Falls bisher irgendwer den Eindruck hatte, das hierzulande (und anderswo) sowas wie eine Anti-Terror-Hysterie herrscht, dass es mit dem Argument des Kriegs gegen den Terrorismus eher zuviel als zuwenig Gesetzesverschärfungen gab, die Unschuldsvermutung weit über verfassungsgemäße Grenzen hinaus außer Kraft gesetzt wurde, dass das alles etwas aus dem Ruder läuft: weit gefehlt.
Ganz im Gegenteil, die Terrorgefahr lauert gerade wieder überall. Obwohl in der Frankfurter Rundschau schön dokumentiert ist, dass es mit den bisherigen Methoden offenbar kein Problem war, (angeblich) drohende Anschläge zu verhindern, muss endlich mal härter durchgegriffen werden, da besteht ja wohl kein Zweifel.
Aus gegebenem Anlass fragt auch tagesschau.de:
Nach den jüngsten Terror-Verdachtsfällen fordert die Union erneut härtere Gesetze. Der CDU-Politiker Bosbach schlägt vor, Rückkehrer aus Terrorcamps festzunehmen. Was denken Sie, brauchen wir härtere Gesetze?
Um 21:30 waren 59,5% dagegen, immerhin.
Die aktuelle Aufregung wird u.a. mit der Festnahme zweier Männer begründet, zu denen Fefe passend sagt:
Und mal wieder eine Festnahme von zwei „Terroristen“, die niemandem was getan haben, weil sie vielleicht in der Zukunft womöglich geplant haben könnten, an etwas teilzunehmen, von dem unklar ist, ob dabei jemand zu Schaden gekommmen wäre, oder was es auch nur konkret gewesen sein könnte.
(Ich hab mir erlaubt, die Grammatik etwas gerade zu bügeln )
Die Frage, ob denn nun die Terror-Gefahr in Deutschland wächst, bleibt oder abnimmt, wird auch diesmal in den Schlagzeilen mal so, mal so beantwortet, da ist mir die Google News-Suche zum Begriff ‚Terrorismus‚ ein steter Quell der Freude. Gerade eben ganz oben
- Deutschland laut Schäuble nicht im Fokus des Terrorismus sueddeutsche.de
- Wir sind im Fokus des Terrorismus“ Financial Times Deutschland
Und dann sind da ja noch diese fehlgeleiteten Jugendlichen, die uns demnächst in die Luft sprengen wollen. Dazu Guido Steinberg (‚Terror- und Islam-Experte‘ der Stiftung Wissenschaft und Politik, 2002 bis 2005 Terrorismusreferent im Bundeskanzleramt): :
Ich halte es im Falle von Breininger und al-Malla aber auch nicht für ausgeschlossen, dass die gar keinen Anschlag durchführen wollen, sondern ganz schlicht nach Hause möchten. Das sind junge Leute. Und es ist in der Vergangenheit immer wieder passiert, dass Freiwillige in diese Camps gegangen und sehr desillusioniert zurück gekehrt sind. Dann wäre diese geplante Rückkehr ein gutes Zeichen.
Wächst die Terror-Gefahr?
Nein, ich sehe keine wachsende Terror-Gefahr in Deutschland. Die Gefahr ist seit ungefähr drei Jahren unverändert.
Nachdem Schäuble auch noch vom Bundesrechnungshof Ärger für die geplante Bundesabhörzentrale gekriegt hat, war jedenfalls offensichtlich Gegenpropaganda nötig. Schließlich fand heute das sog. ‚G6 plus USA‘-Treffen der Innenminister statt. G6, das sind Polen, Frankreich, Italien, Spanien, Großbritannien und Deutschland, damit ganz klar ist, wer hier die Richtung vorgibt. Nicht etwa so unwichtige Kleinstaaten jenseits des Zentrums der EU. In den auf der Website des BMI veröffentlichten Schlussfolgerungen des Treffens kommt eine Vokabel vor, die ich bisher noch gar nicht kannte, und zwar gleich mehrmals: „Antiradikalisierungsmaßnahmen„. Da dürfen wir gespannt sein, was das noch wird.
Und folgender Absatz:
Terroristische Akte sind nach allen relevanten nationalen Rechtsordnungen strafbare Handlungen. Das Strafrecht stellt eines der wesentlichen Instrumente der Terrorabwehr dar. Die Innenminister sind sich jedoch der begrenzten präventiven Wirkung des Strafrechts bewusst, die etwa aus der in Strafprozessen häufig in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auftretenden Beweisproblematik und dem primär repressiven Charakter des Strafrechts resultieren.
Ja, die Beweisproblematik. Die ist natürlich echt lästig. Gut, dass sie vorläufig noch gilt.
Ansonsten wollen sie auch über Grenzen hinweg in Computer einbrechen dürfen, noch mehr abschieben und Islamisten das Internet verbieten.
(Das Bild der Terrorflaschen ist von epha, bestimmte Reche vorbehalten, die MinisterInnen sind vom BMI, auch mit Einschränkungen verwendbar)
(Update: Das Bild der Terrorflaschen wurde auf Wunsch des*der Urheber*in entfernt, es hat inzwischen eine Copyright-Lizenz)