Die Pressevorführung von "Deutschland 09" läuft gerade (siehe). Gestern abend haben wir das erste Mal einen Ausschnitt des Films von Hans Weingartner "Der Gefährder" gesehen. tagesschau.de hat vier Clips aus dem Film vorgestellt, der aus 13 "Kurzfilmen zur Lage der Nation" besteht.
Gänsehaut. Ich bin sehr gespannt auf die Premiere heute nachmittag.
Hier geht’s lang zum Pressespiegel
Aus dem Presseheft (pdf)
Zu einer Zeit, in der ein Mann deutscher Innenminister ist, der 1994
einem Koffer mit 100.000 DM in bar von einem Waffenhändler entgegennahm, werden
Listen sogenannter „Gefährder“ erstellt, die das uralte Rechtsprinzip der Unschuldsvermutung
aufheben. Ab jetzt ist jeder solange verdächtig, bis er das Gegenteil beweisen
kann.Der Film zeigt anhand eines wahren Falles aus dem Sommer 2007, wie leicht
in einem Klima der Angst Politaktivisten wie Terroristen behandelt werden: überwacht,
ausspioniert und eingesperrt. Der Fall Andrej Holm hat großes Aufsehen erregt,
doch die wesentlichen Fragen konnte niemand beantworten. Der Bundesrichter
erließ den Haftbefehl mit der Begründung, Holm würde in seinen Arbeiten das
Wort „Gentrifizierung“ verwenden – ein Begriff , der einmal in einem Bekennerschreiben
der „Militanten Gruppe“ auftauchte. Warum überwachte das Bundeskriminalamt den
Soziologiedozenten und seine Familie 11 Monate lang, unter enormen Aufwand,
obwohl in der Zeit keine neuen Verdachtsmomente auftraten?
Alles richtig, bis auf die ‚Kleinigkeit‘, das die Überwachung nicht nach 11 Monaten aufhörte, sondern unseres Wissens bis heute andauert.
- taz, 13.2. Die vermischte Seite auf der Leinwand
"Hans Weingartner inszeniert die skandalöse Verhaftung und Überwachung des
Soziologen Andrej Holm nach, der 2007 ins Visier des Staatsschutzes geriet. Das
ist gut gemeint – doch mehr als eine mit groben Strichen gemalte Warnung vor dem
Überwachungsstaat kommt dabei nicht heraus. "
- AP, 13.2. Deutschland im Spiegel von 13 Regisseuren
"Auf den Überwachungsstaat Deutschland macht Hans Weingartner aufmerksam, der
den authentischen Fall von Andrej Holm zeigt, der erst elf Monate überwacht und
dann eingesperrt wurde, obwohl er unschuldig war."
Da hat auch wieder einer abgeschrieben: die Überwachung dauert an, das Verfahren entsprechend auch, und mind. BKA und BAW würden also wahrscheinlich nicht sagen, dass Andrej unschuldig war. - Deutschlandradio 13.2. Filmische Suche nach Heimat
Tom Tykwer: (…)"Die Tatsache, dass es zum Beispiel in einer Episode von Hans Weingartner, da
geht es um Abhören von potenziellen, revolutionären Zellen unter uns Bürgern und
wie schnell man selber da reingeraten kann … Das ist so eine
Beunruhigungsstrategie, die Hans da verfolgt, die ich ganz interessant finde,
weil die natürlich eigentlich eher aus einer Zeit kommt, in der Filme gemacht
wurden, die sehr stark sozusagen sich mit dem BND und dem Innenministerium
beschäftigten. Das Thema ist ja nicht weniger aktuell geworden dadurch, dass wir
es weniger in den Zeitungen haben, wir haben ja immer noch durchaus große
strittige Themen da, und der Film macht daraus auch einen richtigen
Spannungsbogen." - Tagesspiegel, 13.2. Jammern im Paradies
Schöner Land und Nazis, RAF, miese Laune und Terror-Hysterie: Die
Jungen, so alt, so altbacken. Wenn Hans Weingartner den
Überwachungsstaat anprangert (und den Fall Andrej Holm aufgreift),
greift er im Ton aber auf den Verfolgungswahn der Achtzigerjahre
zurück. - SPON, 13.2. Blabla und Botox
Dies ist also das Deutschland-Bild, das man international vermitteln
will: Wir sind ein faschistoider Überwachungsstaat – so stellen es auch
Christoph Hochhäuslers "Séance" und Hans Weingartner in "Gefährdet" dar
-, bevölkert von Amok laufenden Spießern, die für die Abschaffung der
Fraktur-Schrift bei der "FAZ" schon mal eine ganze Redaktion abknallen
("Fraktur" von Hans Steinbichler). - Neues Deutschland, 14.2. Monotonisierung
Hans Weingartner widmet sich in seinem Beitrag Andrej Holm, der als
Soziologe den Strukturwandel der Innenstädte als eine Auflösung von
Lebensräumen dokumentiert und plötzlich als Terrorverdächtiger in Haft
genommen wird. Ein Quantensprung an staatlicher Überwachung und
Kontrolle. - Yahoo News, 13.2. Alle Bären sind präsentiert
Auf den Überwachungsstaat Deutschland macht Hans Weingartner
aufmerksam, der den authentischen Fall von Andrej Holm zeigt, der erst
elf Monate überwacht und dann unschuldig eingesperrt wurde. - DerWesten.de, 13.2. Ein Stimmungsbild der Republik
Fatih Akin begnügt sich in "Der Name Murat Kurnaz" mit der
Rekonstruktion eines der wenigen Interviews, das die fünf Jahre in
Guantánamo misshandelte Titelfigur gegeben hat. Während hier
hinlänglich bekannte Fakten noch einmal ausgebreitet werden, geht Hans
Weingartner mit "Gefährder" sehr viel weiter. Er rollt den
authentischen Fall eines Soziologiedozenten auf und schildert
Deutschland als perfekten Überwachungsstaat, in dem aus Politaktivisten
schnell Terroristen werden. - Focus Online, 13.2. Berlinale: Zur Klage der Nation in den Sex-Club
Die eher große und klare politische Anklage haben sich Fatih Akin
(„Gegen die Wand“) und Hans Weingartner („Die fetten Jahre sind
vorbei“) auf die Fahnen geschrieben. Akin lässt ein Interview mit dem
Bremer Guantanamo-Häftling Murnat Kurnaz nachsprechen bzw. -spielen,
Weingartner inszeniert den aberwitzigen Fall nach, wie 2007 ein
unbescholtener Hochschuldozent per Großrazzia als Terror-Verdächtiger
verhaftet wurde. - Welt Online, 13.2. So ticken wir – Der Film zur Lage der Nation
Hans Weingartners „Gefährder“ ist das schiere Gegenteil, ein klassisches Stück
linksliberale Paranoia: Ein harmloser Uniprofessor wird von einem maskierten
Spezialkommando frühmorgens aus dem Bett geholt, im Hochsicherheitstrakt
eingelocht, trotz erwiesener Unschuld als abschreckendes Beispiel eine Weile
festgehalten – und weiter überwacht. Weingartner behauptet nicht, dass dies
hierzulande systematisch geschehe, aber er zeigt die mögliche Wirkung auf
eine Gesellschaft: Als der Freigelassene zu einer Demonstration will,
bekniet seine Frau ihn, daheim zu bleiben: Zu einer freien Gesellschaft
gehört auch eine angstfreie Atmosphäre. - ZDF Aspekte, 13.2. Stirbt der Frosch?
Und
Hans Weingartner ("Gefährder") erinnert an den ungeheuerlichen Fall des
Berliner Universitäts-Dozenten Andrej Holm, der 2007 monatelang –
zusammen mit Hunderten anderen – von morgens bis abends abgehört,
observiert und dann verhaftet wurde. Es folgten elf Monate im Gefängnis
– unschuldig.
Überwachungsstaat,
Terrorwahn, Demokratie außer Kraft – auch das sind Themen von
"Deutschland 09". Und schon heute erinnert sich kaum einer daran.
Soweit weg von "Deutschland im Herbst" ist "Deutschland 09" nun auch
wieder nicht. Hans Weingartner kommentiert das mit dem sukzessiven
Zerfall der Demokratie so: "Wenn man einen Frosch in heißes Wasser
wirft, springt er sofort hinaus. Setzt man ihn aber in kaltes Wasser
und erhitzt dies langsam immer mehr, stirbt der Frosch." (Video) -
Süddeutsche.de, 13.2. «Deutschland ’09» auf der Berlinale
Weingartner («Die fetten Jahre sind vorbei») kritisiert die Überwachung
im Kampf gegen den Terrorismus anhand eines Falls, bei dem ein Berliner
Wissenschaftler ins Visier der Fahnder geriet. -
Handelsblatt, 13.2. Szenenapplaus für „Deutschland 09“
Auf den Überwachungsstaat Deutschland macht Hans Weingartner
aufmerksam, der den authentischen Fall von Andrej Holm zeigt, der erst
elf Monate überwacht und dann eingesperrt wurde, obwohl er unschuldig
war. - NDR Online, 13.2. Weltpremiere auf der Berlinale für "Deutschland 09"
Weingartners Episode "Gefährder" beruht ebenfalls auf einer wahren
Geschichte. Der Soziologiedozent Andrej Holm wurde als potenzieller
Terrorist elf Monate lang vom Verfassungsschutz ausspioniert, überwacht
und eingesperrt, obwohl keine konkreten Beweise gegen ihn vorlagen. - tagesschau.de, 13.2. Filme zur Lage der Nation
Im Zeitalter des Terrorismus kann jeder verdächtig sein. Hans
Weingartners "Gefährder" greift den Umstand auf, dass zur
Gefahrenabwehr Listen von Personen erstellt werden, die als potenziell
bedrohlich gelten. Wer darauf steht, kann nicht mehr die
Unschuldsvermutung für sich geltend machen. Die Beweispflicht liegt
nunmehr bei ihm. (Film-Ausschnitte) - FAZ.net, 13.2. Deutschland, das sind die Anderen
Auf derselben Pressekonferenz kritisierte Hans Weingartner die Medien
dafür, dass sie gar nicht erkannt hätten, was für ein Skandal der Fall
des Soziologen Andrej Holm sei, jenes Mannes, der elf Monate lang
überwacht und dann, als vermeintlicher Chefideologe der „Militanten
Gruppe“, verhaftet wurde, bloß weil in seinen Texten dieselben
Stichworte vorkamen wie in den Bekennerschreiben jener Gruppe. Dazu
muss man sagen, dass der Fall Andrej Holm ein Skandal war. Und dass
genau das auch in den Zeitungen stand. Weingartner, in seinem Beitrag
„Gefährder“, fiktionalisiert die Figur, was ihm die Freiheit gibt, auch
diesen Mann viel glatter, netter und ganz frei von Widersprüchen
erscheinen zu lassen. Und dazu erfindet er ein paar Dunkelmänner, die
sich, während das Holm-Double in Haft sitzt, noch fiesere und
effizientere Methoden der Überwachung ausdenken, was diesem Film
endgültig jede dokumentarische Beglaubigung raubt; „Gefährder“ ist nur
das Dokument der Paranoia seines Regisseurs. - Berliner Zeitung, 14.2. Wir machen erstmal so weiter
Auch Hans Weingartner ("Die fetten Jahre sind vorbei") ergreift die
Chance, einen politischen Kommentar zu drehen. Sein Kurzspielfilm
thematisiert den Fall des jungen Berliner Stadtsoziologen Andrej Holm,
der von der Staatsanwaltschaft auf absurd überzogene Weise verfolgt
wurde. Das alte Strafrecht habe ausgedient, verkündet der Bundesanwalt,
nun gehe es um Prävention. Man müsse "die Bombenleger kaltstellen,
bevor sie Bomben legen". Woher weiß er aber dann, wer ein Bombenleger
ist? Im Fall Andrej Holm hat die Polizei im Internet recherchiert und
in seinen Veröffentlichungen das Wort Gentrifizierung gefunden, das
auch eine militante Gruppe in ihren Bekennerschreiben benutzt hatte.
Weingartner inszeniert den Fall als eine beklemmende Studie über das
Ausufern der Verdachtsmomente. - Monarchie & Alltag, 14.2. Berlinale (8): Dorfpunks, Deutschland 09 – 13 kurze Filme zur Lage der Nation, Short Cut To Hollywood
Weingartners Beitrag greift den realen Fall von Andrej Holm,
eines Soziologen einer Berliner Universität auf, der wegen des
Verdachts der Zugehörigkeit zu terroristischen Gruppen verhaftet wurde,
weil er Bücher veröffentlichte, in denen er die Worte “Gentrifizierung”
und “Prekarisierung” verwendete – Worte, die auch in den
Bekennerbriefen der “Militanten Gruppe” standen. Weingartner gelingt in
seiner Polemik gegen den Überwachungs- und Sicherheitsstaat mit
einfachen Mitteln darauf zu verweisen, wie schnell Unschuldige bei
Aushöhlung der rechtsstaatlichen Sicherungsmechanismen dem Staat zum
Opfer fallen können. - NZZ, 16.2. Land der Glückssucher
«Deutschland 09» ist kein filmpolitischer Akt zu einem Thema, sondern
zeichnet das vielschichtige Panorama eines globalisierten Landes. Wobei
es durchaus politische Kommentare gibt wie Fatih Akins enttäuschend
undifferenzierten Versuch «Der Name Muraz Kurnat» oder Hans
Weingartners brisanten Film «Gefährder» über den 2007 unter
Terrorverdacht verhafteten Andrej Holm. - Freitag-Blog von Benjamin Mattausch, 15.2. Deutschland ’09
Hans Weingartner beschreibt in
"Gefährder" die Geschichte des Berliner Soziologen Andrej Holm, der
als vermeintlicher Kopf der sog. ‚militanten gruppe‘ im Vorfeld des G8-Gipfels
inhaftiert wurde und bei dessen Überwachung Millionen von Datensätzen der
bundesdeutschen Bevölkerung dem Staatsschutz zur Verfügung stehen.
Bild: ©Herbstfilm
Zur FAZ Besprechung: „Dazu muss man sagen, dass der Fall Andrej Holm ein Skandal war. Und dass genau das auch in den Zeitungen stand.“
die Suche nach „Andrej Holm“ in der FAZ.NET Suchfunktion ergibt einen(!) Treffer: Die Rezension von Deutschland ’09, die behauptet, es wäre ja in der Zeitung gestanden. Das ist irgendwie sowas von verkommen, man glaubt es nicht.
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Bis auf Die Gefähreder ist Deutschland 09 tatsächlich nicht so spannend. Aber Weingärtner ist einfach eine tolle Episode gelungen – das muss man sagen.