Sebastian Fischer hat für den taz einen Sprachprofiler interviewt, der das Bekennerschreiben zum Anschlag auf die Berliner S-Bahn untersucht hat.
Woran erinnert mich das bloß?
Der Bekenner ist mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit männlich, wahrscheinlich zwischen 20 und 30 Jahre alt und hat einen hohen Bildungsgrad.
Er stammt offenbar aus einem gutbürgerlichen sozialen Milieu, hat auf keinen Fall einen Hartz-IV-Hintergrund.
Der Staatsschutz wird nun nachschauen, ob der Autor an diesen Stellen noch mal mit sprachlichen oder argumentativen Parallelen in Erscheinung tritt.
Dann wird der Staatsschutz das Schreiben auch noch mit nichtanonymem Material aus der linken Szene abgleichen.
(Gefunden von einem, der gerichtsbekanntermaßen komplexe Texte schreiben kann.)
„Er stammt offenbar aus einem gutbürgerlichen sozialen Milieu, hat auf keinen Fall einen Hartz-IV-Hintergrund.“
Sehr schön, dass das sich gegenseitig ausschließt. Ich könnte ihnen da mal eine Frau Doktor vorstellen, die seit über 10 Jahren von Hartz IV lebt…
Leider wurde diesmal kein indiziertes Wort aufgedeckt. Stattdessen, dass das Fehlen einer „emotionalen Komponente“ auf Männlichkeit schließen ließe, nicht etwa auf eine Gruppe. „Wissenschaftler aufgepasst“ ist dafür eine hübsche Überschrift.
Ich find das schon verdächtig, dass die keine Wörter aus „spezialwissen“ verwendet haben. Das lässt doch darauf schließen, dass sie wussten, dass der Text auf die Sprache hin untersucht werden würde, was ja darauf hinweist, dass sie über solche Ermittlungsmethoden bescheid wissen, vermutlich weil sie selbst schonmal davon betroffen waren… AHA IHR WARTS!
Hartz IV kann man also rauslesen. Oder liegt es daran, dass Hartz IV als Thema nicht im Schreiben vorkommt? Oh, wenn wir auf dem Niveau profilen, kann ich auch noch sagen, dass dieser männliche 20-30- Jährige gerne kurze Sätze schreibt, also wohl ein Handy hat und SMS verschickt. Und er raucht, denn er nennt sich wie dieser Vulkan da. Und es waren keine „Insider“, denn sie gingen offenbar davon aus, dass die S-Bahn Kabel redundant anlegt. Äh, Moment, dann sind sie auch keine Berliner, denn sie kennen die S-Bahn nicht.
Und, äh… naja, ich lasse mal die „Experten“ ihre Arbeit selber machen.
da kommt mir im fernen Ösiland doch gleich der gerichtsbekannte „Linguist“ Schweiger in den Sinn und dessen üble Rolle im Tierschutzprozess:
http://www.martinballuch.com/?p=594
Ohje, hätt ich den verlinkten Artikel vorher mal gelesen. Der argumentiert ja wirklich so! Oder ich schule einfach mal um auf linguistisches Profiling.
Im Übrigen hätte ich mich als Gruppe „Schneeverwehung“ oder so genannt*. Eyjafjöllusw. ist ja viel zu global und flugverkehrig. Aber das deutet ja noch mehr drauf hin, dass den jungen Leuten wohl eher das lokale Berlin nicht über alle Maßen interessiert, sondern eher das „politische“ Berlin.
*was nicht heisst, dass ich so was machen würde. Gaanz ruhig bleiben, liebe mitlesenden Organe!
Das muss Dir, Anne, natürlich besonders sauer aufstoßen, dass die schergen aus der pleite mit der sprach-rasterfahndung nix gelernt haben, und vielleicht der nächste sprachbegabte satzformulierer unschuldig in längere untersuchungshaft geraten kann!
Als ich von dem Anschlag gehört habe, mochte ich kaum glauben, daß dies ein echter anschlag war, so oft, wie bei der bahn von selber was kaputt ist, und dann auch noch ein kabelbrand – nee!
auch und gerade, weil ich kein ernsthafter verschwörungsfreak bin. dieses um-die-ecke-gedachte-motiv siehe bekennerschreiben wegen-bahn-transportiert -auch-atomindustrie-güter hat mir nicht wirklich gefallen.
wenn mensch was sabotieren wollte, könnte mensch da auch was finden, was die berliner, die nich überall hin zu spät kommen wollen, auch leichter nachvollziehen können. direkter eben.
bei der bahn muss der jeweils geneigte bekennerschreibling im zweifelsfall nur warten, bis was passiert, um dann hinterher zu bekennen, dass er’s war und warum.
„Es gibt im Internet über 400 Kommentare und Beiträge zu dem Bekennerschreiben. Es besteht die Möglichkeit, dass sich dessen Verfasser im Netz noch mal anonym äußert.“
… fand ich bemerkenswert, wir brauchen offensichtlich mehr Überwachung im Internet.
Oh, und „bahn-transportiert -auch-atomindustrie-güter“ nah ich glaube kaum das die Castoren auch S-Bahn fahren. Hmmm vielleicht wenn man kleinere Castoren baut so mit Arm dran damit die sich vor den Kurven irgendwo festhalten können das rüttelt doch schon etwas.