Mehr Kontrolle für die … taz

Manche Redakteure bei der taz mögen Fremdbeiträge, aber nur, wenn die genau so sind, wie sie sich vorstellen. Um Haaresbreite hätte ich mich am Streitgespräch in der Sonntaz beteiligt, nun gibt’s den Text eben hier.

Bzw. den Text gibt es eigentlich nicht, dafür mehrere Varianten. Wie das kam? Montag nachmittag gegen 16 Uhr bekam ich eine Mail mit der Bitte um einen Beitrag für den Streit der Woche „Mehr Kontrolle der Polizei“, max. 1000 Zeichen, bis Mittwoch. Aufhänger: der Handydaten-Skandal in Sachsen. Alternativ könne auch telefoniert werden und die taz würde den Text schreiben. Luxuriöses Angebot, dachte ich. Weil ich noch eine Deadline zum selben Termin hatte nebst Lohnarbeit und Kindern, schrieb ich zurück, dass ich leider keine Zeit hatte, aber die Telefon-Option..?

Ein Telefonat später kam ein Text an, der mir nicht so richtig behaglich war. Der Stil war nicht meiner (logisch) und die erste Hälfte drehte sich um das Verfahren gegen Andrej. Deswegen habe ich dann doch lieber selber einen geschrieben:

Die Handy-Datenauswertung ist ein weiterer Beleg dafür, dass Polizei dringend mehr Kontrolle braucht. ErmittlungsrichterInnen, die immer wieder als Garant für rechtsstaatliche Kontrolle angeführt werden, weil sie als ‚unabhängige Instanz‘ Überwachungswünsche der Polizei genehmigen müssen, haben auch in Dresden versagt. In den Akten der Ermittlung gegen Andrej Holm konnten wir nachlesen, dass ein Überwachungs-Antrag nach dem nächsten genehmigt wurde (Vorwurf war Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, §129a StGB. Das Verfahren wurde nach 4 Jahren Überwachung eingestellt). Dabei wurde nichts gefunden und deswegen fast ein Jahr jeweils die Verlängerung unterzeichnet: Weil er sich so konspirativ benommen habe, dass nichts zu finden war. Das ist nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Die Kontrolle findet kaum statt, weil die RichterInnen keine Zeit haben, die Anträge zu prüfen, und weil sie nur eine Seite hören: die der Polizei/Staatsanwaltschaft. Man kennt sich, man trifft sich beim Essen und in der Freizeit. Wer könnte den KollegInnen da schon was abschlagen? Das „Handy-Gate“ ist keine Ausnahme. Die Ausnahme ist, dass durch schlampige Aktenführung bekannt wurde, wie wenig sich Polizeien um rechtsstaatliche Vorgaben kümmern.

Am nächsten Morgen kriegte ich den so zurück:

Mein Partner Andrej Holm stand unter Verdacht, Mitglied einer terroristischen Vereinigung zu sein. In seinen Ermittlungsakten konnten wir nachlesen, dass ein Überwachungs-Antrag nach dem nächsten genehmigt wurde. Sie haben nichts gefunden – genau deshalb haben Richter die Verlängerungen unterzeichnet: Er habe sich so konspirativ benommen, dass nichts zu finden war – Das ist nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Eine Kontrolle findet kaum statt, weil die RichterInnen keine Zeit haben, die Anträge zu prüfen, und weil sie nur die Seite der Polizei und Staatsanwaltschaft hören. Man kennt sich, man trifft sich beim Essen. Das „Handy-Gate“ in Dresden ist keine Ausnahme. Und ErmittlungsrichterInnen, die immer wieder als Garant für rechtsstaatliche Kontrolle angeführt werden, haben auch dort versagt.

Der Platz war knapper geworden, deswegen der Text kürzer, und eine besondere Rolle sollte spielen, dass ich überwacht worden war. Jetzt wurde mir klarer, warum schon im Telefonat mehrfach nach den Details von Andrejs Überwachung gefragt worden war (die der Redakteur nicht kannte und, trotz 1000 Zeichen, genau beschrieben haben wollte). Bis dahin hatte ich noch gedacht, ich sei gefragt worden, weil ich mich kritisch mit Polizei und dem Handydaten-Skandal auseinandergesetzt hatte.

Mein Alternativvorschlag, auch 800 Zeichen, sah dann so aus:

Die Handydaten-Auswertung zeigt, dass Polizei mehr Kontrolle braucht: ErmittlungsrichterInnen, die immer wieder als Garant für rechtsstaatliche Kontrolle angeführt werden, haben auch in Dresden versagt. In den Ermittlungsakten gegen Andrej Holm konnten wir nachlesen, dass ein Überwachungs-Antrag nach dem nächsten genehmigt wurde, obwohl nichts gefunden wurde (Vorwurf war Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung). Keine Ausnahme, sondern die Regel. Die RichterInnen haben keine Zeit, Anträge zu prüfen, und hören nur eine Seite: die von Polizei und Staatsanwaltschaft. Man kennt sich, man trifft sich beim Essen. Das „Handy-Gate“ ist keine Ausnahme. Die Ausnahme ist, dass durch schlampige Aktenführung bekannt wurde, wie wenig sich Polizeien um rechtsstaatliche Vorgaben kümmern.

Dazu die Erklärung, dass meiner Ansicht nach Andrej Holm nicht wirklich gut dazu passt und ich mich sowieso nicht primär darüber definiere, seine Freundin zu sein. Sprich, das nicht im ersten Satz stehen haben will.

Die Antwort war eine Absage. Andrej Holm im zweiten Satz reichte nicht:

Nun haben wir aber mit Frau Constanze Kurz schon jemanden, der in etwa wie Sie argumentiert und auch eine ähnliche Biografie hat. Ich habe nun versucht, dass heraus zu streichen, was sie besonders macht und das deutlich zu machen. Das hätte dann sehr gut in der  Diskussion funktioniert. Wenn Sie aber nicht möchten, dass dieses Besondere deutlich hervor tritt – dann ist es besser, dass wir es nicht machen.

Das war ja nun echt charmant – das Besondere an mir ist die Tatsache, dass ich die Freundin von Andrej bin. Was wohl Bascha Mika dazu sagen würde? Davon abgesehen haben sie mit dem Beitrag von Constanze sicher sehr gute Argumente, wie hier schon nachzulesen war.

Ich kann mir nicht so richtig vorstellen, dass die gesamte Redaktion das so gemacht hätte. Aber bestimmt wäre einfacher, wenn der neue Redakteur seine Fremdbeiträge einfach selber schriebe, spart auf jeden Fall Zeit und dann kommt wenigstens genau das raus, was vorher geplant war. Und weil das Netz groß ist, könnt Ihr meinen Beitrag zur Diskussion ja einfach hier lesen, und Euch sogar einen aussuchen.

Einen ausführlicheren Kommentar zu Dresden von mir gab es  letzten Montag in der der „Sendung mit dem Internet“ von Antenne Düsseldorf:

(ab Min. 16:30).

8 Gedanken zu „Mehr Kontrolle für die … taz

  1. Der Streit der Woche ist ohnehin eine der größten Reinfälle der sonntaz. Ein Haufen Soundbites von mal mehr, mal weniger qualifizierten Leuten. Selten mal ein Wissensgewinn: wie auch, bei 800 Zeichen?

    Ich überspring die Seite mittlerweile einfach, anstatt mich zu ärgern.

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  4. Auch die Taz ist nur ein politisch motiviertes medium. Da spielt es keine Rolle das es so ausgerichtet ist wie ich (links), ich finde sowas immer weider einen Grund diese nicht zu kaufen. Vierte Gewalt my Ass. Nach 4 Jahren bei einem „Medium“ kann ich das sagen. Das schlimme ist: Sowas gefährdet unseren Staat mehr als Handyüberwachung oder Rechtsruck. Menschen mit Hirn arbeiten wohl meist nicht mehr als Journalisten.

  5. @ sebs: Schön wars, wenn das „unseren Staat“ gefährden würde. Eher bietet so eine Zeitung reaktionären Trieben Aufschwung und ist ganz sicher nicht emanzipatorisch…

  6. hallöle, mit aller sympathie – das vorgehen des redakteur war, wenn so wie beschrieben, und nur für diese zeitung, mies.
    Das aus ner vermuteten geschlechterspezifischen sicht zu kritisieren halte ich, nur mit den informationen, für nicht passend. Relevanter finde ich, dass der redakteur, ja nu keine ausnahme, dem star-system so schleimspurig hinterher trappelt. Relevant finde ich das aber auch nur, weil an diese zeitung die erwartung zu stellen ist, dass das dort anders zu laufen hat. Wie auch immer in der kürze.

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