Angesichts der sich überschlagenden Berichte zu den Thüringer Nazis fällt mir eigentlich nur eins ein:
Und wem nützt das?
Es muss doch wirklich niemand so tun, als sei irgendwas davon unbekannt gewesen. Ich gehe nicht so weit, allgemeine Heuchelei zu unterstellen – abgesehen von den zuständigen Politikerinnen und Politikern. Die wussten Bescheid. Wenn nicht, sollten sie erst recht zurücktreten. Der Verfassungsschutz ist ein eigenes Kapitel, über das wohl noch geredet werden wird (wenn sich danach irgendetwas ändert, fresse ich einen Besen).
Aber dass hierzulande regelmäßig Migrantinnen und Migranten, Obdachlose, Behinderte, Andersdenkende, Linke umgebracht werden, ist schon so normal, dass die meisten Morde maximal in der Randspalte vorkommen.
Morde. Genau. Terror. Es gibt Regionen, in denen das zum Alltag gehört. Und Programm der Regierung ist, denen, die versuchen, etwas dagegen zu tun – wenn es die Polizei schon nicht macht -, per Extremismus-Klausel den Boden unter den Füßen weg zu ziehen. Von einer Ministerin, zuständig für Frauen und Familie, deren Nähe zum Rechtsextremismus bekannt ist. Die dafür sorgt, dass Frauen am Herd bleiben, oder wenigstens ordentlich hungern samt ihren Hartz-IV-Blagen.
Wir wissen das. Es laut zu sagen, führt im Zweifelsfall zusätzlich zum Ärger mit den Nazis zu staatlicher Überwachung. Oder gleich zu einem eigenen Verfahren, nach dem Gießkannenprinzip: wird schon die Richtigen treffen und wenn nicht, dann schreckt es zumindest ab. Siehe Sachsen. Und, ach ja, Thüringen.
Es ist normal. So normal, dass es zusätzlicher Skandale bedarf, damit es nicht als nervend wahrgenommen wird, wenn die Gutmenschen wieder die gute Laune in der Timeline stören. Die Link(sextremist)en werden rausgefiltert und müssen sich sowieso erstmal erklären, weil sie bei der letzten Demo soviel Pfefferspray provoziert haben mit ihren gewalttätigen Kapuzen.
Und wem nützt das?!?
Fahnder vermuten, dass hinter den Taten keine „braune RAF“ steckt, sondern eine winzige Gruppe
(Süddeutsche)
na dann, is ja alles gut und halb so wild. Waren bestimmt nur geistig verwirrte Einzeltäter, so wie immer.
*schreiend gegen die Wand rennt*
ignorantes faschistisches relativierendes *Testbildeinblend*
Lese eben noch mal Golo Manns Geschichte des 20. Jahrhunderts. Vielleicht bin ich ja schon völlig abgedreht. Es gibt Parallelen zum Ende der Weimarer Republik.
@vera
Nicht erst jetzt, oder?
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Was die unwissenden oder heuchelnden Politiker/innen angeht: Ich glaube denen ja sogar, dass die das nicht (bewusst) für möglich gehalten hätten. Für die sind Nazis eigentlich ganz anständige Jungs, die vielleicht mal ein bisschen über die Stränge schlagen. Anders die Linken: da wird nicht mit Scham reagiert (Merkel zu den Morden: „Es ist beschämend, dass so etwas in unserem Land passiert.“), sondern da heißt es „wir gegen die“, das sind dann „die Chaoten“ die „uns“ angreifen.
Es gab mal einen schönen Beitrag in der Jungle World zum Brandanschlag in Lübeck und der strafrechtlichen Verfolgung eines der Bewohner. Darin wurde (in etwa) gesagt, dass es in dieser Gesellschaft keiner Verschwörung bedarf, um Beweise gegen die Täter unter den Tisch fallen zu lassen (in dem Fall: Geständnisse von mindestens einem Nazi) und Opfer zu verfolgen. Das ganze funktioniert trotzdem wie scheinbar abgesprochen, weil überall ähnliche rassistische Vorurteile am Werk sind. Dass „der Ausländer“ verdächtig und „der junge Deutsche“ unschuldig ist, sieht man einfach sofort.
Ich finde es schade, das auch in vermeintlich aufgeklärten Kreisen noch immer vom (Rechts-) extremismus gesprochen wird. Das erweckt immer so den falschen Schein als wäre die Mitte etwas gutes und anstrebenswertes…
Kristina Köhler Nähe zum Rechtsextremismus zu unterstellen ist ein hartes Stück und ziemlich verleumderisch.
Es gibt genug Grund empört zu sein über die aktuelle Geschehnisse. Es hilft aber keinem, wenn sie hier krude, unwahre Thesen über den „politischen Gegner“ publik machen, die weniger Fakten als Grundlage haben als einer blinden Wut in Ihrem Bauch. Das erkennt man auch an diesem polemischen und völlig sachfremden „Frauen am Herd“-Einwurf. Ich weigere mich Ihnen dieses hohe Maß an Polemik und Unwahrheiten einzugestehen, für das andere Leute wohlgemerkt zurecht gegeißelt werden.
Ich frage mich darüber hinaus, wieso immer Links-, Rechts- und islamistischer Terrorismus gegeneinander ausgespielt werden muss. Ich sehe den Extremismus ganzheitlich als Problem unserer Gesellschaft und deshalb bekämpfenswert, da er sich gegen unsere freiheitlich, demokratische Grundordnung richtet. Taten Rechtsextremer sind genau so wenig ein Beweis für die Unschuld Linksextremer wie andersherum.
@Benedikt: Offenbar sind es keine Unterstellungen, Frau Köhler -wenn vielleicht auch ungewollte- Nähe zum Rechtextremismus zu attestieren. Schon als Bundestagshinterbänklerin ist sie (noch unter dem Namen Schröder) derart aufgefallen und hält auch heute als Ministerin konsequent daran fest, wie der Zeit-Artikel belegt.
gab es eigentlich den „und-auch-den-linksextremismus-entschieden-bekämpfen“-reflex schon als soundbite zu bewundern? mir ist er in der geschichte bisher noch nicht vors ohr gekommen.
.~.
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Nun ja, aufgrund der Entstehung der deutschen Geheimdienste aus dem Personalstamm von NS-Heydrichs Reichssicherheitshauptamt sind dort sicherlich mehr Neigungen zum rechten als etwa zum liberalen oder „linken“ Spektrum zu erwarten.
@vera
„Die NS-Mordserie und ihr geheimdienstlicher Hintergrund erinnern an ähnliche Ereignisse in der Weimarer Republik. Damals verübten rechtsradikale Terroristen in Zusammenarbeit oder mit stillschweigender Duldung einzelner Behördenteile zahlreiche Mordanschläge, bei denen mehre hundert Menschen starben.[5]“
http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/58204
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