EM in Polen – da bleibt kein Überwachungswunsch offen

Polens Polizei will nach FOCUS-Informationen während der Fußball-Europameisterschaft Hooligans mit Hightech in Schach halten. Handy-Ortung, Datenaustausch und Überwachungssysteme sollen Sicherheit in den Stadien garantieren. (Focus)

Das ungeschriebene Handbuch für InnenpolitikerInnen „Wie verkaufe ich dem Volk neue Überwachungsmethoden“, Untertitel „Was die Sicherheits-Industrie sich als Nächstes wünscht“ ist eigentlich ganz einfach aufgebaut:

In regelmäßigem Wechsel braucht es eine neue Bedrohung, jeweils so beschrieben, dass es a) schön gruselig und b) keine Gefahr besteht, dass sieh zuviele ordentlich unbescholtene Bürger mit den Überwachungsobjekten Gefährdern identifizieren.

Als da wären: Drogenhändler, Organisierte Kriminalität, Russenmafia, Frauenhändler (besonders geeignet, weil noch das Moment der beschützenswerten Opfer dazukommt), Terroristen, Hooligans. Wenn alle durch sind: von vorne anfangen.Demnächst sicher auch Hacker.

Große Sportereignisse (hat sich schonmal wer gefragt, warum immer die Innenminister auch für Sport zuständig sind?) bieten dafür jede Menge Vorteile: Viel Publikum, viel nationale Begeisterung = viel Zusammengehörigkeitsgefühl, viel Chaos = offensichtliche Notwendigkeit für Sicherheitsmaßnahmen, viel Bereitschaft, Maßnahmen zu akzeptieren um bloß ja dabeisein zu können.

Vor uns liegt also die Europameisterschaft.

Verdächtige Personen könnten bei Bedarf bereits ab dem Grenzübertritt überwacht werden, sagte ein Polizei-Sprecher zu FOCUS. Zu den geplanten Maßnahmen gehörten zudem Handy-Ortung sowie der Datenaustausch mit nationalen Polizei-Datenbanken.

Testweise soll auch das umstrittene intelligente Überwachungssystem Indect zum Einsatz kommen, das unter anderem digitalisierte Bilder der Überwachungskameras mit Informationen aus sozialen Netzwerken verknüpfen kann.

Hallo? INDECT? Das hier? Kai Biermann schrieb dazu schon 2009: Indect – der Traum der EU vom Polizeistaat.
Das eigens eingerichtete Sicherheits-Headquarter in Warschau, das mit Europol und Interpol vernetzt ist, soll nach Polizeiangaben präventive offene und verdeckte Überwachung während des Turniers sowie enge Kooperation mit internationalen Sicherheitsexperten gewährleisten. (alles Focus)
Außerdem: Scharfschützen, Schnellgerichte, Spezialscanner für radioaktives und pyrotechnisches Material, von der polnischen Militärakademie entwickelte Lasergeräte.
Es bleibt kein Wunsch offen.

Und wir dürfen uns sicher sein, dass all dies nach erfolgreichem Einsatz in Polen neue Anwendungsfelder finden wird.

3 Gedanken zu „EM in Polen – da bleibt kein Überwachungswunsch offen

  1. Pingback: Too much information - Papierkorb - Nachtgeschichten vom 11. März 2012

  2. Eine Frage, die man vielleicht mal an die Überwacher stellen sollte, wäre:
    Erfahre ich eigentlich jemals, DASS ich von INDECT erfasst und eingestuft wurde?
    Erfahre ich jemals, wann, wie oft und wie ich eingestuft wurde?
    Das bedürfte einer dringenden Klärung.
    Oder wäre ggfs. evtl. ein Weg, wie man dem System in D zumindest für eine Weile Steine in den Weg räumen könnte, so verfassungsrechtlich.

  3. Das gibt einem sehr zu denken.
    Es ist wohl eine Spielwiese für Geheimdienste und das perfekte Beispiel, wie der Mensch, ob er will oder nicht, komplett gläsern wird.
    Anonymität ist da schon sehr schwer lebbar.

    Da war die Euro 2008 anscheinend noch richtig brav im Vergleich zu heuer!

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