Volkslieder, Datenschutz und Reisebeobachtungen

Gefühlt waren wir wochenlang unterwegs, tatsächlich nur acht Tage. Drei Veranstaltungen zur andauernden Ermittlung gegen Andrej, zwei zu Gentrifizierung, drei Nachtzugfahrten und ein umfangreiches Kinderprogramm. Freiburg, Wien und Graz, und zwei nette Stunden im Bahnhofscafé in Linz. Eins der Highlights fand Freitag abend in Graz statt, wo wir ein Teil des Programms von CPU 2008 waren. Direkt nach uns sprach die großartig kluge Seda Gürses über "A failed coup attempt with folk songs (Part II)".

Was haben Volkslieder mit Datenschutz zu tun? Ich gebe zu, ich habe nicht alles verstanden, aber grob ging es (u.a.) darum, dass es inzwischen praktisch unmöglich ist, umfassenden Datenschutz umzusetzen, es sei denn wir wollten den Preis des totalen Verschwindens in der Masse durch größtmögliche Konformität zahlen. Wollen wir natürlich nicht. Eine sich ergebende Frage ist, ob es denkbar oder möglich ist, kontrolliert mit (eigenen) Daten so umzugehen, dass erschwert wird, ein umfassendes Bild über die eigene (eine) Identität zu erstellen. Eine andere Denkrichtung – und hier kommen wir zu den Volksliedern – beinhaltet die Vorstellung, dass Daten in dem Moment, in dem sie entstehen und also uns "verlassen", ein Eigenleben entwickeln und sich auch verändern. Das illustriert sich in diesem wundervollen Film:

http://www.youtube.com/watch?v=OM0CX5oMzjI

Konkret sehr schön auch die "Experten", die die verschiedensten Weisheiten ganz sicher zu kennen meinen – das kommt mir neben dem auf vieles übertragbaren Inhalt des Films (es gibt Fortsetzungen!), sehr bekannt vor. Ich hoffe, dass dieser auch visuell hinreißende Vortrag bald in irgendeiner Form online zu erleben ist, denn die Idee, die eigene Privatsphäre anders als durch Abschottung zu schützen, gefällt mir sehr.

Und sonst? Sind wir mit der Seilbahn auf den Schloßberg in Freiburg gefahren, haben das Vauban besichtigt, waren im Kindermuseum in Wien und sind mit dem Riesenrad des Wiener Prater gefahren, haben diverseste Mehlspeisen genossen, das Grazer Zeughaus besucht (ich hätte nie gedacht, dass es irgendwo noch dermaßen viele alte Waffen und Ritterrüstungen gibt) und im Stadtmuseum die Ausstellung "unsichtbar: NS-Herrschaft. Verfolgung und Widerstand in der Steiermark", Pfauen im Garten des Schloß Eggenberg bewundert, sind mit der Märchengrottenbahn gefahren Panzer auf dem Hauptplatz in Grazund waren einigermassen von den Socken, als uns auf dem Grazer Hauptplatz plötzlich beinah ein Panzer über den Haufen fuhr.

Schon in Wien hatten wir auch eine eher unangenehme Begegnung. Einer unserer Gastgeber wurde  – mit uns auf dem Weg zu unserer Veranstaltung in der Wiener Uni – in der Haustür beim Weg auf die Straße von zwei Zivilbeamten festgenommen. Angeblich hatte er von einem gerade vorbeigehenden Schwarzen Drogen gekauft. Der wiederum kam wohl aus dem zwei Häuser weiter befindlichen Flüchtlingsheim, wo es diese Art ‚Besuch‘ anscheinend öfter gibt. Andrej wollte zumindest wissen, warum uns unser Bekannter abhanden kam und musste seine Personalien abgeben. Grund: "Beiwohnen einer Amtshandlung". Das ist in Österreich offenbar heikel? Ich selber wurde mit stierem Blick gefragt, ob ich etwa gefilmt habe (habe ich nicht, mein Handy kann auch fotografieren) und darauf hingewiesen, dass es sich um einen Einsatz verdeckter Ermittler des Landeskriminalamts (oder so ähnlich) handele! Ob es dann aber erlaubt, verboten, angeraten oder auch nicht ist, sowas zu veröffentlichen – wir wissen es nicht.

So oder so: nochmal ganz vielen Dank nach Freiburg, Wien, Graz und Linz und vor allem an alle, die uns so wunderbar umsorgt haben!

3 Gedanken zu „Volkslieder, Datenschutz und Reisebeobachtungen

  1. Fehlt nur noch, dass „Beiwohnen einer Amtshandlung“ als Straftat verfolgt würde. *kopfschüttel*

  2. Das »Beiwohnen einer Amtshandlung« sollte unbedingt zu einer Straftat werden, ebenso wie das Ausführen selbiger! Besser heute als morgen alles verbieten!

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