Gestern gab’s in der FAZ passend zum re:publica-Start ein ‚Dossier‘ über "Deutsche Blogger". Dem vorausgegangen war für mich ein Mittagessen mit dem durchaus ziemlich netzbelesenen Autoren Marcus Jauer. Der, ganz im Unterschied zu meinem sonstigen Erleben deutscher JournalistInnen, hinterher nichts autorisieren ließ. Das ist eine durchaus umstrittene Praxis, bei der die Interviewten hinterher absegnen, was von dem, was sie gesagt haben, auch erscheinen darf. Gleichzeitig lassen sich so natürlich Fehler vermeiden.
Der Artikel disst die Wichtigtuerei im Bloggertum, was sich in Teilen mit dem überschneidet, was ich in den letzten Monaten immer mal beschrieben habe. Teilweise auch persönlich gemein, finde ich (die FAZ, nicht ich).
Entsprechend komme ich ganz gut weg, auch wenn mir andere Aspekte über meine Bloggerei wichtiger gewesen wäre, aber die Intention des Artikels ist ja ziemlich deutlich.
Erstaunlich schlampig ist die FAZ in Details, da hätte ich vom deutschen Qualitätsjournalismus doch was anderes erwartet: in der Printausgabe ist die URL von annalist falsch geschrieben, online teilweise mein Name. Markus Beckedahl beklagt dasselbe für die URL von Netzpolitik. Tststs…
Sehr schade ist auch, dass die Umsetzung dieses Werks mit Flash gemacht wurde, was mit sich bringt, dass die einzelnen Teile nicht verlinkt werden können, etwa die beiden Infografiken zur deutschen Blogosphäre und zur Entstehung von Wichtigkeit einzelner Themen. Und entgegen der allgemeinen Wahrnehmung, so die Darstellung der Blogosphäre, gibt es wirklich relevante Gruppen von Handwerk-, Kunst-, Hobby- und Kinder- (Mutti-?)Blogs, die mit Politik und Medien entspannt mithalten können. Dazu die ganz eigene Welt der Blogsport-Blogs, und, erstaunlich, Politik in zwei Kategorien: Israel und Medien. Der Rest geht irgendwie unter.
Sonst: die Bilder eignen sich hervorragend für einen Grundkurs feministische Medienanalyse. Alle Männer in Blau-Grau-Schwarz-Tönen, von Stadt-Kulisse oder im Büro, rechtwinklig, während ich malerisch an eine Weide gelehnt bin, pure Natur. Perfekt. Hätte ich mich ohne praktisches Beispiel nie getraut zu behaupten, dass das in der Regel so ist. Ja, ich habe den Spaziergang an der Spree selber vorgeschlagen, aber da sind auch noch andere Bilder entstanden.
Online gibt es noch mehr Bilder von Daniel Pilar, der überhaupt eine Erwähnung wert ist, weil er sonst viel interessantere Dinge fotografiert (leider auch Flash, guckt mal unter Work – Stories). Mich fand ich nicht so fotogen, was sicher damit zu tun hat, dass es ziemlich früh war und ich sehr verquollen in die Kamera gelinst und sowieso kein Talent habe, mich hübsch irgendwo hinzudrapieren. Ein Glück, dass hier niemand eitel ist.
Fazit: der Artikel ist nicht nett, aber auch nicht völlig falsch. Ihn komplett runterzumachen, wie ich das hie und da gelesen habe, finde ich albern. Das ist der Kindergarten-Reflex: die Journalisten, gerade von der FAZ, sind gemein zu uns, deswegen schmeißen wir jetzt mit dem Blogosphäre-vs.-Journalismus-Sand zurück.
Das Carta beleidigt ist, kann ich verstehen, wäre ich auch gewesen. Mein Mitleid hält sich aber ein bisschen in Grenzen, muss ich sagen (obwohl ich deren Texte oft schätze), nachdem ich gesehen habe, dass mittlerweile unter den 29 AutorInnen nur noch eine Frau ist. Was ist eigentlich aus den anderen geworden?
Solche Erfahrungen kann man vermeiden, indem man sich bestimmten Medien nicht zur Verfügung stellt.
Die Tippfehler der URLs sind schon bezeichnend für den vermeintlichen Qualitätsjournalismus der achso großartigen deutschen Pressewirtschaft. Zeitung von heute sind nicht wirklich informativer als Blogs, auch wenn manche Zeitungsmacher das gern von ihrem Blatt behaupten.
So dramatisch fand ich das denn doch nicht.
Zum Autorisieren: Ich halte das so, dass ich meine Gesprächspartner autorisieren lasse, wenn sie darauf Wert legen, ich es ihnen aber nicht von vornherein anbiete. Eine Ausnahme mache ich bei sehr komplizierten Themen, bei denen ich mir nicht sicher bin, ob ich alles richtig verstanden habe, dann schlage ich von mir aus vor, dass die Zitate noch einmal gegengelesen werden können. Soweit ich weiß, machen das alle meine Kollegen so, mit Ausnahme von Mitarbeitern des Spiegels, bei denen eine Autorisisierung immer zur journalistischen Arbeit dazu gehört (finde ich problematisch) sowie Kollegen von verschiedenen Medien, die ihren Mitarbeitern eine Autorisierung grundsätzlich verbieten (finde ich nicht ganz so problenmatisch aber manchmal schwierig).
Falls es Sie interessiert, habe ich hier ein klein wenig zum Thema geschrieben: http://bandschublade.twoday.net/…-so-nie-gesagt/
Also ich habe schon lange keine Zeitung mehr. Wenn ich da jetzt nach einiger Zeit zurückblicke, weiß ich auch warum. Das war damals nur der Anfang….