Viele Lehrer und Lehrerinnen, auch manche Schülerinnen und Schüler kennen es vielleicht schon: der Verfassungsschutz geht verstärkt auf Schulen zu und bietet Veranstaltungen an. Es ist nicht so einfach, das abzulehnen. Das Demokratische JugendFORUM Brandenburg (DJB) hat deswegen eine kleine Broschüre herausgegeben, die erklärt, warum es trotzdem besser ist, den Geheimdienst nicht im Unterricht zu haben:
In dieser Broschüre wollen wir die Probleme aufzeigen, die sich aus der Neuorientierung des Verfassungsschutzes für die politische Bildungsarbeit ergeben. Wir sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter pädagogischer Einrichtungen, aus Verwaltungen oder Vereinsvorständen. Wir gehen in dieser Handreichung auf Fragen ein, die sich ganz praktisch in der Bildungsarbeit stellen, in der plötzlich ein Geheimdienst aktiv ist.
Darin geht es um so unterschiedliche Fragen wie
- Wer oder was schützt unsere Verfassung und unsere Demokratie?
- Wie gestalten wir Demokratie?
- Wie gut kennt der Geheimdienst den Zustand unserer Demokratie?
- Ist der Geheimdienst parteipolitisch unabhängig? Sind seine Informationen objektiv?
Und auch: Hat der Geheimdienst geeignete Referentinnen und Referenten zu den Themen Demokratie, Extremismus und Islam?
Referentinnen und Referenten müssen pädagogische Anforderungen erfüllen können. Der zentrale Standard in der politischen Bildung wurde 1976 im Beutelsbacher Konsens festgelegt. Sämtliche Träger und Fachleute politischer Bildungsarbeit einigten sich auf drei zentrale Grundsätze: Politische Bildung darf Lernende nicht indoktrinieren, muss existierende Kontroversen darstellen und Lernenden die Möglichkeit geben, sich eine eigene Meinung über das jeweilige Thema zu bilden. Inhalte sollen in pluralistischer Perspektive dargestellt werden und Standpunkte hinterfragbar sein. Die Herkunft der verwendeten Daten muss nachvollziehbar sein und Lernende dürfen nicht durch die Autorität der Lehrenden überwältigt werden.
Der Geheimdienst kann diesen Ansprüchen an Bildungsreferen- tinnen und Bildungsreferenten nicht gerecht werden.
Das wäre also ein guter inhaltlicher Grund, solche Veranstaltungen abzulehnen. Der wäre aber eigentlich gar nicht nötig, denn
Muss ich mit dem Verfassungsschutz zusammenarbeiten?
Niemand ist verpflichtet, mit dem Geheimdienst zusammenzuarbeiten. Jede Anfrage darf ohne Angabe von Gründen und vollständig abgelehnt werden.
Nebenbei:
Wussten Sie schon, …
… dass Neonazis nicht einfach nur „Quellen“ des Geheimdienstes Verfassungsschutz sind, …
… sondern auch in Veröffentlichungen des Verfassungsschutzes als Expertinnen und Experten zu Themen wie „Linke Gewalt“ zu Wort kommen?
Der Chef des sogenannten Thüringer Heimatschutzes und Informant des Verfassungsschutzes, Tino Brandt, wird in einem Bildungsfilm des Thüringer Verfas- sungsschutz für Schulen in den Rang eines „Experten“ über „linke Gewalt“ gehoben und dazu interviewt.
Dass hinten auf der Broschüre Zitronenfalter erwähnt sind, finde ich charmant, hat aber nichts mit mir und meinem Beitrag beim letzten Kongress des CCC zu tun..
Die Broschüre kann per Post bei bog at djb-ev punkt de bestellt oder direkt als PDF runtergeladen werden (450kb).
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Hallo Frau Roth,
als ich mal mich mal wieder auf dem Laufenden halten und meine Versäumnisse der Tagesschau seit dem 04.04.2013 nachholen wollte, bin über Recherchen nach dem Prozess um den Jenaer Jugendpfarrer Lothar König auf Ihren informativen Blog gestoßen.
Haben Sie vielen Dank für Ihre Bereitstellung der Beiträge.
Zur Zeit, als Hartz IV-Empfänger, möchte ich die Möglichkeit nutzen, mich gesellschaftspolitisch besser zu informieren und die Sicht der akademisch-wissenschaftlich geprägten Welt (nach meinem Philosophie-Germanistik-Lehramtsstudium (und abgebrochenem Referendariat)), na, sagen wir einmal, zu ergänzen.
Gruß
Charles
(zur Zeit aus Hannover)