Wikiperiment

Über den Versuch, bei Wikipedia einen Link einzubauen – Drama in neuneinhalb Akten

Karteikästen in der Leipziger BibliothekEnde September fand in Leipzig die Wikipedia-Konferenz „Ein kritischer Standpunkt“ statt. Ich war zur Teilnahme an der Podiumsdiskussion zum Abschluss eingeladen (Video unten), obwohl und vielleicht auch weil ich die Interna von Wikipedia nicht gut kenne (Bericht im Konferenz-Blog).

Meine Rolle war, die kritische Außensicht zu repräsentieren, was nicht bei allen gut ankam. Eins meiner Argumente war (und ist), dass ein Projekt wie Wikipedia seine unterschiedlichen Standbeine gleichmäßig belasten sollte: es ist nicht nur Enzyklopädie, nicht nur online, sondern auch partizipativ und transparent. Jedenfalls dem Anspruch nach, und nur deswegen ist es, was es ist. Diese verschiedenen Seiten machen das Spezielle von Wikipedia aus und ein nicht unwesentlicher Teil von Kritik resultiert aus der Vernachlässigung der letzten beiden Punkte.

Ich sage nicht, dass es einfach ist, sie zu berücksichtigen. Und ich weiß nicht, was im Detail alles unternommen wird, um Wikipedia für neue AktivistInnen attraktiv zu machen. Ich bin aber weiter der Meinung, dass nicht annähernd genug getan wird, um ein tatsächlich partizipatives Projekt zu sein.

Drama in neuneinhalb Akten

Wie sich das in der Praxis gestaltet, beschrieb Daniel Voelsen diese Woche im Theorieblog: Wikipedia: freies Wissen oder Wahnsinn?. Er hatte sich ernsthaft bemüht, einen Link zu einer Liste von “Professuren im Bereich der politischen Theorie und Philosophie” im Artikel “Politische Theorie und Ideengeschichte” unterzubringen. Ein Drama in neuneinhalb Akten.

Fazit: Nachdem mir erst wochenlang keiner glauben wollte, dass unser Link keine Bereicherung für die Wikipedia ist, nachdem niemand mit mir ernsthaft darüber diskutieren wollte, hat die Admin-Gang von Wikipedia sich die Liste nun einverleibt. Und versucht auch sonst, meine Aktivitäten dort zu unterbinden.

Auslöser für sein Experiment war ein Artikel in der FAZ über die Konferenz: Einst basisdemokratisch, jetzt ein exklusiver Club.

Im Übrigen: Selbstverständlich habe ich kein Patentrezept, wie das Ruder bei Wikipedia herumzureißen wäre. Ich bin aber ziemlich sicher, dass „Haben wir schon alles probiert“ nicht reicht. Und ich verstehe gut, dass der alltägliche Kleinkram und die harsche Kritik keine Luft für Veränderungen lässt. Das habe ich selber anderswo auch erlebt. Aber dann geht ein wesentlicher Teil der Idee Wikipedia verloren, wenn er nicht schon verschwunden ist. Und die Welt dreht sich weiter.

Bild: Rob Irgendwer, CC-Lizenz