Zwei Meldungen über Flüchtlinge in Deutschland

Zwei Meldungen fanden heute ihren Weg zu mir, die viel über Medien, Wahrheit und Selberdenken mitteilen.

Nr. 1

„Experten kritisieren Abschiebepraxis als zu lasch“, Spiegel.

In einer schonungslosen Bilanz hat eine Arbeitsgruppe von Bund und Ländern die deutsche Abschiebepraxis kritisiert. Im Zentrum ihres Erfahrungsberichts steht nach Informationen des SPIEGEL der Vorwurf, es fehle Politikern und Behörden die Standhaftigkeit, Ausländer in ihre Heimatländer zurückzuschicken, selbst wenn diese vor Gericht in allen Fällen gescheitert seien.

Weiterzulesen hier. Die Arbeitsgruppe bestand aus Landes- und Bundespolizisten und arbeitete der der Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Rückführung“ zu, beim Bundesinnenministerium. In Zahlen: 2010 haben 14,8 % der ‚Ausreisepflichtigen‘ Deutschland verlassen, 5,7% wurden abgeschoben. Die These: der Rest taucht unter, wird also „illegal“. Die Forderung: es muss härter durchgegriffen werden.

Nr. 2

Bundesdeutsche Flüchtlingspolitik und ihre tödlichen Folgen (1993 – 2010), ARI Berlin

Die Statisik des Bundesinnenministeriums belegt, daß im Jahre 2010 nur 21,6% der hier schutzsuchenden Flüchtlinge einen Aufenthalt bekommen haben. Damit ist die Quote der Menschen, deren Verfolgung und Notlage in irgendeiner Weise anerkannt wurden, im Vergleich zum Vorjahr um 12,1% gesunken – obwohl gleichzeitig die Asylerstantragszahl im Jahr 2010 um etwa 50% auf 41.332 angestiegen ist.

Die Antirassistische Initiative Berlin (ARI) dokumentiert seit 1993in über 6000 Einzelgeschehnissen die Auswirkungen des staatlichen und gesellschaftlichen Rassismus auf die betroffenen Flüchtlinge. Auf Menschen, die in der BRD Schutz und Sicherheit suchten und aufgrund der rassistischen Sondergesetze und des Rassismus der Gesellschaft körperlich zu Schaden kamen.“ Und gibt einmal im Jahr den aktuellen Stand heraus, gerade also zum 18. Mal. (Pressemitteilung dazu, pdf)

Die Zahlen:

Die Dokumentation umfaßt den Zeitraum vom 1.1.1993 bis 31.12.2010.

  • 180 Flüchtlinge starben auf dem Wege in die Bundesrepublik Deutschland oder an den Grenzen,  davon allein 131 an den deutschen Ost-Grenzen, 2 Personen trieben in der Neiße ab und sind seither vermißt.
  • 511 Flüchtlinge erlitten beim Grenzübertritt Verletzungen, davon 302 an den deutschen Ost-Grenzen,
  • 160 Flüchtlinge töteten sich angesichts ihrer drohenden Abschiebung oder starben bei dem Versuch, vor der Abschiebung zu fliehen, davon 62 Menschen in Abschiebehaft,
  • 922 Flüchtlinge verletzten sich aus Angst vor der Abschiebung oder aus Protest gegen die drohende Abschiebung (Risiko-Hungerstreiks) oder versuchten, sich umzubringen,
  • davon befanden sich 541 Menschen in Abschiebehaft,
  • 5  Flüchtlinge starben während der Abschiebung und
  • 407 Flüchtlinge wurden durch Zwangsmaßnahmen oder Mißhandlungen während der Abschiebung verletzt,
  • 32  Flüchtlinge kamen nach der Abschiebung in ihrem Herkunftsland zu Tode, und
  • 529 Flüchtlinge wurden im Herkunftsland von Polizei oder Militär mißhandelt und gefoltert oder kamen aufgrund ihrer schweren Erkrankungen in Lebensgefahr,
  • 71  Flüchtlinge verschwanden nach der Abschiebung spurlos,
  • 13  Flüchtlinge starben bei abschiebe-unabhängigen Polizeimaßnahmen,
  • 8  Flüchtlinge starben durch unterlassene Hilfeleistung,
  • 444 wurden durch Polizei oder Bewachungspersonal verletzt, davon 139 Flüchtlinge in Haft.
  • 68  Flüchtlinge starben bei Bränden oder Anschlägen auf Flüchtlingsunterkünfte,
  • 815 Flüchtlinge wurden z.T. erheblich verletzt,
  • 15  Flüchtlinge starben durch rassistische Angriffe auf der Straße und
  • 785 Flüchtlinge wurden durch Überfälle auf der Straße verletzt.

Durch staatliche Maßnahmen der BRD kamen seit 1993 mindestens 398 Flüchtlinge ums Leben –  durch rassistische Übergriffe und Brände in Flüchtlingsunterkünften starben 83 Menschen.

 

Aktuell sind in Hamburg Roma-Familien von Abschiebung bedroht.