Privat vs. öffentlich

Am Dienstag bin ich zu einer Veranstaltung eingeladen, die schon lange geplant ist, aber derzeit täglich aktueller wird:

Mein Profil gehört mir!? (Stream)

Dienstag, 19:30 im taz-café
Rudi-Dutschke-Str.
23, 10969 Berlin

mit

Christian Heller (Futurist)
Michael Horn
(Chaos Computer Club)
Timo Luthmann
(mensch.coop)
Moderation: Julia Seeliger (taz)

Nachdem Jörg-Olaf Schäfer freundlicherweise gerade bei Netzpolitik auf den Termin hingewiesen hat, rechne ich mit gesteigerter Aufmerksamkeit und würde die auch gern zur Vorbereitung nutzen. Wo das Netz ja so schön partizipativ ist, wüsste ich gern, was Ihr dazu denkt. Gern nicht Ein-Satz-Antworten, sondern mit Überlegung und Begründung. Muss kein akademischer Aufsatz sein, aber reale Argumente sind natürlich hilfreicher für eine Diskussion. Passende Links nehme ich auch gern.

  • Warum ist die Privatsphäre wichtig?
  • Wie sollte Privatsphäre in Zeiten totaler Vernetzung geschützt werden?
  • Sollte sie überhaupt, oder sollten wir uns davon verabschieden?
  • Gibt es eine Option jenseits fundamentaler Opposition?
  • Was wäre überhaupt fundamentale Opposition, wenn die absolute Verweigerung viel auffälliger ist als jedes Mitschwimmen?
  • Was wolltet Ihr Christian Heller/Plomlompom immer schon mal sagen?

8 Gedanken zu „Privat vs. öffentlich

  1. Anna,

    hier ein Link auf Bruce Schneier’s Blog. Unter dem Titel
    Schneier on „Security, Privacy, and the Generation Gap“
    findet sich ein Video. Er hält einen Vortrag über das Thema. Sehr interessant auch über die kulturell/sozialen Gesichtspunkte. Er bringt auch einiges gut auf den Punkt.
    Also nimm dir eine Stunde Zeit und „brush up your English“.

    Bruce ist ein guter Redner, etwas schnell manchmal 🙂 .

    Viele Grüsse
    Werner

  2. Ich glaube ja, daß man zu dem Thema gerne deswegen öfter aneinander vorbeiredet, weil oft „Schutz der Privatsphäre“ gesagt, damit aber eigentlich „nur“ die informationelle Selbstbestimmung gemeint ist. Wenn es da eine gesellschaftliche Aufgabe gibt in Form von etwas wo man generell solidarisch agieren muss, dann ist es der Schutz der Freiwilligkeit im Sinne des Wortes.
    Wenn der Großteil der Menschen inzwischen in einer Art Halböffentlichkeit lebt, die sich daraus ergibt, daß diese potenziell jede Menge Daten verfüg- und einsehbar veröffentlichen ergibt sich daraus weder eine Pflicht für andere es ihnen gleichzutun, noch eine implizierte Erlaubnis, diese Daten zu benutzen wie man grade lustig ist.
    Privatsphäre ist das, was ich zu Hause tue, das Netz ist zunächst mal überhaupt kein privater Raum, d.h. wenn jemand dort private Informationen veröffentlicht, sind sie ja nun mal ab diesem Moment öffentlich.
    Umgekehrt ergibt sich aber auch ein Schutzauftrag: Wenn man davon ausgeht, daß das Netz zunächst außerhalb des Privatraums liegt, müssten dort im Prinzip dieselben (bzw. abgeleitete) Regeln gelten, wie für andere, normale öffentliche Räume. Der einzige/eigentliche Unterschied zwischen der Straße vor meiner Tür und dem Netz, um den man sich Gedanken machen muss als Nutzer als auch als jemand, der Privatdaten anderer nutzt/sammelt/verwertet, ist die potenzielle Nachvollziehbarkeit.
    Wenn ich im Schlafanzug und Puschelpuschen zum Kiosk laufe und Brötchen kaufe, dann sehen das in diesem Moment vielleicht 30 Menschen, die es dann wiederum 50 Menschen erzählen (und von denen wahrscheinlich der geringste Teil meinen Namen kennt und diese Information weglassen muss). Veröffentliche ich in Facebook ein Foto von mir im Schlafanzug und Puscchelpuschen muss zum einen ich mir im Klaren darüber sein, daß diese Halböffentlichkeit z.B. in Form meiner Freunde, für die das Bild sichtbar ist, ganz schnell zur Gesamtöffentlichkeit wird, wenn einer von ihnen das mit nem launigen Kommentar nach pictureisunrelated hochläd.
    Die Freunde wiederum müssen sich ebenfalls darüber im Klaren sein.
    Beide sind es oft genug nicht.
    Und jetzt kommt auch noch die Ebene dazu, was der Dienst (also z.B. Facebook) mit diesen daten macht und sich an Veröffentlichungsrechten herausnimmt.
    Letztlich kommen wir dadurch zum Thema Medienkompetenz, die man sich erwerben muss, um das eigene Bild, das private Daten in der Öffentlichkeit von mir zeichnen selbst zu kontrollieren (so gut es eben möglich ist) und zu schützen.
    Die Privatsphäre aber, also die Welt die gebildet wird aus den Infomationen, die man nicht in den öffentlichen Raum trägt, wird von Firmen wie Facebook und Google m.M. nach nicht wirklich verletzt (die haben auch keinen grund, im egenteil, sie sind auf das Wohlwollen der Nutzer angewiesen). In den wirklich Privaten Raum dringt ein Überwachungsstaat ein, indem er sich gegen meinen Willen Daten besorgt bis dahin, daß er sie direkt erhebt, indem er meine Wohnung verwanzt und mich mit Kameras verfolgt. Das tut er genau mit der _Absicht_, meine Privatsphäre aufzudecken und zu untersuchen. Hiergegen gilt es sich zu wehren und deswegen auch immer wieder drauf hinzuweisen, daß die Angriffe auf Google und Facebook seitens irgendwelcher Innen- und Verbraucherschutzministerien reine Popanz-Diskussionen sind, zumindest solange sie auf der anderen Seite mein Recht auf Selbstbestimmung komplett ignorieren, um an meine _wirkliche_ Privatsphäre zu kommen.

  3. Dieser plomplom weiß einfach noch nicht, wem er nützt mit seinen wirren Thesen. Er scheint die kommerziellen Interessen nicht wahrnehmen zu wollen. Und dann noch vor allem dieser Unsinn, dass Datenschutz zukünftig nur durch Kontrollstrukturen zu erreichen wär. Dafür gibt es keine logische Begründung.

    Soll er sich doch nackig machen im Netz wie er will, soll er seine „Ich lese wieder Foucault beim Baden“-Tweets ablassen, aber er soll weniger minderbemittelten Menschen ihre Menschenwürde lassen, indem ihnen sein Weltbild nicht oktroyiert wird. Das hat nichts mit Toleranz seinerseits zu tun, sondern zeigt vielmehr nur mangelndes Verständnis für die Bedürfnisse nach dem Schutz intimer Daten.

    Im Grunde sollte man die Veranstaltung absagen, damit er keine weitere Plattform kriegt, sein leicht abgewandeltes „Privatsphäre ist mausetot“-Gerede unter die Leute zu bringen. Da das aber nicht wahrscheinlich ist, sollte man ihm sehr deutlich machen, was für ein Menschenbild hinter seinen Gedanken steckt. Also bitte sei nicht allzu freundlich mit dem verirrten Jüngling. Bitte.

  4. @Mathias

    auch irgend ein argument oder nur gebashe?
    erklär doch mal was in deinem menschenbild besser ist als an dem von plomlompom?

    ich finde es mutig das plom sich so sichtbar macht, obwohl er dabei wahrscheinlich mehr einstecken muss als so mancher privacy-fanatiker.

    mein wichtigster standpunkt, den ich in der diskussion gern vertreten sehen würde ist der der gewaltlosigkeit:
    wer sich daten mit staats- oder straßengewalt beschafft ist kriminell. wer friedlich daten kopiert oder verteilt nicht.

  5. Generell zu dem Thema gefallen mir Beate Rösslers Artikel, die neben der informationelle Privatheit noch die lokale und die dezisionale beschreibt

    „Der gleiche gemeinsame Nenner all dieser Formen von Privatheit wäre also der der Zugangskontrolle: Privat ist etwas dann, wenn ich dazu in der Lage und berechtigt bin, den Zugang – zu Daten, zu Wohnungen, zu Entscheidungen oder Handlungsweisen – zu kontrollieren“

    „Geht es um Daten über eine Person, also generell darum, was andere über mich wissen, dann geht es um meine informationelle Privatheit. Geht es um meine privaten Entscheidungen und Handlungen (mit wem will ich zusammenleben; welchen Beruf will ich ergreifen; aber auch: welche Kleidung trage ich), dann geht es um meine dezisionale Privatheit; und steht die Privatheit meiner Wohnung zur Debatte, dann rede ich von lokaler Privatheit.“

    Eine Dokument dazu:
    http://www.dpunkt.de/…roben/1888/Kapitel%201.pdf

    Man muss aber nicht unbedingt die fundamental Opposition einnehmen (Twitter zitat: „Verstehe das Problem der #Politik beim Thema #Datenschutz und #Facebook nicht. Wer deren Aktionen nicht mag, braucht sich nicht anmelden.“). Schließlich sind die Zwänge mitzumachen gerade bei Jungen Menschen ziemlich hoch. Aber mit ordentlichen Privatssphäreneinstellungen und wenn man sicher weiß kann wer denn Zugriff auf die Daten hat ist sowas nicht automatisch Teufelszeug. (z.B. eben nicht Vollzugriff für die Verwerter, was aber wohl am besten in einem nichtkommerziellen oder dezentralen Netzwerk wie dem leider eingeschlafenen Projekt http://www.helloworld-network.org funktionieren könnte)

    Das mit dem Zwang ist auch ein Argument zu dem „Was wäre überhaupt fundamentale Opposition..“. Momentan muss man sich, wenn man denn versucht sich daraus zu halten, andauernd fürchten, dass jemand anderes über eine/n schreibt. Und wer ganz sicher gehen will muss in jedem Netzwerk seinen Namen reservieren, damit das niemand anderes tut. Wenn die Nutzung weiter zunimmt ist allein schon der Fakt, dass man nicht dabei ist eine wesentliche Information, die (ungewollt) das Verhalten anderer gegenüber der nicht-teilnehmende Person schon negativ beeinflussen kann.

    Zu Plomlompom: Dessen Thesen erfahren ja gerade viel Rückenwind durch Erich Schmidt und Marc Zuckerberg (Privatsphäre gibt’s nicht mehr und so) und das zeigt doch von wo der Wind weht. Die Kommerziellen Interessen stehen da im Vordergrund. In den Kommentaren zu seinem Artikel auf Carte ist auch schon viel Argumentiert worden. Mir leuchtet am meisten ein, das Post-Privacy so lange nicht funktioniert, so lange nicht alle gleichen Zugang zu Informationen und noch viel wichtiger informationsverarbeitenden Systemen haben die bei Google oder Facebook im Hintergrund laufen. In einer Herrschaftsfreien Welt mit allen zugänglichen Produktionsmitteln kann sich Post-Privacy möglicherweise gefahrenfrei (wobei man da auch noch gegen sprechen kann) einstellen. Aber Post-Privacy kommt da erst ganz am Ende einer grundsätzlicherer Änderungen.

  6. Pingback: Werner luthmann | Keglerscorner

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