Das Leben der Einen
Ich bin in den vergangenen Jahren oft gefragt worden, wie das mit der Telefonüberwachung wirklich gemacht wird. Zweite Frage ist in der Regel, ob es zu merken ist. Ich weiß es nicht wirklich, weder das eine noch das andere. Ich habe vielleicht etwas stichhaltigere Vermutungen.
In der Frankfurter Neuen Presse erschien nach Weihnachten So hören die Fahnder die Telefone ab. Darin erfahren wir, dass und wie die Telefonate tatsächlich von echten Beamten abgehört werden.
Und:
Früher betraf die Telefonüberwachung lediglich Gespräche zwischen zwei oder mehreren Menschen. Wegen der Möglichkeiten der digitalen Technik gehören heute auch Sprachnachrichten, SMS, E-Mails, Fotos und Videos dazu. «Alle Gespräche, die hier auflaufen, müssen 1:1 angehört werden», sagt Hans-Jürgen Schmidt, Sprecher der Zollfahndung.
Das Leben der Abhörer ist nicht leicht, denn
die Abgehörten nähmen keine Rücksicht auf Zuhörer: «Viele Kriminelle rechnen sogar damit, dass sie belauscht werden, und verständigen sich deshalb mit Codewörtern.
An der ständig steigenden Zahl abgehörter Telefone sind wir übrigens selber schuld. Also, nicht wir, sondern die Kriminellen.
Um ihre Machenschaften zu verschleiern, benutzten sie häufig verschiedene Mobiltelefone, berichtet Schmidt. «Außerdem kommt es vor, dass sie Handykarten oder Handys untereinander austauschen, was dazu führt, dass wir nachschalten müssen.»
Das ist wahrscheinlich der Tip, den ich im ersten Jahr nach Andrejs Festnahme am häufigsten bekommen habe. Die Kriminellen jedenfalls haben es auch nicht leicht. Wenn sie, wie die ‚Sauerland-Terroristen‘ sich trotz offensichtlicher Überwachung nicht drum scheren und einfach ganz normal weiter telefonieren, passt das ja auch nicht ins Bild. Wobei ich bei denen bis heute glaube, dass entweder die gesamte Geschichte ein Fake ist oder aber denen fest versprochen war, dass ihnen nichts passiert.
Den Zollfahndern jedenfalls ist auch eine Lösung dafür eingefallen, dass sich die
Ganoven mit Migrationshintergrund in ihren Muttersprachen unterhielten,..
Sie arbeiten mit ÜbersetzerInnen! (Die wahrscheinlich eigentlich DolmetscherInnen sind)
Und so weiter, lest selbst. Einiges ist so albern wie gerade zitiert, aber die Beschreibung, wie das Abhören tatsächlich stattfindet, ist schon interessant.
Alle, die jetzt denken, dass Zollfahnder sicher die ‚richtig echten Kriminellen‘ jagen, muss ich enttäuschen. Anlässlich der Geschichte unserer zweiten Hausdurchsuchung, des legendären Schwarzen Beutels, waren Beamte des sächsischen Zolls auf Andrejs Eltern angesetzt. Die keine Zigaretten schmuggeln.
Auch noch dazu:
Computerwoche: Zehn Anzeichen, dass Sie abgehört werden
10. Es gibt keine Anzeichen
Selbst wenn Sie keine der aufgeführten Anzeichen feststellen, können Sie sich nicht unbedingt in Sicherheit wiegen: Die beschriebenen Signale beziehen sich auf Amateurspione, Profis der Regierung besorgen sich die gewünschten Informationen dagegen meist über eine offizielle Anfrage direkt beim Carrier.
Wie immer: stichhaltige Hinweise zu Überwachungstechniken bitte in die Kommentare. Dabei gilt mein Interesse den Informationen, die auf Faktenwissen basieren, Hypothesen habe ich schon genug.
Dazu gibt es eine technische Richtinie, die ist hier: http://www.bundesnetzagentur.de/cae/servlet/contentblob/153314/publicationFile/6492/2009-12-00_TRTKUEVAausgb60pdf.pdf
Das ist die technische Grundlage für Überwachungen, die nach GG Artikel 10 legal erfolgen.
Es gibt keine Anzeichen, wenn die Überwachung legal ist. Wenn doch, dann hat jemand geschlampt.
Was ich mich schon immer gefragt habe: kann man eine Anzeige wegen Beamtenbeleidigung bekommen wenn man die Zuhörer bewusst anspricht und mit Beschimpfungen aller Art eindeckt? 🙂
Probiert hätt ich’s schon, Reaktion kam bisher nicht, ich weiß allerdings nicht ob da tatsächlich mithört…
wo soll das alles noch hinführen: Telefonüberwachung, Bundestrojaner, Videoüberwachung …. was kommt als nächstes?
Zur Frage Übersetzer vs. Dolmetscher: So ganz werde ich aus dem Artikel nicht schlau. Es klingt so, als würde die Aufzeichnung des Gesprächs nachträglich ins Deutsche übersetzt, anschließend können dann erstens „private“ Gespräche wieder gelöscht und zweitens die „relevanten“ Gespräche ausgewertet werden. „Dolmetschen“ wäre, wenn während des laufenden Gesprächs ein/e Dolmetscher/in zugeschaltet wird, der/die wie bei einer Konferenz simultan ins Deutsche überträgt. Kann ich mir organisatorisch schwer vorstellen.
Pingback: Die Politik » Telefonüberwachung bei der Zollfahndung Frankfurt
ähnliches Thema, von jemandem mit Ahnug:
http://events.ccc.de/congress/2009/Fahrplan/events/3721.en.html
Das Video ist drinn verlinkt, lohnt sich finde ich.
@Pressemitteilung
Die Abhörprozedur klingt etwas personalintensiv, daher nur für einzelne Fragestellungen geeignet — nicht für den Massenbetrieb.
Vorratsdatenspeicherung dagegen ist ein automatisierbares Verfahren zur Herrschaftssicherung über ganze Völkerstämme. Besonders effektiv erst in einigen Jahren, wenn längst kein Terrorproblem und kein Kipo-Problem mehr besteht.
Hey!
Ein sehr interessanter Beitrag!
Habe mir auch diese 10 Anzeichen, dass man Abgehört wird, durchgelesen.
Leider keine neuen Theorien dabei.
Von mir gibt es dafür jetzt eine:
Wenn ihr mit eurem Handy, in der Funkzelle wo ihr euch sehr oft befindet (z.B. daheim), oft kein Netz habt, obwohl es eigentlich gut ausgebaut ist und ihr eigentlich immer volles Netz habt.
Da könnte ein IMSI Catcher zwischengeschlatet sein, und weil dieser zu weit weg, oder zu schwach oder der Funkmast zu „stark“ ist, kann es oft zu „Kein Netz“ kommen.
Meistens hilft da nur ein aus- und dann neu-einschalten um wieder Empfang zu bekommen.
Freue mich auf weitere Insider :)))
Ich hab mal die Theorie, allerdings als Feststellung, gelesen, dass breit angelegt und verdachtsunabhängig vollautomatisch gescannt wird und dann automatisch ausgewählte Sequenzen genauer unter die Lupe genommen werden. Bei Andreas von Bülow, glaub ich. Nach dessen Elaboraten und der Lektüre des RAF-Phantom von Wisnewski et al (die Verdächtigungen gegen Annes Lebenspartner könnten aus diesem Buch stammen) war ich mehr oder weniger überzeugt, dass ohnehin schon alles zu spät sei und ich mich bei meiner kritischen Einstellung nicht mehr um meine Anonymität zu kümmern brauchte. Und das noch vor 9/11 und meinem ersten Internetanschluss. Ist auch bequemer. Dann muss ich mich nicht um die technischen Finessen bemühen, wollte ich unerkannt surfen. Nach dem Motto entweder ich bin nicht wichtig genug, oder ich bin es doch und sie kriegen mich sowieso. Ich habe schon lange das Gefühl, dass die Bewährungsprobe mehr oder weniger in Kürze für jeden kommen wird. Nicht jeder merkts.