„Mit Kabelbindern ruhig gestellt“ – Durchsuchung in Dresden

Bild: de.indymedia.org

Bild: de.indymedia.org

Die Dresdner „Praxis“ ist am Dienstag morgen ab halb 5 von 150 PolizistInnen durchsucht worden. Hintergrund ist die Kriminelle Vereinigung (§129 StGB), deren Bildung 17 Menschen aus Sachsen und Brandenburg vorgeworfen wird.

Die Durchsuchung diente anscheinend nicht nur dem Finden von Dingen, sondern sollte wohl BewohnerInnen wie auch der Nachbarschaft nachhaltig Eindruck machen:

Bewohner seien mit Kabelbindern »ruhig gestellt« und Maschinenpistolen quasi als Drohung zur Schau gestellt worden – so schildert die Linksabgeordnete Julia Bonk eine Razzia, die gestern früh im alternativen Wohnprojekt »Praxis« im Dresdner Stadtteil Löbtau durchgeführt wurde. Die Bewohner, zu denen auch Familien mit Kindern gehören, seien »als Straf- und Gewalttäter der gefährlichsten Sorte« behandelt worden, sagte Bonk. (Neues Deutschland)

Die Praxis hat diverse Nazi-Angriffe überstanden, darunter einen unter den Augen der Polizei am 19. Februar, das Video dazu hat viel Aufsehen erregt. Bei einem anderen Angriff wurde ein Molotow-Cocktail ins Haus geschmissen. Jetzt die oben beschriebene Durchsuchung. Wie die Leute das aushalten, ist mir ein Rätsel. Respekt.

Gefunden wurden unter anderem Laptops, Computer, Mobiltelefone, unzählige Steine, die als Wurfgeschoss verwendet werden könnten, so genannte Sturmhauben und Plakate mit gewaltverherrlichendem Inhalt, sagte Haase. Nach Angaben des LKA sei auch eine Zwille – eine Art Steinschleuder – sowie mehrere dafür einsetzbare Stahlkugeln sicher gestellt worden. (LVZ Online)

Steine, Computer und eine Zwille. Soso.

Die FDP Sachsen ist sich offenbar für nichts zu blöde:

Offenbar ist Polizei und Staatsanwaltschaft ein neuer Schlag gegen gewalttätige Linksextremisten gelungen. Zu diesem Erfolg ist den Ermittlern zu gratulieren.

LiWoLi 11 – Art meets Radical Openness

Auf dem Linzer Hauptplatz (dem zentralen Platz) wird gerade mit unübersehbaren Transparenten für LiWoLi 11, die Linuxwochen Linz geworben. Wäre nicht schön, wenn sich das als Standard für das Verhältnis von Städten zu Open Source Software oder Offener Kultur im weiteren Sinne entwickelte?

Die diesjährigen Linuxwochen Linz haben das Motto Art meets Radical Openness und finden vom 12.-14. Mai in der Linzer Kunstuni statt.

LiWoLi fokussiert als offenes Labor auf freie/Open Source Software (FLOSS), Open Hardware und freie Inhalte in digitaler Kunst und Kultur. Diese Themen werden im Rahmen einer Ausstellung, von Künstlerinnen-Workshops und wie jedes Jahr von Vorträgen, Presentationen und Sound-Performances erforscht. Die Teilnahme am gesamten Programm ist offen für alle Interessierte.

Das Programm ist vielfältig und vor allem auf Vermittlung von praktischem Wissen ausgerichtet. Zu lernen gibt es C/Overt operations with CCTV sniffing, Collaborative open source video editing, Performing Open Source, Linux Mint Debian Remix oder  Laser hacking workshop. Und und und. Die Vortragenden kommen aus zig Ländern.

Besonders gern sähe ich ja “Terrorist Tamagotchi” Data, money and how it feels to become a terrorist.

Das Ganze ist eine so feine Sache, dass es mehr Aufmerksamkeit verdiente. Falls Ihr also noch spontan ein paar Tage nach Linz fahren wollt..?

Wien: Freisprüche im Tierschutz-Prozess

Letzte Woche irgendwo zwischen Prater und Donau

Eine juristische Farce ist heute in Wien beendet worden. Es war ein Prozess gegen 13 Personen, denen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung nach §278a des österreichischen Strafgesetzbuches vorgeworfen wurde. Das gesamte Verfahren war so abstrus wie viele andere, bei denen es vor allem darum geht, die Mitgliedschaft in einer von der Staatsanwaltschaft konstruierten Vereinigung zu beweisen. Der zentrale Punkt ist dann in der Regel, eine bestimmte Gesinnung nachzuweisen.

Vor knapp drei Jahren waren 23 Wohnungen und Büros in Österreich durchsucht worden. Danach wurden Haftbefehle gegen 10 Personen unterschrieben, die monatelang in Untersuchungshaft saßen. Vor einem Jahr begann der Prozess gegen 13 Menschen, der heute zuende ging (Was bisher geschah).

“Alle Angeklagten werden von sämtlichen Vorwürfen freigesprochen.”

Wir waren letzte Woche in Wien und es lag schon in der Luft, dass der Prozess nicht im Sinne der Staatsanwaltschaft ausgehen würde: ein Großteil der ZeugInnen der Verteidigung waren noch nicht gehört worden, und trotzdem war das Urteil für heute angekündigt. Mehrere Live-Ticker (Indymedia / Standard) haben den Tag begleitet und detailliert dokumentiert. Lest selbst, es lohnt sich – solche Zitate gibt’s im Gericht nicht alle Tage.

Der Ticker des Standard, der für die einzelnen Einträge sogar eine Kommentarfunktion hat, hat mir überhaupt sehr gefallen. Letzte Woche habe ich gehört, dass der Online-Standard sogar schwarze Zahlen schreibt – im Unterschied zum Print-Standard. Davon könnten sich die deutschen Panik-JournalistInnen vielleicht eine Scheibe abschneiden?

Im Verfahren gab es bizarre Details wie oft in diesen Ermittlungen: Beschuldigte, die sich politisch nicht riechen können, aber eine gut organisierte konspirative Vereinigung gebildet haben sollen. Schräge verdeckte ErmittlerInnen. Verschlüsselte E-Mails und Computerkenntnisse, die die Konspirativität belegen sollten. Die Ermittlungs- und Überwachungsmaßnahmen. Ein Urteil über das ganze NGO-Milieu.

Mehr dazu bei tierschutzprozess.at, Gemeint sind wir alle, Tierrechtsprozess, derStandard.at

Demnächst wird ein Buch erscheinen, auf das ich gespannt bin: §278a – Gemeint sind wir alle.

Das umfangreiche Buch wird neben Texten der Angeklagten und ihrer Unterstützer_innen auch Beiträge von Soziolog_innen, Jurist_innen, Historiker_innen und Journalist_innen enthalten. Inhaltlich wird sowohl der Prozess und der Paragraf 278a als auch staatliche Maßnahmen gegen Soziale Bewegungen in der Vergangenheit Österreichs und in Großbritannien und den USA beleuchtet. Das Buch geht unmittelbar nach der Urteilsverkündung in Druck und wird ab Ende Mai erhältlich sein.