Datenschutz

Über die informationelle Selbstbestimmung wird häufig gesprochen. Manche Politiker denken, damit sei das Recht gemeint, sich umfassend zu informieren, andere behaupten, das gebe es gar nicht, weil es nicht im Grundgesetz steht. Und woher haben wir das also? Aus dem Bundesverfassungsgerichtsurteil 1983 zur letzten westdeutschen Volkszählung – die wurde nämlich nach viel Protest mit der Begründung abgelehnt, dass sie gegen das bewusste Recht verstoße. Eine weiterhin sehr lesenswerte Sache.

Ja, und die nächste Volkszählung kommt jetzt also, dazu gab es gestern ein Hintergrundgespräch. Praktischerweise gibt es auch schon diese hübsche unauffällige Website http://www.zensus2011.de – bloss nicht das hässliche Wort Volkszählung in den Mund nehmen.

Das dies eine nicht zu unterschätzende Kleinigkeit ist, scheint den Beteiligten bewusst. Schon im September 07 hat die Bundesregierung eine ‚Zensuskommission‘ ins Leben gerufen, die trotz ihrer großen Wichtigkeit umsonst arbeiten muss:

"Da dieser Zensus neuen methodischen Ansätzen folgt, ist die der Zensuskommission übertragene Aufgabe von besonderer Bedeutung für den Gesamterfolg des nächsten Zensus."

Was sie wohl dann davon haben?

Indirekt dazu passt die Debatte über die Speicherung von Fluggastdaten, die anscheinend beim Polizeikongress gestern und vorgestern in Berlin ein bisschen inszeniert wurde.

EU-Kommissar Frattini habe dazu gesagt, dass ehrliche Menschen nichts zu befürchten hätten, so die Tagesschau. Ein wirklich überzeugendes Argument dafür, Daten 13 Jahre lang speichern zu wollen. Und ein anderer Politiker konnte auch gar nicht verstehen, was jemand da dagegen haben könne, denn das sei ja ein wichtiges Instrument für die Terrorismusbekämpfung, denn schließlich "fliegen die alle vor den Anschlägen". Genau. Und putzen sich wahrscheinlich auch alle die Zähne, weswegen ich vorschlage, dass regelmäßig bei der ganzen Bevölkerung alle halbe Jahre die Zahnbürsten zur kriminaltechnischen Untersuchung eingesammelt werden.

Als Gegenmittel empfehle ich das Interview des Hamburger Freien Radios FSK mit einem der Anwälte im gerade von der Bundesanwaltschaft abgegebenen ehemaligen §129a-Verfahren ‚Bad Oldesloe‘ (25 Min, ogg).

7 Gedanken zu „Datenschutz

  1. hey,
    ersteinmal großen respekt für diesen blog!

    eine frage habe ich: und zwar scheint es nicht möglich zu sein sich bei noblogs zu registrieren? egal wie, mensch bekommt immer eine fehlermeldung???

    weist du wie das funktioniert? anscheinend hats ja bei dir geklappt? oder ist der kreis doch eher nichtöffentlich?

    danke!

  2. Leider irrst Du. Die Volkszählung in den 80ern wurde durchgeführt. Das Verfassungsgericht hat nur einige Auflagen durchgesetzt. So wurde damals beschlossen, dass die Daten anonymisert werden mussten – was allerdings nicht wirklich geht, weil so viele Details abgefragt wurden, dass man die Leute leicht hätte identifizieren können.

  3. Kann man die Zählung eigentlich irgendwie umgehen wenn sie kommt? Einfach nicht mitmachen oder so?

  4. Das wird ja diesmal keine Volkszählung im klassischen Sinne wo die mit Stift und Fragebogen von Haus zu Haus gehen, sondern eine Erfassung und Abgleichung der Karteien der verschiedenen Einwohnermeldeaemter. AFAIK.

  5. Es wird eine registergestützte Volkszählung, das stimmt, aber ein Teil der Bevölkerung (ca. 10% soweit ich weiß) muss dennoch persönlich befragt werden. Wenn bei der Befragung von Ämtern, Vermietern etc. „Unregelmäßigkeiten“ über eine Person auftauchen, wird diese natürlich sowieso befragt. Boykott ist meines Wissens illegal, gabs 1987 aber trotzdem.

  6. Interessant an der oben genannten Webiste ist auch der Unterpunkt „Recht“. Darin wird auf einige der BVG-Urteile von ’83 eingegangen. Interessanterweise wird die Hauptauflage des damaligen Urteils, nämlich die Anonymisierung der Daten“ überhaupt nicht erwähnt. Alle anderen Argumenten werden auch eher lapidar abgetan, vorallem wenn man das 83’er BVG-Urteil im Wortlaut kennt.

  7. Der Tausch auf vermeintlichen kostenlosen Websites und Angeboten im www kostet mehr als mancher denkt:

    „Im Internet geben immer mehr Nutzer – zumeist freiwillig – ihre letzte Intimität preis. Dabei sind die privaten Daten des Einzelnen mittlerweile zu einer profitablen Währung im World Wide Web geworden. Zwar werden zahlreiche Online-Dienste als kostenlose Angebote beworben – gratis sind sie deshalb allerdings noch lange nicht.

    Längst sind die Internetnutzer mehr als nur Konsumenten; ihre privaten Daten selbst werden zur wichtigsten Ressource einer sich neu orientierenden Werbeindustrie. Über die weitergegebenen Informationen verlieren die Nutzer nicht nur vollständig die Kontrolle; vielmehr werden die Bürgerinnen und Bürger regelrecht ihrer Privatsphäre enteignet.“

    Hier mehr – lesenswert:
    http://blaetter.de/artikel.php?pr=2766

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