netz:regeln mit Regelschmerzen

Referenten für netz:regeln, Screenshot am 28.9. gemacht von Christian SoederDie grünennahe Heinrich-Böll-Stiftung hat sich einen ziemlichen Faux-Pas geleistet. Sie organisiert am 9. Oktober eine netzpolitische Veranstaltung, „netz:regeln. Chancen und Risiken künftiger Netzregulierung“. Als ich sie Mittwoch nacht fand, war unter den 21 eingeplanten Referenten nicht eine Frau. Auch drei oder vier wären für eine Stiftung, die Gender ganz groß im Image trägt, ziemlich peinlich. Aber gar keine?

Es gibt zwei Websites zur Veranstaltung: die bei der Böll-Stiftung selber, und eine mixxt-Community. Bei letzterer stand eine Frau auf der Liste.

Mir stellt sich mal wieder die Frage: Wie kann denn sowas passieren?

Natürlich gibt es ausreichend Frauen, die zu den Themen etwas sagen können. Sicher weniger als Männer, aber auf jeden Fall genug, um so ein Tagesseminar zu füllen. Falls doch mal eine Lücke entsteht, gibt es diese praktische Website: geekspeakr.com – connecting tech women speakers with event organizers.

Der grüne Blogger Till Westermayer schrieb fassungslos, was wahrscheinlich viele dachten: Ach, Böll-Stiftung! Weil er

die Böll-Stiftung bisher – als Stipendiat, aber auch als Mitorganisator von Veranstaltungen – als eine Organisation erlebt habe, die Gender und Diversity einen extrem hohen Stellenwert einräumt.

Eben.Bei der Adenauer-Stiftung hätte micht das nicht so geschockt, obwohl es auch da einen Kommentar wert gewesen wäre.

Christian Soeder hat in weiser Voraussicht von dem Debakel einen Screenshot gemacht und in seinem Blog rotstehtunsgut.de (aus „gesunder sozialdemokratischer Perspektive“) veröffentlicht (zu sehen oben). In den Kommentaren dazu wird dann die Frage gestellt, ob die (SPD-nahe) Friedrich-Ebert-Stiftung das besser könnte – Quod erat demonstrandum, würde ich sagen.

Einen Tag später waren mehr Frauen im Programm aufgetaucht, aktuell sind es 5 von 30 ReferentInnen.

Ganz nebenbei würde mich übrigens noch interessieren, wieso die Böll-Stiftung sowas ausgerechnet gemeinsam mit der Bitkom (dem Interessenverband der IT-Unternehmen) veranstaltet? Und welche Chancen der Netzregulierung?

11 Gedanken zu „netz:regeln mit Regelschmerzen

  1. Nee. Du hängst dich jetzt an der Frauenquote auf. Sei mal mal froh, diese nicht allzusehr vertreten sind. Schau dir doch mal die Themen an! Diese Organinsationen sind längst nicht das was deren Überschriften verheißen. Ich bin hier in Köln geboren und habe seither nicht viel anderes gesehen, aber den Böll und den Wallraff, die habe ich hautnah erlebt. Böll ist hier massiv vom Staat terrorisiert worden, jahrelang, ja gestorben ist der daran. Wenn der die Themen in seinem Namen lesen könnte, würde er laut aufschreien „Zensur“. Da steht „Was passiert mit unseren Daten“. Das ist doch längst nicht mehr die Frage, die lautet doch „was passiert nicht mehr mit unseren Daten“. Jeder hier kann seine eigenen Copyrights einstellen – ich brauche diesbezüglich keine Hilfe. „Neutral bis zum Kollaps“, ?, wessen Kollaps, dem von Wikileaks oder dem des Bundesinnenministers oder eines seines gleichen in den Ländern?
    Ich habe da schon hinter viele Kulissen gesehen, auch hinter die der damaligen Präsidentin des Goethe-Institut, der Frau Limbach, eine schwer kriminelle Frau die nicht ohne Grund nur noch für diesen Job taugte, und auch das war schon riskant. Diese Überschriften der Stiftungen, wenn diese Leute noch lebten, die würden die bespucken. „Netzwerkmanagement“ – häääh. Ich bin mein eigener Manager, danke, ich komm‘ schon klar. Was die da machen: die wollen in Salamitaktik mit dem freundschaftlichen Arm über deiner Schulter ausloten was noch so geht. Wer hier demnächst nicht einen Perso mit Chip hat, der kommt nicht nur nicht ins Netz, der bekommt schon beim Händler erst gar keinen PC mehr. Und wenn du da an deiner angemeldeten Webseite was ändern willst, dann musst du das beantragen, so wie beim Straßenverkehrsamt, und das kann nicht nur dauern, sondern wird auch kosten. Blogs werden demnächst innerhalb weniger Stunden ausgerottet werden. Also sofern du überhaupt noch rein kommst ins Netz. Bei den Öffentlich-Rechtlichen gewöhnen sie uns schon, die löschen was das Zeug hält. Du glaubst gar nicht was da noch alles geht. Über Knopfdruck im Netz kann dir deine Ausreisegenehmigung entzogen werden, oder deine Fahrerlaubnis für dein Auto, einfach so, und das ganz ohne Mauer, und das ist erst der Anfang, sieh mal nach Berlin, keine 24 Stunden vergehen ohne freche Hiobsbotschaft, und da ist unser Thomas der Top-Mann, zusammen mit Merkel, die beiden sind da als ehemalige DDR-Patienten erprobt, die kennen sich aus. „Netzsperren als europäische Sackgasse?“ – das steht da mit Fragezeichen! Schon gesehen? Oder habe ich jetzt was falsch verstanden? „Auf dem Weg in die Twitterdemokratie“, ja Twitter ist scheiße, das glaub ich denen gern. Das gehorcht nicht so wie Steffen Seibert, gelle. Da finden sich nur wenige Schreib- und Verbalhuren, und all die Politiker die sich da rächen, is‘ ja zum kotzen.

  2. Vielleicht wurde ja nach Kompetenz und nicht nach Quote ausgewaehlt. Und das heisst ja nicht, dass Frauen nicht auch durch Maenner repraesentiert werden koennen. Wenn in den Top21 der Leute die dazu was sagen koennen keine Frau vorkommt, dann kommt da eben keine Frau drin vor. Soll man jetzt einen kompetenten Mann rauskicken nur um eine Quotenfrau da zu haben? Das wird ja sicher keiner fordern wollen …

  3. Anne, ich stimme dir da völlig zu. Aber auch Bitcom überrascht mich ehrlich gesagt nicht mehr, nachdem in einer der letzten Ausgaben der Zeitschrift der Heinrich-Böll-Stiftung über „Desertec“, dieses Riesensolar-Projekt europäischer Stromgiganten in Nordafrika, rein positiv und sogar vom Vorstandschef selbst berichtet wurde.

  4. Ja, kann ja gar nicht sein, dass es *eine* Frau gibt, die zu dem Thema kompetent was sagen kann.
    Wer sagt dir denn, dass kompetenten Frauen nicht gefragt wurden, aber weniger qualifizierte Männer reingenommen wurden? Nicht aus bösen Verschwörungs-gründen, sondern weil Frauen wegen ihres Geschlechts diese Kompetenz oft nicht zugetraut wird.

  5. also auf den vortrag des cdu typsen wär ich ja mal gespannt. ob der dann einen ganzen vortrag lang die kinderporno keule schwingt und auf dem tina-prinzip beharrt? 😀

  6. Ich denke nur an Twister…ODEM/telepolis/etc…

    …zumindest war sie vor ein paar Jahren eine rechte Koryphäe in dem Gebiet,
    weiß nicht ob das heute noch so ist.

    irgendwas hatte das alles auch mit dem assoziations blaster zu tun…

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  8. A-Blaster ist Alvar Freude. Er und Twister zusammen sind auf jedenfall sehr geeignet kompetente Dinge in den Debatten heutzutage einzubringen. Anne hier hat aber auch schon einiges gutes beigetragen.

    Bei der Liste wäre aber erst einmal das Auswahlkriterium wichtig, bevor man sagt „wie konnte das passieren!“ erst einmal fragen „Wie konnte das passieren?“. Vielleicht gab es ja irgendein Kriterium das für die entsprechenden Sprecher sprach. Und wenn es nur sowas war, wie dass die sich alle freiwillig gemeldet haben, und die entsprechenden Frauen (z.B. mangels information) sich nicht gemeldet hatten. Auf jedenfall niemals Bosheit unterstellen wo andere Gründe schon reichen würden.

  9. Pingback: Armer Heinrich - Graubrot

  10. @Skreee: „Ja, kann ja gar nicht sein, dass es *eine* Frau gibt, die zu dem Thema kompetent was sagen kann.“ – Doch, da wird es bestimmt welche geben. Schlag doch einfach mal eine konkrete Expertin vor! Gerade für den ersten Block „Netzneutralität“ wird das gar nicht so leicht (Mir würden noch zwei oder drei Namen einfallen, aber vielleicht verfolge ich auch die falschen Debatten).

    @Jon: Twister war damals bei Stop1984 aktiv. Ich habe auch den Eindruck, dass sie sich in den letzten beiden Jahren etwas zurückgezogen hat. Aus Odem.org (und einigen Fitug-Mitgliedern) ist inzwischen übrigens der AK Zensur enstanden. Lutz, der für den AK Zensur gleich in zwei Panels sitzt, ist wohl einer der kompetentesten Gesprächspartner, den man zu den beiden Themen finden kann.

    @Allo: „Vielleicht gab es ja irgendein Kriterium das für die entsprechenden Sprecher sprach. “

    Ja, Verfügbarkeit würde mir da einfallen. Gerade auf NGO-Seite reden wir ja von Menschen, die in der Regel noch einen normalen Job haben. Da kann es auch mal sein, dass der dritte oder vierte Termin in einer Woche freundlich abgelehnt wird. Gerade bei Netzsperren, Jugendmedienschutz, Datenschutz und Netzneutralität gibt es nicht nur personelle Überschneidungen, sondern derzeit auch einige terminliche.

  11. Nach unserer Recherche finden sich unter den renommieren Experten zu den Themen Datensicherheit und Datenschutz, Netzneutralität, Netzwerkmanagement, Urheberrecht und Offene Zugänge immer noch weniger Frauen als Männer. Das zumindest ergab unsere Recherche zur Vorbereitung dieser Tagung.

    Aufgeführt im Veranstaltungskalender wurden zunächst nur die Referenten/innen, die eine Teilnahme fest zugesagt hatten. Eine Teilnahme fest zugesagt hatten zunächst mehr Männer als Frauen. Mittlerweile führen wir in der Referenten/innen-Liste auch die Referenten/innen auf, die noch angefragt sind – darunter einige Frauen.

    Die Kritik an diesem Ungleichgewicht bleibt trotzdem richtig und ist auch bei uns angekommen.

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