Nicht ganz frisch, aber auch sensationell: Greenpeace Dänemark wurde im Juni 2005 wegen terroristischer Aktivitäten verurteilt. Eigentlich waren, im Oktober ’03, ganz normal ein paar Aktivisten auf das Gebäude des dänischen Landwirtschaftsrats in Kopenhagen geklettert und hatten ein Transparent runtergehängt. Damit das klappt, hatten sie unten die Türen zugekettet. Vor der Tür gab es einen Infostand, und an die PassantInnen wurden Flugblätter verteilt. Thema: genetisch verändertes Schweinefutter. Hinterher sind sie wieder runtergekommen, haben sich festnehmen und abführen lassen. Einkalkuliert war ein Verfahren wegen Hausfriedensbruch und dafür eine Geldbuße.
Soweit lief alles nach Plan, aber dann erinnerte sich die Staatsanwaltschaft, dass auch Dänemark nach dem 11.9.01 neue Anti-Terror-Gesetze eingeführt hatte.
Zum ersten Mal konnte ein neues Gesetz angewandt werden, dass verabschiedet wurde, um der UN Konvention zur Unterdrückung der Finanzierung des Terrorismus zu entsprechen. Und so wurde das Verfahren gegen Greenpeace als Organisation erweitert. Weil Greenpeace gewissermaßen ‚hinter der Aktion stand‘. Was die Beteiligten wahrscheinlich nicht nur nicht bestritten, sondern ganz aktiv und freiwillig mitgeteilt haben.
Greenpeace selbst weist noch auf dieses Detail hin:
Während des Verfahrens kam raus, dass der größte Importeur von
gentechnisch veränderten Organismen in Dänemark, DLG, den Antrag
gestellt hatte, nicht nur den Aktivisten, sondern auch Greenpeace selbst nach der neuen Gesetzgebung den Prozess zu machen.
Die Polizei wollte dann doch nicht mehr den Terrorismus verfolgen, sondern war mit Hausfriedensbruch und Geldbuße ganz zufrieden. Ziel sei die Abschreckung anderer Organisationen gewesen. Damit die sich in Zukunft zweimal überlegen, ob das sein muss. Heraus kam, dass die Staatsanwaltschaft 100.000 Kronen Strafe beantragte (13.000€), und Greenpeace 30.000 Kronen (€4.000) zahlen musste.
Ob sich Inger Normalverbraucherin so die Bekämpfung des Terrorismus vorgestellt hatte?
Das Gesetz ist mir letztes Jahr schon mal in Form des reichlich absurden Verfahrens gegen die T-Shirt-Terroristen begegnet. Dabei wurde sogar ein Imbiß-Besitzer angeklagt, der ein Werbeplakat für T-Shirts aufgehängt hatte, auf denen Logos von FARC und PFLP gedruckt waren. Der war dann immerhin der einzige, der freigesprochen wurde.
Das Greenpeace-Verfahren bestätigt die These, dass es bei Anti-Terror-Verfahren gegen Gruppen, die sicher politisch aktiv sind, juristische Grenzen in Form von zivilem Ungehorsam oder auch Sachbeschädigung übertreten (und dabei auch gern mal ordentlichen Schaden anrichten), aber sicher auch keine TerroristInnen sind, offenbar eine inhaltliche Konzentration auf ökologische Themen gibt, insb. Gentechnik. Gern genommen wird auch Tierschutz/-rechte.
Übrigens, wer sowas mag: eine praktische Aufstellung der UNO-Konventionen im Bereich Terrorismus: Die United Nations Treaty Collection / Conventions on Terrorism.
Ein ganz ähnliches Problem gibt es in Österreich mit §278a.
Das schöne am Begriff „Terror“ ist ja, dass er nirgends wirklich eindeutig definiert ist. Diese Undefiniertheit passt unseren Gesetzgebern sicher gut in den Kram, da man die gesetze dann sehr gut wie oben beschrieben nutzen kann… nämlich um Kritiker einzuschüchtern und mundtot zu machen