Neulich bei Twitter: Post-Privacy oder was man dafür hält

©Ahoi Polloi. Danke!

Durch das Netz und zunehmend auch jenseits davon geistert seit einer Weile die Idee der „Post-Privacy“, oder „Nach der Privatsphäre“. Einige glauben, dass wir das Bedürfnis nach Privatsphäre überwinden müssten, weil das letztlich besser für uns sei. Und sowieso auch gar nicht zu ändern, dass es so kommen wird. Ich bin anderer Meinung.

Aus mir weitgehend rätselhaften Gründen kulminiert die Debatte immer wieder am Beispiel Google Street View, obwohl sich das dazu nicht besonders gut eignet. Aber ist natürlich sehr schön plakativ. Und weil die Bilder jetzt da sind, gibt es auch gerade wieder Text dazu, z.B. Digitale Zwangsneurosen von Benedikt Köhler/Slow Media, Das ist die Vorstufe zur Zwangsräumung von Don Alphonso /FAZ-Blogs, dazu auch Jeff Jarvis ist verärgert, auch Don Alphonso/Rebellmarkt. Jeff Jarvis ist gewissermaßen der Guru dieser Glaubensrichtung. Für einen Glauben halte ich das, seit ein weiterer Verfechter, Christian Heller, mir im Frühjahr bei einer Veranstaltung zum Thema erklärte, dass die ganze Post-Privacy-Theorie nicht für das Hier und Jetzt, sondern quasi als Utopie, für nach der Abschaffung der Herrschaftsverhältnisse, gedacht sei.

Am Abend des 26. Oktober entspann sich bei Twitter dazu eine längere Diskussion, was an sich schon ungewöhnlich ist – sowohl für Twitter (wegen der max. 140 Zeichen) als auch für das Thema. Meist wird über- statt miteinander geredet. Es gab von mehreren Leuten die Bitte, dies der Nachwelt zugänglich zu machen – bitte sehr:

(Einige Erklärungen, wie das zu lesen ist, stehen unten)

  1. mspro
    ist ein „recht auf anonymität“ ein recht auf identitätskontrolle und damit auf „informationelle selbstbestimmung“? /cc @plomlompom
  2. annnalist
    Die Post-Privatisten haben den Unterschied zwischen technisch möglich und real umgesetzt nicht verstanden
  3. mspro
    @annnalist es gibt da noch dieses „technisch nicht aufzuhalten“.
  4. annnalist
    @mspro Das erinnert mich alles an ‚Verschlüsseln ist nicht sicher. Wenn genug Rechner aneinandergehängt werden, ist es zu knacken‘
  5. annnalist
    @mspro Praktisch findet das aber nicht statt
  6. mspro
    @annnalist es geht nicht um verschlüsselung sondern um menschen. wenn sich dein nachbar transparent macht, wirst du auch mal ins bild laufen
  7. annnalist
    @mspro Ich weiß, dass es nicht um Verschlüsselung geht. Ich rede von abstraktem Technik-Fetischismus ohne Realitäts-Rückbindung
  8. mspro
    @annnalist ich finde, dass der kontrollverlust durchaus sehr beobbachtbar in der realität stattfindet. noch vereinzelt aber tendenz steigend
  9. annnalist
    @mspro Was aber kein Grund ist, allen einreden zu wollen, sie sollten lieber gleich die gesamte Kontrolle abgeben
  10. annnalist
    ..weil es das beste für sie wäre
  11. mspro
    @annnalist würde ich nicht tun. aber schon mal anfangen alternative lebensmodelle zu erdenken, halte ich für richtig
  12. KiGaNa
    @mspro @annnalist Mir fällt da diese Studie ein, wo durch Netzkontakte die Wahrscheinlichkeit berechnet werden konnte, ob du schwul bist.
  13. mspro
    @KiGaNa in der tat, ein gutes beispiel.
  14. annnalist
    @mspro Ich habe mich nach totalem Verlust der Privatsphäre an ein ganz neues Lebensmodell gewöhnt. Ich weiß, was Post-Privacy ist.
  15. mspro
    @annnalist das weiß ich und will das nicht kleinreden. aber transparenz ist noch etwas anderes, als überwachung in sachen druck und macht.
  16. annnalist
    @mspro Na da bin ich aber gespannt, wie das Phänomen Rasterfahndung / Peer Pressure in das Modell eingebaut wird.
  17. annnalist
    ..also das Herausstechen aus der Masse der Lemminge und der Gruppenzwang, mitzumachen.
  18. ihdl
    @annnalist ich setz 2 euro drauf, dass @mspro gleich fragt, ob rasterfahndung eigentlich nur wegen zu ungenauer filter schlecht ist 😉
  19. mspro
    @annnalist man kann argumentieren, dass rasterfahndung nur deswegen ungerecht ist, weil sie zu wenig/die falschen daten verwenden.
  20. annnalist
    @ihdl bingo 🙂
  21. mspro
    @ihdl ich hatte den tweet schon getippt, aber jetzt gönn ich dir die 2 euro nicht. #pff
  22. annnalist
    @mspro oder dass sie gefährlich ist u.a. weil sie die rausfiltert, die anders sind als die Masse
  23. mspro
    @annnalist das kann man zweiseitig sehen. wenn andersheit exponiert ist, ist der druck zu toleranz auch größer.
  24. annnalist
    @mspro Wie wir gerade an diversen exponierten Minderheiten hervorragend beobachten dürfen. Mir würden zb Roma einfallen
  25. annnalist
    Exponierte Feministinnen auch. Bei Bloggern, oder den Piraten. Läuft super.
  26. Schlipsnerd
    @mspro @annnalist und wo kommt der Druck zur Toleranz her.. das sehe ich (noch) nicht.
  27. mspro
    @annnalist würde gerne trennen zwischen ungelösten gesellschaftl. problemen und datenschutz. das eine darf nicht fassade des anderen sein.
  28. annnalist
    @mspro Exakt. Da würde ich mal zustimmen. Nur weil die Gesellschaft falsch ist, wird die nicht passende Theorie nicht besser.
  29. mspro
    @annnalist datenschutz ist oft die fassade einer gesellschaftlich nicht gelebten toleranz weil andersheit ins private weggeschlossen wird
  30. annnalist
    @mspro Die Gesellschaft wird aber nicht toleranter durch das Gerede, dass sie das werden sollte und das Exponieren der Nicht-Privilegierten
  31. mspro
    @annnalist (davon mal abgesehen, dass die nichtpriveligierten eh kaum datenschutz haben & sich auch kaum jemand dafür einsetzt)
  32. annnalist
    Ich werde anfangen darüber nachzudenken, wenn nicht nur 1a-Privilegierte das propagieren -> weiterlesen bei Herrn Welding
  33. ihdl
    @mspro „huch! ich bin ja privilegiert! wie ist denn das an mich gekommen? schnell umverteilen, husch husch“
  34. annnalist
    @ihdl :))
  35. johl
    @annnalist Privilegierte bekommen mehr Datenschutz zugesprochen als Flüchtlinge oder Erwerbslose. Machtfrei ist der Diskurs eh nicht.
  36. annnalist
    @johl Das ist mir bekannt. Und deswegen gefällt mir die Idee nicht, totale Datenschutzfreiheit für alle zu propagieren
  37. antjeschrupp
    @annnalist – die Privilegierten, das sind zum Beispiel wir!
  38. benni_b
    @annnalist dass es Privilegierte sind, die post-privacy bewusst praktizieren, könnte man wohlwollend vlt. als Solidarität interpretieren?
  39. annnalist
    @benni_b Hübsche Idee. Meinst du, das ist so gemeint? Ob die dann auch ihre Steuererklärung veröffentlichen?
  40. annnalist
    @antjeschrupp Und wer ist wir?
  41. antjeschrupp
    @annnalist Hihi, Du und ich?
  42. antjeschrupp
    @annnalist Aber im Ernst, wir, die wir nicht arm, nicht Roma und keine Kinder mehr sind. Und schon ein bischen Übung mit all dem haben.
  43. annnalist
    @antjeschrupp Ich zb bin ja fast allen hier insofern total privilegiert gegenüber, weil ich schon weiß, wie das ist. So ganz transparent.
  44. antjeschrupp
    @annnalist Ich bin ja keine Anhängerin von Post-Privacy, von daher bin ich eher auf deiner Seite.
  45. mspro
    @annnalist wenn du genau hinschaust, wirst du die machtverhältnisse anhand des datenschutzes entlang verfolgen können:
  46. mspro
    @annnalist elenaproteste für die einen, bankgeheimnis für die reichsten, unwidersprochener nackichmachen für harz4empfänger
  47. annnalist
    @mspro Und dann wissen wir auch, warum einige den dringender brauchen als andere, den Datenschutz
  48. annnalist
    @mspro Und deswegen jetzt Hartz-IV-nackig für alle? Ich denke da etwas differenzierter: Ich hätte es gern nur für die Schweizer Konten
  49. benni_b
    @annnalist das müsste dann wohl die minimalforderung sein, ja. Siehe Norwegen.
  50. antjeschrupp
    @annnalist @mspro @benni_b – Ich halte es nämlich für unmöglich, dass alle Daten verfügbar gemacht werden. Die Frage ist, wo die Grenze
  51. mspro
    @antjeschrupp halte ich auch nicht für möglich. aber auch nicht, die grenze zu zeihen.
  52. mspro
    @annnalist der kontrollverlust ist egalitär. er schafft somit zwar nicht gerechtigkeit, ist aber gerechter, als das was wir jetzt haben.
  53. jjoeris
    @mspro egalitär wird es nur dann, wenn jeder auch die power hat, die daten zu verstehen, die möglichkeit hat, aus Erz ein messer zu machen
  54. jjoeris
    @mspro und messer kann man zum gemüseschnibbeln verwenden, oder zum töteten
  55. mspro
    @jjoeris lass uns lieber eine welt bauen, in der daten nicht töten, möglichst nicht mal verletzten können.
  56. jjoeris
    @mspro wenn wir Datenschutz abschaffen, dann geht die Macht an die Datenversteher über. Die mögen dann hehre Ziele haben, oder halt nicht.
  57. mspro
    @jjoeris in der tat. das ist so. wir sollten alle möglichst schnell datenversteher werden.
  58. annnalist
    @mspro Das halte ich für eine sehr ideologische Utopie. Weil wir keine Machtverhältnisse wollen, gibt’s auch keine?
  59. mspro
    @annnalist es wird machtverhältnisse weiter geben. aber egal wie mächtig du bist, du hast die informationen nicht mehr unter kontrolle
  60. jjoeris
    @mspro D.h. die gut ausgebildeten werden immer noch über die weniger gebildeten herrschen können
  61. johl
    @annnalist Es ist ein Abwägen zwischen dem Fortschritt durch mehr Datenschutz und mehr Öffentlichkeit. Wikileaks ist ja auch „post-privacy“.
  62. annnalist
    @johl Ich bin sehr für Post-Privacy bei denen, die ‚Macht haben‘. Ich habe aber nicht den Eindruck, dass es darum bei der Debatte geht.
  63. mspro
    @annnalist es gibt auf dauer keine semipermeable transparenz.
  64. jjoeris
    @mspro dann geht die Gewalt eben vom pull und nicht mehr vom push aus. Dann unterdrückt halt der beste Dataminer.
  65. mspro
    @jjoeris unterdrücken kann er dich nur, wenn er die infos gegen dich verwenden kann.
  66. jjoeris
    @mspro bei totaler Transparenz wird sich immer etwas finden lassen, wenn man nur will. In so einer Welt muss man ungestraft Fehler machen
  67. jjoeris
    @mspro dürfen. Überhaupt muss man fehler machen dürfen. Sonst kein Fortschritt, keine Anpassung, keine Evolution
  68. mspro
    @jjoeris eine solche welt war schon immer wünschenswert, bald wird sie nötig.
  69. mspro
    ich glaube nicht, dass eine grenzziehung zwischen transparenten & datengeschützten möglich ist. und wenn doch, rate mal wer wo landen würde.
  70. antjeschrupp
    @mspro Ja, die Herausforderung besteht aber darin, sich dem Unmöglichen zu stellen und nicht davor zu kapitulieren 🙂
  71. annnalist
    @mspro Das ist ungefähr so, als sagtest Du: Im Kommunismus sind alle gleich.
  72. jjoeris
    @annnalist Das ist dann Datenkapitalismus. Wer die meiste Auswertepower hat, hat auch die Macht.
  73. jjoeris
    @mspro @korbinian da sehe ich auch das Problem bei dem Kotrollverlust. Es wird so getan, als ob es sich um Naturgewalten handelt
  74. mspro
    @annnalist es ist eher so wie bitte schunkeln sie jetzt, aber nur jeder zweite.
  75. annnalist
    Was den Rest angeht: Ich habe den Eindruck, wir haben hier die Grenzen des Möglichen in 140 Zeichen erreicht.
  76. annnalist
    @mspro Oder wie: Chancengleichheit ist, wenn alle gleich schnell rennen dürfen. Da gab es mal einen Cartoon, als ich noch zur Schule ging..
  77. mspro
    @annnalist @plomlompom meinte mal, dass die priveligierten gehalten sind, die toleranzgrenzen der gesellschaft zu erweitern.
  78. annnalist
    @mspro Das ist ein Witz, oder?
  79. korbinian
    @annnalist wer soll sie sonst erweitern?
  80. mspro
    @annnalist finde ich recht schlüssig. wer wenn nicht wir?
  81. korbinian
    @annnalist das können nur die die wenig zu verlieren haben.
  82. annnalist
    Ich kann dem nichts abgewinnen, dass die, die mehr Möglichkeiten haben, die Standards für die anderen setzen.
  83. annnalist
    Ich halte mehr von: die Langsamsten bestimmen das Tempo
  84. korbinian
    @annnalist ds gegenteil is aber genauso falsch
  85. antjeschrupp
    @korbinian :))
  86. antjeschrupp
    @annnalist Dann müsstest du aber erklären, woher du deinen Optimismus nimmst.
  87. annnalist
    @antjeschrupp Welcher Optimismus?
  88. antjeschrupp
    @annnalist Na, dass es möglich sein könnte, die Langsameren das Tempo bestimmen zu lassen.
  89. annnalist
    @antjeschrupp Oh, und den hast du nicht mehr, den Optimismus, dass es möglich sein muss, gegen Ungerechtigkeit vorzugehen?
  90. antjeschrupp
    @annnalist Aber doch! Wir streiten uns doch nur über das wie. Und über das wer.
  91. annnalist
    @antjeschrupp beruhigend
  92. mspro
    @annnalist der fortschritt bestimmt das tempo. man darf die langsamen nicht ins offene messer rennen (oder schleichen) lassen.
  93. korbinian
    @mspro fortschritt? was soll das denn sein? magst du kurz definieren?
  94. annnalist
    Hurra, das ist der Satz des Abends :).“Der Fortschritt bestimt das Tempo“. All said.
  95. korbinian
    @mspro der entsteht ja nicht einfach so. der muss ja von menschen erbracht werden. oder siehst du das alles determiniert?
  96. korbinian
    gerechtigkeit, sinn, solidarität – das sind alles so schwammige begriffe mit denen ich überhaupt nix anfangen kann.
  97. annnalist
    RT @korbinian: gerechtigkeit, sinn, solidarität – das sind alles so schwammige begriffe mit denen ich überhaupt nix anfangen kann.
  98. korbinian
    @annnalist retweetest du das jetzt um mir zuzustimmen oder um mich lächerlich zu machen?
  99. annnalist
    @korbinian Weil ich das tatsächlich total komisch finde
  100. korbinian
    @annnalist ich hoffe du meinst das gute „komisch“
  101. korbinian
    @mspro ich glaube sowieso nicht an erfindungen. das konzept erfindung ist eine menschliche erfindung!
  102. korbinian
    @mspro glaubst du dass die regeln der evolution dann zwangsläufig zu bestimmten ergebnissen in abgestecken universen führen?
  103. jjoeris
    Was der Politik ihr „Alternativlos“ ist , ist den Post- Privatisten der Kontrollverlust. Reaktion statt Aktion
  104. jjoeris
    @mspro Eine Formel, die retrospektiv etwas beschreibt, ist doch wohl etwas anderes, als ein optimiertes Rechenwerkzeug
  105. antjeschrupp
    findet, dass @mspro und @annnalist ihr Streitgespräch dann mal ordentlich bloggen sollten. Außerdem: was @benni_b grade sagt.

Vielen Dank für die Hilfe beim Zusammenstellen an Kai Werthwein (schlipsnerd)! Beteiligt waren neben Michael Seemann (mspro) und mir noch Antje Schrupp (antjeschrupp), Benni Bärmann (benni_b), Kathrin Ganz (ihdl), Jens Ohlig (johl), Korbinian Polk (korbinian) und Julian Jöris (jjoeris)

Lesehilfe für Twitter-Ungeübte: wenn da steht

  1. sonnenschein
    @regenwolke Der Himmel wird blau, sagt @wetterfrosch

dann heißt das, das jemand mit dem Twitter-Namen (=Nick) „Sonnenschein“ jemand anderem namens „Regenwolke“ mitteilt, dass „Wetterfrosch“ gesagt hat, dass der Himmel jetzt blau wird.

Die Tweets (=einzelne Meldungen bei Twitter) erscheinen nach bestem Wissen und Gewissen chronologisch. Es ist quasi unmöglich, die korrekte Reihenfolge nach 10 Tagen zu rekonstruieren, außerdem twittern ja in der Regel eh alle durcheinander. Ich habe versucht, sich direkt aufeinander beziehende Tweets auch direkt untereinander zu schreiben. Bitte meldet Euch, wenn was fehlt oder falsch einsortiert ist. Es ist ja auch gut möglich, dass noch andere Leute beteiligt waren, die in meiner und des @schlipsnerd‘ Timeline nicht auftauchten. Damit die Änderungswünsche leichter beschrieben werden können, ist alles durchnummeriert.

Frohes Weiterdiskutieren!

22 Gedanken zu „Neulich bei Twitter: Post-Privacy oder was man dafür hält

  1. Wenn Privatsphäre/infirmationelle Selbstbestimmung doof ist, weil es die „Umgehung der Lösung“ des Problems der gesellschaftlichen Intoleranz ist, dann ist auch die Verschlüsselung beim Online-Banking doof, weil sie eine „Umgehung der Lösung” des Problems des Geizes ist.

    100%ige Toleranz für Alles und Jeden ist eine Utopie und ich glaube kaum, dass sich daran etwas ändern wird.

  2. Bei „Wikileaks ist ja auch “post-privacy”.“ ist mir dann doch die Augenbraue hochgegangen. Immerhin haben die tausende Namen aus ihren Dokumenten herausgenommen, weil diese Leute sonst jetzt ganz einfach mausetot sein könnten.

  3. Pingback: Berliner Blogs im Wikio-Ranking November 2010 – By Stefan Stahlbaum

  4. Den Hetzer Alphonso als Referenz anzuführen trägt nicht dazubei ein Posting ernstzunehmen.
    Dann auch noch das Wort „Guru“ als Bezeichnung für Jeff Jarvis von jenem zu übernehmen, ohne zu prüfen, ob der Bezeichnete a. vielleicht durchaus ein Verständnis von Privatsphäre/Öffentlichkeit hat, halt eben nur ein anderes und b. die Bezeichnung „Guru“ hier von dem ansonsten argumente-freien Rainer Meyer als realitätsferne Diskretitierung gemeint ist, lässt mich endgültig die Lust verlieren deinen Beitrag zu lesen.

  5. @Jens Best

    Es steht dir selbstverständlich völlig frei zu lesen was du möchtest.

    Wieso ist ausgerechnet Don Alphonso ein Hetzer? Der gesamte Diskurs kommt ja recht ’schwungvoll‘ daher, nicht zuletzt von Jeff Jarvis. Es ist doch dessen Markenzeichen, seine Vorträge mit leicht verständlichen Metaphern zu illustrieren, die aber nicht unbedingt enorm differenziert daher kommen. Und dass er besonders zimperlich wäre mit Leuten, die anderer Meinung sind, behauptet sicher auch niemand.

    Dass es nötig sei, sein Verständnis zu Privatsphäre zu prüfen, bevor ich mich zu der Behauptung versteige, er sei der Guru des Post-Privacy, wage ich ja mal zu bezweifeln. Die sporadisch Beobachtung oder temporäre Anwesenheit im Netz reichen dazu völlig aus. Und woher nimmst du die Sicherheit, ich hätte mich nicht mit ihm beschäftigt?

  6. Dann verlinke ich mal den von mir sehr geschätzten Blogger mark793 welcher zwar den rebellenmarkt auch auf seiner blogroll zu stehen hat, aber hier und da dem rebellenmarkt auch nicht unkritisch gegenüber steht.

  7. @anne

    „Wieso ist ausgerechnet Alphonso ein Hetzer?“ süß.

    Wenn du dich mit der Ansicht von Jeff zum Thema privat/öffentlich beschäftigt hättest, wüsstest du, dass er, im Gegensatz zum öffentlich rumkrakelenden Alphonso zu einer differenzierten Meinung fähig ist. Jeff ist kein Post-Privacy-Vertreter, er vertritt nur ein anderes Veständnis von Offenheit.

    Darüberhinaus hat Jeff eine Eigenschaft, die dem armen Geist der FAZ abgeht – hassfreies Zuhören. Jemand, der mich mit erfundenen Begriffen wie „Netztotalitarist“ (und Schlimmeres) versucht zu brandmarken, weil er nicht fähig ist, einen Diskurs über Öffentlichkeit/öffentlichen Raum und Privatsphäre als zwei sich gegenseitig bedingende und für eine freie Gesellschaft notwendige Bestandteile des bürgerlichen Lebens zu führen.

    Es gibt Daten, die gehören zur Privatsphäre und es gibt Daten, die gehören in den öffentlichen Raum. Beides muss geschützt werden. Das eine vor der unfreiwilligen Veröffentlichung, das andere vor der Entöffentlichung.

    Der Rest ist kulturelle Entwicklung. Die sollte sich zwar eine Bürgerschaft weder von einem Staat noch von einem Unternehmen vorschreiben lassen, aber individuelle Willkür über den aktuellen gemiensam getragenen Rahmen des Öffentlichen (z.B. Häuserfassaden onlinestellen) werde ich genauso nicht dulden. Die Fotografie auf der Strasse bleibt frei, und wer mich dafür einen „Nazi“ oder „Netztotalitarist“ nennt, der disqualifiziert sich durch seine eigne Engstirnigkeit.

  8. Post-Privacy bedeutet nicht alles Scheisse zu finden was anders ist als man selber. Keine Ahnung wie man das ablehnen kann. Die Idee ist grandios. Nur ihre Zeit noch nicht gekommen. Das PP funktioniert ist unstreitbar. Ob es den Mainstream jemals erreichen wird nicht. Wahrscheinlich wird es noch einige Generationen dafür benötigen. Wer sich über PP unterhalten will sollte erstmal mit Jean Pol Martins Menschenkonstrukt und Neuronen-Theorie beschäftigen. Und diese auch möglichst in der Betrachtung heranziehen um geeignete Gegenbeispiele vorzubringen. Wer möchte kann sich ja mal philosophisch mit Privatsphäre beschäftigen. Eine natürliche Bedinung dafür gibt es nämlich nicht. Sie ist eine Erfindung des Menschen und nicht mal eine gute. Jedoch hat sich auf ihr sehr vieles aufgebaut womit wir heute leben.

  9. @Robert

    Solange wir nicht in der bestmöglichen aller Welten leben, bleibt dies Spekulation und kann philosophisch in irgendwelchen Hinterzimmern ausdiskutiert werden, aber einen Mehrwert oder Nutzen hat es für die derzeitige Lage in unserer Gesellschaft nicht. Profitieren werden davon einige wenige, ausgetragen auf dem Rücken vieler. Sei es nun politisch oder wirtschaftlich, bzw. beides verschränkt.

  10. „Das (sic) PP funktioniert ist unstreitbar.“ – ich frage mich neuerdings immer öfter, wer den Leuten bloß eingeimpft hat, daß es keine hierarchischen Machtverhältnisse mehr gibt und bestimmte Freiheiten aus dem Digitalen (das das RL in Teilen nur abbildet) plötzlich 1:1 so auch in der Wirklichkeit angenommen werden.
    Haben gewisse Netzaktivisten inzwischen alle Marx gelesen oder aus ihrern privilegierten Situationen heraus nur alle um sich herum vergessen?
    Ich versteh es nicht. Ich komm da nicht mehr mit, sorry.

  11. Pingback: Der Unterschied zwischen Öffentlichkeit und mangelnder Privatsphäre « Findling

  12. @Julius
    Auch wenn ich jetzt nicht sehe, dass irgendjemand behauptet, dass es im Netz keine hierarchischen Machtverhältnisse mehr gibt, so ist das Netz keineswegs hierarchiefrei. Es wird immer Knoten und Kanten mit mehr oder weniger Macht/Bedeutung geben. Es schafft die theoretische Möglichkeit, dass alle mit allen kommunizieren können, aber was real daraus wird, steht auf einem anderen Blatt.

    Deshalb glaube ich auch nicht daran, dass der Kontrollverlust egalitär ist, er verschiebt nur die Linie vom besten Datenverberger, zum besten Datenversteher. Für „die Netz- und Datenversteher“ ist das natürlich verlockend, weil die in diesem Feld auch mal am oberen Ende der Nahrungskette stehen.

  13. Die Linie „Post-Privacy“ ist nur für die Utopie gut aber nicht für die Realität, lese ich jetzt immer mal wieder. Die Frage ist doch die nach dem Weg in die Utopie, weil mit dieser Realität hier werden wir ja alle auf Dauer nicht glücklich. Ich denke, dafür ist eine neue Form der Produktion und Reproduktion unserer Lebensmittel nötig (da bist Du ja wahrscheinlich mit mir einer Meinung?). Heute läuft das über getrennte Privatproduktion. Privatsphäre ist notwendige Bedingung damit das funktionieren kann, deswegen wurde sie ja auch mit der bürgerlichen Gesellschaft zusammen erfunden. Ich denke schon, dass einiges dafür spricht, dass zusammen mit dieser auch jene fällt. Wenn wir die Organisation unseres Lebens wieder selbst in die Hand kriegen wollen, müssen wir Bedürfnisse und Fähigkeiten austauschen => also transparent machen.

    In diese Richtung zu experimentieren ist etwas, was Priviligierte dazu beitragen können, dass das irgendwann möglich wird. Sie können es sich leisten sich derart verletzlich zu machen. Hast nicht letzten Endes Du damals als es diesen krassen Angriff auf Deine Privatsphäre gab etwas ähnliches gemacht? Du hast alle Deine Privilegien (Medienkenntnisse, Vernetzungen, …) eingesetzt um diesen Angriff Judo-mässig zu kontern. Du hast erst recht noch größere Teile Deines Lebens öffentlich gemacht z.B. in diesem Blog um die Härte dieses Angriffes spürbar zu machen. Und das hat ja auch prima funktioniert.

    Die Frage ist also nicht ob Post-Privacy nur für die Utopie taugt, sondern wie wir hier und heute konkret-utopisch mit den Möglichkeiten, die uns Post-Privacy geben kann, umgehen. Und dabei die, die diese Möglichkeiten nicht haben (weil sie entweder sowieso schon nackig sind oder weil sie dann schneller untergehen als wir „Post-Privacy“ sagen können
    ), nicht vergessen.

    Also pro Street-View, aber Contra Elena. Pro Steuersünder-CD auswerten aber contra Hartzer-Überwachung usw.

    Ich hatte diese Diskussion die wir da geführt haben damals versucht zusammenzufassen mit dem abgewandelten CCC-Slogan:

    „Daten der Mächtigen nützen, Daten der Ohnmächtigen schützen.“

  14. @Benni

    Danke, ja, damit kann ich was anfangen (wobei ich den Teil mit der Lebensmittelproduktion nicht verstanden habe..). Wenn die Debatte nicht so enorm ideologisch aufgeladen wäre und dazu nicht den Beigeschmack hätte, vor allem der Profilierung einzelner Beta-Männchen dienen zu sollen, wäre vielleicht möglich, tatsächlich neue Gedanken zu produzieren. Darüber würde ich auch gern (mit anderen) nachdenken. Unter dem Titel ‚Post-Privacy‘ scheint mir das aber unmöglich: der ist versenkt.

  15. Pingback: Thorstena » Machen wir uns nichts vor XXV

  16. Pingback: “Privatsphäre ist kein schützenswertes Gut mehr” « Das Philoblog

  17. Da ich nach Quellen zu der Studie über die Erkennung von Homosexuellen in sozialen Netzen gefragt wurde, und weil dies nicht leicht zu googlen ist, hier ein paar Quellen:

    http://www.zeit.de/digital/2009-09/facebook-gaydar-myspace
    http://www.taz.de/1/politik/schwerpunkt-ueberwachung/artikel/1/verdaechtige-freunde/

    Das Interview dazu im „Boston Globe“:
    http://www.boston.com/bostonglobe/ideas/articles/2009/09/20/project_gaydar_an_mit_experiment_raises_new_questions_about_online_privacy

  18. Pingback: engl @ absurdum » Blog-Archiv » net society

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