Es gibt einen weiteren Versuch, eine Bill of Rights, oder Grundrechteerklärung, für NutzerInnen sozialer Netzwerke zu etablieren. Das war das zentrale Projekt der CFP 2010 (Computers Freedom and Privacy Conference), die vom 15.-18. Juni in San Jose stattfand.
Die in mehreren Sitzungen während der Konferenz ausdiskutierte Version steht in der englischen Version im Blog zur CFP. Einige der Sessions gibt es auch als Video.
Aktuell findet ein Abstimmungsverfahren über die Bill of Rights statt, passenderweise kann bei Facebook (Ja bzw. Nein), per Twitter (Ja bzw. Nein) oder Doodle Zustimmung oder Ablehnung bekundet werden.
Es gibt inzwischen auch eine deutsche Version von Gabriele Pohl – danke!
Social Network Users’ Bill of Rights – Grundrechte für Soziale Netzwerke
Wir, die NutzerInnen, erwarten, dass uns Plattformen für soziale Netzwerke folgende Rechte in ihren Nutzungsbedingungen und Datenschutzrichtlinien zusichern und diese in ihren Systemen implementieren.
- Vertrauenswürdigkeit: Haltet Euch an Eure Datenschutzvereinbarung und Nutzungsbedingungen
- Verständlichkeit: Sorgt dafür, dass Richtlinien und Nutzungsbedingungen einfach zu verstehen sind.
- Redefreiheit: Zensiert nicht ohne klare Richtlinie und Begründung
- Ermächtigung: Bietet universellen und barrierefreien Zugriff
- Selbstschutz: Bietet Möglichkeit und Methoden, die Privatsphäre zu schützen
- Datensparsamkeit: Minimiert die Informationen, die ich Euch und anderen mitteilen muss
- Kontrolle: Gebt mir die Kontrolle über meine Daten und begünstigt die Veröffentlichung nicht ohne meine Zustimmung
- Berechenbarkeit: Holt meine Einwilligung ein, bevor Ihr entscheidend ändert, für wen meine Daten sichtbar sind
- Übertragbarkeit: Macht es mir leicht, eine Kopie meiner Daten zu erhalten
- Datenschutz: Wenn ich meine Daten nicht öffentlich gemacht habe, behandelt sie so sicher wie Eure eigenen vertraulichen Daten und verständigt mich, wenn sie veruntreut oder gefährdet wurden
- Auskunftsrecht: Teilt mit, wozu und in welcher Weise Ihr meine Daten nutzt und ermöglicht mir festzustellen, wer und was Zugriff auf sie hat
- Selbstbestimmung: Erlaubt mir das Anlegen mehrerer Profile und die Nutzung von Pseudonymen. Bringt diese ohne meine Erlaubnis nicht in Zusammenhang
- Rechtsmittel: Ermöglicht mir Beschwerde gegen Disziplinarmaßnahmen einzulegen
- Widerrufsrecht: Erlaubt mir meinen Account inklusive dazugehöriger Daten zu löschen
Als nächstes, hat Conference Co-Chair Jon Pincus angekündigt, soll die Bill of Rights verschiedenen Unternehmen vorgestellt werden, die Soziale Netzwerke betreiben. Ich bin gespannt, was die dazu sagen.
Hallo mausi,
ich habe Deinen langen Kommentar inaktiv gestellt. Inhaltliche Kritik an sozialen Netzwerken, den NutzerInnen, Konferenzen ist kein Problem, aber der pöbelnden Ausbruch, in den das alles eingewickelt war, war mir zuviel. Ich möchte, dass auch andere noch Lust haben, hier zu lesen und/oder zu kommentieren.
D.h. ich hätte hier gern eine Atmosphäre, in der nicht alle und jede sich pauschal angegriffen fühlen, die nicht in der Lage sind ‚mal eben einen eigenen Server aufzusetzen‘.
Wenn Dich soziale Netzwerke so nerven (was ich durchaus verstehen kann), dass Du vor allem loszetern musst: unbenommen, aber bitte nicht hier. Wenn es Dir um Kritik geht, gern hier, aber in einer Form, die bei anderen auch ankommt.
Grundrechte hat man gegenüber dem Staat, nicht gegenüber Unternehmen. Hier geht es darum, Unternehmen um freiwillige Zugeständnisse zu bitten. Wenn sie nicht wollen, hat man Pech gehabt.
Mich erinnert das Ganze ein klein wenig an die Kirche-von-unten-Bewegungen, die die autoritäre katholische Kirche mittels demokratischer Instrumente (Kirchenvolksbegehren) verändern wollten. Hat natürlich nicht geklappt und zu großem Frust geführt.
jaja, keine problem …
Ich verstehe meine Kommentare als literarische Übungen. In diesem Fall war es die Anwendung des kantschen Sapere aude – man beachte die häufigen Verweise auf Schuld und Eigenverantwortung. Die Dramatisierung (erreicht durch Forumstroll-Sprech und -Zeichensetzung) stand in direkter Relation zum elaborierten Bullshit* einer „Bill of Rights für soziale Netzwerke“.
Ich fand meine Mischung aus heiligem Zorn und Publikumsbeschimpfung äußerst gelungen. Ab na gut , pff, ja … kann man zulassen, muss man aber nicht.
Ich finde es sehr spannend, dass du den eigentlich nebensächlichen Verweis auf technische Kompetenzen für stark genug hälst, dass sich LeserInnen abgehalten fühlen könnten, hier an einer Diskussion teilzunehmen. Das verstehe ich nicht: wir reden doch über das Internet?
* Bullshit ist hier deskriptiv und muss so durchgehen.
Irene! meine Rede! nur hübscher gesagt 😀
@Irene: Es gibt eine Drittwirkung der Grundrechte zwischen Privaten. Das Problem ist die justitielle Durchsetzung.
Unabhängig von der berechtigten Kritik von Irene hab ich mit diesen Artikeln auch ein inhaltliches Problem: Das Urheberrecht wird nicht thematisiert. Nutzer von sozialen Netzwerken werden nur als Erzeuger von „Daten“ über dich und nicht auch als Erzeuger von „Werken“ über die Welt angesehen. Und heutige soziale Netze geben sich oft das Recht diese Werke beliebig zu verwerten… Was für mich ok wäre, wenn sie dieses Recht jedem geben würden und nicht nur sich selbst.
Wie so oft stelle ich mir die Frage, warum denn im Netz tatsächlich eine binäre Entscheidung notwendig sein sollte.
„Hier ist das von Gremium X erarbeitete Werk. Nimm es ganz oder verwirf es ganz?“
Natürlich ist es mehr Aufwand, differenzierte Abstimmungen durchzuführen, dafür erhielte man aber auch gleich nütliche Informationen über die Prioritäten der Allgemeinheit.
Meiner Meinung nach wäre Demokratie 2.0 ein Verfahren, in dem ein Gremium nur ausführliche Erörterungen zu den zu entscheidenden Themen ausarbeitet, und dann für jeden einzelnen Aspekt mindestens 3 verschiedene Formulierungen anbietet (plus jeweils eine ’nein, ganz anders‘ Wahl), über die dann mit 1 – 6 (Noten) abgestimmt wird.
Keine Hinterzimmer-Ausknobel-Ramschpakete! Aber soweit sind wir wohl noch nicht…?