Terrorcamp-Gesetz ohne Terrorcamp

Ein Grund, Zeitungen zu mögen – neben dem weiter unschlagbaren Gefühl, das Stück Papier in der Hand zu halten – ist, dass einige noch wirklich gute Journalisten haben. Nicht, dass die nicht auch so gut schreiben könnten. Heribert Prantl hat diesen großartig schrecklichen Kommentar geschrieben, den ich sofort komplett zitieren würde, wenn es nicht dieses hässliche Copyright-Problem gäbe.

Per Mausklick zum Terrorist

"Gesetz zur Verfolgung der Vorbereitung von schweren staatsgefährdenden
Gewalttaten". Das Gesetz wird landläufig Terrorcamp-Gesetz genannt,
weil mit ihm angeblich die Leute gepackt werden sollen, die sich dort
ausbilden lassen. Davon findet sich im Gesetzestext kein Wort.

Lest selbst. Besser kann man das nicht sagen.

9 Gedanken zu „Terrorcamp-Gesetz ohne Terrorcamp

  1. „Das neue Strafrecht verfolgt einen angeblichen Täter, ohne dass es eine Straftat gibt“, schreibt Prantl.
    Das ‚alte‘ Strafrecht ist da wesentlich großzügiger, es verfolgt keinen Täter, insbesondere dann nicht, falls er in der Legislative oder Exekutive beheimatet ist, obwohl es vermutlich eine Straftat gibt.

    Was den eigentlichen Zweck der ganzen Stasi-Gesetze angeht, dürfte angesichts der wirtschaftlichen und politischen Lage unseres Landes bzw. der gesamten Welt doch inzwischen klar sein: die totale Kontrolle durch das Liebesministerium, damit die Menschen nicht auf ‚dumme‘ Gedanken kommen.

    Wie sagte Mielke so treffend: Ich habe euch doch alle lieb!
    Das ist heute nicht anders, nur besser.
    Eben kapitalistischer.
    Und nicht zu vergessen: Goebbels ist aktueller denn je!

    Täuschland – einfach verlogen.

  2. Das geplante Gesetz erinnert an die düstere Zukunftsvision im Film „Minority Report“: Mit einer fehleranfälligen Methode sollen Straftaten vorausgesagt werden, bevor sie stattfinden. Die potentiellen Täter werden noch vor dem Begehen der Tat zur Verantwortung gezogen (im Film durch Inhaftierung im Kälteschlaf-Gefängnis; in der bundesdeutschen Version durch Entzug von Grundrechten bei weiteren Ermittlungen, aber auch durch Haftstrafen).

    Die Dystopie entwickelt sich in erschreckendem Tempo zur Realität – mir fehlen die Worte!

  3. Antiterrorgesetz droht Scheitern

    Die Opposition lehnt das neueste Antiterrorgesetz der großen Koalition ab. Damit könnte im Bundesrat das zustimmungspflichtige Vorhaben scheitern, die Vorbereitung staatsgefährdender Gewalttaten unter Strafe zu stellen. Union und SPD haben im Bundesrat keine eigene Mehrheit mehr.
    http://www.taz.de/…%2Fa0019&cHash=718b3eae02

  4. Danke für diese Artikel, aber mir hat der Link zum Gesetzentwurf gefehlt. Da kann sich jeder mal selbst überzeugen was für Gesetzte von CDU/CSU und SPD durchgedrücken wollen… Und bei der nächsten Wahl sein Kreuzchen entsprechend setzen.
    Der Gesetzentwurf als PDF: http://dip21.bundestag.de/…td/16/117/1611735.pdf

  5. Über die ausufernden Möglichkeiten, für Dienste, jemanden zu piesacken, kann man natürlich diskutieren. Geschenkt. Man kann sich auch dagegen auflehnen, bringt aber eh nicht viel. Wenn der erste Anschlag in Deutschland stattfindet, wird sich Schäuble eh bestätigt sehen und dann kommen ganz andere Schweinereien. Man sollte das Gegenteil tun und Leute zusammentrommeln, die ganz gezielt böse Schlagworte bei google eingeben, Bombenbauseiten besuchen und Al Quaida-Links posten. Wenn das zehtausende machen würden, würde der Apparat schnell zusammenbrechen. Die kann man nicht alle verfolgen und fassen schon gar nicht. Wenn dann die Hausfrau und Mutter von 3 Kindern plötzlich abgeholt wird, wird die ganze Absurdität dieser Paranoia doch deutlich. Also: Besser Leute für so ein Projekt zusammentrommeln, als zu jammern.

    http://sprengguertel.wordpress.com/…1/dissident/

  6. Hallo reiner,

    ich bin peinlich berührt von Deinem hochdurchdachten Konzept:

    >Wenn dann die Hausfrau und Mutter von 3 Kindern plötzlich abgeholt wird

    Ich nehme an, dass Dir der Hintergrund zu diesem Blog vielleicht noch nicht so ganz präsent war, als Du dies ins Kommentarfeld schriebst.

    Ich weiß nicht, was daran offensichtlicher geworden wäre, wenn statt Andrej Anne eingefahren und in den Akten statt

    „Zielperson verlässt Gebäude in Begleitung von zwei Kindern“

    „Zielperson verlässt Gebäude in Begleitung von drei Kindern“

    zu lesen wäre.

    Das Andrej nicht mehr in Karlsruhe ist liegt daran, dass statt zu jammern sehr viel Öffentlichkeitsarbeit geleistet wurde und eine ganze Menge Leute sich dagegen auflehnt haben.

    Aber das bringt ja Deiner Meinung nach
    > eh nicht viel

    Ich empfinde Dein Posting als respektlos.
    Und vielleicht bist DU Teil des Problems?

    Weil Du Dir die Angst und Sorgen vom Hals hältst mit der Geisteshaltung:
    „is kein Problem – weil, ma müsst ja bloß…“
    und Dich deswegen auch nicht engagieren musst.

    Bringt ja e nicht viel, wa?

    Hmpf.

    Wär schön, wenn Du mal drüber grübelst, ob eventuell Dein respektloses Posting vielleicht ganz real Menschen ein Stück ihrer Energie abziehen könnte, die sie brauchen um gegen diesen ganzen Mist anzukämpfen.

    Leuten, die wie im Falle von Familie Roth&Holm sich das Thema vielleicht weder explizit ausge- geschweige denn AlKaida-Seiten be-sucht haben.

    Aber – was tue ich hier eigentlich?
    Hieß es da nicht mal: Don’t feed the troll??

  7. Klar ist das mein Ernst. Wenn Du meinst, ich sei damit ein Troll, bitteschön. Mir geht’s um eine Perspektive und ich ich bin mir ziemlich sicher, daß hier in Einzelfällen zu kämpfen nichts bringt. Solidarität ist schön und gut und für die Betroffenen klasse, ändert aber nichts an der Gesamtsituation. Wollte nur EINE Möglichkeit aufzeigen, mal phantasievoller zu sein. Was spricht gegen meinen Vorschlag, den Apparat a) lahm zu legen, b) den Spiegel vorzuhalten?

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