Ich neige dazu, Dinge, die mich betreffen, plötzlich verstärkt wahrzunehmen (beliebtes Phänomen ist das auch bei Schwangeren: da scheint es plötzlich jede Menge andere Schwangere oder auch Kinderwagen zu geben).
Terrorismus, seine Nebenwirkungen und Gegenmaßnahmen sind gerade jedenfalls sehr dominant.
Gestern gab es bei 3sat ein halbstündiges Kulturzeit Extra über "Die Wüstenwächter – Al Dschasiras Blick auf die Welt".
Vieles davon fand ich interessant, aber nicht wirklich überraschend. Was ich allerdings nicht wusste, ist, dass ein Kameramann von Al Dschasira seit 2002 in Guantanamo sitzt. Keiner weiß, warum, aber befragt wird er vor allem dazu, wie Al Dschasira arbeitet und wer den Sender finanziert:
"Der sudanesische Al Dschasira-Kameramann Sami Al
Hadj ist seit 2002 in Guantanamo inhaftiert. Für die Mitarbeiter von Al
Dschasira ist er ein Mahnmal für den freien Journalismus geworden. In
einem Flur hängt sein Foto, darüber ein Zitat der amerikanischen
Literaturnobelpreisträgerin Pearl S. Buck: "Niemand, der immer frei
gewesen ist, kann die schreckliche, faszinierende Kraft der Hoffnung
derer verstehen, die nicht frei sind." Am Abend treffen sich
Mitarbeiter von Al Dschasira vor dem Sendegebäude. Sie demonstrieren
für die Freilassung des Kameramanns, oder doch wenigstens für ein
Gerichtsverfahren. Mit dabei ist Sami Al Hadjs schwarz-verschleierte
Ehefrau mit ihrem neunjährigen Sohn Mohammed.
Al Dschasira-Mitarbeiter demonstrieren für Sami Al Hadjs Freilassung
Dann der Transport nach Guantanamo: Dort wird er zum Gefangenen mit der
Nummer 345. Es ist in undurchsichtiger Fall, ein Politikum. Die Verhöre
gehen in eine ganz andere Richtung: Die Amerikaner wollen Informationen
über Al Dschasira. "Sami hat mir erzählt, dass er etwa 130 Mal verhört
wurde, und etwa 125 mal ging es um das Thema Al Dschasira, auch um
einige Namen von Al Dschasira-Mitarbeitern", sagt Anwalt Clive Stefford
Smith. "Die US-Amerikaner wollten, dass Sami sagt, Al Dschasira sei von
El Kaida gegründet, dass sie Geld von El Kaida bekämen und dass El
Kaida bei Al Dschasira publiziere. Das ist doch ein Witz." Asma Al
Hadj, die Ehefrau, wartet seit sechs Jahren auf ihren Mann. "Der Beruf
als Reporter ist nicht ungefährlich und mit großem Risiko verbunden",
sagt sie. "Mein Mann hat die Wahrheit berichtet. Es ist seine Aufgabe,
die Welt über Geschehnisse zu informieren, das gehört zu seinem Beruf
als Reporter."
Video bei 3sat oder für den eigenen Player (asx), 32 Min.
Ganz anders, aber auch passend zum Thema dieser Bericht von jemandem, dem in Hamburg vor drei Jahren wegen Teilnahme an einer Demo zunächst die Fluglizenz verweigert wurde. Oder: wegen eines Berichts des Verfassungsschutzes.
Herr S. eröffnete das Gespräch damit, daß er diesen Job auch nicht
gerne mache und daß er „keine Gesinnungsschnüffelei betreiben wolle“.
Dann legte er allerdings die Akte auf den Tisch, die er vom
Verfassungsschutz über mich erhalten hatte. Da gäbe es ja wohl noch
einiges zu klären. …Ich bin 1994(!) auf einer Demonstration
kontrolliert worden. Kontrolliert, nicht etwa angezeigt, angeklagt,
oder irgendeiner Straftat beschuldigt. Nein, als Teilnehmer registriert.
Desweiteren ist offensichtlich mein Bekanntenkreis durchleuchtet
worden. So wurde mir vorgehalten, daß ich von 1999 bis 2002
Gesellschafter einer GmbH für Softwareentwicklung war. In dieser Firma,
soll es eine Person gegeben haben, die vorbestraft gewesen sei. Jetzt
sollte ich bitte erklären, was ich mit dieser Person zu tun gehabt
hatte, und wie es habe sein können, daß man eine solche Person
beschäftigt.Frage: Was hat die politische Einstellung eigentlich mit der Pilotenlizenz zu tun?
An dieser Stelle entwickelte sich eine Diskussion zum Thema politische
Einstellung. Diese Diskussion zwischen mir und der Behörde für
Luftsicherheit war mehrfach absurd: Zum Einen ging es ja nicht um
Tatsachen, die Zweifel an der Zuverlässigkeit meiner Person
gerechtfertigt hätten. Es ging ja noch nicht einmal um meine Person
selbst, sondern um meinen Bekanntenkreis.
Zum Anderen sagte Herr S. am Ende, er könne das letztlich sowieso nicht
beurteilen, denn er sei schließlich kein Polizist, sondern Beamter der
Luftsicherheitsbehörde. Dennoch sollte ich ihm gegenüber nun die Natur
meiner politischen Einstellungen, meines Bekanntenkreises und meiner
Freude am Fliegen erläutern.
Das schlimmste aber ist, daß ich auch ganz aktuell zu politischem
Extremismus neige. Wie der Verfassungsschutz weiß, bin ich nämlich
„Halter eines Bauwagens“.
Der zur falschen Zeit am falschen Ort stand. Details.
„[…]dass ein Kameramann von Al Dschasira seit 2002 in Guantanamo sitzt. Keiner weiß, warum […]“
Ganz so mystisch ists nicht…
Wenn ich mich recht erinnere (hab mal Al-Djasira besucht) war Sami Al Hadj der Kameramann eines Journalisten, der Osama bin Laden interviewt hat. Dieser Journalist (den Namen hab ich vergessen) ist seitdem „nur“ unter Hausarrest und Sami Al Hadj ist irgendwie zum Handkuss gekommen, da sich die (US-)Behörden Angaben über den Kontaktweg oder den Aufenthaltsort von bin Laden erwarteten. Ändert natürlich genau gar nix daran, dass das eine Riesensauerei ist.
du kennst die dokumentation zum luftsicherheitsgesetz beim ccc? da gabs auch mal ein chaosradio zum thema.
.~.
профессиональная реклама на транспорте по хорошей цене
Chaosradio Express Folge 037
Das Luftsicherheitsgesetz
http://chaosradio.ccc.de/cre037.html