Niemand braucht die Spitzel des Verfassungsschutzes. Außer den Nazis.

Gestern gab es bei Report Mainz einen Beitrag über V-Leute des Verfassungsschutzes (VS), der gut zusammenfasst, warum sie ein Problem sind. Samt Zitat des Bundesinnenministers, der selbstverständlich möchte, dass alles so bleibt, wie es ist.

»Es ist unstreitig, dass so etwas notwendig ist, wenn wir nicht wirklich blind werden wollen als Staat und damit auch wehrlos. Wir brauchen V-Leute.« (Innenminister Friedrich bei Report Mainz)

 

Im Raum steht weiter die Frage, warum die Volksparteien am System des Verfassungsschutzes festhalten, obwohl alle Fakten dagegen sprechen:

  • 12 von 50 V-Leuten in der Nazi-Szene haben während ihrer Zeit beim VS Straftaten begangen: Nötigung, Körperverletzung, Aufruf zum Mord, Waffenhandel, Bombenbau, Sprengstoff und Brandanschläge
  • mindestens sechs wurden vom Verfassungsschutz vor Strafverfolgung gewarnt
  • 15 der 50 haben fünf- bis sechsstelliges Honorare bekommen, das höchste 180.000€
  • mindestens sechs waren im Umfeld des NSU unterwegs (und haben nichts verhindert)
  • der Verfassungsschutz zahlte die Anwälte eines V-Manns in Thüringen. Alle 35 Verfahren gegen ihn wurden eingestellt
  • mindestens einem V-Mann wurde eine Waffe gezahlt

(Alles Report Mainz, pdf)

Vor der Kamera sagte der ehemalige Referatsleiter des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Ridder:

Ich bin wirklich verwundert, dass im politischen Raum bisher nicht ganz anders auf eine solche Perversion eines V-Mann-Systems reagiert wird.

Petra Pau twitterte später allerdings genervt, dass ein Statement mit ihr von Report aufgezeichnet wurde, in dem sie die Abschaffung der V-Leute fordert und das dann aber nicht in den Beitrag aufgenommen wurde.

Andreas Förster schreibt heute in der Berliner Zeitung, dass im Umfeld des NSU sogar mindestens 24 Spitzel unterwegs gewesen seien. Und schlüsselt übersichtlich nach Decknamen und Behörden auf, wer wer war.

..sie spitzelten für das Bundesamt (BfV) und die Landesämter für Verfassungsschutz (LfV), für den Militärischen Abschirmdienst (MAD) und das Berliner Landeskriminalamt (LKA). Vor dem Beginn des Prozesses gegen Beate Zschäpe und vier mutmaßliche NSU-Unterstützer in München stellt sich daher einmal mehr die Frage, warum Geheimdienste und Polizei dennoch nie auf die Spur des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ kamen.

Es gibt keinen vernünftigen Grund dafür, das beizubehalten.

 

Deswegen:

Demo gegen Nazi-Terror und Verfassungsschutz

Demo: Greift ein gegen Naziterror, staatlichen und alltäglichen Rassismus – Verfassungsschutz abschaffen!

Zum Auftakt des NSU-Prozesses gibt es nächste Woche, am Samstag den 13.4., eine Demo in München und ich hoffe, dass wir viele sein werden.

Neben dem Aufruf des Demo-Bündnisses rufen auch das Grundrechtekomitee, der Republikanische Anwältinnen- und Anwältevereins, die Liga für Menschenrechte, die Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen und PRO ASYL zur Teilnahme auf.

6 Gedanken zu „Niemand braucht die Spitzel des Verfassungsschutzes. Außer den Nazis.

  1. Dieser Staat macht mir Angst – wahrscheinlich ist das das wichtigste Ziel, das sie mit dem Verfassungsschutz verfolgen. Den Menschen Angst einjagen auf eine Wesise, das sie später nicht mehr wissen vor wem oder genau was sie Angst haben.

  2. @Sammelmappe:

    „Unser“ Staat beabsichtigt mit den meisten seiner Handlungen, Ruhe und Ordnung aufrechtzuerhalten. Wir leben in einem autoritären Obrigkeitsstaat. Das war in Deutschland noch nie anders.

  3. Unter Ordnung würde ich mir vorstellen, dass Menschen nicht ermordet und bedroht werden. Unter Ruhe, dass niemand in Angst und Schrecken versetzt wird.

    Irgendwas passt da einfach nicht.

  4. Knatterratte :
    @Sammelmappe:
    “Unser” Staat beabsichtigt mit den meisten seiner Handlungen, Ruhe und Ordnung aufrechtzuerhalten. Wir leben in einem autoritären Obrigkeitsstaat. Das war in Deutschland noch nie anders.

    Ist ja ne merkwürdige Form von Ruhe und Ordnung

    Rechtsradikale mit Geld fördern vor der Strafverfolgung schützen, mit Waffen zu Versorgen, ach der Aufbau Unterhaltung und Schutz der NSU also eienr Mörderbande usw. dienen der Ruhe und Ordnung?
    Die Gefakten Bombenanschläge in den letzten 5Jahren dienten also auch der Ruhe.
    Ich war immer der Meinung die haben eher für Sorgen Angst und Unruhe gesorgt?

    Wie wärs wenn wir mal wieder nen kleinen Negativ-Preis erfinden so aller Zitronenfalter-Awards >.<
    Den ersten Gewinner haben wir ja schon gefunden bzw. er hat sich finden lassen.

  5. @Sammelmappe + Seba:

    Ihr beide habt wohl den sarkastischen Unterton zwischen den Zeilen nicht registriert?

    Was ihr beide unter Ruhe und Ordnung, unter Demokratie und Rechtsstaat, unter Freiheit und Grundrechten usw. versteht, ist aus Sicht von Regierung, Behörden und Teilen der Justiz irrelevant.

    Es dient der Staatraison, wenn durch staatlich inszenierten Terror der dauerhafte Ausnahmezustand samt Abbau der Grundrechte durchgesetzt wird.

    Die wenigen, die wie ihr beide, das perfide Schauspiel durchschauen, sind ohnehin bereits auf der watch list oder zumindest kurz davor.

    Die große Masse der unwissenden, obrigkeitshörigen und manipulierbaren Untertanen durchschaut die Inszenierung nicht. Für die große Mehrheit der Deutschen gehört der deutsche Staat zu den Guten. Propaganda und Desinformation waren schon immer nützliche Instrumente.

    Wenn durch die staatliche inszenierte Terrorgefahr Ruhe und Ordnung scheinbar bedroht sind, rufen die meisten Schafe nach dem starken Staat, der Ruhe und Ordnung mit allen Mitteln gewährleistet. Außerdem lenkt die heraufbeschworene Terrorgefahr von vielen tatsächlichen und ernsthaften Problemen in unserer Gesellschaft ab (z.B. Zehntausende Tote durch Rauchen, Hundertausend Tote durch Alkohol, 0 Tote durch Terrorismus).

    Es hat nur Vorteile für die Obrigkeit, wenn man sich seine Haus-Nazis und Haus-Islamisten als Terrornester halten kann. Feind im Innern, Strategie der Spannung etc. Das Steuergeld ist gut angelegt – aus Sicht der Regierung.

    Ein kleines Beispiel aus einem anderen Kontext soll den grundsätzlichen Wirkmechanismus verdeutlichen:

    Wenn in Jobcentern und Argen Mitarbeiter durch „Kunden“ (aka Bürgern) aggressiv oder sogar tätlich angegangen werden, ruft die „Öffentlichkeit“ nach mehr Sicherheit, Überwachung, Kameras, das volle Programm eben. Das ist aktionistische Symptombekämpfung.

    Die Ursachen für Armut, Arbeitslosigkeit, Aggression und Gewalt werden nicht bekämpft. Warum rasten „Kunden“ der Arbeits- und Sozialverwaltung aus? Weil sie genetisch bedingt seit der Geburt gewalttätig sind? Oder weil das herrschende Wirtschafts- und Gesellschaftssystem die Menschen kaputt und krank macht?

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