Eine juristische Farce ist heute in Wien beendet worden. Es war ein Prozess gegen 13 Personen, denen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung nach §278a des österreichischen Strafgesetzbuches vorgeworfen wurde. Das gesamte Verfahren war so abstrus wie viele andere, bei denen es vor allem darum geht, die Mitgliedschaft in einer von der Staatsanwaltschaft konstruierten Vereinigung zu beweisen. Der zentrale Punkt ist dann in der Regel, eine bestimmte Gesinnung nachzuweisen.
Vor knapp drei Jahren waren 23 Wohnungen und Büros in Österreich durchsucht worden. Danach wurden Haftbefehle gegen 10 Personen unterschrieben, die monatelang in Untersuchungshaft saßen. Vor einem Jahr begann der Prozess gegen 13 Menschen, der heute zuende ging (Was bisher geschah).
“Alle Angeklagten werden von sämtlichen Vorwürfen freigesprochen.”
Wir waren letzte Woche in Wien und es lag schon in der Luft, dass der Prozess nicht im Sinne der Staatsanwaltschaft ausgehen würde: ein Großteil der ZeugInnen der Verteidigung waren noch nicht gehört worden, und trotzdem war das Urteil für heute angekündigt. Mehrere Live-Ticker (Indymedia / Standard) haben den Tag begleitet und detailliert dokumentiert. Lest selbst, es lohnt sich – solche Zitate gibt’s im Gericht nicht alle Tage.
Der Ticker des Standard, der für die einzelnen Einträge sogar eine Kommentarfunktion hat, hat mir überhaupt sehr gefallen. Letzte Woche habe ich gehört, dass der Online-Standard sogar schwarze Zahlen schreibt – im Unterschied zum Print-Standard. Davon könnten sich die deutschen Panik-JournalistInnen vielleicht eine Scheibe abschneiden?
Im Verfahren gab es bizarre Details wie oft in diesen Ermittlungen: Beschuldigte, die sich politisch nicht riechen können, aber eine gut organisierte konspirative Vereinigung gebildet haben sollen. Schräge verdeckte ErmittlerInnen. Verschlüsselte E-Mails und Computerkenntnisse, die die Konspirativität belegen sollten. Die Ermittlungs- und Überwachungsmaßnahmen. Ein Urteil über das ganze NGO-Milieu.
Mehr dazu bei tierschutzprozess.at, Gemeint sind wir alle, Tierrechtsprozess, derStandard.at
Demnächst wird ein Buch erscheinen, auf das ich gespannt bin: §278a – Gemeint sind wir alle.
Das umfangreiche Buch wird neben Texten der Angeklagten und ihrer Unterstützer_innen auch Beiträge von Soziolog_innen, Jurist_innen, Historiker_innen und Journalist_innen enthalten. Inhaltlich wird sowohl der Prozess und der Paragraf 278a als auch staatliche Maßnahmen gegen Soziale Bewegungen in der Vergangenheit Österreichs und in Großbritannien und den USA beleuchtet. Das Buch geht unmittelbar nach der Urteilsverkündung in Druck und wird ab Ende Mai erhältlich sein.