Der Bundestag ist dabei, das Jahressteuergesetz 2013 zu verabschieden. So weit, so langweilig. Bis auf die Kleinigkeit, dass danach der Verfassungsschutz – genau, DER Verfassungsschutz – darüber entscheidet, welche Vereine gemeinützig bleiben und also in den Genuß der für viele Vereine nötigen Fördergelder kommen.
Der Verfassungsschutz? Was hat der damit zu tun? Der legt, unkontrolliert wie eh und je, fest, wer hierzulande als ‚extremistisch‘ gilt. Und „extremistisch = nicht gemeinnützig = kein Geld.
Dabei ist eine solche Erwähnung keineswegs Beleg einer extremistischen Betätigung. Betroffene gingen mehrfach gegen solche Vermerke in den Behördenreports vor. Markantes Beispiel ist die Antifaschistische Informations-, Dokumentations- und Archivstelle München e.V., die der Bayerische Landesbericht mehrfach als linksextremistisch erwähnte. Dabei erhielt die Initiative mehrfach Auszeichnungen, unter anderem der Landes-SPD.
Hinzu kommt, dass Experten den Verfassungsschutzberichten sehr unterschiedliche Qualität bescheinigen. Eine Einstufung als „extremistisch“ bedeute noch lange nicht, dass die Initiative tatsächlich verfassungsfeindlich agiere, sagte ein Abgeordneter der Unionsfraktion. (Zeit Online)
Inzwischen haben über 160 Vereine einen Offenen Brief an die Bundestagsabgeordneten unterschrieben, der die Streichung des geplanten Paragraphen aus dem Steuergesetz fordert. Darunter Attac, Robin Wood, PfadfinderInnen, BUND, VVN-BdA, Campact, diverse Flüchtlingsräte, der FoeBuD, Greepeace, Lobbycontrol, Abgeordnetenwatch und und und (Liste der unterzeichnenden Organisationen).
Letzten Mittwoch fand auch eine Kundgebung am Bundestag statt, weil im Finanzausschuss bei einer Anhörung zum Steuergesetz auch dieses Thema zur Sprache kam. Von der Anhörung gibt es ein (sehr langes) Video und die Stellungnahme des Republikanischen Anwältinnen- und Anwältevereins.
„Extremismus“ ist kein Rechtsbegriff, sondern eine von den Verfassungsschutzämtern zu einem gewissen Grad abgestimmte Formel, mit der Bewertungen auf verschiedenen Wertungsebenen bezeichnet werden. Eine konsistente und für die Betroffenen berechenbare Praxis besteht nicht. Weder durch Bundesrecht, noch durch Landesrecht ist abschließend und normativ klar geregelt, wann und weshalb eine Organisation als extremistisch bezeichnet werden soll und wann nicht. (RAV-Stellungnahme)
Bei der Süddeutschen gibt’s auch einen kleinen Film zur Kundgebung: Vereine befürchten Verlust der Gemeinnützigkeit
Foto / Grafik: Robin Wood