Mühsam nährt sich das Quoten-Hörnchen

Der alte Staubfänger Frauenquote hat es kurz in die Schlagzeilen geschafft. Schon erstaunlich.

Mit Abstand am besten verarbeitet wurde das Thema von Xtra 3:

http://www.youtube.com/watch?v=3Upv4XsR_wY

Die Buttons (s.u.) werden übrigens verlost, einfach eine Mail bis 11.2., 12 Uhr an extra3@ndr.de

Auf Platz 2 meiner persönlichen Rangliste folgt das Spiegel-Titelbild dazu. Zu einem Leitartikel, der deutlich pro-Quote ist und auch dabei  die Spiegel-Redaktion explizit in die Kritik mit einschließt, sehen wir eine Illustration mit realsozialistischer Anmutung. Was wollte uns die Grafik-Abteilung hier mitteilen – Quote = Planwirtschaft? Ich habe mal gelernt, das sowas Text-Bild-Schere heißt und tunlichst zu vermeiden ist.

Es gibt aber natürlich auch ein paar sinnvolle Sachen zum Thema.

Zwei empfehlenswerte Texte:

Draußen nur Kännchen: Mein Beitrag zur Frauenquote

Vorspeisenplatte: ..und deshalb bin ich für die Frauenquote

Außerdem, wie immer treffend, die Mädchenmannschaft: Die Frauenquote? Ein Satz mit X!

Wer Bedarf an inhaltlicher Auseinandersetzung zum Thema hat, sollte unbedingt die Phoenix Runde von gestern abend angucken. Es diskutierten Anke Domscheit-Berg („Frauen in die Aufsichtsräte e.V.“), Marie-Christine Ostermann (Bundesvorsitzende „Bundesverband Junge Unternehmer“), Miriam Gruß (FDP) und Bascha Mika (Publizistin). Insbesondere die Argumente von Anke Domscheit-Berg sollte jede Quoten-Befürworterin am besten immer gut greifbar in der Tasche haben. Auch wenn mir bei den eher volkswirtschaftlichen Argumenten zuweilen die Tränen in die Augen geraten – sinngemäß verschwenden wir die in die vielen gut ausgebildeten Frauen investierten Bildungsmillionen, wenn das Geld nicht wiede reinkommt, weil die Frauen nicht ihrer Qualifikation entprechend eingesetzt werden. . Aber wahrscheinlich ist das das einzige, was bei der FDP überhaupt ankommt.

Phoenix Runde „Wir müssen draußen bleiben – woran scheitern Top-Frauen?“ (mp4, 107b)

Unterm Strich bleibt alles wie immer, aber wer sich jetzt über Angela Merkel, die FDP, die CDU, die ganzen Deppen aufregt: die vorigen Koalitionen kannten das Problem auch schon – und es geht ja aktuell nur um die Führungskräfte, von allen anderen Positionen wird ja gar nicht geredet, und warum eigentlich nicht? Und haben auch nichts gemacht.

Wenn das Glas halbvoll sein soll, könnten wir sagen: schön, dass die anderen inzwischen was dazugelernt haben. Hoffentlich erinnern sie sich daran, wenn sie mal wieder an der Macht sein sollten. Und arbeiten derweil an ihren eigenen Führungsetagen.

9 Gedanken zu „Mühsam nährt sich das Quoten-Hörnchen

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  2. Da ich hier viele Leser Pro-Frauenquote vermute, nutze ich mal die Gelegenheit für eine Frage: Es gibt ja viele Ungleichgewichte in der Gesellschaft: Nicht nur Frauen in Führungspositionen sind unterrepräsentiert, sondern beispielsweise auch Kinder aus sozial schwachen Familien an Universitäten. Könnte da nicht vielleicht eine „Sozialquote“ bei der Vergabe von Studienplätzen helfen? Bzw. schon früher bei der Vergabe von Gymnasialplätzen?

    Wenn nein, warum nicht? Selbst wenn man beide Ziele ausdrücklich teilt (Frauen in Führungspositionen, soziale Ausgewogenheit an Bildungseinrichtungen) – was macht das Mittel der Quote in dem einen Bereich sinnvoll und im anderen nicht?

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  4. Jorges, zumindest, was die Minderheit sozial(-ökonomisch) benachteiligter an den Unis angeht: dieses Problem lässt sich nicht durch eine wie auch immer geartete Gestzesinitiative lösen. Das hängt bzgl. der sozialen Selektion (die gerne als Leistungsselektion propagiert wird) mit institutionellen Systemen zusammen (das 3-gliedrige Schulsystem, in dem das Gymnasium die parasitäre Spitze ist, insofern es die anderen Schulen braucht um die, mit denen das Gymnasium nicht fertig wird, aufzunehmen), das hängt aber auch an einer Gesellschaft, deren „Elite“ (d.h. herrschende You-name-it) ein großes Interesse an dieser sozialen Selektion hat. Es hängt mit der ganzen Seinsweise dieser „Elite“ zusammen, die weit mehr Vorraussetzung zum Einstieg in die Unis und die Gymnasien ist als es die blanke fachliche Leistung ist. Man muss vor allem deren Seinsweise drauf haben oder zumindest durchhalten (das ist Sprache, Gesten, Haltung, der sogenannte „elaborierte Code“ usw.). Eine Sozialquote, so nett die Idee dahinter sein könnte, bringt bestenfalls gar nichts, schlimmstenfalls verblendet es („Jetzt ist alles in Butter!“).

    Die Frage ist, wieviel davon analog zur Frauenquote gesagt werden kann und muss. Eine soziale Selektion ist definitv jene des Gebärenden-Arguments, gleichwohl diese Selektion als Leistungsselektion daherkommt („Frauen können potentiell nicht soviel arbeiten wie ein Mann“ was aber umgewendet werden kann in: „Frauen machen die selbe Arbeit in weniger Zeit.“). Ebenfalls eine soziale Selektion ist „Frauen können nicht so organisiert arbeiten wie Männer“, was freilich auch als Leistungsselektion gesagt wird (wobei es einfach heißt: die Männer kommen nicht ganz klar mit einer Veränderung ihrer traditionellen Arbeitstechnik, auch bzgl. weniger Arschkriechen, weniger strengen Hierarchien, weniger „Dein Leben für die Firma!“ etc.).

    Eine Quote allein jedenfalls bringt nichts, weil eine „Top-down“-Politik nicht das Problem einer sozialökonomischen („Stallgeruch? Raus aus dem Gymi!“) oder sexistischen („Kriegt Kinder? Raus aus der Firma!“) Top-down-Denke lösen kann, vor allem dann nicht, wenn sich sonst nichts verändert, also die Arbeitsstrukturen dieselben bleiben ebenso wie die Voraussetzungen zu deren Zugang, die übrigens schon im Kindesalter beginnen: Gerechtigkeitsquote für die KiTa („Soviel Gerechtigkeit muß sein!“)? Anti-Ungerechtigkeitsquote („Weniger Gerechtigkeit darf nicht sein!“)?

    Ein Problem ethischer Ratlosigkeit und moralischer Mutlosigkeit. Aber auch eines komplexer sozialer Härte und Kälte.

  5. Was ich nie verstanden hab an der wirtschaftlichen Begruendung ist: Was ist, wenn sich doch mal rausstellt, dass das auf $Minderheit nicht zutrifft? Warum wird nicht einfach argumentiert, Hey, uns ist das einfach aus Gerechtigkeitsgruenden so wichtig, wir machen das deshalb.

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