mg-Überwachung durch den Verfassungsschutz war illegal

Das Gespenst militante gruppe (mg) kommt immer wieder. Denken z.Z. wahrscheinlich vor allem die versammelten Sicherheitsbehörden. Am Donnerstag, oh Genugtuung, wurde in Berlin eine Klage gegen den Verfassungsschutz verhandelt. Wegen der jahrelangen Überwachung von Leuten, denen Mitgliedschaft in der mg unterstellt wurde. Eine ganz andere Gruppe von Leuten übrigens als die, mit denen gemeinsam Andrej deswegen überwacht wurde; war ja auch Jahre vorher.

Die jahrelange Ausspähung der zeitweise zwölf angeblichen mg-Aktivisten erfolgte mit enormem Aufwand: Bei U. etwa wurden sämtliche seiner Telefonate, E-Mails und Postsendungen kontrolliert, auf die Eingangstür seiner Wohnung und seiner Bäckerei waren Kameras gerichtet, selbst sein Auto wurde verwanzt. Der Ertrag war gleich null: Belege für eine Mitgliedschaft in der mg oder auch nur für Hilfsdienste zugunsten der linksradikalen Brandstifter wurden bei der acht Jahre andauernden Rundumüberwachung bei keinem der Verdächtigen gefunden. (Freitag)

 

Selbst zeitweises Nichttelefonieren habe das Bundesamt als Anhaltspunkt für den angenommenen Verdacht angesehen, erklärten die Richter. Das heißt, wer telefoniert, macht sich verdächtig, wer belanglose Gespräche führt, noch verdächtiger und wer gar nicht telefoniert, ist extrem verdächtig, weil er seine Untergrundaktivitäten besonders geschickt tarnt. Es gab keine Taten, keine Täter, nur einen Verfassungsschutz, der sich über alle Rechtsnormen hinweggesetzt hat. (Neues Deutschland)

Es geht nicht nur um den Verfassungsschutz, sondern auch um die G10-Kommission. Die genehmigt die Überwachungsmaßnahmen der Geheimdienste, also auch des Verfassungsschutzes. Bei dieser ‚ersten Runde‘ angebliche mg ging das acht Jahre lang (1998 – 2006).

..alle drei Monate wurden die Maßnahmen als „zulässig und notwendig“ bestätigt. (Freitag)

Schmankerl:

Auch falle auf, dass in den Jahren 1998 bis 2000 in den Berichten der G10-Kommission an den Bundestag keine Überwachungsmaßnahmen gegen linksextremistische Personen erwähnt wurden. „Das könnte den Schluss zulassen, dass in diesen Jahren das Gremium überhaupt nicht mit dem Vorgang befasst gewesen ist“, sagt Anwalt Gerloff. (Freitag)

Warum machen sich die Betroffenen die Mühe? So eine Klage schüttelt man sich ja nicht aus dem Ärmel. Das ist mühsam, dauert und Spaß macht es auch keinen.

Es sei ihm nicht um Revanche gegangen, sondern darum, dem Verfassungsschutz zu zeigen, „dass er nicht alles machen kann, was er will“. Die Sache sei ja eine Posse, findet U. – wäre sie nicht so ernst. Denn während das Amt exzessiv gegen links ermittelte, hätten Nazis unbemerkt gemordet. (taz)

Auftritt Verfassungsschutz:

Es sei Pflicht der Staatsschützer gewesen, nach den schweren Anschlägen alle Spuren zu verfolgen, so Wolff. Die Beschatteten seien langjährig in der linken Szene aktiv gewesen, hätten in Polittexten Wortgruppen benutzt, die auch in Bekennerschreiben der „militanten gruppe“ auftauchten.

Wortgruppen, sicher. Die G10-Kommission ist übrigens dieselbe, die die Überwachung der 37 Mio. E-Mails aller E-Mails genehmigt. Bombe, und so.

Es hat sich gelohnt:

… das Gericht beschert den Staatsschützern die nächste Klatsche: Auch die fünf Richter werten die Observationen als rechtswidrig. Für die Maßnahmen hätten „von Anfang an keine gesetzlichen Voraussetzungen“ vorgelegen, urteilen sie. (…)

.. „tatsächliche Anhaltspunkte“ für die Zugehörigkeit der Beschatteten zur „militanten gruppe“ nie geliefert.  (taz)