Jedes Jahr gibt der Verein „Initiative D21“ den „D21-Digital-Index“ heraus, der auf Umfragen zum Stand der Digitalisierung in Deutschland basiert. Gerade ist die neue Ausgabe erschienen, mit ein paar interessanten Ergebnissen.
Statt wie erwartet stetig zuzunehmen, stagnieren manche Zahlen zur Teilhabe an Digitalisierung. Digitale Basiskompetenzen sind im vergangenen Jahr sogar ganz leicht zurückgegangen. Gemeint sind damit Kompetenzen wie das Finden von Informationen im Netz, das Anwenden starker Passwörter oder die Fähigkeit, Textprogramme zu nutzen.
Diese Fähigkeiten sind in der Bevölkerung nicht gleichmäßig verteilt, sondern es sie unterscheiden sich in verschiedenen Bevölkerungsgruppen stark. D21 untersucht u.a., wie sich demografische Faktoren wie Alter, Bildung, Geschlecht, Wohnort oder Einkommen auswirken. So sind Digitalkompetenzen von Menschen mit hohem Einkommen sind mehr als doppelt so hoch wie die von Menschen mit niedrigem Einkommen und die Zahlen für wenig vs. viel Bildung sind ähnlich. Es wirkt sich stark aus, ob Menschen im Büro und also vermutlich mit Computern arbeiten oder nicht. Dabei sind die Kompetenzen von Menschen ohne Büro-Job um sechs Prozent zurückgegangen.
Von denen, die Digitalisierung prinzipiell positiv bewerten, sind nur ein gutes Drittel Frauen und knapp zwei Drittel Männer. Die Unterschiede zwischen Menschen mit viel oder wenig formaler Bildung, zwischen denen mit und ohne Bürojob sind besonders eklatant.
Insgesamt kommt D21 zum Ergebnis, dass die Digitalkompetenzen zunähmen – die Zahlen dieser Grafik geben das allerdings nicht wirklich her. Bislang werden die Umfrage-Ergebnisse leider nicht vollständig veröffentlicht – das wäre für die Zukunft wünschenswert.
Erfragt wurde auch, wer das Internet überhaupt nicht benutzt: Das sind sechs Prozent von allen ab 14 Jahren, oder 4,2 Millionen Menschen in Deutschland. Diese Zahl ist etwas höher als die, die jedes Jahr vom Statistischen Bundesamt herausgegeben wird. Das liegt daran, dass dort das Alter nach oben bis 74 Jahre begrenzt wird, bei D21 aber nicht.
Gefragt wurde auch, warum Menschen nicht oder wenig online sind. Von dieser Gruppe, von D21 als „genügsame Verdränger*innen“ bezeichnet, gab die Hälfte an, es sei ihnen „zu kompliziert“. Das betrifft immerhin 10 Millionen Menschen und damit 15% der Bevölkerung.
Hier liegt nahe, dass bessere Usability oder einfach und gut erreichbarer Zugang zu Unterstützung hilfreich sein könnte. Natürlich gibt es hier auch viele, die tatsächlich kein Interesse daran haben, ihre Gewohnheiten zu ändern. Laut D21 sind 88 Prozent dieser Gruppe im Ruhestand. Aber:
„Knapp ein Drittel fühlt sich grundsätzlich allein gelassen, wenn es um die Digitalisierung geht.“ (S.15)
Etwa ein Viertel in dieser Gruppe beschreibt im Kontakt mit der öffentlichen Verwaltung aufgrund seiner geringen Digital-Kenntnisse Ausgrenzungserfahrungen.
Das geht aber nicht nur dieser Gruppe so, sondern mehr als ein Fünftel aller Befragten hat solche Erfahrungen gemacht. Andere Bereiche, die das – in geringerem Maß – betrifft, sind Banken, Vertragsabschlüsse, Gesundheit und Pflege sowie Einkaufen und Bezahlen.
Nur 46% hatte gar keine solchen Schwierigkeiten.
Angesichts dieser Umfrageergebnisse ist es fatal, wenn bestimmte öffentliche wie private Leistungen nur digital angeboten werden, ohne dass denen, die auf sie angewiesen sind, die nötige Unterstützung angeboten wird.
Die „Initiative D21“ stellt völlig richtig fest:
„(..) die Digitalpolitik der Regierung hat hier keine spürbaren Fortschritte erzielt: Der Anteil der Bevölkerung, die sich persönlich durch Digitalisierung profitieren sehen, stagniert bei etwas mehr als der Hälfte. Die digitalen Spaltungen in der Gesellschaft bleiben weiterhin erheblich.“
Und fordert zurecht eine Kompetenz-Offensive. Die sollte dann allerdings spezifisch berücksichtigen, dass denen, die bereits benachteiligt sind (aufgrund von Alter, Einkommen, Gender, Bildung, Beruf und vermutlich weiterer Kriterien) und entsprechend größere Probleme beim Nutzen digitaler Angebote haben, auch verstärkt und auf sie zugeschnittene Unterstützung angeboten werden müssen.
Bedauerlich ist, dass D21 die Forderung nach einem „Recht auf analogen Zugang“ ablehnt, denn es ist zu befürchten, dass die Entwicklung der nötigen Kompetenzen in der gesamten Bevölkerung nicht dasselbe Tempo bekommen wird wie das Entstehen (und die Förderung) weiterer rein digitaler Angebote. Und das wird die digitale Spaltung vermutlich weiter vertiefen.
Quelle aller Grafiken: D21, Flickr
Die Einschränkungen der analogen Angebote halte ich für sehr rücksichtslos.