„Hast du nach den NSA-Leaks eigentlich irgendwas an deinem Verhalten geändert?“
Die Frage wurde mir in letzter Zeit häufiger gestellt. Gemeint ist, ob ich, seit ich genauer weiß, dass NSA, GCHQ und BND mehr oder weniger alles überwachen, was im Internet passiert, mich online anders verhalte. Mehr (oder weniger) verschlüssele, anders surfe, chatte, schreibe, teile.
Meine erste Reaktion: Nein. Ich habe vorher manchmal meine E-Mails verschlüsselt, ich habe diverse Browser-Add-Ons, die den Zweck haben zu verhindern, dass meine Daten unkontrolliert durch’s Netz wandern, ich chatte lieber per Jabber oder IRC und am liebsten verschlüsselt per OTR.*
Ich bitte sehr regelmäßig darum, nicht per Twitter DM, Facebook-Chat oder generell Googlemail kontaktiert zu werden und erkläre auch gern die Alternativen.
Meine erste Reaktion auf die Frage war also: Nein, eigentlich nicht.
In dem Moment, als ich das erste Mal diese Antwort gab, fiel mir ein, dass ich dasselbe auch immer wieder gefragt wurde, wenn ich über die Überwachung im Kontext des Terrorismus-Verfahrens gegen Andrej gesprochen habe. Und auch da immer zuerst den Impuls hatte zu sagen, dass ich gar nichts geändert habe. Und erst beim Darüber-Nachdenken merkte, dass es nicht stimmt. Wer sieht sich schon gern der Fähigkeit beraubt, selbst zu entscheiden, wie wir uns verhalten? Heute viel mehr als früher misst sich Selbstbewusstsein und -einschätzung daran, wie sehr wir in der Lage sind, unser Schicksal selber in der Hand zu halten. Wer will da schon gern Opfer der Verhältnisse sein.
Ich kann inzwischen erklären, welche Auswirkungen die Anti-Terror-Überwachung auf mein Verhalten hatte. Und ich merke auch, wie sich Prism & Co. im Alltag auswirken. Ein Beispiel:
Ich habe mich vor zwei Wochen mit einem Bekannten bei Twitter über eine Auseinandersetzung beim OHM-Camp unterhalten. Erst öffentlich, dann per Direct Messages (DM), also nicht-öffentlich. Dabei habe ich auch erwähnt, dass das ‚Village‘ (=Zeltdorf), in dem ich war, von anderen als „Terroristen“ beschimpft worden war. Ohne groß den Kontext zu erläutern, weil der dem Bekannten klar war.
Als ich gerade dabei war, die Twitter-DM „Terrorist and proud!“ zu tippen, wurde plötzlich die Stimme in meinem Hinterkopf aktiv. „Ist das klug?“ fragte die. „Wäre nicht besser, das nicht zu schreiben? Sicherlich wird das von einem der Such-Algorithmen abgefangen, und wenn dann der Twitter-Account futsch ist?“
Im besten Fall. Und die verstehen ja keinen Spaß.
Ich gebe zu, ich habe eine Weile darüber nachgedacht, ob es das wert ist. Und es dann abgeschickt. Trotzig. Neugierig darauf, was passiert. Es geschah: gar nichts. (Jedenfalls nicht für mich wahrnehmbar).
Für mich ist dieser kurze Moment die beste Erklärung dafür, warum Überwachung ein Problem ist und die NSA-Affäre überhaupt nicht vom Tisch. Jedesmal, wenn ich bei einer Google-Suche kurz zögere, jedesmal, wenn ich einen Link nicht klicke, weil es laut Überschrift um Brandanschläge in Berlin geht, oder Durchsuchungen, oder Linksextremismus, dann ist das so, weil ich fürchte, dass das registriert und womöglich später irgendwie gegen mich verwendet wird. Weil ich schon Akten gelesen habe, in denen minutiös aufgeführt war, dass sich der Beschuldigte offenbar intensiv mit den Themen X und Y beschäftigt. Und mich frage, ob ich den Artikel jetzt wirklich so dringend lesen muss, und in der Regel zu faul bin, deswegen Tor zu benutzen oder andere Möglichkeiten, die es ja durchaus gibt, um das eigene Verhalten im Netz weniger einfach verfolgbar zu machen.
Jetzt haben wahrscheinlich die meisten kein Problem damit, Artikel über Brandanschläge anzuklicken – weil sie nicht schonmal deswegen überwacht wurden. Aber jetzt gibt es den NSA, und den BND, und dass über deren Zusammenarbeit gelogen wird, dass sich die Balken biegen, ist sonnenklar.
Und damit haben sicherlich alle ihre Momente des Zögerns und des Abwägens. Nicht ständig, aber hier und da. (Beispiele würden mich übrigens sehr interessieren, gern in die Kommentare oder per Mail). Einer der Meilensteine, die zur Demokratie gehören und von der Verfassung geschützt werden, ist die Meinungsfreiheit. Die hatte auch vorher schon einige Kratzer, aber gerade können wohl alle an sich selber beobachten, wie es um sie bestellt ist.
Die Regierung, deren Aufgabe ja eigentlich ist, die Bevölkerung samt Staatsform vor Ungemach zu schützen, erkennt darin kein Problem. Ich frage mich wieder, wer wen gefährdet.
* Falls es hierzu Fragen gibt, erkläre ich das gern
Foto: coda via photopin, BY-NC-SA-Lizenz
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Genau das, was Du beschreibst, kenn ich als Phänomen aus meinem gesamten Freundes-, Bekannten-, ArbeitskollegInn-Umfeld…
Plötzlich ertrappt man sich und verharrt. Einige gehen sowieso schon lange nicht mehr zu Demos. Zum einen, weil sie die Erfahrung gemacht haben: Die da oben machen ja eh, was sie wollen… Und der von der Polizei untergeschobene Agent-Provokateur, der u.a. für ST21 sogar vom Verein kritischer Polizisten bestätigt worden ist, kriminalisiert einen womöglich… Statt uns, die demokratischen Souveränen, die Bürger, zu schützen, muss man sich womöglich ausgerechnet vor unsren ‚Bediensteten‘ schützen, die längst anderen Interessen unterstehen…
Und dann ist da plötzlich der ‚kleine Alltag‘. Man achtet auf politisch korrekte Sprache. Aber das ist ja nichts neues. Kritik zu Migranten und zu problematischer Politik ist in kontroversen Diskussionen ja eh schon lange ausgeschaltet; da hatte man sich auch schon früher selbst zensiert, wenn man mal kontrovers überlegte. Da ist man gleich rechts… Und was ist ganz links? Da, wo man ja genau so diffamiert und gar staatlich kriminalisiert ist, siehe der Fall von Herrn König und so vielen anderen, die sich nichts anderes zu Schulde kommen ließen, als für eine verfassungstreue Demokratie die Stimme zu erheben? Man kann sich drehen und wenden… Und plötzlich ertappt man sich dabei, dass man bestimmte Begriffe nicht mehr in Suchmaschinen eintippen will… Bestimmte Foren meidet… Sich bestimmte Äußerungen verklemmt…
Ja, man kann das freilich alles überwinden. Aber darum kann es nicht gehen. Es ist, als würde man, obwohl man Fieber hat, zur Arbeit gehen… Obwohl an einen mächtigen Schlag in die Fresse bekam, lächelt man und tut so, als sei nichts…
Nein, wir erleben gerade mit, wie unsere Demokratien von Überwachungsbehörden, vor allem aber von der gesiebten Polik-Kaste komplett unterminiert werden. Ich denke, wir dürfen ruhig von einem Putsch sprechen. Es war ein langsamer, und er wurde uns von den Medien stets sacht untergeschoben… Selbst der WDR spricht aber z.B. vom ‚Ökonomischen Putsch‘ im gleichnamigen WDR-5-Feature (auf Video-Kanälen noch zu hören). Auf politischer Ebene hinsichtlich der demokratischen Verfassungen ist er längst weiter. Denn die Demokratie ist doch schon lange von der Hochfinanz wie von ihren Diensten unterwandert und entmachtet worden.
Wundert man sich dann noch, dass einer der mächtigsten Männer der EU (Jean Claude Juncker) grade zurückgetreten ist, weil er in einer Staats-Terrorismus-Affäre verstrickt war? Ein Rücktritt, der nur pro forma war. Rechtlich sowieso folgenlos für ihn. Und von der breiten Öffentlichkeit, ja, von unseren Medien völlig übergangen…
Nein, eine funktionierende Demokratie, ein Rechtsstaat, würde das nicht durchgehen lassen. So wenig wie die Morde, die im Zuge des verfassungsbrechenden Kriegführens geschehen. Merkel, Schröder und viele andere (Obame und Bush sowieso) gehörten längst vor die Menschenrechtsgerichtshöfe. Da schreckt aber kaum einer auf, da es nichts passiert?!?
Das zeigt uns doch, wie schief die Lage ist… Und unsere Kanzlerin? Die fährt in Urlaub… Angesichts eines Skandals gegen den der Guillaume-Skandal oder Watergate wie Sommerlochsgeschichten wirken…
Nein, wir haben nicht 5 vor 12. Wir haben längst die Mitternacht hinter uns gelassen. Und an diesen kleinen Phänomenen wird deutlich. Auch dann für jene, die es noch nicht im Gewissen, im klaren Abwägen oder gar im sozialen Abstieg erfahren haben. Die Demokratie war gestern. Und die westlichen Verfassungen, so beweist uns doch der PRISM Skandal, sind längst obsolet. Faktisch sind sie abgesetzt worden. Der Rechtsstaat ist offiziell geputscht.
Verbrecherische Politiker spielen derweil die Handlanger für verbrecherische Interessen. Man fragt sich, wo sind unsere Staatsanwälte und unsre Polizisten bleiben, um uns vor dem Feind im Innern zu schützen… Aber auch diese scheinen zu versagen bzw. den falschen zu dienen, eben nicht den Bürgerinnen und Bürgern, nicht den Verfassunge, nicht ‚dem Staat‘, dem sie eigentlich verpflichtet sind… per Eid!
Wie geht es weiter? Das ist die eigentliche Frage.
Der zynische Witz ist doch, all die Verschlüsselungsbemühungen zeigen bereits: der Andersdenkende, nein, der eigentlich nach Menschenrecht, Völkerrecht und demokratischen Verfassungen ‚Freie Mensch‘ ist längst in den Untergrund gegangen. Denn nichts anderes wird am Ende deutlich angesichts all der Bemühungen, sich verschlüsselt nur noch zuflüstern zu können… Wir sind schon weiter im Abstieg als wir uns eingestehen wollen.
Note 1 an Anne und den Kommetar von Bergb.
Ich lese zum ersten Mal heute den Blog. Ich bin erschüttert, wenn man in der Historie des Blogs zurückgeht. Warum ist davon so rein garnichts in den Medien berichtet worden? Der Fall von Andrej ist ja allein schon ein Skandal sondergleichen, der Konsequenzen hätte nach sich ziehen müssen – und zwar für die politisch Verantwortlichen wie für die ‚Täter‘ von Staatsseite…
Man kann nur beten, dass es dereinst zu Haftungen kommen wird. Wie die Mauerschützen und all die NS-Verbrecher, die auch heute noch gejagt werden, müssen Politiker wie all die bereitwilligen Diensttuenden in den Diensten, Polizei, Justiz, Bundeswehr usw. sich verantworten müssen. Ich hoffe, wir erleben diesen Sieg der Verfassungen und bürgerlichen Demokratien noch mit.
Sollte dies nicht möglich sein? Die Sorge, die viele Staatsrechtler schon lange um den Bestand unserer Demokratie äußert, ist nur allzu berechtigt. Und leider ist ja der Bürger völlig allein gelassen. Sowohl von der Politik wie auch von allem, was uns und von Seiten der staatlichen Institutionen schützen müsste. Sie verdienen nicht mehr unser Vertrauen.
Wenn die Menschen sonst auch nicht viel lernen, eines haben sie gelernt: Auch ohne offenen Krieg kann man schleichend ein totalitäres Regime einführen. Das ist nun schon so weit gediehen, dass kein merkbarer Widerstand zu erwarten ist.
Tatsächlich achte ich mehr denn vorher (d. h. bevor der Skandal in diesem Ausmass bekannt wurde) auf mein Verhalten. Es führt dazu, dass ich mich dem entziehen will, es aber doch nicht schaffe. So bleibt ein ungutes Gefühl.
Ich versuche Alternativen zu finden und habe schon alles mögliche getestet. Bei der Search Engine war das kein Problem. Einen adäquaten Mail Account (ohne Kreditkarte und Registrierung) ausserhalb der USA, EU und China zu finden ist bisher gescheitert. Ebenso verhält es sich mit dem Telephon, wobei ich immer noch Skype verwende. De facto gibt es keine Alternative für Computer & Smartphone, wo man auch ins normale Telephonnetz anrufen kann.
Das grösste Problem ist aber, dass fast alles nach der Email zu einem geschlossenen System wurde. Selbst mit einer guten Alternative würde ich es wohl nicht schaffen alle meine Freunde von einem Wechsel zu überzeugen.
Das wiederum führt dazu, dass ich die digitale Kommunikation insgesamt einschränke. „Früher“ hatte man das ja auch nicht. Aber heute habe ich Freunde auf dem gesamten Planeten verteilt und da ist eine regelmässige persönliche Verabredung nicht möglich.
Ernüchternd ist auch, dass es keine Hoffnung gibt sich irgendwohin zu begeben, wo Freiheit, Menschenrechte, Demokratie & Co die oberste Priorität darstellen und die Menschen nicht beherrscht, regiert, kontrolliert, überwacht, unterdrückt werden, sondern in Ruhe gelassen werden. Selbst im Mittelalter konnte ich die Hoffnung haben irgendwohin zu gehen, wo die Christen nicht wüten und keine Hexen verbrennen. Heute müsste ich den Planeten verlassen, was mir leider im Moment auch verwehrt ist …
Das persönliche Beispiel, das du dir gewünscht hast:
Ich bin mehr oder weniger aktiv dabei, einen Kongress zu organisieren, der Aktivisten aus der ganzen Welt zusammenbringen soll. Über die Mailingliste wurden wir informiert, dass einer der Menschen die sich angemeldet haben, auf Facebook offen Sympathien für das große internationale Netzwerk, das 9/11 organisiert hat und dessen Namen ich hier nicht ausschreiben muss, bekundet.
Daraufhin war mir klar, dass ich per Mail meinen Unmut kundtun musste, diese Person zum Kongress zu lassen. Leider wusste ich nicht wie ich das allgemeiner formulieren könnte, also dass nicht nur diese Person sondern alle die dieses Merkmal teilen, der Zutritt verweigert werden sollte, ohne das die Mail sofort in allen Suchalgorithmen hängen bleibt. Es war allerdings spät in der Nacht und ich war müde, deshalb habe ich nach fünf Formulierungsversuchen beschlossen, das es nicht geht.
Ich mach mir eigentlich keine größeren Sorgen, weil aus der Mail ziemlich klar wird, dass diese Ideologie auf dem Kongress unerwünscht ist, andererseits fühle ich mich schlecht und hilflos, das jetzt irgendwo ein rotes Lämpchen blinkt und im Zweifel sich jemand mal den Kongress genauer anschaut. Das könnte vor allem deshalb doof sein, weil es für viele Menschen nicht so einfach ist ein Visum für Deutschland zu bekommen und naja, wir laden wenn es irgendwie klappt, lauter Aktivist*innen aus der ganzen Welt ein, darunter (hoffentlich) jede Menge Anarchisten und sonstige »Linksextreme«. Und irgendwo blinkt ein Lämpchen und sagt: Gefahr…
Ich habe mich mal auf eine Stelle nicht beworben. Ich dachte, mit meinem Twitter bekomme ich den Job sowieso nicht. Später wurde mir klar: eigentlich wollte ich da auch nicht arbeiten.
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Genauso sehe ich das auch. Hier mein persönlicher Beitrag dazu:
Ich habe wie viele andere auch einige Petitionen für Ed Snowden und gegen PRISM unterzeichnet. Dabei habe ich mich gefragt, warum eigentlich nur so wenige Leute unterschreiben (bei so einem Thema!), denn eigentlich müsste die ganze Welt und jeder einzelne laut aufschreien und sofort unterzeichnen. Dann ist mir etwas klar geworden: Bei der Anmeldung zum Unterschreiben bin ich tatsächlich kurz in einen echten inneren Konflikt gekommen, ob ich nun meine echten Adressdaten bekanntgeben geben soll (damit ich unterschreiben kann) und mich damit ganz klar als Gegner dessen was sich unsere Regierungen derzeit leisten oute – oder ob ich anonym bleibe und dann eben nicht unterschreibe. Mag sein, dass nur ich das so empfinde und mal abgesehen davon, dass die NSA mit Sicherheit sowieso meine Identität und alle Online-Aktivitäten zurückverfolgen kann, egal welchen Namen ich verwende, und obwohl es nur eine Unterschrift ist, ist mir dadurch klar geworden, was dieser Überwachungsmißbrauch und vor allem die Art, mit welcher Dreistigkeit die Geheimdienste aktuell gegen für sie unbequeme Leute vorgehen, für die Meinungsfreiheit und unsere als bisher sicher geglaubten Rechte bedeutet. Nämlich das Ende dessen. Und genau deswegen habe ich dann auch unterschrieben – mit Name und mit Adresse. Denn Anonymität und Schutz vor Missbrauch gibt es sowieso nicht mehr und mir ist auch klar geworden, dass ich jetzt und genau in so einer Situation die Wahl habe: Mich einschüchtern lassen und mein Verhalten in allen Kleinigkeiten anpassen (z.B. die Klappe halten aus Angst vor möglichen negativen Konsequenzen in der Zukunft, wie immer die aussehen) oder genau das Gegenteil zu tun. Denn NSA & Co haben sicher Macht und sie können einzelne Leute überall hin verfolgen, haarsträubende Anklagen gegen Betreiber unbequemer Netzwerke erheben, südamerikanische Staatschefs kurzzeitig kidnappen lassen und sogar Presse-Daten beim Guardian vernichten, aber wenn aus Einzelnen plötzlich Zigtausende oder viele Millionen werden, endet diese Macht auch für die NSA.
Und Politiker kann man immer noch abwählen. Das ist meiner Meinung nach unsere einzige Chance. Es liegt an jedem Einzelnen.
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„Und damit haben sicherlich alle ihre Momente des Zögerns und des Abwägens. Nicht ständig, aber hier und da. (Beispiele würden mich übrigens sehr interessieren, gern in die Kommentare oder per Mail).“
Anne, zunächst einmal herzlichen Dank für Dein Engagement als Aktivistin und für Deine moralische Festigkeit, Dich nicht vom Apparat brechen zu lassen. Im Gegensatz zur Mehrheit der Untertanen hast du bereits verfassungsfeindliche Repressionen hautnah erleben dürfen.
Nun zu mir. Es ist vorbei. Es ist zu spät. Deshalb kann ich das Folgende auch hier öffentlich für alle Zeiten verewigen.
Seit vielen Jahren lebe ich ein Doppelleben. Hinter der klischeehaften bürgerlichen Fassade versteckt sich eine Verfassungspatriotin, die alles in ihrer Macht stehende unternimmt, die eigenen Rechte und Freiheiten trotz der Umstände zu schützen. Mitunter sind dazu konspirative Methoden notwendig. Und es kostet viel Geld.
Ich war noch nie auf einer Demonstration. Es ist zu gefährlich, wenn man nicht finanziell unabhängig ist. Die bürgerliche Existenz hängt am seidenen Faden.
Die einzige Hoffnung ist, so zynisch es klingt, ein zweiter Daten-GAU. Auf Chernobyl folgte Fukushima.
Snowden-Leaks darf nicht das Ende der Geschichte sein. Sonst ist es unser Ende.
lustig, genau dieses phänomen hatte ich eben gerade: ich habe eine weile gezögert auf den link zu klicken, der mich zu diesem Artikel geführt hat. Die url und der titel des posts klang für mich „gefährlich“, z.B. dass mein verdächtigkeitsstatus in irgendeinem nsa-algorithmuss erhöht. Vielleicht ist das auch passiert, wer weiss.
Jedenfalls ist das scheisse, man nimmt uns den Spaß am Internet. Wann kommt das endlich bei den breiten Massen an?
Ich bin da zwiegespalten, einerseits habe ich schon mein Verhalten geändert ( (noch mehr) Festplattenpartitionen/Backups verschlüsselt, wenn möglich wird mit Tor gesurft, Skype wurde durch Jitsi/Jabber ersetzt, Mails werden leider nur zu Nerds verschlüsselt, weil alle anderen zu faul und träge sind, das war auch schon früher so und hat sich mit PRISM leider nicht verändert) aber ich denke, dass man sich auf keinen Fall einschüchtern lassen darf. Ich betreibe weiter mein Blog (das niemand liest), aus dem meine „radikale“ (=antikapitalistische, soziale, linke) Meinung sicher gut abzulesen ist.
Wenn man die Schere im Kopf hat, haben sie™ gewonnen.
und Schily sagt, unsere Angst vor dem Überwachungsstaat sei paranoid… wenn das nicht die größere Gefahr ist, als Terrorismus und Kriminalität, die vermeintlich bekämpft werden sollen.
http://derintellektuelle.blogspot.de/2013/08/die-grote-gefahr.html