Verdeckte Ermittler zeugten Kinder mit Aktivistinnen

Einen schönen Fall aus der Kategorie „Das gibt’s höchstens in Diktaturen / im Ostblock, aber doch nicht bei uns“ hat der Guardian ausgegraben.

Die hier schon mehrfach vorgestellten verdeckten Ermittler, die in Großbritannien auf AktivistInnen angesetzt waren, haben in mindestens zwei Fällen mit bespitzelten Frauen Kinder gezeugt und sind dann aus der Mission abgezogen worden. Und haben das offenbar auch mitgemacht; ihre Vorgesetzten auch: Undercover police had children with activists.

In einem Fall verfolgte der biologische Vater das Leben von Mutter und Kind über vertrauliche Polizei-berichte. Das ist schon ziemlich ekelhaft. Die Kinder (und Mütter) wussten nur, dass ihre Väter plötzlich verschwunden sind. Vor einem Monat haben acht Frauen Klage eingereicht, die teilweise jahrelange Beziehungen mit verdeckten Ermittlern hatten, ohne es zu wissen.

Millionen Handydaten diesmal aus Berlin

Das machen die in Sachsen. Hier nicht. Hier ist ja sozusagen die zivilisierte Welt, was Grundrechte angeht. Also, im Vergleich zu Sachsen. Kein Vergleich.

Bis vorgestern: Massenhafte Funkzellenabfrage jetzt auch in Berlin: Was Vorratsdatenspeicherung wirklich bedeutet

Da steht alles drin, inkl. Ermittlungsakten, und deswegen stand das ja dann auch in allen Zeitungen. Weil der Artikel wirklich gut ist, breite ich mich nicht weiter darüber aus. Lest es bei netzpolitik.org.

In Stichworten: Um Auto-Brandstiftungen zu ermitteln, wurden in Berlin-Friedrichshain Funkzellenabfragen (FZA) vorgenommen, möglich nur durch faktische Vorratsdatenspeicherung und enthemmte Beamte. Der konkrete Fall wurde später eingestellt, aber mit den Daten lässt sich sicher auch sonst noch einiges anfangen. Ob das verfassungsgemäß oder sonst verhältnismäßig ist, ist ausgesprochen strittig.

Ich persönlich kann mir nicht vorstellen, wie es bei einer schweren Straftat (Bedingung für die FZA) juristisch ausreichen kann, dass eine Person – wie hunderte, tausende andere – zu einem bestimmten Zeitpunkt in einer bestimmten Funkzelle war, um ihr nachzuweisen, dass sie das Auto angezündet hat. Zudem, wie wir wissen, die Linksextremisten ihre Handys ja schon aus Prinzip nicht mitnehmen, wenn sie Anschläge begehen (<- Ironie!).

Weil hier (und überall sonst in der Demokratie) alles anders ist als im feudalistischen Sachsen, kam gestern raus, dass das kein Einzelfalls ist

Nach Angaben eines Mobilfunknetz-Betreibers wertete die Polizei von Herbst 2009 bis Ende 2011 mehrere Millionen Standortdaten von Handys aus. („Millionen Handys überwacht“ – Berliner Zeitung)

Und hier geht es nicht mal um angebliche Gewalt gegen Menschen, sondern um Autobrandstiftungen.

Ulf Buermeyer in der Abendschau zur Theorie und Praxis der FZA aus Richterperspektive:

Im Folgeartikel am Freitag ging es um die Reaktion der Medien, der Opposition und unbeantwortete Fragen an die Behörden. Nachlese zur Funkzellenabfrage: Noch viele Fragen offen

Im Bundestag gibt es im Februar am 8. Februar um 14 Uhr eine Anhörung zum Thema, steht bei der Süddeutschen, und – wichtiger – es gibt Gesetzentwürfe. Es lohnt also JETZT WIRKLICH ECHT, sich damit zu beschäftigen. Und zwar so, dass es bemerkbar wird. Update: Die Gesetzentwürfe sind von der Linken (FZA abschaffen (pdf)) und Grünen (FZA einschränken (pdf)). Die werden also sicher abgelehnt werden. Dass das falsch ist, und dass das viele so sehen, sollte trotzdem gesagt werden.

Für die technischen Grundlagen und zur Beruhigung der Nerven:

http://www.youtube.com/watch?v=bla06farU-k