder so ein ungeheuer komisches Detail – wenn es nicht so ernst wäre.

Grundannahme (des BKA) ist, dass die ‚militante gruppe‘ Pedram zur ‚Zielperson‘ erklärt habe (es gibt irgendeinen mg-Text, in dem er zitiert wird). Weil er als Vertreter des eher reformistischen Flügels der Globalisierungsgegner den Terroristen Kriminellen von der mg unangenehm aufgefallen sei, und Andrej ihn dann ‚ausgespäht‘ habe (so das BKA).

Darauf gekommen sind sie, weil bei der Durchsuchung unserer Wohnung ein Zettel mit Pedrams Namen und Adresse beschlagnahmt wurde. Und warum sonst würde Bösewicht Andrej Pedrams Adresse haben? Doch wahrscheinlich, weil er ihn bei nächstbester Gelegenheit erschießen wollte (wahlweise Patronen schicken, die Luft aus den Fahrradreifen lassen, oder… ich weiß auch nicht, was sie sich denken). 

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Telefonrätsel

Das Mysterium ‚Handy-Rechnung‘ ist eins, dem ich normalerweise weiträumig ausweiche und hinnehme, dass sicher alles korrekt aufgezeichnet und abgerechnet wird, und wenn nicht, eh nichts dagegen zu machen sei. Solange sich die Summen im Rahmen halten, ist das allemal entspannender.

Jetzt habe ich allerdings eine O2-Rechnung bekommen, die diesen Rahmen deutlich sprengte und ich bin ein paar Tage um sie herumgeschlichen. In der Erwartung, dass jeder Protest bei der Hotline zu noch höheren Rechnungen, Konfrontation mit Inkompetenz und Machtlosigkeit seitens des Call-Centers führen würde. Weit gefehlt!

Ein so kurzes und zielführenden Telefonat mit Telekommunikationsanbietern hatte ich schon sehr lange nicht mehr. Von vorn: wir waren bekanntermaßen im März im Urlaub, in der Schweiz und Italien. Ich habe einen O2-Handyvertrag. O2 bietet sehr angenehm an, bei Auslandsreisen für einen Monat die Option „My Europe Top“ dazu zu buchen und damit für ankommende Gespräche gar nicht und für’s selber Telefonieren deutlich weniger zu bezahlen. Kostet wenig und lässt sich zudem über die automatisch angesammelten ‚Punkte‘ abrechnen, d.h. kostet eigentlich gar nichts. Und so hab ich den Tarif gebucht, in der Erwartung, dass die Rechnung damit in etwa genauso hoch ausfällt wie immer, weil ja keine zusätzlichen Auslandskosten zu erwarten waren.

Überraschung, die Rechnung war deutlich höher. Aus der Schweiz war zwar fast gar nichts dokumentiert, aus Italien dafür jede Menge. Ich habe eben die Hotline angerufen und es geschah ein Wunder. Nicht nur, dass ich quasi direkt durchkam, sondern viel überraschender war, dass ich dem jungen Mann am anderen Ende einmal kurz mein Problem geschildert habe und er ohne weitere Nachfrage alle anfallenden Kosten für Telefonate in und aus Italien samt SMS storniert hat. Obwohl ich ja eigentlich in den Fällen, in denen ich selber angerufen habe, 39ct/Min hätte selber zahlen müssen. Und wahrscheinlich auch irgendwas für die SMS, die selber verschickt habe. Aber nein, nichts, gar nichts, zack: „Dann streichen wir die xx€, da muss es wohl bei der Abrechnung einen Fehler gegeben haben, ja?“.

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Kollektion #3

(via)

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Offline-Durchsuchung

Vor ein paar Tagen haben wir allerhand vom BKA zurückgekriegt, was bei den Durchsuchungen am 31.7. mitgenommen worden war. "Asservate" sind unsere Sachen geworden, und sie haben alle ein eigenes Tütchen samt Aufkleber bekommen. Mitsamt Tütchen sind sie jetzt wieder da, und einiges stimmt mich bedenklich. Andere klären einige Rätsel auf. Beispielsweise waren aus unserer Küche zwei Zettelchen von der Pinnwand verschwunden, die ich lange gesucht habe. Auf einem standen Name und Telefonnummer der zuständigen Dame einer Berliner Schulberatungsstelle (unser Sohn wird im Sommer eingeschult). Auf einem anderen Adresse und Nummer eines Berliner Sanitätshauses, über das eine langwierige Brandverletzung unserer Tochter behandelt wurde. Die waren also weg und nun sind sie wieder da, und ich muss nicht länger an mir und meinem Ordnungssystem zweifeln (zumindest nicht deswegen).

In diesem Zusammenhang eine Bitte: falls irgendwo da draußen irgendwer über mögliche Ziele für Anschläge nachdenkt, bitte ich davon abzusehen, Schulberatungsstellen oder Sanitätshäuser in die engere Auswahl zu nehmen. Es würde sich eventuell nachteilig für Andrej auswirken (und für’s BKA: das war ein Scherz).

Die Durchsuchung unserer Wohnung hat etwa 15 Stunden gedauert. Genau genommen nicht ganz so lange, denn die eigentliche Durchsuchung fing erst Stunden nach der Stürmung und Andrejs Festnahme an. Mir wurde dazu erklärt, dass nur das BKA durchsuchen könne, und weil aber Meckenheim so weit von Berlin entfernt ist (dort sitzt die Abteilung Linksextremismus des BKA) dauert es, auch bei Tempo 200 und mit Blaulicht über die Autobahn (so der Fahrer mit leuchtenden Augen) eben ein paar Stunden nach Berlin. Die Herren Durchsucher waren wie gesagt eine ganze Weile in unserer Wohnung, und nach und nach haben sie dann auch dies und das erzählt. Z.B. dass sie um drei Uhr früh Bescheid bekamen (nach den Festnahmen in Brandenburg, nehme ich an), ohne Frühstück! zur Lagebesprechung zitiert wurden und dann direkt zu uns fuhren. Wo es auch kein Frühstück gab, und auch sonst den Rest des Tages nichts. Dass von Seiten der Polizei immer wieder über schlechte Versorgung geklagt wird, war nachvollziehbar. Wir hatten insofern immerhin Glück: unser Sohn hatte ja am Tag vorher Geburtstag gehabt und wir hatten als jede Menge Kuchen im Haus, den ich mit Anwältinnen und Freundinnen den Tag über zur Nervenstärkung aufgegessen habe.

Für mich begann der Tag mit dem oft beschriebenen Hämmern an der Tür. Ich schlief noch und ziemlich fest. Mehr im Unterbewusstwein nahm ich wahr, dass draußen jemand "Aufmachen! Polizei!" brüllte. Jemand zählte rückwärts. Andrej schaffte irgendwie, sich eine Hose überzuziehen und die Tür aufzureißen, bevor sie eingetreten wurde. Ich hörte ein sehr lautes, dumpfes Geräusch. Später wurde mir klar, dass das Andrej gewesen war, als er auf den Boden geworfen wurde. Bewaffnete Männer stürmten in unsere Wohnung uns ’sicherten‘ in klassischer Krimi-Manier jedes Zimmer. In diesem Moment war ich wach, saß im Bett und begann, die vor meinem Bett auftauchenden Gestalten anzubrüllen, dass wir kleine Kinder haben und sie die Waffen wegnehmen sollten. Es war ein irrer Lärm in der Wohnung.

 

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Zeit erklärt Online-Durchsuchung

Der BND bespitzelt JournalistInnen und die sind empört. Nachvollziehbarerweise. Die Leitmedien aktualisieren im Minutentakt und die nächste Spiegelaffäre ist so gerade nochmal an uns vorbeigezogen. Wie gesagt, ich verstehe den Ärger sehr gut. Ich hätte auch nicht grundsätzlich was dagegen, wenn der Chef des BND deswegen seinen Hut nehmen müsste. Noch schöner fände ich, wenn die Empörung darüber, dass tausende Linke bespitzelt werden, ein klein wenig lauter wäre. Aber eigentlich geht es um was anderes: Zeit-Online beschreibt im Nebensatz, wie die Online-Durchsuchung durchgeführt wird:

Der BND hatte in der vergangenen Woche eingeräumt, 2006 die E-Mail-Korrespondenz der  Spiegel-Auslandsreporterin
Susanne Koelbl mit einem afghanischen Politiker mitgelesen zu haben.
Dazu soll der Geheimdienst angeblich einen Trojaner (also ein
Spähprogramm) auf der Festplatte des Computers des afghanischen
Handelsministers Farhang eingesetzt haben. Ein Szenario, das durchaus
vorstellbar ist: Ein Trojaner ist einfach besipielsweise über eine
Word-Doc-Datei zu installieren. Zudem ist anzunehmen, dass
IT-Sicherheit in der afghanischen Regierungsarbeit bislang noch
vergleichsweise wenig Beachtung findet.

(Rechtschreibfehler im Original).

Und – wenn das stimmt (stimmt das?) – das wäre ja eine sehr schöne Argumentationshilfe beim Versuch, hartnäckige Word-NutzerInnen von ihrem Irrweg abzubringen.

Peilsender bösgläubig gefunden

Wie unglaublich wundervoll. In einem im Grunde noch absurderen ehemaligen Terrorismusverfahren als ‚unserem‘ will das LKA jetzt den vor einem Jahr am Auto entdeckten Peilsender zurück. Als die Anwältin des angepeilten Autofahrers ihn damals zurückgeben wollte, aber nicht wusste wem, wollte niemand Besitzer sein. Anfang des Jahres hat der BGH entschieden, dass auch hier die BAW den Mund zu voll genommen hat und das Verfahren an die Staatsanwaltschaft des Landes Schleswig-Holstein abgegeben. Ähnlich wie bei uns geschieht da gerade nicht viel (außer Datensammeln), aber der Sender fehlte plötzlich doch:

Das LKA forderte die Herausgabe von "Überwachungstechnik des
Landeskriminalamtes Schleswig Holstein". Schenk habe sich das "GPS
Ortungsgerät Nr. 20" im März 2007 "bösgläubig" angeeignet. "Der
Beklagte behandelt den Peilsender wie eine Fundsache", empört sich das
Kieler LKA. Der Sender sei jedoch "nicht verloren gegangen", sondern
sei "unter der Stoßstange des Wagens der Beklagten versteckt" worden. (taz)

Frech. Der findet den Sender am Auto und benimmt sich, als hätte er ihn gefunden, dabei war der gar nicht verloren, sondern mit Absicht versteckt worden! Und dafür gibt’s jetzt gleich noch eine Klage und die soll 2500€ kosten. Wenn er das Ding nicht sofort zurückgibt. 

(Das ist übrigend das gleiche Verfahren, in dem die Gespräche mit JournalistInnen nicht nur abgehört, sondern gleich zu den Akten genommen worden waren.)

Bundesrichter stellt Verfahren gegen ‚Bioterrorist‘ Steve Kurtz ein

Gegen den us-amerikanischen Künstler, Wissenschaftler und Aktivisten Steve Kurtz vom Critical Art Ensemble läuft seit 2004 ein Verfahren, erst wegen Bioterrorismus, später wegen eines Gesetzes, zu dem es im deutschen Recht kein Pendant gibt: ‚Mail and Wire Fraud‘, am ehesten übersetzbar als ‚Post- und Überweisungsbetrug‘. Klingt unaufregend, bringt aber gewaltige Ermittlungen und Strafen mit sich.

Das Critical Art Ensemble setzt sich seit Jahren kritisch mit Biotechnologien auseinander. Zuletzt erschien auf deutsch ‚Die molekulare Invasion‚, (englisch vollständig online), in dem u.a. diskutiert wird, warum wichtig ist, dass auch NichtwissenschaftlerInnen begreifen, wie Gentechnik funktioniert und warum der Widerstand dagegen nicht zwangsläufig progressiv ist, sondern etwa ‚das Bewahren des Natürlichen‘ auch sehr konservativ sein kann. Andere Bücher beschäftigen sich mit ‚elektronischem zivilen Ungehorsam‚ oder ‚digitalem Widerstand‚.

Das Verfahren gegen Steve Kurtz wird im Film ‚Strange Culture‚ von Lynn Hershman dokumentiert, der vergangenes Jahr bei der Berlinale lief. Er beschreibt eindrücklich die Auswirkungen einer Terrorfahndung auf Betroffene und ihr Umfeld.

Wir haben im Herbst eine Veranstaltung in der Berliner NGBK organisiert, bei der Teile des Films gezeigt und die Parallelen der Verfahren diskutiert wurden (Dokumentation).

[Ich kann den Film nur dringendst weiterempfehlen. Er ist vorläufig noch nicht vollständig untertitelt. Sollte sich aber auf diesem Weg ein Verleih finden, der daran interessiert ist, Strange Culture in deutschen Kinos zu zeigen, könnt Ihr mich kontaktieren: ich würde ihn liebend gern fertig übersetzen.]

Steve Kurtz wird vom CAE Defense Fund unterstützt, der gestern eine Pressemitteilung dazu herausgab, dass das Verfahren eingestellt wird. Offen ist vorläufig, ob die Staatsanwaltschaft in Berufung geht:

FOR IMMEDIATE RELEASE

April 21, 2008

CONTACTS:
Email: media@caedefensefund.org
Edmund Cardoni: (716) 854-1694
Lucia Sommer: (716) 359-3061

JUDGE DISMISSES MAIL FRAUD CASE AGAINST BIO-ARTIST KURTZ

Buffalo, NY–A process that has taken nearly four years may be coming
to an end. On Monday, April 21, Federal Judge Richard J. Arcara ruled
to dismiss the indictment against University at Buffalo Professor of
Visual Studies Dr. Steven Kurtz.

In June 2004, Professor Kurtz was charged with two counts of mail
fraud and two counts of wire fraud stemming from an exchange of $256
worth of harmless bacteria with Dr. Robert Ferrell, Professor of Human
Genetics at the University of Pittsburgh Graduate School of Public
Health.

Dr. Kurtz planned to use the bacteria in an educational art exhibit
about biotechnology with his award-winning art and theater collective,
Critical Art Ensemble.

Professor Kurtz‘ lawyer, Paul Cambria, said that his client was
"pleased and relieved that this ordeal may be coming to an end."

The prosecution has the right to appeal this dismissal. How the
prosecution will proceed is unknown at this time. If an appeal were
undertaken the case would move to the New York Second Circuit Court of
Appeals in New York City.

Lucia Sommer, Coordinator of the CAE Defense Fund, which raises funds
for Kurtz‘ legal defense, said, "We are all grateful that after
reviewing this case, Judge Arcara took appropriate action." She added
that "this decision is further testament to our original statements
that Dr. Kurtz is completely innocent and never should have been
charged in the first place."

BACKGROUND ON DR. STEVEN KURTZ AND CRITICAL ART ENSEMBLE

Critical Art Ensemble (which Kurtz co-founded in 1987 with Steven
Barnes) has won numerous awards for its bio-art, including the
prestigious 2007 Andy Warhol Foundation Wynn Kramarsky Freedom
of Artistic Expression Grant, honoring more than two decades of
distinguished work. The group has been commissioned to exhibit and
perform in many of the world’s cultural institutions–including the
London Museum of Natural History; The ICA, London; the Whitney Museum
and the New Museum in NYC; the Corcoran Museum of Art in Washington,
DC; Schirn Kunsthalle, Frankfurt; Musée d’Art Moderne de la Ville de
Paris; der Volksbüne, Berlin; ZKM, Karlsruhe; El Matadero, Madrid;
Museum of Contemporary Art, Helsinki; Museo de Arte Carrilo Gil,
Mexico City and many more.

For more information about the case, please visit: caedefensefund.org

 

Wohnraumüberwachung für alle

Was für eine Aufregung. Kameraüberwachung auch für ‚unbescholtene Bürger‘. Eklig, in der Tat – ich frage mich schon eine Weile, ob wir sowas in der Wohnung haben und ob ich (samt Kindern) eigentlich als unbescholten gelte und derlei Fragen mehr, die seit gestern, als Details des geplanten BKA-Gesetzes bekannter wurden, viel Aufsehen erregen. MIch interessiert mindestens genauso, wie lange Kameras wie auch Wanzen eingesetzt werden können, wenn es wie bei uns anscheinend einen totalen Stillstand in der Ermittlung gibt und die Staatsanwaltschaft gern einfach noch ein bisschen Daten sammeln möchte, bis sie vielleicht irgendwann mal genug über uns weiß? Oder haben die da auch Personalengpässe, wie beim BKA, weswegen sie einfach gerade nicht schaffen, das ganze endlich einzustellen?

Interessanter wäre die Frage, wenn es nicht so eindeutig um ‚unbescholtene Bürger‘, sondern vielleicht sowas wie Eigentumsdelikte ginge – ist die Kamera im Zimmer von 16-jährigen chronischen Kaugummiklauern ok?  

tagesschau.de hat eine Umfrage zu ‚Kameras in Wohnungen‘, und die Ergebnisse sind bei der Fragestellung wenig überraschend, andererseits auch ganz schön, dass jetzt ein bisschen Empörung aufkommt. Da ist offenbar die Grenze erreicht, wo viele doch was zu verbergen haben.

Die Ergebnisse der Umfrage:

Ein Gesetzentwurf sieht vor, dass das
Bundeskriminalamt in bestimmten Fällen auch Wohnungen von
unbescholtenen Bürgern mit Wanzen und Videokameras überwachen darf. Was
denken Sie: Ist dies ein notwendiger Preis für die Innere Sicherheit
oder ein unzulässiger Eingriff in die Privatsphäre?

  • Die Maßnahme ist angebracht: 33 Stimmen, dies entspricht circa 3.8%
  • Die Maßnahme geht zu weit: 843 Stimmen, dies entspricht circa 96.0%
  • Dazu habe ich keine Meinung / Ist mir egal: 2 Stimmen, dies entspricht circa 0.2% Stimmen gesamt: 878
(Stand 18.4. ca. 13:30)
 
Mal angenommen, die Kameras würden jetzt noch nicht eingesetzt – und alle, die sich mehr damit beschäftigen, zucken bei der Frage eh mit den Schultern und sagen ‚ganz egal, der Verfassungsschutz macht das ja sowieso‘ – dann kann ich als praxisnahes Beispiel dazu, wohin das führt, gern immer wieder den schwarzen Beutel zitieren.
Die Annahme, dass Andrejs Eltern in so einem Beutel gefährliches Beweismaterial während seiner Inhaftierung in ihrer Wohnung aufbewahrten, mit ihm nach seiner Entlassung darüber am Telefon schwatzen und den dann Sonntag nachmittag mit der U-Bahn zu uns tragen, führte nicht nur zu einer weiteren Hausdurchsuchung, sondern auch zu einem Austauch von amtlichen Dokumenten ihrer sich darüber beschwerenden Anwältin, der BAW und dem BGH. Jeder Mensch mit einem Funken gesunden Menschenverstandes fängt bei dieser Geschichte an zu lachen und fragt, ob sie sich schon entschuldigt haben. BAW und Herr Hebenstreit allerdings sind bis heute der Meinung, dass das alles vollkommen rechtmäßig war (siehe Der schwarze Beutel – The Sequel).
 
Ein eigenes Thema ist noch die Ziehung der Grenze zwischen ‚bescholten‘ und ‚unbescholten‘..

Kollektion #2

In Bad Saarow findet die halbjährliche Innenministerkonferenz statt. Schönbohm, früher Innensenator von Berlin, jetzt -minister in Brandenburg, davor General der Bundeswehr, will kräftig zubeißen und ein neues ‚Grundsatzprogramm zur Inneren Sicherheit‘ verabschieden, damit die Terrorismusbekämpfung endlich vorankommt. Dazu geht’s um Online-Durchsuchung, NPD-Verbot und Aufstockung des BKA. Feine Sache.

  • Schönbohm plant eine neue Anti-Terror-Agenda (Welt Online, 15.4.), EIn Interview, in dem er u.a. erläutert, warum mehr Polizei in’s Ausland, mehr Bundespolizei (früher BGS) in’s Inland und insgesamt viel mehr für die Innere Sicherheit getan werden muss.

  • Unsere Innere Sicherheit verträgt keine halben Sachen!
    – Cop2Cop schreibt, dass im Spiegel stand, dass es 500 zusätzliche Stellen beim BKA zur präventiven Terrorismusfahndung geben soll, und befürchtet gemeinsam mit dem Bund Deutscher Kriminalbeamter, dass das sicher gut so ist, aber die 500 nicht aus anderen Bereichen zur Terror-Bekämpfung abgezogen, sondern besser zusätzlich eingesetzt werden sollten.
  • Zur Bedrohung durch den Terrorismus, schon letzte Woche auf ORF: Europol: Terrorismus in der EU weitet sich aus: "Der allergrößte Teil dieser Anschläge geht auf das Konto
    separatistischer Organisationen wie der baskischen ETA. Muslimische
    Terroristen schlugen ein Mal in Großbritannien zu, dort sowie in
    Deutschland und Dänemark schlugen weitere Attentatsversuche fehl. Die
    ETA tötete zwei spanische Polizisten, darüber hinaus gab es keine Toten
    durch den Terrorismus."
  • Zur Erinnerung daran, wo eigentlich sog. Terroranschläge gefährlich sind und für wen, und um das alles immer mal wieder in’s Verhältnis zu setzen: "Bluttat
    im Nordirak: Bei einer Trauerzeremonie nördlich von Bagdad hat sich ein
    Selbstmordattentäter in die Luft gesprengt. Dutzende Menschen kamen ums
    Leben.
    " (heute bei SPON)
  • Schönbohm über Online-Durchsuchung im Focus: „Die Sicherheitsbehörden brauchen dieses Mittel für den Umgang mit
    Internet, W-Lan, Hotspots und anderen modernen Kommunikationsmitteln.
    Deshalb hoffe ich, dass dieses Gesetz nun schnell kommt
    “.
  • Und nochmal, im Deutschlandfunk, (als mp3) sehr unterhaltsam etwa zu den Fragen wie das mit der Online-Untersuchung konkret funktioniert und warum Pfarrer was ganz anderes sind als Imame
  • WDR5-Streitgespräch mit Heribert Prantl und Wolfgang Bosbach (CDU) (mp3)
    Sind Lauschangriff und Vorratsdatenspeicherung notwendige Maßnahmen zur
    Verhinderung von Straftaten, oder falsche Schritte auf dem Weg vom
    Rechts-zum Präventionsstaat? Gesendet schon am 9.4. (via Metaowl)
  • Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen sie ihren Arzt oder Apotheker: Datenschutz für Kinder erklärt, ebenfalls WDR5, ebenfalls via Metaowl.
  • Elena: Zentrale Datenbank mit allen Arbeitnehmer-Einkommensdaten geplant. (via Daten-speicherung.de, wo es auch die großartige und sehr gruselige Sammlung der aktuellen Gesetzesvorhaben gibt, bei denen Daten gesammelt und verarbeitet werden.

Zum Schluss noch ein Appetizer aus dem DLF-Interview: Weiterlesen