Könnte es vielleicht sein, dass die älteren Herren in der Sozialdemokratie merken, wie sie den Boden unter den Füßen verlieren? Dass die nötige Veränderung ihrer Partei nur zu haben ist, wenn die, die bisher das Sagen hatten, was abgeben von der Macht, so ganz persönlich?
Und wenn das Loslassen dann gar so schmerzt, dann wird noch mal kräftig draufgedroschen auf das Gedöns, das überall rumnervt.
Und das nervt ja irgendwie immer schon. Ich oute mich jetzt mal: Ich habe den Sigmar schon erlebt, als er damals in Niedersachsen Bezirksvorsitzender der Falken war, und ich als Schülerin Mitglied. Wir haben irgendwann, so Mitte der 80er, einen Aufstand gemacht und gefordert, dass es eine Frauenquote geben sollte. Ungeheuer. Das johlende Gepöbel gegen die dämlichen Emanzen habe ich bis heute im Ohr.
Damals gingen die dicken alten Falken, IG Metall Jugend, noch regelmäßig in den Puff, und alle wussten das. Schülerinnen, Feministinnen, Hippies brauchten die nicht für ihren Sozialismus. Und so ist es bis heute. (Glauben sie offensichtlich immer noch.) Wobei der Sigmar nicht so richtig dazu passte, denn der hatte ja studiert und wollte Lehrer werden, und war gar kein Metaller. Aber umso mehr wollte er sein wie sie.
Ich wusste nach den paar Jahren, dass mir meine Energie zu schade ist, um die Tricks der Geschäftsordnungsanträge zu lernen, um jahrelang gegen eine undurchdringliche Dornenhecke des Immer-schon-so-gemacht anzukämpfen. Parteimitglied bin ich deswegen nie geworden und werde sicher auch keins werden (egal von welcher Partei). Aber es ist schade um die SPD, die immer weiter zerbröselt, weil die Jungs partout nichts abgeben wollen (immer im Namen irgendeiner Solidarität), und schade für uns alle, denn jetzt bräuchten wir sie eigentlich.
(Dieser Text ist entstanden, nachdem der ehemalige SPD-Parteivorsitzende und aktuelle Außenminister Sigmar Gabriel eine Rede hielt, die dann auch als Text im Spiegel erschien.)
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