Keine Ausreden mehr für Männerüberhang

screenshotEs gibt sie endlich: die Speakerinnen-Liste. Eine Website mit Datenbank, über die Expertinnen für Konferenzen, Podien, Talkshows gefunden werden können.

Dickes DANKE! an die Berliner Rails Girls Gruppe, die das Projekt ganz in Ruhe und ohne Wirbel als Lernprojekt geplant und umgesetzt hat.

Viele zählen die Verteilung von Männern und Frauen auf Bühnen und ärgern sich über die häufig langweilig mit ähnlichen weißen deutschen Akademikern besetzen Veranstaltungen. Wenn Veranstalter_innen darauf hingewiesen werden, dass sie 60, 80, 100 Prozent Männer eingeladen haben, erklären viele, dass sie eben keine Frauen kennen oder gefunden haben, die zum Thema etwas hätte sagen können. Oder fordern auf, doch welche zu benennen, die so gut und kompetent über Thema XY reden können. Kann ich meistens nicht beantworten, weil ich mit den meisten Themen nicht gut genug auskenne.

Dass eine Datenbank nötig ist, ist seit langem klar.

Im IT-Bereich gab es vor Jahren mal ein ähnliches Projekt: Geekspeakr.com. Das wurde leider nicht weiter betrieben und ist inzwischen offline. Als der Netzfeminismus entstand, entstand provisorisch eine Liste mit Frauen, die zunächst über netzfeministische Themen sprechen können: Speakerinnen, vor allem von Kathrin Roenicke gepflegt.

Vor etwa anderthalb Jahren, nachdem sich bei Twitter mal wieder viele über die Besetzung einer Konferenz geärgert hatten, gab es einige Treffen und ziemlich konkrete Pläne. Die Pläne gingen baden, zuwenig Zeit, und dann gab es auch schon einige ähnliche Projekte. Da war auch schon ein Mitglied der Rails Girls dabei, und in aller Stille haben die dann einfach weitergearbeitet und mich etwa ein Jahr später kontaktiert und erklärt, sie seien jetzt fertig. Ich war ziemlich baff und habe mich enorm gefreut. Ich hatte selber in der Zwischenzeit mein Zählblog 50 Prozent gestartet, weil das weniger aufwändig ist und die reinen Zahlen als Argument auch wichtig sind.

Die neue Speakerinnen-Liste ist ungeheuer schick geworden und ist die beste Ergänzug zu meinen Zahlen. Vor zwei Tagen haben wir einige Frauen eingeladen, sich schonmal einzutragen und fast 50 haben das sofort gemacht. Heute, am 8. März, geht es los. Speakerinnen.org soll Veranstalter_innen, die oft wenig Zeit haben, erleichtern andere als die immer gleichen bekannten Namen einzuladen, sie soll Frauen ermuntern, bei einer Anfrage auch mal Ja zu sagen, auch wenn sie das Thema nicht im Schlaf herbeten können, und sie soll Mädchen und Jungen zeigen, dass Fachkompetenz nichts mit dem Geschlecht zu tun hat.

Ich freue mich sehr, und hoffe, dass ich nie mehr die Frage beantworten muss, welche Frau es zum Urheberecht, zu Kryptographie oder zu Verfassungsrecht denn wirklich drauf hat.

Und ich hoffe, dass sich sehr viele Frauen eintragen.
(Dort zu stehen, verpflichtet übrigens zu gar nichts)

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(Ach ja, und es ist natürlich noch nicht alles fix und fertig, wie immer, wenn was zu einem bestimmten Datum raus soll.)

13 Gedanken zu „Keine Ausreden mehr für Männerüberhang

    • Stimmt, es gibt auch noch einige andere. Die unterscheiden sich jeweils ein bisschen: manche haben einen thematischen Fokus, andere legen wert darauf, die Frauen auszuwählen, etc. Ich finde gut, dass es mehrere gibt, weil das die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass sich Frauen irgendwo eintragen und so ganz unterschiedliche Expertinnen gefunden werden können.

  1. Wieso steht da Kollaboration als Motto auf der Seite? Zusammenarbeit klingt doch viel freundlicher. Die Nische, in der Kollaboration ein neutraler Fachbegriff ist und nicht nach Kollaboration mit dem Feind klingt, dürfte nicht sonderlich groß sein.

    Und pragmatisch gesehen erscheint mir eine allzu sozialwissenschaftlich-ideologische Aura nicht unbedingt hilfreich, um auf anderen Fachgebieten gute Honorare rauszuholen.

    • Kollaboration: da ist was dran, obwohl es für mich nicht so sehr negativ klingt. Was die Sozialwissenschaftlerinnen angeht: es gibt sie und sie kennen sich in ihren Bereichen gut aus. Was die Ideologie angeht: für mich klingen sehr PR-orientierte, betont neutrale Profile durchaus auch ideologisch (marktpositiv), das kommt wahrscheinlich auf die Perspektive an.

      Wichig ist sicher, dass von allem was dabei ist und nicht der Eindruck entsteht, es gäbe einen thematischen Schwerpunkt.

      • Ich meinte mit der sozialwissenschaftlichen Aura nicht die Frauen auf der Liste, sondern auch die Sprache und diesen Slogan. Ich habe den Begriff Kollaboration neulich in einem politisch-künstlerischen Umfeld gehört, wo er auch einige irritierte. Für mich klingt er nach Soziologendeutsch und alternativer Ökonomie.

        Und betonen, was man nicht will (den Wettbewerb), ist immer so ne Sache, weil sowas unabhängig vom Thema tendenziell negativ klingt. Oder sogar leicht aggressiv, so ähnlich wie vergleichende Werbung („Wir sind toller als Siewissenschon“).

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  3. Damit ist jetzt wohl ein weiterer Tiefpunkt erreicht!

    Wenn ich eine Veranstaltung besuche, möchte ich qualifizierte und kompetente Informationen zu einem vorgegebenen Thema.
    Und nicht schon wieder eine Frauenquote.

    Das läuft darauf hinaus, dass Frauen als Vortragende eingeladen werden, obwohl sie nichts hilfreiches zum Thema beizutragen haben, sondern nur um eine Alibifrau unter den Referenten zu haben.

    Ich habe selbst schon gelegentlich Vorträge gehalten.
    Wenn ich darum gebeten werde, dann bitte aufgrund meines fachlichen Renommees, und nicht, weil ich eine Frau bin.

    Ich werde mich deshalb in keine derartige Liste eintragen.

    Nichts für Ungut und lg
    breakpoint AKA Anne Nühm

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  7. Hab mir gerade Günther Jauch angeschaut. Frau von der Leyen war mit von der Partie – eiskalt und agressiv. Ich hab weniger Angst vor Putin, als vor von der Leyen. Da fiel es mir wie Schuppen von den Augen: Sie steht in einer Reihe mit Victoria „f**ck the EU“ Nuland, Hillary „we came-we saw – he dyed“ und der eisernen Lady Thatcher, um nur ein paar Namen zu nennen.
    Es ist gewaltig was schief gelaufen in der womans Lib: Frauen drängen in die patriarchale Männerdomaine. ein, nach dem Motto:
    Männlicher als die Männer! Anstatt sich langsam ein eigenes System zu bauen, das mehr matriarchalisch auf das Leben und den Erhalt unserer Mutter Erde achtet. Indem sie Kinder zur Welt bringen und schützen, sind sie wesentlich besser dafür geeignet ein menschlicheres System zu erfinden.
    Sicher, es ist noch eine relativ junge Bewegung, diese Befreiung der Frauen – jedoch ist dringendst nachdenken und fühlen angesagt: Die Idee der Befreiung ist richtung, nur die Richtung kann nicht falscher sein, denn Männer haben wir wirklich genug.
    Freundliche Gedanken
    Edda

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